Forum: Platinen Datenbank zur Steckplatzverwaltung


von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Hallo,

bei einem unserer Kunden tritt immer wieder das Problem auf, dass es bei 
der Entwicklung von sehr komplexen Einsteckkarten und Backplanes zu 
Signalkollisionen oder falschen Signalrichtungen kommt. Zudem sind 
sowohl Backplanes als auch Karten einer gewissen Evolution unterworfen, 
so dass die Versionsstände noch als weitere Dimension hinzukommem.

Kennt jemand von Euch auch schon einmal vor dem Problem, derartige 
Datenbestände zu erfassen und zu verwalten und möglichst auch noch 
Inkonsistenzen zu erkennen? Dabei sollten sehr unterschiedliche 
Eigenschaften von Bussystemen und Punkt-zu-Punkt-Verbindung 
berücksichtigt werden können, insbesondere auch Namenskonventionen und 
elektrische Besonderheiten. Beispiele:

USB:
- rein P2P
- D+, D- heißen überall gleich
- Vertauschung D+, D- zulässig

PCI Express:
- rein P2P
- Bezeichnung TX, RX immer aus Sicht des jeweiligen Senders
- CLK immer aus Sicht des Masters bzw. der Taktverteilung
- TX+/- darf getauscht werden, ggf. abhängig von verwendeten Bausteinen
- RX+/- darf getauscht werden, ggf. abhängig von verwendeten Bausteinen

UART:
- rein P2P
- ...

JTAG:
- Verkettung mit gemeinsamen Signalen TMS, TCK
- TDI nur Ausgang beim JTAG-Master, sonst Eingang
- TDO nur Eingang beim JTAG-Master

Ein Verwaltungsprogramm, wie ich es mir vorstelle, sollte die 
Möglichkeit besitzen, die Eigenschaften und Konventionen in Form von 
Regeln zu verwalten und Konflikte zu melden. Weiterhin sollte es in der 
Lage sein, Belegungspläne für Backplanes und Einsteckkarten zu erzeugen 
und dabei die richtigen Namenskonventionen für den konkreten 
Verwendungszweck auszuwählen bzw. zu generieren. Diese Pläne sollen 
sowohl als Listen für Bürosoftware (Word, Excel, usw.) als auch als 
Bibliothekssymbole oder sonstige importierbare Daten für Schaltplan und 
Layout zur Verfügung stehen.

Ebenso sollte es möglich sein, "Experimente" zu machen, d.h. die Karten 
A, B, C in eine Backplane X hineinzustecken. Das Verwaltungsprogramm 
sollte dann alle möglichen Versionsstände durchprobieren und Konflikte 
melden.
Dies soll sowohl für die entwicklungsinterne Planung neuer Karten als 
auch für Systemintegratoren beim Zusammenstellen komplexer Systeme 
nutzbar sein.

Ich weiß, dass diese Anforderungen bei hinreichend feiner Aufdröselung 
sehr anspruchsvoll sind, aber im konkreten Fall würde es sich schon 
lohnen, da immer wieder sehr viel Lehrgeld gezahlt werden muss.

Die typischen Programme wie z.B. ePLAN oder e3 sind ja eher für den 
Schaltschrankbau ausgelegt und bieten einheitliche Konventionen, aber 
keine "Intelligenz" bei der Erzeugung von Symbolen. Und EDA-Systeme wie 
z.B. EAGLE oder Altium Designer wollen auch immer einheitliche Namen 
sehen. Außerdem ermöglichen sie nur eine Sicht aus der aktuell in 
Bearbeitung befindlichen Baugruppe.

von Günter M. (redround)


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Ich hab mal für einen großen Telkom-Ausrüster in München :-) ein paar 
Konfiguratoren geschrieben, die in diese Richtung gingen. Nach dem 
Motto, wenn Modul A verbaut wird, muss der Steckplatz daneben unbedingt 
frei bleiben und dann gehen nur noch 2 x Modul B oder 1 x Modul C 
zusätzlich muss dann aber unbedingt auch Modul D verbaut werden usw.

Da besagter Telekom-Ausrüster ein sehr breit gefächertes Angebot hat, 
wurde für jede Produkt-Familie ein eigener Konfigurator gebaut ... für 
die Pflege waren aber mehrere Vollzeit-Kräfte nötig.

Ich vermute mal, dass das in Deinem Fall nicht ganz so komplex wird ... 
allerdings hast Du ja selbst schon erkannt, dass es nicht ohne ist, so 
ein System auf die Beine zu stellen.

Bei Interesse können wir uns aber gerne mal näher über mögliche Details 
und Lösungsansätze unterhalten.

von Georg (Gast)


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Günter M. schrieb:
> Nach dem
> Motto, wenn Modul A verbaut wird, muss der Steckplatz daneben unbedingt
> frei bleiben

Sowas lief mal unter der Bezeichnung "Expertensystem". Das scheint aber 
ziemlich aus der Mode gekommen zu sein.

Die Idee war, das Wissen eines menschlichen Experten in Regeln zu 
erfassen, so dass er in vervielfachter Ausführung und unbegrenzt lange 
zur Verfügung steht. In der Praxis war es wohl nicht ganz so einfach, 
aber eigentlich ist das ganze ein alter Hut, meiner Erinnerung nach war 
der grosse Hype darum um 1990.

Georg

von S. K. (hauspapa)


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Ich weis es nicht im Detail weil ich noch nicht damit gearbeitet habe, 
aber Tools wie Zuken CR-8000 gehen ganz klar weit über normales 
Leiterplattendesign hinaus und legen viel Wert auf Systemintegration. 
Ist allerdings kein billiger Spass.

viel Erfolg
hauspapa

von Günter M. (redround)


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Georg schrieb:

> aber eigentlich ist das ganze ein alter Hut, meiner Erinnerung nach war
> der grosse Hype darum um 1990.
>
> Georg

da kannst Du mal sehen, wie lange ich schon dabei bin :-)

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Günter M. schrieb:
> Bei Interesse können wir uns aber gerne mal näher über mögliche Details
> und Lösungsansätze unterhalten.

Ja, das wäre interessant. Handelt es sich bei dem großen 
Telekomausrüster aus München um eine bekannte Großbank mit 
Elektrowarenhandlung? ;-)

S. K. schrieb:
> Ich weis es nicht im Detail weil ich noch nicht damit gearbeitet habe,
> aber Tools wie Zuken CR-8000 gehen ganz klar weit über normales
> Leiterplattendesign hinaus und legen viel Wert auf Systemintegration.
> Ist allerdings kein billiger Spass.

Oh, das ist eine sehr interessante Information, weil das Stammhaus 
unseres Kunden in der Tat mit CR-8000 arbeitet und auch einige 
Baugruppen beisteuert. Das Tochterunternehmen arbeitet aber mit Altium 
Designer, unter anderen um auch unabhängig von der zentralen CAD- und 
Bauelementestelle arbeiten zu können. Ob es sich lohnt, dafür auf 
CR-8000 umzusteigen, aber ich könnte sicherlich kompetente 
Ansprechpartner zu diesem Thema im Stammhaus finden, WENN sie CR-8000 
für diesen Zwecks einsetzen...

Georg schrieb:
> Sowas lief mal unter der Bezeichnung "Expertensystem". Das scheint aber
> ziemlich aus der Mode gekommen zu sein.

Es ist hauptsächlich der Begriff "Expertensystem" aus der Mode gekommen, 
weil er doch arg mit "Künstlicher Intelligenz" verknüft war. Einige 
KI-Ansätze sind zwar gescheitert, aber vieles findet man auch heute 
unter neuem Namen wieder. Heutzutage haben sehr viele 
Anwendungsprogramme eine kontextsensitive Hilfe; diese hätte man vor 
dreißig Jahren schon als Expertensystem gefeiert und beworben.

> Die Idee war, das Wissen eines menschlichen Experten in Regeln zu
> erfassen, so dass er in vervielfachter Ausführung und unbegrenzt lange
> zur Verfügung steht. In der Praxis war es wohl nicht ganz so einfach,
> aber eigentlich ist das ganze ein alter Hut, meiner Erinnerung nach war
> der grosse Hype darum um 1990.

Damals dachte man, dass man mit vertretbarem Aufwand diese 
Expertensysteme dazu bringen konnte, die Regeln aus normaler 
menschlicher Sprache zu extrahieren. Das war damals in die Hose 
gegangen, weil menschliche Sprachen nicht formal genug spezifiziert sind 
und verwendet werden. Sehr viele Sprecher verwechseln "und" und "oder". 
Beispiel:

"Die Lampe soll bei roten und blauen Dreiecken aufleuchten."

Je nach Person und Kontext kann gemeint sein:
1. Die Lampe soll bei Vorhandensein mindestens eines roten oder eines 
blauen Dreiecks aufleuchten.

2. Die Lampe soll erst dann aufleuchten, wenn sowohl mindestens ein 
rotes und mindestens ein blaues Dreieck erkannt wurde.

3. Die Lampe soll erst dann aufleuchten, wenn sowohl mindestens ein 
rotes und mindestens ein blaues Dreieck zeitgleich vorhanden sind.

4. ...

5. ...

Im konkreten Fall können wir aber davon ausgehen, dass diejenigen, die 
die Regeln pflegen sollten, diese in üblichen Abfrage- oder 
Programmiersprachen formulieren können.

Konfiguratoren für alle möglichen Zwecke bzw. Produkte werden übrigens 
immer wichtiger, insbesondere bei Online-Shops, bei denen eben kein 
menschlicher Experte jeden Vorgang überwachen bzw. steuern kann.

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