Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Abplatzen von Lötaugen verhindern


von Beatrice M. (Gast)


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Hi, ich benutze manchmal Lochrasterplatinen und etwas Fädeldrat, um 
darauf etwas festzulöten. Manchmal passiert es, dass ein Bauteil nicht 
richtig sitzt oder etwas Lötzinn auf das Nachbarloch geschwappt ist. 
Dann muss das Bauteil raus. Dazu habe ich einen Handlötabsauger.

Manchmal passiert es, dass sich nicht nur der Lötzinn löst, sondern auch 
gleich das Lötauge. Dann kann ich das Bauteil da nicht mehr festmachen.

Was mache ich falsch, so dass sich das Lötauge löst? Stelle ich den 
Lötkolben auf zu hohe Temperatur (350°C)?

von g457 (Gast)


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> Was mache ich falsch, so dass sich das Lötauge löst?

Zu heiss und zu lang.

> Stelle ich den Lötkolben auf zu hohe Temperatur (350°C)?

Ja.

von Stefan F. (Gast)


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350°C ist gut wenn du schnell löten kannst. Aber Korrekturen dauern was 
länger, da sind 300°C besser. Bleihaltiges Lötzinn lässt sich schneller 
und bei niedrigeren Temperaturen verarbeiten, als bleifreies.

Diese Lochrasterplatinen sind leider sehr empfindlich und zudem auch 
noch unverschämt teuer.

von Olaf (Gast)


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> Was mache ich falsch, so dass sich das Lötauge löst?

Du loetest zu langsam.

> Stelle ich den Lötkolben auf zu hohe Temperatur (350°C)?

Ist okay. Ich hab sogar 370Grad und kenne das Problem nur in 
Ausnahmefaellen. (wenn man z.B ein Transistorbein warmmachen, 
geradebiegen und dann rausziehen muss)

Also schneller arbeiten. :)

Olaf

von Wegstaben V. (wegstabenverbuchsler)


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Beatrice M. schrieb:
> Dazu habe ich einen Handlötabsauger.

versuch mal, statt dessen mit Lötsauglitze vertraut zu werden

von Wolfgang (Gast)


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Beatrice M. schrieb:
> Stelle ich den Lötkolben auf zu hohe Temperatur (350°C)?

Bleihaltiges Lötzinn (Sn60Pb39Cu1) schmilzt gewöhnlich bei 183°C. Warum 
muss man da mit 350°C drauf rum braten. Das mag die Verklebung gar 
nicht.

Falls dein Handlötabsauger mit einer Feder arbeitet, erzeugt der 
möglicherweise auch einen kräftigen, mechanischen Schlag. Entlötlitze 
oder ein Absauger mit Pumpe ist da wesentlich schonender.

von Agathe Bauer!!! (Gast)


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Beatrice M. schrieb:
> Was mache ich falsch, so dass sich das Lötauge löst?

Du belastest das Lötauge mechanisch, während du es erhitzt.

Wenn der Lötkolben nicht gerade auf 450° steht, kann man ein Lötauge so 
oft erhitzen, bis sich das Kupfer im Zinn auflöst. Sicher hundert Mal 
kann man dran löten. Ist das Lötauge kalt, kann man auch tausend Mal am 
Bauteil ziehen und drücken, kein Problem. Beides zusammen geht genau ein 
Mal.

von Luca E. (derlucae98)


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Beatrice M. schrieb:
> etwas Lötzinn auf das Nachbarloch geschwappt ist. Dann muss das Bauteil
> raus.

Warum das überschüssige Zinn nicht einfach mit Entlötlitze absaugen?
Aber auch hier nicht zu heiß einstellen, sonst hast du das selbe 
Problem.

von Olaf (Gast)


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> Bleihaltiges Lötzinn (Sn60Pb39Cu1) schmilzt gewöhnlich bei 183°C. Warum
> muss man da mit 350°C drauf rum braten.

Dann loetest du also mit 184Grad? Nein? Wieso nicht?

Es gibt sicherlich ein gewisses Arbeitsfenster. So ab 400Grad loetet es 
sich schlecht weil dann das Flussmittel aus dem Loetzinn zu schnell 
verdampft und unter 250Grad wird man wohl zu lange rumkokeln.
Ob man nun aber mit 300, 350 oder 370Grad loetet ist egal. Man sollte 
nur dabei bleiben weil man seine eigene Arbeitsgeschwindigkeit daran 
anpasst.

Dabei sind 370Grad sehr gaengig weil das ueber 30Jahre die 
Standardtemperatur eines Weller WTCP mit 7er Spitze war. Also dem 
Loetkolben der in den meisten Firmen am Arbeitsplatz rumstand.

Ich wage es sogar eine Theorie aufzustellen. :-)
Wenn man drei Leute hat die drei jeweils identische aussehende perfekte 
Loetstellen erzeugen und dabei drei unterschiedliche Loetkolben mit 
unterschiedlichen Temperaturen nutzen. Und wenn man dann das 
Temperaturprofil an der Loetstelle aufnehmen wuerde, vermutlich wuerde 
das in allen drei Faellen ziemlich gleich aussehen.

Olaf

von HildeK (Gast)


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Meine Zustimmung, Olaf!

Wenn man zu kalt lötet, braucht es viel Zeit, um die notwendige 
Temperatur zu erreichen. Man ist geneigt, mit der Spitze auf der 
Lötstelle hin- und her zu reiben, um endlich die Temperatur auf das 
Kupfer zu bringen.

Daher meine Erfahrung: lieber etwas zu hoch als zu niedrig und dafür so 
kurz wie möglich mit so wenig wie möglichem mechanischer Beeinflussung 
des Lötauges / der Leiterbahn. Ich löte nicht unter 370°C - bleihaltig.

@ Beatrice Mueller
Fädeldraht soll ja direkt lötbar sein, trotzdem verzinne ich die Enden 
vorher, bevor ich auf das Lötauge gehe. Das schont diese!
Erstens geht das Schmelzen des Lackes mit 350° und weniger nicht mehr 
gut und zweitens dauert der Vorgang verhältnismäßig lange. Das sollte 
man dem Lötauge nicht antun.
In deinem Problemfall würde ich neben der Lötsauglitze auch etwas 
Flußmittel in einem Stift empfehlen. Dann ist nur kurzes Erwärmen schon 
ausreichend, um z.B. eine Zinnbrücke zu entfernen.
Beim Arbeiten mit Sauglitze kann man auch vorher noch etwas Zinn auf die 
Lötstelle hinzufügen, so dass sich anschließend die Sauglitze besser und 
schneller benetzt.

von Beatrice M. (Gast)


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Danke für Eure vielen Antworten.

Taugt so ein Gerät eigentl. was, um Lötzinn von Platinen zu entfernen:

http://www.ebay.de/itm/Weller-Lotstation-Entlotstation-VP-801-EC-/252380717719?hash=item3ac3102297:g:X68AAOSwQNRXLKo1

von Jörg (Gast)


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Frei nach Werner "Mit'm Flussmittel nich Spaasam sein"

Nein, im Ernst, Flussmittel ist sehr wichtig und auch extrem hilfreich. 
Sowohl beim Verlöten wie auch beim Auslöten. Zum Beispiel schwappt damit 
das Lot nicht so schnell auf das Nachbar-Lötpad.
Ich kann dieses Flussmittel nur jedem ans Herz legen - 
http://www.reichelt.de/Flussmittel-Loetpasten/EDSYN-FL-22/3/index.html?ACTION=3&GROUPID=4132&ARTICLE=32673&OFFSET=75&;
Ja, es ist teuer! Aber es ist jeden Cent wert. Selbst bei häufiger 
Benutzung reicht die Spritze sehr lange, denn bereits ein klitzekleiner 
Klecks wirkt Wunder.

Noch ein vielleicht etwas ungewöhnlicher Tipp fürs Entfernen von 
größeren Lotkugeln - wenn man de Platine hochhält und den Lötkolben dann 
von unten an die Lötstelle führt, läuft das Lot durch die Schwerkraft 
auf die Lötspitze.

von Olaf (Gast)


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> Taugt so ein Gerät eigentl. was, um Lötzinn von Platinen zu entfernen:

Es kommt drauf an. :-D

Es gibt Situationen da ist so eine Absaugstation besser, es gibt welche 
da ist Loetsauglitze besser und es gibt auch welche da nimmt man einfach 
einen Foen und klopft die warme Platine einmal kurz auf den Tisch.

Privat komme ich ausschliesslich mit Loetsauglitze aus seitdem ich zu 
99% SMD mache. Wichtig bei so einer Litze ist im uebrigen das sie nicht 
zu alt ist. Wenn sie ein paar Jahre in der Ecke rumliegt dann 
funktioniert sie nicht mehr richtig. Und fuer Faelle wo es wirklich 
drauf ankommt nehme ich frische Litze und tauche sie nochmal zusaetzlich 
in Fluxer oder Flussmittel.
Ich wuerde mir daher so eine Station privat nicht hinstellen weil sie in 
der Anschaffung zu teuer ist und mir zuviel Platz wegnimmt. In der Firma 
hat man sowas aber natuerlich weil es immer noch ein Vorteil ist.

> Ich kann dieses Flussmittel nur jedem ans Herz legen -
> http://www.reichelt.de/Flussmittel-Loetpasten/EDSY...

Diese Meinung teile ich. In Extremfaellen, also z.B Einzelloetungen an 
Bauteilen mit 0.5mm Pinabstand, loete ich da auch schonmal komplett 
unter Flussmittel.

Olaf

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Wenn sie ein paar Jahre in der Ecke rumliegt dann
> funktioniert sie nicht mehr richtig.
Liegt wohl daran, daß das Kupfer an der Luft langam oxidiert.
Das Problem haben alte Leiterplatten auch, Lochraster was so lange liegt 
kann man entweder kill-or-cure kurz anätzen oder wegschmeißen. Das Löten 
auf solchen Platinen ist extrem frustbehaftet.

von HildeK (Gast)


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Ben B. schrieb:
> oder wegschmeißen

Du kannst die auch reinigen, z.B. mit Scheuermittel. Danach mit Lötlack 
(Kontakt ??) besprühen.

von Tom (Gast)


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Den mechanischen Schlag der Entlötpumpe kann man mit einem auf die 
Spitze gezogenen kurzen Stück Silikonschlauch verhindern. Gegen das 
Losbraten hilft auch (wie immer) eine möglichst dicke breite Lötspitze, 
die die Hitze schnell ins Lötzinn bringt. Wenn mehrbeinige Bauteile raus 
müssen, erst die Beinchen abkneifen und die Stummel einzeln ohne Hebeln 
und Wackeln entlöten.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Wenn mehrbeinige Bauteile raus müssen, erst die Beinchen abkneifen
> und die Stummel einzeln ohne Hebeln und Wackeln entlöten.
Gute Idee, vor allem wenn man die ausgelöteten Bauteile gerne
noch weiterverwenden möchte.

Was mir aufgefallen ist, daß Hartpapier-Platinen deutlich anfälliger für 
den Lötaugenverlust sind als Epoxy-Platinen. Ich verwende auch trotz des 
höheren Preises nur noch letzteres.

von Wolfgang (Gast)


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Olaf schrieb:
>> Bleihaltiges Lötzinn (Sn60Pb39Cu1) schmilzt gewöhnlich bei 183°C.
>> Warum muss man da mit 350°C drauf rum braten.
>
> Dann loetest du also mit 184Grad? Nein? Wieso nicht?

Nein, meist mit 215..220°C und anständigem Temperaturprofil (Ofen) ;-)

Oder zügiges Löten mit Lötkolben bei 340°C. Zusammen mit längerer 
Rumbraterei und Entlötpumpenrückstoß ist das für einzelne Lötaugen 
selten gut. Auf der Weller WTCP Spur habe ich nie gesessen.

von Joachim B. (jar)


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Beatrice M. schrieb:
> Taugt so ein Gerät eigentl. was, um Lötzinn von Platinen zu entfernen:
>
> Ebay-Artikel Nr. 252380717719

habe ich aber seit Jahren nicht mehr gnutzt, killt die Lötaugen auch 
prima und Lötlutsche auch!

Entlötlitze mit Flussmittel ist die schonenste Variante.

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