Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Abtastrate Oszilloskop und Rechtecksignal


von Impuls (Gast)


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Hallo zusammen,

ich mache mir gerade Gedanken über die Auslegung eines Anti-Aliasing 
Filters, den ich vor mein Tektronix-Oszi schalte. Gemäß dem Theorem von 
Nyquist muss ein Signal mindestens doppelt so schnell wie seine höchste 
requenzkomponente abgetastet werden, damit es genau und ohne Aliasing 
ekonstruiert werden kann.

Im "Oszi-ABC" von Tektronix habe ich dazu aber folgendes gefunden:

"Dieses Theorem setzt jedoch eine unbegrenzte Speichertiefe und
ein kontinuierliches Signal voraus. Da kein Oszilloskop eine unbegrenzte 
Speichertiefe hat und Glitches per Definition nicht kontinuierlich sind, 
ist eine Abtastrate, die nur doppelt so hoch ist wie der höchste 
Frequenzanteil, in der Regel nicht ausreichend.

In der Praxis hängt eine genaue Signalrekonstruktion sowohl
von der Abtastrate als auch von der Interpolationsmethode ab,
mit der die Leerräume zwischen den Abtastpunkten aufgefüllt
werden. Bei einigen Oszilloskopen können Sie entweder die
Sin(x)/x-Interpolation zum Messen von sinusförmigen Signalen
oder die lineare Interpolation für rechteckförmige Signale,
Impulse und andere Signaltypen auswählen.

Zur genauen Rekonstruktion mithilfe der Sin(x)/x-Interpolation sollte 
das Oszilloskop eine Abtastrate haben, die um mindestens 2,5 mal höher 
ist als der höchste Frequenzanteil des Signals. Bei der linearen 
Interpolation sollte die Abtastrate um mindestens 10 mal höher sein als 
der höchste Frequenzanteil des Signals."

Was ich aktuell mache:
Ich taste ich ein Rechtecksignal ab, und lasse mir die Abtastpunkte per 
Schnittstelle an meine Auswertesoftware schicken. Die Auswertesoftware 
interpoliert die Datenpunkte nicht, sondern betrachtet nur die 
tatsächlich vorhandenen Abtastpunkte.

Für die Darstellung auf dem Oszi nutze ich die oben beschriebene lin. 
Interpolation.

Meine Frage an dieser Stelle: Ist für mich die 10x höhere Abtastrate 
überhaupt relevant, wenn mich die Interpolation nicht interessiert? Oder 
kann ich für meinen Zweck die übliche fab > 2 fs Regel nutzen?


Viele Grüße

von Torben Kuhn (Gast)


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Überlege doch mal, aus welchen Frequenzanteilen dein Rechteck besteht. 
Wenn du mit doppelter Frequenz abtastest weißt du doch gar nicht ob das 
ein Rechteck ist oder ein sonstiges Signalgemisch mit derselben 
Grundfrequenz.

von Michael W. (Gast)


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Von der Theorie her hat ein Rechteck ein nahezu unendliches 
Oberwellenspektrum.

von W.A. (Gast)


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Markus W. schrieb:
> Von der Theorie her hat ein Rechteck ein nahezu unendliches
> Oberwellenspektrum.

Man muss es vielleicht nicht übertreiben.

Es gibt viele ausreichend gute Messungen, die diese Tatsache irgnorieren 
und damit zufrieden sind, dass es keine echten Rechtecksignale gibt. 
Alles was man so sieht, hat eine endliche Anstiegszeit und damit ist das 
Oberwellenspektrum im vergleich zu "unendlich" sogar recht winzig. Hinzu 
kommt, dass die Amplitude der Oberwellen mit der Ordnung deutlich 
abnimmt und damit auch ihr Einfluss auf die Signalform.

von mse2 (Gast)


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Markus W. schrieb:
> Von der Theorie her hat ein Rechteck ein nahezu unendliches
> Oberwellenspektrum.

Nicht "nahezu"!

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Das ist eigentlich sehr einfach zu beantworten:

Man nimmt ein (programmierbares!) UAA-Filter, ein "universal 
anti-aliasting"-Filter und benutzt es bei Rechtecksignalen im "original 
frequency forcing" (OFF). Den benutzen auch viele Audioingenieure bei 
ihren Vorverstärkern und Klangprozessoren, wenn sie bei hochwertigen 
Tonaufnahmen die Klänge möglichst authentisch aufnehmen wollen. Die 
Filtereinstellung heisst dort "original formant forcing":

http://studio96.de/storys/story%20020516%20originelle%20formanten.html

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