Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie funktioniert aktive Geräuschkompensation?


von Olli Z. (z80freak)


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Ich kenne das nur vom Hörensagen aus Flugzeugen (Cockpits) von 
bestimmten Kopfhörern und von einigen modernen Oberklassefahrzeugen wie 
dem Ford Vignale und auch nur von der grundsätzlichen Theorie her. 
"Krach" wird mit gleich lautem, aber phasenverschobeben Schall 
beschschickt und somit neutralisiert.

Ich stelle mir das in der Praxis aber ungemein kompliziert vor. Wie 
macht man sowas im Auto?

Kann man dazu eine kleine Versuchsachaltung auch selbst aufbauen und den 
Effekt nachvollziehen?

von Teo D. (teoderix)


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Olli Z. schrieb:
> Ich stelle mir das in der Praxis aber ungemein kompliziert vor.

Nö so schlimm is es nich. Verabschiede Dich einfach nur von den 100%, 
nimm mal 70-80% an und das ganze erscheint schon viel machbarer.

Auch bei der Entwicklung solcher Systeme, nützt die ganze Rechnerei 
(Simulation) nur mäßig. Versuch macht kluch....  Google meist auch ;)

von Olli Z. (z80freak)


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Naja "danke", jetzt bin ich nicht schlauer wie vorher. Magst Du nicht 
etwas von Deinem Wissen preisgeben? Das DU es womöglich weisst nutzt mir 
ja wenig...

von Fire H. (fireheart)


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In diesem Bereich haben große Firmen schon viel Entwicklungsbudgets 
versenkt und haben bessere und schlechtere Ergebnisse erhalten.
Wenn der Lärm, den du kompensieren willst, einigermaßen konstant im 
Klangbild ist und bleibt dann hast du für bestimmte Punkte im Raum 
vielleicht Chancen, das Signal mittels gegenphasiger Signale zu 
schwächen, aber einfach irgendwo einen Lautsprecher aufstellen, eine 
Schaltung mit 3OPs zusammenlöten und dann damit einen ganzen Raum 
geräuschlos zu machen ist absolute Fiktion.

Die Kopfhörerhersteller werben seit einiger Zeit mit ihren "active noise 
cancelling" Systemen, die auch einigermaßen funktionieren sollen. Sie 
haben aber einen wesentlichen Vorteil: Sie müssen die Geräusche genau an 
einem einzigen, örtlich sehr begrenzten Punkt, nämlich der 
Eintrittsöffnung an deinem Ohr, eliminieren ... das ist mit ein paar 
Millionen an Entwicklungsarbeit vielleicht noch einigermaßen 
hinzukriegen.

Meine persönliches Urteil über diese Kopfhörer ist allerdings dennoch 
vernichtend ... ich hatte einige Male die Gelegenheit diese Wunderdinger 
im Flugzeug angeboten zu bekommen und ausprobieren zu können und mein 
Eindruck war nur der, dass mit eingeschalteter "noise cancellation" der 
Triebwerkslärm zwar anders aber in keiner Weise leiser klang. Daher bin 
ich sofort wieder auf die wirklich funktionierende Version "Ohropax in 
die Ohren reinstopfen, Kopfhörer aufsetzen und voll aufdrehen" 
zurückgekehrt.

von Klaus R. (klara)


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Olli Z. schrieb:
> Kann man dazu eine kleine Versuchsachaltung auch selbst aufbauen und den
> Effekt nachvollziehen?

Kannst Du. Nimm Deine Stereoanlage und speise ein Sinussignal ein, 
zuerst gleichphasig und dann verstelle die Phase zunehmend 
gegeneinander.
mfg klaus

von Fire H. (fireheart)


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Klaus R. schrieb:
> Kannst Du. Nimm Deine Stereoanlage und speise ein Sinussignal ein,
> zuerst gleichphasig und dann verstelle die Phase zunehmend
> gegeneinander.

Er wird wohl feststellen, dass es verschiedene Punkte im Raum gibt, wo 
das Signal leiser ist und andere Punkte, wo es lauter ist.
Das Sinussignal ist aber die aller einfachste aller Übungen ... wehe, es 
wird ein reales Signal.

Ich hätte beinahe mal eine Stelle bei einer Elektronikfirma zur Leitung 
der Entwicklung von aktiver Geräuschunterdrückung von 
Blockheizkraftwerken bekommen. Da hatte man große Lautsprecher rund um 
die Abgasöffnung des Antriebsdiesels gepackt und mit aufwändigen DSP 
Anwendungen ein Kompensationssignal generiert. Das wurde tatsächlich ein 
wenig leiser, aber nur bei konstanter Motordrehzahl und kleinen 
Abgasrohrdurchmessern, wo sich quasi kaum mehrere Wellenmodi im Rohr 
ausbreiten konnten. Das Thema ist verallgemeinert fast unmöglich zu 
knacken.
Ich hab die Stelle übrigens nicht bekommen und war kurz darauf auch froh 
darüber, weil die das Projekt eingestellt und die ganze Abteilung 
entlassen haben...

: Bearbeitet durch User
von Klaus R. (klara)


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Fire H. schrieb:
> Er wird wohl feststellen, dass es verschiedene Punkte im Raum gibt, wo
> das Signal leiser ist und andere Punkte, wo es lauter ist.
> Das Sinussignal ist aber die aller einfachste aller Übungen ... wehe, es
> wird ein reales Signal.

Er wollte ja nur wissen wie man es selber testen könne. Ich denke der 
praktische Versuch wird ihm schon einiges zeigen, vor allem wo dann die 
Knackpunkte bei komplexeren Geräuschen liegen könnten.
mfg klaus

von Herbert K. (Gast)


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Mit Kopfhörern ist das gar kein Problem. Das konnte ich schon mit 
verschiedenen Modellen testen. Funktioniert sogar im Großraumbüro, wenn 
man sich konzentrieren muß, obwohl sich 10 Leute lautstark unterhalten 
und noch drei Telefone klingeln usw. Von den Umgebungsgeräuschen kriegt 
man nur ein leichtes "Murmeln" mit, also gar nicht mehr störend.
Was "fireheart" erlebt hat, ist vermutlich auf Billigst-Ware 
zurückzuführen. Anders kann ich mir diese schlechten Erfahrungen nicht 
erklären.

Alle, die ich kenne und solche Kopfhörer haben, möchten sie nicht mehr 
hergeben. Man kann ja auch nur die "noise-cancelling" Funktion 
einschalten und muß nicht Musik abspielen, dann hat man seine Ruhe.

Wenn es nicht funktionieren würde, warum können dann die Techniker in 
der Boxengasse bei der Formel1 funken, während sie direkt neben dem 
Auspuff eines Vollgas gebenden Rennwagens stehen?

Eines stimmt, die Auslöschung wird niemals 100%ig sein. Aber bei 
Kopfhörern ist es mittlerweile so gut gelungen, daß es sogar im 
Massenmarkt angekommen ist.

Anders sieht es in Räumen aus. Da sind die Verhältnisse wesentlich 
komplizierter. Da kriegt man mit immensem Aufwand ein paar "beruhigte 
Zonen" hin und auch das nur bedingt. Das verändert sich schon, wenn sich 
Menschen im Raum bewegen, da sind die Reflexionen ganz verschieden.

Im Auto kann ich mir vorstellen, daß es viel leichter ist als in einem 
Gebäude. Habe ich aber noch nicht selbst testen können. Den Innenraum 
kann man ja gut gegen die Außenwelt dämmen. Wenn man dann durch außen 
angebrachte Mikrofone und ausgeklügelte DSP-Systeme den Schall 
phasenverschoben und mit richtigem Pegel in den Innenraum leitet, wird 
schon eine gute Geräuschdämpfung möglich sein.

von Teo (Gast)


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Olli Z. schrieb:
> Naja "danke", jetzt bin ich nicht schlauer wie vorher. Magst Du nicht
> etwas von Deinem Wissen preisgeben?

Sorry, hab alles gegeben was ich konnte. Hab nur dein 
Vorstellungsvermögen überschätzt.

von ths (Gast)


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Es wäre formidabel, wenn ich auf meinem Balkon sitzend (immer an der 
gleichen Stelle) das störende Gebrabbel meines 20 m entfernten und mit 
einer durchdringenden Stimme gesegneten Nachbarn auch nur um ein paar dB 
gedämpft vernehmen könnte. Hat das schon mal jeman mit Erfolg gemacht?

von Teo D. (teoderix)


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ths schrieb:
> das störende Gebrabbel meines 20 m entfernten und mit
> einer durchdringenden Stimme gesegneten Nachbarn

Es gibt doch diese Technik mit Ultraschall, Schallquellen sozusagen zu 
Projizieren :D
Stereokamera, Bildauswertung, ...

Schall eliminiert man doch am besten an der Quelle?

von Cyclotron (Gast)


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Das ganze ist bei Honda ein alter Hut und nennt sich Active Noise 
Cancellation(ANC)
http://www.honda.co.nz/technology/driving/anc/

von ths (Gast)


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Für periodische Geräusche unterhalb 100 Hz in der Tat sehr einfach.

von fireheart (Gast)


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ths schrieb:
> Es wäre formidabel, wenn ich auf meinem Balkon sitzend (immer an der
> gleichen Stelle) das störende Gebrabbel meines 20 m entfernten und mit
> einer durchdringenden Stimme gesegneten Nachbarn auch nur um ein paar dB
> gedämpft vernehmen könnte. Hat das schon mal jeman mit Erfolg gemacht?

Den Nachbarn könntest Du allerdings auch mit 9mm ruhigstellen ... ganz 
ohne Elektronik .... und das haben schon sehr viele gemacht!

von ths (Gast)


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Endlich mal ein praktikabler Vorschlag. Das gefällt mir! Und so 
originell!

von Richard B. (r71)


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Teo D. schrieb:
> Schall eliminiert man doch am besten an der Quelle?

Nein, der wird am Ohr eliminiert.
Deswegen funktioniert es bei Kopfkörern ;)

Diese ganze "Technik" ist im übrigen
ein alter Hut aus (mindestens) 1960er.

Olli Z. schrieb:
> kenne das nur vom Hörensagen aus Flugzeugen (Cockpits)
> von bestimmten Kopfhörern...

Richtmikro + Geschlossene Kopfhörer ;)

Fire H. schrieb:
> der Entwicklung von aktiver Geräuschunterdrückung
> von Blockheizkraftwerken bekommen...

Was hätte da unterdrückt werden sollen?

IMHO war das ganze Projekt ein einziger FAIL.
Solche Quellen werden normalerweise isoliert ;)

von Fire H. (fireheart)


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Richard B. schrieb:
>> der Entwicklung von aktiver Geräuschunterdrückung
>> von Blockheizkraftwerken bekommen...
>
> Was hätte da unterdrückt werden sollen?
>
> IMHO war das ganze Projekt ein einziger FAIL.
> Solche Quellen werden normalerweise isoliert ;)

Das Auspuffrohr war offenbar das Problem. Diese Dinger stellt man ja 
gerne in Wohngebiete zur Versorgung vieler Wohnblocks. In der Nacht kann 
das Ding dann aber gar nicht leise genug sein.
Das Projekt hatten die aber vor mehr als 15 Jahren, es kann schon sein, 
dass man das mittlerweile ganz anders macht.
Gleiches gilt auch für die Kopfhörer. Ich denke, das war damals ein 
Sennheiser und ist auch schon ein paar Jährchen her.

von Einhart P. (einhart)


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Fire H. schrieb:
> Meine persönliches Urteil über diese Kopfhörer ist allerdings dennoch
> vernichtend ... ich hatte einige Male die Gelegenheit diese Wunderdinger
> im Flugzeug angeboten zu bekommen und ausprobieren zu können und mein
> Eindruck war nur der, dass mit eingeschalteter "noise cancellation" der
> Triebwerkslärm zwar anders aber in keiner Weise leiser klang.

Am letzten Wochenende habe ich gerade das Gegenteil kennengelernt. Die 
Bose Kopfhörer haben das laute Motorgeräusch komplett ausgeblendet. Mit 
dem Einschalten des Kopfhörers war der Motor für mich aus. Das einzige 
Geräusch das ein bischen durchkam war ein Klappern des Fahrwerks beim 
Rollen.

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