Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wechselrichter aus Class-D Verstärker und Trafo möglich?


von Wechseln und Drehen (Gast)


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Ich habe gesehen das es mittlerweile recht billige Class-D Audio 
Verstärker Boards mit ordentlich Leistung gibt.

Dabei ging mir durch den Kopf ob es nicht reichen würde einen Trafo an 
den Ausgang zu hängen um einen Wechselrichter für 220V zu bekommen? Oder 
müßte man den Ausgang nachregeln? Oder gibt es noch weitere Probleme, 
z.B. mit einem Power Faktor < 1?

von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Könnte mir schon vorstellen, dass das geht. Jedoch ist zu beachten,
dass die Primärwicklung des Trafos wahrscheinlich einen ohmschen 
Widerstand von kleiner 4 Ohm hat. Die meisten Audioendstufen sind eben 
auf 4 bzw. 8 Ohm ausgelegt. Hier spreche ich auch von eventuell 
vorhandenen Strombegrenzungsschaltungen. Hinzukommt dann noch die doch 
recht große Induktivität der Primärwicklung. Wegen Phasenverschiebung 
oder plötzlichem Lastabwurf kann es an den Endstufentransistoren zu 
großen Spannungspitzen oder zu ungünstigen Kombinationen von Spannung 
und Strom (und damit hohen Verlusten) kommen. Stichwort SOA.

von MiWi (Gast)


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Markus B. schrieb:
> Könnte mir schon vorstellen, dass das geht. Jedoch ist zu beachten,
> dass die Primärwicklung des Trafos wahrscheinlich einen ohmschen
> Widerstand von kleiner 4 Ohm hat. Die meisten Audioendstufen sind eben
> auf 4 bzw. 8 Ohm ausgelegt. Hier spreche ich auch von eventuell
> vorhandenen Strombegrenzungsschaltungen. Hinzukommt dann noch die doch
> recht große Induktivität der Primärwicklung. Wegen Phasenverschiebung
> oder plötzlichem Lastabwurf kann es an den Endstufentransistoren zu
> großen Spannungspitzen oder zu ungünstigen Kombinationen von Spannung
> und Strom (und damit hohen Verlusten) kommen. Stichwort SOA.


Du kennst das Schaltungskonzept, daß sich hinter dem Begriff "Class D" 
verbirgt aber schon, oder?


MiWi

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Class D ist ja nichts anderes als PWM, die auch in modernen 
Wechselrichtern angewendet wird. Vermutlich wird man beim Antreiben 
eines Trafos sich sogar fast alle Siebmittel im Ausgang der Endstufe 
sparen können, wenn die Anschlüsse kurz gehalten werden.
Man speist also am Eingang den 50Hz Sinus ein, den man am anderen Ende 
des Trafos haben möchte.
Der Trafo sollte bei 50Hz die Impedanz haben, die die Endstufe treiben 
kann.

von Gästchen (Gast)


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Das ist zwar theoretisch möglich (das Prinzip ist sehr ähnlich), 
praktisch macht das aber keinen Sinn.

Warum:
Ein Klasse-D-Amp schaltet üblicherweise mit sehr viel höherer Frequenzen 
als ein WR. Damit hat man höhere Schaltverluste. Schließlich muss ein 
Klasse-D-Amp einen 5kHz Sinus ohne hörbare Oberwellen erzeugen, der 
AC-Motor dagegen braucht weder 5kHz Sinus noch stören ihn die 
Oberwellen. Dazu kann man den mit Frequenzen im hörbaren Bereich quälen 
(oder muss es sogar).

Schalten kostet Energie. Man Verschenkt Leistung im Verstärker.
Dazu kommt: Der Motor hat noch das große Problem, dass er für so hohe 
PWM-Frequenzen wenig gut geeignet ist und daher zusätzlich mit höheren 
Verlusten zu rechnen ist (oder man filtert). Da ist ein geblätterter 
Eisenkern drin.

Dann hat ein FU nicht ohne Grund eine Menge Parameter. Jene, die man 
braucht, wird man in Software irgendwie nachbilden müssen. Z.B. die f/U 
- Kurve dürfte zwingend sein, wenn dir dein Verstärker lieb ist.

Ein Frequenzumrichter ist mit höherer Leistung, besseren Eigenschaften, 
angepasster Software und besserem Wirkungsgrad in kleinerem Gehäuse zu 
einem kleineren Preis zu bekommen.
Oft hat der dazu noch sinnvolle, Industrieübliche Schnittstellen drin, 
wie für Geber oder 4-20mA oder 0-10V. Auch die müstest du nachbilden.

Einschränkung:
Ich spreche hier von 230VAC Wechselrichtern für AC-Motore.

Bei kleinen DC-Motoren kann das manchmal tatsächlich sinnvoll sein. 
Tatsächlich hat mir ein Halbleiterhersteller für einen 
24V-DC-Motortreiber einen Klasse-D-Amp angeboten. Der war sogar halbwegs 
passabel geeignet, hatte aber keine Stromregelung.

Das alles erinnert mich stark an einen Beitrag, wo jemand eine SPS durch 
einen µC ersetzen wollte :-)

von MaWin (Gast)


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Wechseln und Drehen schrieb:
> Oder gibt es noch weitere Probleme, z.B. mit einem Power Faktor

Eigentlich nicht, Blindstrom sollte ein Class-D können. Aber 
Rückspeisung könnte die Betriebsspannung unzulässig anheben ohne 
Bremschopper.

von T. F. (waidler)


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Müsste gehen, allerdings stellt bei dieser Variante der 50Hz-Trafo den 
Kostenfaktor dar. Je nach dem, was man unter "ordentlich Leistung" 
versteht, wird sowas groß und im Vergleich zur Endstufe teuer.

Zum Thema nachregeln: Ja, müsstest Du eigentlich, wenn Du eine konstante 
Ausgangsspannung haben willst. Dein Trafo (und evtl. Filter am Ausgang 
der Endstufe) haben neben dem ohmschen Widerstand einen 
(höchstwahrscheinlich) induktiven Blindwiderstand, der auch abhängig vom 
Strom zu einem Spannungsabfall über Trafo/Filter führt. Diesen müsstest 
Du ausregeln.
In der Praxis könnte es auch sein, dass man bei Deinem Trafo für die 
benötigte Leistung der Spannungsabfall klein genug bleibt, dass die 
Ausgangsspannung in den für die Anwendung vertretbaren Grenzen bleibt.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Thomas F. schrieb:
> Je nach dem, was man unter "ordentlich Leistung"
> versteht, wird sowas groß und im Vergleich zur Endstufe teuer.

Lohnen tut sich sowas, wenn man einen dicken Trafo schon hat. Es ist ja 
nichts neues, einen WR mit Trafo aufzubauen, mein alter Trace 
Engineering macht mit so einem Trumm etwa 1500 Watt. Der Trafo ist 
allerdings auch eine beeindruckende Sammlung Eisenblech und Kupfer mit 
alleine etwa 10-12kg Gewicht.

Allerdings ist der Aufwand einer echten Class-D für WR Zwecke im 
Allgemeinen viel zu hoch, denn WR Endstufen können deutlich einfacher 
aufgebaut werden als welche für Audio.

von dasrotemopped (Gast)


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Ein Trafo hat eine Ausgangsleistung bei einer bestimmten 
Eingangsfrequenz. Wenn man die Eingangsfrequenz erhöht, sinkt die 
Leistung, da primärseitig der induktive Widerstand mit der Frequenz 
steigt. Da bei einem Wechselstrommotor die Leistung bei steigender 
Frequenz(Umdrehung) sinkt, muss die Spannung erhöht werden für einen 
erhöhten Spulenstrom im Motor.
Also ist bei der geplanten Kombination Class-D Verstärker, Trafo und 
Wechselstrommotor kein Blumentopf zu gewinnen.

Gruß,

dasrotemopped.

von Wechseln und Drehen (Gast)


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dasrotemopped schrieb:
> Ein Trafo hat eine Ausgangsleistung bei einer bestimmten
> Eingangsfrequenz. Wenn man die Eingangsfrequenz erhöht, sinkt die
> Leistung, da primärseitig der induktive Widerstand mit der Frequenz
> steigt. Da bei einem Wechselstrommotor die Leistung bei steigender
> Frequenz(Umdrehung) sinkt, muss die Spannung erhöht werden für einen
> erhöhten Spulenstrom im Motor.

Es ging mir nicht um einen Frequenzumrichter.

von Wechseln und Drehen (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Allerdings ist der Aufwand einer echten Class-D für WR Zwecke im
> Allgemeinen viel zu hoch, denn WR Endstufen können deutlich einfacher
> aufgebaut werden als welche für Audio.

Die Endstufen gibt es fertig und günstig zu kaufen: 
http://store3.sure-electronics.com/audio/audio-amplifier-board

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Wechseln und Drehen schrieb:
> Matthias S. schrieb:
>> Allerdings ist der Aufwand einer echten Class-D für WR Zwecke im
>> Allgemeinen viel zu hoch, denn WR Endstufen können deutlich einfacher
>> aufgebaut werden als welche für Audio.
>
> Die Endstufen gibt es fertig und günstig zu kaufen:
> http://store3.sure-electronics.com/audio/audio-amplifier-board

Das kannst du ja mal mit der 500W Endstufe in meinem 3-Phasenumrichter 
vergleichen:
https://www.mikrocontroller.net/articles/3-Phasen_Frequenzumrichter_mit_AVR

Selbst wenn man die Endstufe 3 mal aufbauen muss, wenn man alle Phasen 
braucht, ist das immer noch billiger als jede gekaufte Endstufe mit 
ähnlicher Leistung.

von Noch´n Gedicht... (Gast)


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Ein Klasse-D-Endverstärker ist zwar nicht ungeeignet für einen WR, und 
man kann sowas mit 50Hz-Trafo realisieren - aber dabei gibt´s halt schon 
ein paar Hürden (von denen viele schon genannt wurden).

Aber wenn Du gar nicht (wie ich bisher annahm) einen schon vorhandenen 
Audio-Amp mangels besserer Verwendung dahingehend umrüsten, sondern 
allein zu diesem Zweck tatsächlich einen oder mehrere Amps *neu 
kaufen* willst...

Hm.

Wegen des günstigen Preises? Dann wär´s m. E. klüger, mal auf diese 
Seite zu gucken... (etwas scrollen, bitte)

http://www.ebay.de/sch/i.html?_from=R40&_trksid=p2050601.m570.l1313.TR0.TRC0.H0.Xir2110.TRS0&_nkw=ir2110&_sacat=0

...und die Endstufe alleine sollte wirklich jeder selbst zusammenlöten 
können, der mit sowas rumspielen will.

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