Hallo zusammen, ich lese gerade ein bisschen über Oberschwingungen im Stromnetz. Mir sind die konkreten Auswirkungen auf angeschlossene Geräte nicht richtig klar. Frage: Was genau ist schlimm an einem unsauberen Sinus? Meine Gedanke bisher: Auswirkung von Schaltreglern / nichtlinearen Verbrauchern: - Sinus des Netzes nicht mehr sauber ("Dellen" in Amplitude, Spannungseinbrüche) - Hohe, plötzliche (transiente) Stromaufnahmen - Frequenzspektrum nicht mehr auf 50Hz sondern mit ganzzahligen Vielfachen - Asymmetrische Belastung im Drei-Leiter-Netz (Höhere Erwärmung von N und Außenleiter) Auswirkungen von Oberschwingungen - Stromspitzen führen zu höheren Verlusten (thermische Probleme) - Blindanteil im Netz der keine nutzbare Leistung liefert Gruß Dennis
Beim "Stromnetz" geht es um eine Leistungsübertragung. Die nutzbare Leistungsübertragung passiert durch die Wirkleistung. Das heißt die Geräte die Du anschliesst verwenden Wirkleistung um irgendwas zu tun. Zusätzlich zur Wirkleistung überträgt das Netz aber auch die Blindleistung. Verbraucher und Leitungen erzeugen Blindleistung. Da Dein Verteilnetz nun eine Scheinleistung (Wirkleistung + Blindleistung) übertragen muss, muss es für diese höhere Leistung ausgelegt sein. Wenn die Verbraucher eine Phasenverschiebung, wodurch auch immer, erzeugen, dann erhöht das die Blindlast. So einfach ist das. Mit Oberwellen sind die höherfrequenten Schwingungsanteile eines Mischsignales gemeint. Wenn das Mischsignal eine andere Frequenz hat oder phasenverschoben zum Netz ist, dann ist das auch eine Blindlast.
@Chris F: Danke für deine Erklärung. Das ist das Thema aus Netzsicht: Wenn Blindleistung --> höhere Scheinleistung --> Anforderungen an die Auslegung des Netzes werden höher. Was mich aber primär interessiert: was ist das schädliche für die angeschlossenen Geräte? Gruß Dennis
Dennis S. schrieb: > Was mich aber primär interessiert: was ist das schädliche für die > angeschlossenen Geräte? Kondensatornetzteile bekommen Probleme, wenn zu viele Oberschwingungen da sind.
Peter II schrieb: > Kondensatornetzteile bekommen Probleme, wenn zu viele Oberschwingungen > da sind. Ja.. das steht überall. Aber nie wird beschrieben welche Probleme auftreten! Thermische Probleme? Schnellere Alterung? Überspannung? Durchschlag? Keuchhusten?
Kondensatornetzteile rauchen schneller ab, da die in ihnen verbauten Durchschlagsfesten Metalfilmkondensatoren defekt stellen bekommen durch die höheren Spannungsspitzen, welche Durchschläge in den Kondensatoren verursachen und so Löcher in die Kondensatorplatten brennen die immer größer werden.
Berechne doch einfach mal ein Kondensatornetzteil für 50mA, 50Hz Die errechneten Werte für R und C nimmst du nun, und berechnest den Ausgangsstrom bei 150Hz statt bei 50Hz. - Was fällt dir auf? Was kann mit dem Verbraucher dahinter dann passieren?
Mit einem Entstörkondensator kann man viel rausfiltern, selbst wenn das Teil in einem anderen Gerät als Hilfs-Netzteil für die Elektronik missbraucht wird. So kann man z.B. mit einer eingesteckten Senseo-Maschine einige Oberwellen wegfiltern. Aber ernsthaft, wenn gewisse Geräte (die sich nicht davor schützen) hochfrequentes Beiwerk bekommen können die einem das übel nehmen, wie Peter schon schreibt. Das kann sich auch auf das Laufverhalten von Motoren auswirken und Funkanlagen oder Steueranlagen stören. Es verringert grob gesagt die Standzeit von angeschlossenen Geräten.
Bei Motoren bilden die Oberwellen z.B. ein 150-Hz Drehfeld oder ein 100-Hz-Drehfeld. Dann gibt es Blindströme, die in der Wicklung in Wärme umgesetzt werden. Bei Transformatoren kann es in Dreieckschaltung zum Kurzschluss der Oberwellen kommen, sodass diese Oberwelle thermisch "abgebaut" wird und den Trafo erwärmt. Höhere Oberwellen stören/belasten Rundsteueranlagen (gibts die noch?)
Peter R. schrieb: > Höhere Oberwellen stören/belasten Rundsteueranlagen (gibts die noch?) Große PV-Anlagen haben sowas als Speisesteuerung, glaube ich.
Wenn alle Hersteller in ihren Geräten Blindstromkompensation einbauen würden, gäbe es damit weniger Probleme, und die PLC-Verbreiter hätten dann auch Probleme und würden dann vielleicht aufgeben. Wird aber nicht gemacht, weil es ja Geld kostet.
Marcel P. schrieb: > Berechne doch einfach mal ein Kondensatornetzteil [...] Kann ich nicht (ad-hoc), bin kein Hardware-Entwickler. Aber ich werde es heute Abend mal in einer ruhigen Minute versuchen. :-) mahwe schrieb: > [...] da die in ihnen verbauten Durchschlagsfesten Metalfilmkondensatoren > [...] Durchschläge in den Kondensatoren verursachen [...] Warum kommt es bei duchschlagsfesten Met.-Kondensatoren zu Durchschlägen? Ist damit lediglich gemeint, dass die "durchschlagstolerant" sind? Ich meine klar: irgendwann sind physikalische Grenzen erreicht. Aber wie ich das raushöre ist der Ursprung allen Übels die thermische Erwärmung die durch die höheren Ströme hervorgerufen werden. Nochmal zur Verdeutlichung: am Netz hängen zwei Geräte, beide haben ein internes Netzteil. NT 1 "versaut" das Netz durch schnelle Schaltvorgänge. NT 2 "sieht" dadurch einen verbogenen Sinus mit vielen Oberschwingungen. Wieso genau ist der Strom an NT 2 höher? Das Netz ist doch eine Spannungsqeuelle und NT 2 holt sich nur den Strom den es benötigt...
1 | -----|-------------|----------Netz |
2 | | | |
3 | -------- -------- |
4 | | NT 1 | | NT 2 | |
5 | -------- -------- |
6 | |Gerät | |Gerät | |
7 | -------- -------- |
Fragen über Fragen! ;-) Gruß Dennis
Günter Lenz schrieb: > und die PLC-Verbreiter hätten dann auch Probleme und PLC? https://de.wikipedia.org/wiki/PLC
Dennis S. schrieb:
>PLC?
Ich meine damit dies hier:
"Powerline Communication, so bezeichnet man eine Technologie
zur Sprach- oder Datenübertragung vorwiegend über das Stromnetz."
Günter Lenz schrieb: > Ich meine damit dies hier: > "Powerline Communication, so bezeichnet man eine Technologie > zur Sprach- oder Datenübertragung vorwiegend über das Stromnetz." Ah okay... also nichts zum Thema.
Marcel P. schrieb: > Die errechneten Werte für R und C nimmst du nun, und berechnest den > Ausgangsstrom bei 150Hz statt bei 50Hz. So rechnen aber bloß Milchmädchen, denn das ist jetzt keine „Oberwelle“ mehr, sondern eine völlig andere Grundwelle.
Dennis S. schrieb: > Peter II schrieb: >> Kondensatornetzteile bekommen Probleme, wenn zu viele Oberschwingungen >> da sind. > > Ja.. das steht überall. Aber nie wird beschrieben welche Probleme > auftreten! Thermische Probleme? Schnellere Alterung? Überspannung? > Durchschlag? Keuchhusten? Berechne mal den Effektivwert einer Spannung mit sinusförmigem Verlauf (null Oberwellen) und mit rechteckförmigem Verlauf (sehr viele Oberwellen). Neben dem höheren Effektivwert ist auch der Anstieg der Spannung (du/dt) steiler. Entsprechend sind die Impulsströme in Gleichrichtern, Filterelkos, PFC-Schaltungen etc größer und die Bauteile werden stärker belastet. Ein Extremfall sind die billigen Wechselrichter für's Auto. Die haben fast rechteckförmige Ausgangssignale, daher sehr viele Oberwellen. Es gibt genug Leute, die damit ihre Geräte zerschossen haben.
soul e. schrieb: > Ein Extremfall sind die billigen Wechselrichter für's Auto. Ist aber eben auch 'ne andere Nummer als ein etwas verbogener Sinus.
Chris F. schrieb: > Mit Oberwellen sind die höherfrequenten Schwingungsanteile eines > Mischsignales gemeint. Wenn das Mischsignal eine andere Frequenz hat > oder phasenverschoben zum Netz ist, dann ist das auch eine Blindlast. Das "Mischsignal" hat mehere harmonische Frequenzen. Für die Leistungsumsetzung muss jede Teilschwingung mit der Frequenz fn für sich behandelt werden: P(fn) = Un*In*cos(n,φ) Oder anders: Solange die Spannung rein sinusförmig ist, kann nur durch den Grundschwingungsstrom (im öffentlichen Netz 50 Hz) Wirkleistung übertragen werden.
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