Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Uni/FH: Was ist Theorie und was ist Praxis in Elektrotechnik?


von Das Pferd (Gast)


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Es heißt ja immer FH sei praxisorientierter. Und an der Uni lernt man 
viel stärker die Grundlagen.

Doch habt ihr Beispiele, wie das konkret in der Elektrotechnik aussieht?

Lernt man z. B. an der FH wie man Logikgatter
 anwendet, während an der Uni die Funktionsweise der Gatter gelehrt 
wird? Ist das ein korrektes Beispiel? Habt ihr weitere Beispiele?

von Das Pferd (Gast)


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Oder ist es z B so dass an der Uni detailliert besprochen wird wie eine 
Diode genau funktioniert mit Dotierung und so? Und FH sieht die Diode 
als Black Box, also die physikalischen Vorgänge werden ausgeblendet, nur 
die Funktion wird betrachtet.

Stimmt das in etwa?

von Mark B. (markbrandis)


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Das Pferd schrieb:
> Oder ist es z B so dass an der Uni detailliert besprochen wird wie eine
> Diode genau funktioniert mit Dotierung und so? Und FH sieht die Diode
> als Black Box, also die physikalischen Vorgänge werden ausgeblendet, nur
> die Funktion wird betrachtet.
>
> Stimmt das in etwa?

Nein.

von Mark B. (markbrandis)


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Grundsätzlich ist Elektrotechnik eine Ingenieurswissenschaft, und 
Ingenieurswissenschaften sind per se angewandte Wissenschaften.

Wenn Du die Theorie hinter der Elektrotechnik haben willst, bist Du 
eigentlich immer in der Physik. Und von der wird an der Uni mehr gelehrt 
als an der FH.

Ob man den inneren Aufbau eines elektronischen Bauteils verstanden haben 
muss um es erfolgreich einsetzen zu können, mag jeder für sich selbst 
beantworten. Manche meinen man muss das unbedingt wissen, andere sagen 
das sei Humbug.

Bild Dir Deine Meinung ;-)

von Tr (Gast)


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Auch an der FH kaust du das blöde Ding in epischer Breite durch bis du 
es nicht mehr sehen willst. Als Praxisbezug gibt es dann eine Laborübung 
mit Bericht oben drauf, wo du z.B. Kennlinien aufnimmst oder 
Grundschaltungen vorberechnest und dann erprobst. Dafür gehst du etwas 
weniger in die Physik, z.B. könnte dir erspart bleiben dir räumliche 
Ausdehnung der Sperrschicht zu berechnen.

von Dipl.-Ing. (FH) (Gast)


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Das Pferd schrieb:
> Es heißt ja immer FH sei praxisorientierter.

Die Studenten führen in den ersten drei Semestern sehr viele 
Praktika/Labore durch. Während des Semesters können es bis zu vier pro 
Woche sein, was an sich sehr viel ist in Bezug auf den Arbeitsaufwand 
(Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung).

Ansonsten werden Grundlagen nur oberflächlich vermittelt. In der Physik 
lernt man beispielsweise, dass eine Schwingung irgendwas mit sin/cos zu 
tun hat oder dass die Einheit der Kraft das Newton ist. Das Studium ist 
sehr kompakt gestaltet, sodass wenig Zeit für Kreativität übrig bleibt.

Zur Grundwährung in der Physik ist die "Formel" geworden, mit der man 
sich eine wichtige Ressource - nämlich die Zeit - erkauft. Dabei nimmt 
man den Studenten die Fähigkeiten, Lösungsmethoden selbst zu entwickeln 
und Ergebnisse kritisch zu hinterfragen - wenn die Dichte von Aluminium 
21000 kg/dm³ beträgt, dann ist es halt so. Die Dozenten schütteln zwar 
den Kopf, aber das ist letztendlich nicht deren Problem.

Neuerdings werden die Studis dazu ermuntert, während der Semesterferien 
Firmen kennen zu lernen als Praktikanten oder Werkstudenten. Hier können 
Kontakte zu Unternehmen geknüpft werden, was sich positiv für das 
spätere Praxissemester oder die Abschlussarbeit auswirken kann.

So gesehen ist das Studium praxislastig, allerdings lernen die Leute 
auch etwas dabei. So ein Praktikum kann auch eine gute 
Inspirationsquelle sein für eine eventuelle Projektarbeit oder 
vielleicht für die spätere Tätigkeit.

Berichte über das ET-Studium an einer Uni kenne ich nur von Kollegen 
her. Man muss viel mehr büffeln (hohe Durchfallquoten in den 
Grundlagenfächern, bis zu 80%!) und man geht schon an die Grenzen. Im 
Hauptstudium geht es darum, neuartige Algorithmen zu entwickeln. In der 
Hochfrequenztechnik wird oft simuliert oder man verifiziert Modelle mit 
entsprechenden Experimenten.

von Hannes (Gast)


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An meiner Uni müssen Leute die von der FH rüber wollen Auflagen wie TET 
1 und 2 und Mathematik 3 nachholen (hängt aber von den ECTS ab, d. h. 
man braucht min 30 ECTS in Mathe, 10 Physik, 30 Grundlagen (GET) etc) -- 
da einige FHler z. B. ihre ECTS für Fachenglisch, BWL und Soft Skills 
bekommen muss entsprechend mehr nach geholt werden.

Ob die Inhalt nun unterschiedlich sind kann ich dir nicht sagen.

von Chris F. (chfreund) Benutzerseite


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Früher war das so, dass an der TH "technische Mechanik", "theoretische 
Elektrotechnik" und weitere Sahnehäubchen als Pflichtfächer kamen, die 
es beim FH-Studium nicht gab. Auch war der Anspruch im Grundstudium 
nicht so hoch, bei "Höhere Mathematik" und Physik zum Beispiel. In 
Aachen wurden dann auch noch die Prüfungen bei Physik und Mathe von zwei 
Semestern zusammengelegt, während es bei den FH-lern eh nur Physik I gab 
und Mathematik I und II jeweils nach dem Semester geprüft wurden.
Die Praktika an der TH im Grundstudium waren immer ein ganzer Tag mit 
mehreren Themen auf einmal, eher so ein Seminar. An der FH sind die 
Praktika in den Stundenplan eingebaut und auf mehr Termine verteilt.

: Bearbeitet durch User
von Mark B. (markbrandis)


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Chris F. schrieb:
> An der FH sind die Praktika in den Stundenplan eingebaut und auf mehr
> Termine verteilt.

Nö. Das macht jeder Prof so wie er will.

von Max M. (maxmicr)


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Dipl.-Ing. (FH) schrieb:
> Ansonsten werden Grundlagen nur oberflächlich vermittelt. In der Physik
> lernt man beispielsweise, dass eine Schwingung irgendwas mit sin/cos zu
> tun hat oder dass die Einheit der Kraft das Newton ist.

Das ist Oberstufenstoff, dass wird vielleicht zu Beginn wiederholt und 
stellt die Grundlage dar, ist aber keinesfalls das, was man als Student 
"neu" lernt.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

OK, meine Erfahrungen sind jetzt ueber 20 Jahre her, koennte sich in der 
Zeit was geaendert haben...

Das Pferd schrieb:
> Habt ihr weitere Beispiele?

Ja, die z-Transformation faellt mir da spontan ein. An der FH sehr drauf 
gerichtet, was man fuer digitale Signalverarbeitung braucht. Kam 
irgendwann im 7. Semester. Korrespondenztabelle und gut ist erstmal.

An der TH wurde da in Mathe (Grundstudium, 3/4 Semester) erstmal 
ziemlich draufrumgeritten, was denn die Konvergenzgebiete von 
z-Tranformationen sind, also wo das ueberhaupt funktioniert...

An der FH waren Pruefungsaufgaben öfter mal so ein bisschen zum drueber 
nachdenken gemacht, waehrend an der TH die Pruefungsaufgaben vom Typ her 
viel vorhersagbarer waren und durch tagelanges Rechnen von aehnlichen 
Aufgaben konnte man die eigene Schnelligkeit trainieren. Das war an der 
TH wichtiger. Waehrend an der FH es durchaus was gebracht hat, mal 
irgendwie "unkonventionell" an eine Aufgabe zu gehen.

Praktikumsversuche fand' ich an der FH leicht staerker ausgepraegt als 
an der TH, koennte aber auch damit zu tun haben, dass ich dann immer 
versucht habe, "gleichwertige" Praktikumsversuche, die ich an der FH 
gemacht hatte, an der TH anerkennen zu lassen.

Halbleiterei war an der TH eine Vorlesung ueber 3 Semester, danach war 
man mit jedem Ladungstraeger in jeder Zone eines Halbleiters per Du, 
allerdings gabs doch etliche Kommilitonen, die gescheitert waeren, aus 
einem Haufen Bauteile die Transistoren auszusuchen. Das war an der FH 
lange nicht so ausgepraegt, dafuer gabs von Siemens gleich extra 
Datenbuecher fuer Studenten mit Daten ausgesuchter Halbleiter.

An Programmiersprachen gabs an der FH ein Semester C und Pascal (spaeter 
als Wahlfach noch Assembler und Matlab); an der TH 2 Semester Modula-2 
(Die Pruefung musste ich an der TH nicht mehr ablegen, aber ich weiss 
noch, wie mir der Prof. nahegelegt hat, doch unbedingt Modula-2 zu 
lernen, das waere ganz wichtig...(klaro...harhar))

Dipl.-Ing. (FH) schrieb:
> Ansonsten werden Grundlagen nur oberflächlich vermittelt. In der Physik
> lernt man beispielsweise, dass eine Schwingung irgendwas mit sin/cos zu
> tun hat oder dass die Einheit der Kraft das Newton ist. Das Studium ist
> sehr kompakt gestaltet, sodass wenig Zeit für Kreativität übrig bleibt.

Das kann ich fuer mich nicht so bestaetigen. Gerade Physik wurde mir an 
der TH anstandslos von der FH her anerkannt. Da wurden auch keine 
sin/cosinuesse bei Schwingungen aus dem Hut gezaubert, sondern man hatte 
schon den vollen Spass mit den Differentialgleichungen.

Bei beiden Studiengaengen hatte ich stark den Eindruck, dass wenn man 
vorher Theoretiker war, war man's hinterher auch. War man praktisch 
interessiert, war man danach auch praktisch weitergebildet. War man 
vorher ein Depp, war man's nach dem Studium auch. Egal, ob FH oder TH. 
Und da bin ich mir sicher: Das hat sich nicht geaendert.


(FH=FH Schweinfurt:1988-1992; TH=RWTH Aachen:1992-1996)

Gruss
WK

von Dipl.-Ing. (FH) (Gast)


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Max M. schrieb:
> Dipl.-Ing. (FH) schrieb:
> Das ist Oberstufenstoff, dass wird vielleicht zu Beginn wiederholt und
> stellt die Grundlage dar, ist aber keinesfalls das, was man als Student
> "neu" lernt.

So gesehen hast du vollkommen Recht. Ich war auch der Meinung, dass dies 
auch in der Oberstufe gelehrt wird, allerdings gibt es einen nicht zu 
vernachlässigenden Anteil von Studierenden (ca. 20-30%), die diesen 
Stoff in der Tat an der FH "neu" lernen (beispielsweise den Umgang mit 
SI-Basiseinheiten, Winkelfunktionen, Logarithmen etc.).

Aber das ist ja ein anderes Thema. Die ursprüngliche Frage war bezüglich 
der Unterschiede in der Theorie/Praxis (FH/Uni) gerichtet.

von Dipl.-Ing. (FH) (Gast)


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Dergute W. schrieb:
> Das kann ich fuer mich nicht so bestaetigen. Gerade Physik wurde mir an
> der TH anstandslos von der FH her anerkannt. Da wurden auch keine
> sin/cosinuesse bei Schwingungen aus dem Hut gezaubert, sondern man hatte
> schon den vollen Spass mit den Differentialgleichungen.
>

Meine Erfahrungen beziehen sich auf einen aktuellen Bachelor-Studiengang 
in der Elektrotechnik. Dort ist es in der Tat so, dass die Grundlagen 
sehr oberflächlich vermittelt werden - also "Formelwissen". Sicherlich 
wird in den Vorlesungen darauf hingewiesen, dass hinter vielen 
physikalischen Prozessen Dgls stecken, allerdings musste kein ET-Student 
in den Übungen während der zwei Semester andauernden Physikvorlesung nur 
eine Dgl lösen.

> Bei beiden Studiengaengen hatte ich stark den Eindruck, dass wenn man
> vorher Theoretiker war, war man's hinterher auch. War man praktisch
> interessiert, war man danach auch praktisch weitergebildet. War man
> vorher ein Depp, war man's nach dem Studium auch. Egal, ob FH oder TH.
> Und da bin ich mir sicher: Das hat sich nicht geaendert.

Naja, dem stimme ich einfach mal zu ;-)

von Analog OPA (Gast)


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Mark B. schrieb:

> Ob man den inneren Aufbau eines elektronischen Bauteils verstanden haben
> muss um es erfolgreich einsetzen zu können, mag jeder für sich selbst
> beantworten. Manche meinen man muss das unbedingt wissen, andere sagen
> das sei Humbug.

Man muss es verstehen, um Bauteile herstellen zu können, Gleichungen 
dafür bilden zu können, Simulatoren dafür schreiben zu können, Bauteile 
weiterentwicklen zu können und nahe an der Forschung zu sein.

An unserer Uni HABEN wir genau sowas gemacht und ich arbeite in dem 
Umfeld. Schaltungsentwicklung, die letztlich auch teilweise in ASICs und 
auf Sensoren geht. Ohne ein Verständnis für Besetzungsstatistik, 
Absorbtion, Dotierung ist es unmöglich, gemessene Effekte zu verstehen 
und die Schlussfolgerungen zu ziehen.

Ja, das ist die mathematische Theorie hinter den Messungen und ich bin 
forh, dass ich sie drauf habe und mich das immer wieder in einen Vorteil 
versetzt hat.

von Analog OPA (Gast)


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Dergute W. schrieb:
> (FH=FH Schweinfurt:1988-1992; TH=RWTH Aachen:1992-1996)

Ah, Du bist wohl auch so ein Endvierziger wie ich. In Aachen könnten wir 
uns begegnet sein. 1987 - 1993! Die gute alte Zeit. Ich bin echt froh, 
dass ich noch ein richtiges Diplom abgestaubt habe, mein Cousin, der 
ebenfalls studierte, ist 11 Jahre jünger und hat Master in Dortmund 
gemacht. Da sind schon Unterschiede beobachtbar! Wobei: Aachen ist auch 
nicht mehr das, was es mal war.

Nochmal zur Frage:

Die Theorie ist der Rahmen, der hilft, das praktisch Erfahrene 
einzuordnen, zu benennen und im Detail zu beschreiben. Vieles davon 
wurde an den FHs weggelassen. Dieser Unterschied dürfte sich heute 
zwischen Master und Bachelor abzeichnen, wenn auch in reduzierter Form.

von Dipl.- G. (hipot)


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Dipl.-Ing. (FH) schrieb:

> Die Studenten führen in den ersten drei Semestern sehr viele
> Praktika/Labore durch. Während des Semesters können es bis zu vier pro
> Woche sein, was an sich sehr viel ist in Bezug auf den Arbeitsaufwand
> (Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung).
> [...]
>
> So gesehen ist das Studium praxislastig, allerdings lernen die Leute
> auch etwas dabei. So ein Praktikum kann auch eine gute
> Inspirationsquelle sein für eine eventuelle Projektarbeit oder
> vielleicht für die spätere Tätigkeit.

Klingt wie ein Unibätschler.
Oder wie die praktischen Elemente eines Diplom-Unistudiums. :D

von Laie (Gast)


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Hallo

wenn ich das bisher geschriebene richtig Verstehe gehe ich wohl richtig 
mit folgender Annahme:

Es gibt nichts was vom Anspruch und den Inhalt her zwischen einen 
Energieelektroniker und ähnlichen höheren Handwerklichen Berufen und der 
Ausbildung an FH oder erst recht der Uni liegt.
Also wenn jemanden der Energieelektroniker zu "läppisch" (sorry ist 
nicht böse gemeint) ist, aber gleichzeitig FH und erst recht Uni zu 
anspruchsvoll (Hauptsächlich eben wegen der erforderlichen Mathematik) 
gibt es dazwischen beruflichen nichts?
Oder ist es der Techniker (gibt es den überhaupt als anerkannte 
Berufsbezeichnung?) welcher diese Lücke füllt - besonders von Anspruch 
und Inhalt der Aus- oder Weiterbildung her?

Laie

von lächler (Gast)


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Chris F. schrieb:
> Früher war das so, dass an der TH "technische Mechanik", "theoretische
> Elektrotechnik" und weitere Sahnehäubchen als Pflichtfächer kamen, die
> es beim FH-Studium nicht gab. Auch war der Anspruch im Grundstudium
> nicht so hoch, bei "Höhere Mathematik" und Physik zum Beispiel. In
> Aachen wurden dann auch noch die Prüfungen bei Physik und Mathe von zwei
> Semestern zusammengelegt, während es bei den FH-lern eh nur Physik I gab
> und Mathematik I und II jeweils nach dem Semester geprüft wurden.
> Die Praktika an der TH im Grundstudium waren immer ein ganzer Tag mit
> mehreren Themen auf einmal, eher so ein Seminar. An der FH sind die
> Praktika in den Stundenplan eingebaut und auf mehr Termine verteilt.

Was du hier als TH beschreibst, war bei uns an der FH so.

von Elektrofan (Gast)


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Theorie ist das, was in der Praxis nie geht und Praxis ist das, was ...

von Jay (Gast)


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Praxisbezug bedeutet, es werden Beispiele, Anforderungen, Tätigkeiten 
und Aufgaben aus der Berufspraxis in die Lehre eingearbeitet. Jetzt ist 
es im Beruf so, dass es dort auch Theorie-basierte Tätigkeiten gibt. Ein 
Beispiel aus der Praxis kann daher die Lösung einer theoretischen 
Aufgabe sein.

Man kann sich dem Ganzen auch mal vom anderen Ende annähern, vom Kunden 
der die Ware abnimmt. Zitieren wir mal aus der relativ aktuellen 2016 
Mercator Studie:

> Fach- und Führungskräfte gaben an, dass sie bei
  43 % der Bachelor- und 37 % der Masterabsolvent/-
  innen Praxiskenntnisse stark oder sehr stark ver-
  missten (vgl. Anhang 4, Tabelle 4). Bei der Frage,
  welche Maßstäbe bei der Einstellung von Bachelor-
  und Masterabsolvent/-innen angelegt würden, wurde
  der Aspekt Praktika/- Arbeitserfahrung nach dem
  Auftreten im Vorstellungsgespräch als zweitwichtigs-
  tes Kriterium bewertet (vgl. Abb. 27).

Was vielleicht einfach bedeutet, der Master hat aufgrund des längeren 
Studiums mehr Praktika gemacht und hat daher mehr Praxiskenntnisse. 
Insgesamt sind die Praxiskenntnisse bescheiden.

> Die Antworten der Absolvent/-innen bestätigen diese
  Ergebnisse: Bei den Bachelorabsolvent/-innen antwor-
  teten 40 %, dass sie bei ihrem Berufseinstieg Praxis-
  kenntnisse stark bis sehr stark vermissten. Bei den
  Masterabsolvent/-innen vermissten 32 % und bei den
  Diplomabsolvent/-innen 25 % Praxiskenntnisse stark
  bis sehr stark (vgl. Anhang 4, Tabelle 5).

Man beachte die Antworten der Diplomabsolventen. Früher war wirklich 
mehr Lametta.

Wie sieht es mit der anderen Dimension FH - Uni aus? Nun:

> In diesem Zusammenhang [Besetzung von Stellen] wurden die Fach- und
  Führungskräfte gefragt, ob sie Bachelor- bzw.
  Masterabsolvent/-innen eher von der Universität
  oder von der Fachhochschule bevorzugen würden.
  Der überwiegende Teil der Fach- und Führungskräfte
  (64 % bzw. 60 %) hat keine Präferenzen hinsicht-
  lich der Ausbildungsherkunft der Bachelor- bzw.
  Masterabsolvent/-innen (vgl. Abb. 36).

Es geht den Abnehmern großenteils am Popo vorbei ob offiziell mit 
Praxisbezug oder offiziell theoretisch ausgebildet. Denen, denen es 
nicht am Popo vorbeigeht, sehen es so:

> Wenn je-
  doch Präferenzen angegeben wurden, so wurde der
  Fachhochschul-Bachelorabschluss gegenüber dem
  Universitäts-Bachelorabschluss bevorzugt: 24 % der
  Fach- und Führungskräfte präferieren den Fachhoch-
  schulabschluss, 12 % den Universitätsabschluss.

Wenn es überhaupt interessiert wird ein praktischer Bachelor gegenüber 
einem theoretischen Bachelor bevorzugt. Das verwundert nicht besonders, 
sind doch die meisten FH Bachelor-Studiengänge länger als die Uni 
Bachelor-Studiengänge. Die Unis ticken ja immer noch so ein bisschen 
nach der idiotischen Formel "Bachelor = Vordiplom". Die FHs nehmen den 
offiziellen Anspruch "Bachelor = berufsqualifizierender Abschluss" 
ernster. Aber:

> Beim
  Master wurde genau anders herum geantwortet: 30 %
  der Fach- und Führungskräfte präferieren den Mas-
  terabschluss an der Universität, 10 % bevorzugen den
  Masterabschluss an der Fachhochschule.

Wenn es überhaupt interessiert wird ein theoretischer Master gegenüber 
einem praktischen Master bevorzugt.

Schlussfolgerung: Wer mikro-optimieren möchte macht seinen Bachelor an 
der FH und den Master an der Uni. Andersherum schadet es aber nicht 
viel.

Bleibt die Frage, soll man überhaupt einen Master machen?

> Die Befragung bei den Fach- und Führungskräften
  ergab, dass in den letzten Jahren stärker Master- als
  Bachelorabsolvent/-innen gesucht wurden. Rund
  46 % der Fach- und Führungskräfte gaben an, dass
  in ihrem Unternehmen in den letzten zwei Jah-
  ren Masterabsolvent/-innen stark bis sehr stark
  gesucht wurden; nur rund 34 % gaben dies für
  Bachelorabsolvent/-innen an (vgl. Abb. 34).

Was hier im Forum schon immer gesagt wurde: Wenn es irgendwie geht den 
Master machen.

von Hannes (Gast)


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lächler schrieb:
> Was du hier als TH beschreibst, war bei uns an der FH so.

Vermutlich weil sich jetzt viele Fachhochschulen einfac TH nennen ohne 
eine wissenschaftliche Hochschule zusein.

th mittelhessen, th nürnberg rwth;) etc. - sprich man sollte heute schon 
den begriff tu/uni verwenden..

von Mega-Ing. (Gast)


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Jay schrieb:
> Man beachte die Antworten der Diplomabsolventen. Früher war wirklich
> mehr Lametta.

Früher wurde auch nur derjenige Ingenieur, der auch ohne ein Studium 
mindestens als ein fähiger Tüftler brauchbare Sachen konstruiert hätte.
Auch wenn es nur eine Leuchtreklame, ein Messgerät oder gar 
Automatisierungsgerät ist.
Heinz Nixdorf brauchte kein Studium, um einen brauchbaren Computer zu 
entwickeln.
Genauso wenig wie Bill Gates oder Steve Jobs.

Heute werden Leute Ingenieure, die gut erzogen sind in der stupiden 
Wissensansammlung und 1er-Schreiben, aber sobald sie mal ein 
Bildungssystem verlassen haben, fangen sie an zu verzweifeln und wissen 
nicht mehr wo oben und unten ist, wenn ihnen nicht dauern ein Tutor über 
die Schulter schaut.

Von daher ist es eigentlich nebensächlich, wo jemand studiert hat. Ein 
guter FH-ler kann auch einen Super-Uni-Diplomer in der Praxis in die 
Tasche stecken.

von Anbieter (Gast)


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An der FH lernt man alles was in der Uni gelernt wird.
Ein fertiger FH-Ingenieur kann zusätzlich mit einem Hammer einen Nagel 
in die Wand hauen.

von Jay (Gast)


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Mega-Ing. schrieb:
> Heinz Nixdorf brauchte kein Studium, um einen brauchbaren Computer zu
> entwickeln.
> Genauso wenig wie Bill Gates oder Steve Jobs.

Ich bin kein Fan davon seltene Ausnahmen und Glücksfälle zum Standard zu 
erklären. Basis für eine Karriere ist immer noch Dinge erfolgreich 
abzuschließen, nicht sie abzubrechen.

von Chris F. (chfreund) Benutzerseite


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Mega-Ing. schrieb:
> Von daher ist es eigentlich nebensächlich, wo jemand studiert hat. Ein
> guter FH-ler kann auch einen Super-Uni-Diplomer in der Praxis in die
> Tasche stecken.

Bloß weil man ein breiteres Fundament an Wissen hat, heißt das nicht, 
dass man irgendwodrin schlechter ist. Das kommt auch sehr viel auf das 
private Interesse an und in welchem Bereich und mit welcher 
Verantwortung man letztendlich arbeitet.

von Mark B. (markbrandis)


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Chris F. schrieb:
> Bloß weil man ein breiteres Fundament an Wissen hat, heißt das nicht,
> dass man irgendwodrin schlechter ist. Das kommt auch sehr viel auf das
> private Interesse an und in welchem Bereich und mit welcher
> Verantwortung man letztendlich arbeitet.

Einigen wir uns darauf:

-Es gibt gute Leute mit Hochschulabschluss
-Es gibt gute Leute ohne Hochschulabschluss
-Es gibt gute Leute von der Uni
-Es gibt Pfeifen von der Uni
-Es gibt gute Leute von der FH
-Es gibt Pfeifen von der FH

So sieht's aus.

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