Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Temperaturkompensation


von jason (Gast)


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Hallo,

ich habe eine Messzelle und eine Schaltung zur Bestimmung der 
Leitfähigkeit in Flüssigkeiten aufgebaut. Die Schaltung misst den 
Spannungsabfall über einem Widerstand, der in Reihe mit der Messzelle 
geschaltet ist. Dabei handelt es sich um einen Instrumentenverstärker 
wie im beigelegten Bild, nur dass R2 durch ein Potentiometer ersetzt 
ist, um die Verstärkung einstellen zu können. Für die Ops habe ich ein 
LM324 genommen und mit symmetrischer Spannung versorgt, weil die 
Messzelle mit Wechselspannung betrieben wird, deren Abfall am 
nachgeschalteten Widerstand gemessen wird.
Klappt auch alles ganz prima. Nach Eichung mit KCl Lösungen sind die 
Messungen bei einigen Versuchen zufriedenstellend genau ausgefallen.
Ein Manko bekomme ich aber nicht beseitigt. Die Leitfähigkeit ist auf 
25° Celsius bezogen, und nimmt von dort bei Temperaturerhöhung pro Grad 
um ca. 2% zu bzw. bei Erniedrigung ab. Ohne Temperaturkompensation muss 
ich also meine zu testenden Lösungen immer genau auf 25° temperieren. 
Mir ist schon klar, dass ein NTC oder PTC die Lösung sein dürfte, und 
dass er wahrscheinlich in die Rückkoppelung eines Ops muss, aber dann 
hört es auf. Wie ich es anstelle, dass tatsächlich die 2% drauf bzw. 
heruntergerechnet werden, habe ich nicht herausgefunden. Empirische 
Versuche blieben erfolglos, und um es selbst zu berechnen, fehlen mir 
die Grundlagen, und entsprechende Erläuterungen im Internet waren zu 
komplex für mich.
Könnte mir hier jemand einen für Nichtfachleute nachvollziehbaren Tipp 
geben, wo NTC oder PTC im Instrumentenverstärker hin müssen, und wie die 
genannten 2% zu erreichen sind?

Gruß von Jason

von Ernst O. (ernstj)


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Zuerst wäre zu klären, wie die Leitfähigkeit sich in Abhängigkeit von 
der Temperatur ändert, also ob die Messkurve nach oben oder unten 
parallel verschoben wird oder ob die Kurvensteilheit verändert wird, 
wenn die Temperatur sich ändert. Eine Parallelverschiebung lässt sich 
kompensieren, indem du den Ausgang deines Instrumentenverstärkers in 
einem Analogsummierer zu einem passend skalierten Temperatursignal 
addierst. Wenn es um die Kurvensteilheit geht, ist R2 vielleicht der 
passende Ansatzpunkt. Vielleicht kann man mit einem temperaturabhängigen 
Widerstand etwas arrangieren. Eine andere Möglichkeit wäre ein 
nachgeschalteter Analogmultiplizierer, z. B. eine Gilbertzelle (zu der 
es hier einen guten Artikel gibt).

Oder man erfasst Temperatur und Leitfähigkeit mit A/D Wandlern und macht 
die Auswertung digital.

von Master S. (snowman)


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@jason: Bei mir steht demnächst auch die Messung der Leitfähigkeit von 
Wasser an - ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, bin aber 
froh um Inputs. Leider konnte ich dir nicht ganz folgen. Könntest du 
hier den Rest der (Wechselspannungs)Schaltung zeigen?
Zu deiner Frage: Ich nehme an, dass du nicht direkt den analogen Wert 
brauchst, sondern den in einen uC einspeisst (ADC). Eine Kompensation im 
uC ist vermutlich einfacher als dies in der analogen Schaltung 
kompensieren zu versuchen.

von jason (Gast)


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Hallo Ernst,

ich habe die Stichwörter, die Du geschrieben hast, mal nachgeschlagen. 
Wäre das nicht vielleicht mit Kanonen auf Spatzen schießen? Aber nichts 
für ungut, ich weiß eben nicht, ob es nicht einfacher geht.
Die Leitfähigkeit ändert sich zwar nicht wirklich linear mit der 
Temperatur, aber im relevanten Bereich, etwa von 15 bis 30° Celsius ist 
es linear genug. Es wäre nötig, mal in meinen Worten ausgedrückt, vom 
Messergebniss für jedes Grad über 25° Celsius 2% abzuziehen und für 
jedes Grad unter 25° 2% zu addieren. Und es wäre schön, wenn sich das 
durch eine einfache Schaltung mit einem temperaturabhängigen Widerstand 
realisieren ließe. Ausgehend vom beschriebenen Instrumentenverstärker.

von jason (Gast)


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@Master Snowman

Als Wechselspannung nehme ich die halbe Trafospannung der 
Dualstromversorgung also ein Trafopin gegen die Mittelanzapfung. Sind 
knapp 15 Volt. Da insgesamt wenig Strom fließt, geht das problemlos. 
Doch, aus "optischen Gründen" nehme ich als Anzeigeinstrument ein 
analoges Voltmeter für Wechselstrom bis 10 Volt. Die Skala habe ich 
durch die Eichung mit KCl-Lösungen erstellt. Ist verblüffend genau, 
vorausgesetzt ich temperiere sorgfältig. Deshalb würde ich eben gern die 
2% pro Grad schon in der Schaltung berücksichtigen, aber dazu verstehe 
ich nicht genug von der Materie, um das mal eben zu lösen. Es müsste 
durch einen Spannungsteiler, der einen NTC oder PTC enthält und im 
Instrumentenverstärker sitzt, gehen, nur wie?

von Hp M. (nachtmix)


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jason schrieb:
> Es müsste
> durch einen Spannungsteiler, der einen NTC oder PTC enthält und im
> Instrumentenverstärker sitzt, gehen, nur wie?

Dazu müsstest du mal die Meßschaltung zeigen.
Vermutlich ist die Leitfähigkeit gar nicht proportional zum Meßsignal...

von jason (Gast)


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Darf ich erst einmal versuchen sie zu beschreiben? Ist fast zu simpel, 
um sie aufzuzeichnen: Vom Trafo der dualen Speisespannung geht ein 
Ausgang zur Messzelle. Die andere Seite der Zelle führt an einen 
Widerstand (je nach Messbereich zwischen 220 Ohm und 1k, 
Stufenschalter). Vom Widerstand geht es zurück zur Mittelanzapfung des 
Trafos (Masse). An diesem Widerstand wird die abfallende Spannung mit 
dem eingangs erwähnten Instrumentenverstärker gemessen. Der mit 
steigender Leitfähigkeit gemessene Spannungsanstieg ist nicht wirklich 
linear. Wenn der Messwiderstand aber im Verhältnis zum ungefähren 
Widerstand, den die Lösung in der Messzelle darstellt, genügend klein 
ist (z.B. Faktor 20), ergibt sich eine brauchbare Skala auf dem 
Messinstrument. Darum nehme ich an, dass die Genauigkeit für die Praxis 
(Bodenkunde) völlig ausreichen würde, wenn auf die verstärkte Spannung, 
die am Ausgang schließlich ansteht, zwei Prozent pro Grad Abweichung von 
25° addiert bzw. davon subtrahiert würden. Das Schöne ist ja, dass man 
die Sache stets mit eingewogenen und temperierten Messlösungen 
überprüfen kann.
Nur fehlt mir bislang ein Ansatz, wie ich es schaltungstechnisch 
realisieren könnte, dass über einen temperaturabhängigen Widerstand an 
der Messzelle eben diese 2% pro Grad in die Messung einfließen. 
Eigentlich sollte es egal sein, an welcher Stelle auf dem Weg zur 
Anzeige das passiert. Die Schaltung müsste nur die Möglichkeit bieten, 
dass man mit einem Poti einstellen kann, dass beim auf 25° gebrachten 
NTC oder PTC (?) nichts geschieht, während dann mit jedem Grad nach oben 
2% addiert bzw nach unten subtrahiert werden.

von Georg (Gast)


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jason schrieb:
> während dann mit jedem Grad nach oben
> 2% addiert bzw nach unten subtrahiert werden.

Das ist ja nicht korrekt ausgedrückt. Wenn du 2% addierst, so ist das in 
Wirklichkeit eine Multiplikation (mit 1,02). Deswegen ist das analog 
recht schwierig, ich würde das eher mit einem Prozessor realisieren. Den 
Faktor kann man ja trotzdem mit einem Potentiometer steuern.

x% vom Messwert analog zu erzeugen ist noch kein Problem, aber das 
müsstest du ja mit der Differenztemperatur multiplizieren und dann zum 
Messwert addieren.

Georg

von jason (Gast)


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Hallo Georg,

genauso ist es, pro Grad (x) 2%, als kann man die Additionen auch als 
Multiplikation sehen. x mal mit 1,02 multipliziert.
Ein Prozessor würde den Rahmen sprengen.
Dass es analog geht, beweisen alle antiken Leitfähigkeitsmesser, die 
ohne Prozessor auskommen mussten. Ich habe damals in dem Bereich 
gearbeitet. Und die mit Temperaturkompensation waren nicht dramatisch 
teurer als die ohne. Leider kann ich nicht mal eben so ein Gerät öffnen 
und nachsehen, wie sie es damals gemacht haben. Die Gelegenheit besteht 
nicht mehr.
Die grobe Richtung wäre wohl diese: Der NTC oder PTC wäre so in einen 
Spannungsteiler eingebunden, den man mit Potentiometern so einstellen 
kann, dass bei 25° kein Einfluss auf die Verstärkung des Op vorhanden 
wäre und dann pro Grad der beschriebene Einfluss auftritt.  Vermutlich 
wäre es, jedenfalls für mich, einfacher die Einstellungen dann empirisch 
vorzunehmen, als sie anhand der Kennlinie des Widerstandes zu berechnen. 
Aber bisher bekomme ich nicht zusammen, wie und an welcher Stelle so ein 
Kontrukt in den Instrumentenverstärker einzufügen wäre.

von Ernst O. (ernstj)


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jason schrieb:
> genauso ist es, pro Grad (x) 2%, als kann man die Additionen auch als
> Multiplikation sehen. x mal mit 1,02 multipliziert.
Also Multiplikation, möglichst einfach.
Dann schau mal auf den Schaltplan im ersten Post. Das Bauteil an dem du 
ansetzen musst ist R2. Ein Bauteil mit dem richtigen 
Temperaturkoeffizienten wählen (PTC oder NTC) und passende Widerstände 
in Serie und/oder parallel dazu anschliessen...  ist halt Rechnerei und 
Feintuning

von jason (Gast)


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Die mir keiner abnehmen will? (Scherz...)
Ich hatte gehofft, dass die Sache so trivial ist, dass sie für Leute, 
die mehr davon verstehen, auf der Hand liegt. Aber egal, gegen ein wenig 
herumprobieren kann man auch nichts sagen.
Vielen Dank soweit!

von Dieter W. (dds5)


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Alternativ könnte man noch eine weitere Verstärkerstufe nachschalten, in 
der die Kompensation erfolgt.

von Georg (Gast)


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Ernst O. schrieb:
> Das Bauteil an dem du
> ansetzen musst ist R2. Ein Bauteil mit dem richtigen
> Temperaturkoeffizienten wählen

Sowas kann man sich von einem Mathematik-Programm näherungsweise aber 
optimal ausrechnen lassen. Zuvor aber müsste man festlegen, in welchem 
Temperaturintervall die Kompensation erfolgen soll, je grösser desto 
ungenau, schon weil NTC-Widerstände alles andere als linear sind.

Georg

von jason (Gast)


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Ja, ich könnte den vierten Op des LM324 verwenden, um über dessen 
Verstärkung am Ende die Temperatur einfließen zu lassen.
Bei steigender Temperatur steigt die Leitfähigkeit, also sollte die 
Verstärkung sinken. Wäre es dann der richtige Ansatz, in der Schaltung 
wie auf dem hier beiliegenden Bild R2 durch einen NTC zu ersetzen, und 
R1 so einzustellen, dass pro Grad der gewünschte Effekt erreicht wird? 
Oder aber alternativ R1 durch einen PTC ersetzen und mit R2 einstellen.
Der Bereich würde maximal von 15 bis 30° Celsius gehen. Ist die 
Linearität von entweder NTCs oder PTCs besser?

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