Hallo zusammen, ich möchte das SNR einer Signalkette nach Abtastung durch den ADC berechnen. Die Signalkette sieht aktuell wie folgt aus: Antenne -> LNA -> Mixer -> Pre-Amp -> ADC Der ADC hat bei offenem Eingang ein Rauschen von ca. 76µV(rms, gemessen) bei 16 Bit und 250MS/s. Im Datenblatt steht zwar 54µV(rms), aber muss ja nicht alles perfekt sein. SNR lt. Datenblatt 71,5 dB, Eingangspegel +/-500mV. Impedanz ist 50 Ohm. Bisher berechne ich den SNR Wert folgendermaßen: 1. Noise Figure von (NF_S) LNA+Mixer+Pre-Amp (Friis) bestimmen 2. Noise Figure von (NF_ADC) ADC bestimmen [ P_FS(dBm) + 174 dBm - SNR - 10*log(f_sample/2) ] 3. Rauschleistung am Eingang festlegen: P_N = k*B*T 4. SNR = Signal - P_N - NF_S - NF_ADC Irgendwie fühlt sich das aber alles noch nicht ganz stimmig an. Welche Bandbreite lege ich für das Rauschen fest? Die 3dB Bandbreite der Antenne? Die der Nyquist-Frequenz am ADC? Oder rechnet man mit der Rauschleistungsdichte, und passt die Bandbreite nach jedem Bauteil an? Der Pre-Amp hat beispielsweiße eine deutlich geringere Bandbreite als der LNA. Dann noch eine (vielleicht blöde) Frage: Wenn ich am ADC ein Rauschen mit 76µV(rms) beim offenen Eingang anliegen habe, dann ist doch jedes Signal unter diesem Pegel für den ADC nicht sichtbar? Dann hilft doch auch nicht der Processing Gain einer FFT, ein mögliches Signal noch sichtbar zu machen? Bzw. anders: Wenn ich ein externes Signal (weißes Rauschen, Nutzsignal, ..) mit genau 76µV(rms) habe, und lege das auf den ADC Eingang, habe ich dann ein SNR von genau 0 dB und sehe das Signal nicht? Das Rauschen vom ADC setzt sich ja aus Quantisierungsrauschen + sonstigem Rauschen zusammen. Legt man nun weißes Rauschen an, was unkorreliert mit dem sonstigem Rauschen vom ADC ist, addiert sich dann nicht das sonstige mit dem weißem Rauschen abzgl. Quantisierungsrauschen? Vielleicht könnt Ihr mir ein paar Hinweise geben, gerne auch Infos zu Büchern die im speziellen der Übergang des Rauschens von Signalkette zu ADC behandeln. Habe da bisher nicht wirklich etwas gefunden. Grüße, hberg
Student T. schrieb: > Dann noch eine (vielleicht blöde) Frage: > Wenn ich am ADC ein Rauschen mit 76µV(rms) beim offenen Eingang anliegen > habe, dann ist doch jedes Signal unter diesem Pegel für den ADC nicht > sichtbar? Dann hilft doch auch nicht der Processing Gain einer FFT, ein > mögliches Signal noch sichtbar zu machen? Wenn das Signal konstant ist, hilft Oversampling. mfg klaus
Student T. schrieb: > Irgendwie fühlt sich das aber alles noch nicht ganz stimmig an. Welche > Bandbreite lege ich für das Rauschen fest? Die 3dB Bandbreite der > Antenne? Die der Nyquist-Frequenz am ADC? Du musst vor den ADC einen Tiefpassfilter bauen, der keine signifikante Signal-Gesamtenergie oberhalb der Nyqust-Frequenz des ADCs durchlässt (also den 3dB-Punkt ein gutes Stück niedriger legen). Wenn du das nicht tust, sampelst du Alias-Rauschen in das Signal hinein und alles wird schrecklich. In jedem guten Systemdesign sind alle Rauschleistungen egal außer die des LNA, also z.B. das verstärkte Rauschen des LNA sollte am ADC groß sein gegen das Eigenrauschen des ADC. > Dann noch eine (vielleicht blöde) Frage: > Wenn ich am ADC ein Rauschen mit 76µV(rms) beim offenen Eingang anliegen > habe, dann ist doch jedes Signal unter diesem Pegel für den ADC nicht > sichtbar? Dann hilft doch auch nicht der Processing Gain einer FFT, ein > mögliches Signal noch sichtbar zu machen? Nein, das ist nicht so. Wenn das Rauschen unkorreliert ist, ist das Signal immer sichtbar, egal wie klein; du musst nur lange genug Daten aufnehmen und die Spektren mitteln. Es geht dabei rein um das SNR, wie das Rauschen oder die LSB-Größe des ADC ist spielt in erster Näherung keine Rolle. Fast im Gegenteil; wenn dein Signal klein ist gegen ein LSB des ADC, ist eine gewisse weiße additive Rauschleistung sogar von Vorteil. > Bzw. anders: Wenn ich ein externes Signal (weißes Rauschen, Nutzsignal, > ..) mit genau 76µV(rms) habe, und lege das auf den ADC Eingang, habe ich > dann ein SNR von genau 0 dB und sehe das Signal nicht? Ja, SNR ist dann 0dB, aber das heißt nicht dass du das Signal nicht siehst. In der Astronomie hat man zum Beispiel gern mal Signale mit, keine Ahnung, -30dB SNR, und nach zwei Stunden sieht man die dann trotzdem irgendwann. 0dB SNR ist für das reine Detektieren insb. eines schmalbandigen Signals eine sehr gute Ausgangsposition, da wirst du sofort was sehen. Das SNR limitiert nur die Kanalbandbreite, also wie lange Zeit du brauchst um mit einer gewissen Sicherheit Aussagen über Eigenschaften eines Signals zu treffen. Wenn das System stationär ist, also Rauschen mit konstanter (und bekannter) Rauschleistungsdichte und ein stationäres Signal, kannst du das Signal nach hinreichend langer Zeit auch bei beliebig schlechtem SNR detektieren. > Das Rauschen vom ADC setzt sich ja aus Quantisierungsrauschen + > sonstigem Rauschen zusammen. Legt man nun weißes Rauschen an, was > unkorreliert mit dem sonstigem Rauschen vom ADC ist, addiert sich dann > nicht das sonstige mit dem weißem Rauschen abzgl. > Quantisierungsrauschen? Doch, schon. Ich bin nicht sicher worauf die Frage abzielt? Grüße, Sven
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Student T. schrieb: > bei offenem Eingang wenn du immer wieder von "offenem Eingang" sprichst, meinst du hoffentlich einen vernünftig abgeschlossenen Eingang. Ein offener Eingang kann sich alles mögliche einfangen. Student T. schrieb: > Irgendwie fühlt sich das aber alles noch nicht ganz stimmig an. Welche > Bandbreite lege ich für das Rauschen fest? Die 3dB Bandbreite der > Antenne? Die der Nyquist-Frequenz am ADC? wenn du höherfrequentes Rauschen im Eingangssignal des ADCs hättest, würde dir die "langsame" Abtastung das Rauschen nicht runterbringen: die höherfrequenten Anteile würde dann halt einfach gespiegelt unterhalb der Nyquistfrequenz wieder auftauchen. Student T. schrieb: > Oder rechnet man mit der Rauschleistungsdichte, und passt die Bandbreite > nach jedem Bauteil an? klingt vernünftig Student T. schrieb: > Dann hilft doch auch nicht der Processing Gain einer FFT, ein > mögliches Signal noch sichtbar zu machen? doch, die spektrale Zerlegung kann dir sehr wohl helfen. Die 76µV Rauschen verteilen sich ja über ein breites Frequenzband (je nachdem, wie das Rauschspektrum konkret aussieht). Wenn dein Nutzsignal in einem engen Frequenzband liegt, kann es sich durchaus vom Rauschen abheben (im Zeitsignal überdeckt das Rauschen aus allen Frequenzbereichen dein Signal, im FFT-Signal stört dich nur das Rauschen im Frequenzbereich deines Nutzsignals)
Danke für die Antworten. Sven B. schrieb: > Du musst vor den ADC einen Tiefpassfilter bauen, der keine > signifikante Signal-Gesamtenergie oberhalb der Nyqust-Frequenz des ADCs > durchlässt (also den 3dB-Punkt ein gutes Stück niedriger legen). Wenn du > das nicht tust, sampelst du Alias-Rauschen in das Signal hinein und > alles wird schrecklich. Ein Aliasfilter ist im ADC bereits vorhanden, das sollte uns keine Probleme machen. Ohne Aliasfilter würden sich dann die Spiegelspektren einfach überlagern? Wie sehe sowas im Spektrum aus? > In jedem guten Systemdesign sind alle Rauschleistungen egal außer die > des LNA, also z.B. das verstärkte Rauschen des LNA sollte am ADC groß > sein gegen das Eigenrauschen des ADC. Danke für den Input, habe bei meiner Rauschberechnung vergessen das Eingangsrauschen auch mit der Verstärkung zu multiplizieren. Damit ergeben sich nun ganz andere Werte. Aber zur Sicherheit: Thermisches Rauschen * Gain + zusätzliches Eigenrauschen der Komponenten = Anliegendes Rauschen am ADC? Sven B. schrieb: > Doch, schon. Ich bin nicht sicher worauf die Frage abzielt? Nur zum Verständnis für mich! Achim S. schrieb: > wenn du immer wieder von "offenem Eingang" sprichst, meinst du > hoffentlich einen vernünftig abgeschlossenen Eingang. Ein offener > Eingang kann sich alles mögliche einfangen. Unser ADC ist eine PCI-Steckkarte und der Hersteller gibt das Referenzspektrum bei offenem Eingang an (wirklich offen, nichts terminiert). Interessanterweise tauchen im niederfrequenten Bereich (<10MHz) Störungen auf, sobald ich den Eingang 50Ohm terminiere. Beim offenen Eingang ist das Spektrum vollständig eben. Woher kommt das? Sind das Störungen über Masse vom Rechner? Achim S. schrieb: > doch, die spektrale Zerlegung kann dir sehr wohl helfen. Die 76µV > Rauschen verteilen sich ja über ein breites Frequenzband (je nachdem, > wie das Rauschspektrum konkret aussieht). Wenn dein Nutzsignal in einem > engen Frequenzband liegt, kann es sich durchaus vom Rauschen abheben (im > Zeitsignal überdeckt das Rauschen aus allen Frequenzbereichen dein > Signal, im FFT-Signal stört dich nur das Rauschen im Frequenzbereich > deines Nutzsignals) Wenn ich Samplingrate reduziere (von 250MS/s auf 1MS/s), reduziert sich in der Messung nicht das gemessene Rauschen. Ist das dann etwa der Effekt durch fehlenden Antialiasing-Filter? Das würde den konstanten Rauschwert erklären! Aber nochmal ganz allgemein: Wie macht Ihr das bei einer SNR Abschätzung? Wie rechnet Ihr das Eigenrauschen der ADCs mit in die Abschätzung rein?
Hi, Student T. schrieb: > Ein Aliasfilter ist im ADC bereits vorhanden, das sollte uns keine > Probleme machen. Wenn das so ist und du der Filtercharakteristik dieses Filters traust, dann ist alles gut. Unter der Annahme, dass du die Karte mit der vollen Samplerate betreibst natürlich. > Ohne Aliasfilter würden sich dann die Spiegelspektren > einfach überlagern? Wie sehe sowas im Spektrum aus? Ja, das wird an der Kante des Spektrums einfach "umgeklappt". Erkennen kannst du das im Spektrum nicht wirklich, deshalb ja der Name "Alias". Wenn der Filter richtig dimensioniert ist, sollte m.E. die Leistungsdichte im Spektrum für die höchste Frequenz auf nahezu 0 abfallen. Wenn es da konstant bis nach ganz rechts weiter geht, ist irgendwas falsch. > Aber zur Sicherheit: > Thermisches Rauschen * Gain + zusätzliches Eigenrauschen der Komponenten > = Anliegendes Rauschen am ADC? Das Rauschen der Komponenten musst du auch mit dem Gain aller dahinterliegenden Verstärkerstufen multiplizieren. Normalerweise ist das Rauschen am ADC ungefähr [-174dBm/Hz + Noise Figure des LNA + Gain der kompletten Verstärkerkette] mal Bandbreite. Alle anderen Rauschquellen gehen auch ein aber sollten wie gesagt bei einem gut entworfenen System höchstens eine untergeordnete Rolle spielen. > Unser ADC ist eine PCI-Steckkarte und der Hersteller gibt das > Referenzspektrum bei offenem Eingang an (wirklich offen, nichts > terminiert). Ja, dann siehst du weniger Rauschleistung als wenn du den Eingang terminierst, den Effekt kenne ich. Eine wirklich schlüssige Begründung dafür habe ich nicht parat, lasse ich mir gerne erklären. Ich glaube es liegt daran, dass der offene Eingang (= unendliche Impedanz) sehr schlecht auf die 50 Ohm des Systems angepasst ist und damit so gut wie keine Leistung in das System eingekoppelt wird. Ein größerer Widerstand rauscht zwar stärker aber es wird auch nur ein kleinerer Teil dieser Rauschleistung überhaupt in das System hineingegeben. Wenn ich das richtig verstanden habe, kriegst du mit den 50 Ohm (also der korrekten Terminierung) die maximale thermische Rauschleistung zu Gesicht. Besser geht es eben für inkohärente Systeme (aka Widerstand) bei Zimmertemperatur aus thermodynamischen Gründen nicht. Lustig ist aber dass du eine auf 50 Ohm gematchte Antenne (bei Zimmertemperatur) auf den Himmel richten kannst, und damit weniger Rauschleistung siehst als mit dem 50-Ohm-Widerstand, weil die effektive Temperatur des Systems deutlich unter Zimmertemperatur liegt. > Interessanterweise tauchen im niederfrequenten Bereich > (<10MHz) Störungen auf, sobald ich den Eingang 50Ohm terminiere. Beim > offenen Eingang ist das Spektrum vollständig eben. Woher kommt das? Sind > das Störungen über Masse vom Rechner? Wie terminierst du den denn? Wenn du direkt z.B. einen SMA-Terminator auf die Karte schraubst finde ich das komisch. Wenn da ein langes Kabel dazwischen ist, naja, kann schon sein. Wie groß ist denn "Störungen"? > Wenn ich Samplingrate reduziere (von 250MS/s auf 1MS/s), reduziert sich > in der Messung nicht das gemessene Rauschen. Ist das dann etwa der > Effekt durch fehlenden Antialiasing-Filter? So ist es. Du sampelst dieselbe Leistung mit einer kleineren Samplerate. Dadurch verlierst du zwar Information über die Signalform, aber die Gesamtleistung bleibt gleich. Deshalb musst du unbedingt darauf achten, schon im analogen Teil des Systems alle Signalkomponenten (auch thermisches Rauschen!) oberhalb der halben Samplerate sauber wegzufiltern (3dB Cutoff bei dieser Frequenz ist nicht "sauber"!) > Aber nochmal ganz allgemein: Wie macht Ihr das bei einer SNR > Abschätzung? Wie rechnet Ihr das Eigenrauschen der ADCs mit in die > Abschätzung rein? Im Grunde kannst du das als Leistungsdichte ausdrücken (W/Hz) und dann einfach zu der Rauschleistungsdichte z.B. des LNA addieren. Sollte aber, wie gesagt, nicht viel ändern. Grüße, Sven
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Hallo, Sven B. schrieb: > Wenn ich das > richtig verstanden habe, kriegst du mit den 50 Ohm (also der korrekten > Terminierung) die maximale thermische Rauschleistung zu Gesicht. So habe ich es auch verstanden, bzw. wenn man Leistungsanpassung annimmt, kürzt sich das R bei der Berechnung der Leistung über den Spannungsteiler raus. Sven B. schrieb: > Lustig ist aber > dass du eine auf 50 Ohm gematchte Antenne (bei Zimmertemperatur) auf den > Himmel richten kannst, und damit weniger Rauschleistung siehst als mit > dem 50-Ohm-Widerstand, weil die effektive Temperatur des Systems > deutlich unter Zimmertemperatur liegt. Das muss ich mal versuchen! Sven B. schrieb: > Wie terminierst du den denn? Wenn du direkt z.B. einen SMA-Terminator > auf die Karte schraubst finde ich das komisch. Wenn da ein langes Kabel > dazwischen ist, naja, kann schon sein. Wie groß ist denn "Störungen"? Direkt SMA-Terminator dran. Die Störungen sind ca. 10 dB über den Rauschpegel (-130dBFS). Das RMS-Rauschen reduziert sich um ca. 1-2µV bei Terminierung, aber dafür tauchen Störungen im Spektrum auf. Auch eine ungedrillte Versorgungsleitung der Komponenten macht sich sofort im Spektrum sichtbar, der Rechner scheint da wohl eine echte Dreckschleuder zu sein. Sven B. schrieb: > So ist es. Du sampelst dieselbe Leistung mit einer kleineren Samplerate. > Dadurch verlierst du zwar Information über die Signalform, aber die > Gesamtleistung bleibt gleich. Deshalb musst du unbedingt darauf achten, > schon im analogen Teil des Systems alle Signalkomponenten (auch > thermisches Rauschen!) oberhalb der halben Samplerate sauber > wegzufiltern (3dB Cutoff bei dieser Frequenz ist nicht "sauber"!) Der interne Antialiasing Filter hat bei der Nyquist-Frequenz -4dB Dämpfung, bei Nyquist*1,3 -10dB (weiter geht die Kurve nicht). Wenn ich mir überlege, dass wir unsere Signale bei ca. -110dB erwarten, würde sich ein Filter hier vermutlich lohnen. Danke für die Antworten, damit ist die ganze Sache schon deutlich klarer!
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