Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Transitor - Strom- und Spannungsgegenkopplung kombiniert


von Florian M. (zombiepriester)


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Hallo
Ich schreibe zurzeit meine Seminararbeit über Transistorvertärker und 
hab dazu natürlich Material angesehen. In "Elemente der Elektronik" hab 
ich dazu einiges finden können. Dort ist auch von einem "Zweistufigen 
NF-Verstärker mit Gegentaktenstufe" die Rede. Eigentlich kein Problem, 
doch die erste Stufe dieser Schaltung bereitet mir Probleme. In den 
Vorherigen Abschnitten wurde gut erklärt, was es mit 
Spannungsgegenkopplung und Stromgegenkopplung auf sich hat und wie man 
da die Widerstände bestimmt. Doch hier ist ein merkwürdiger Mix aus 
beidem und mit Rechnungen und Formeln ist da komplett Fehlanzeige. ich 
versuch schon lange selbst Gleichungen aufzustellen, bzw. die Formeln 
der beiden Arten der Gegenkopplung zu kombinieren, doch in der 
Simulation von Multisim wird die Verstärkung maximal immer 1, oder sogar 
drunter, das ist ja Quatsch. Mein Lehrer weiß auch nicht weiter. Anbei 
das Schaltbild. Ich hoffe jemand kann mir helfen.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Florian M. schrieb:
> doch in der Simulation von Multisim wird die Verstärkung maximal immer 1
Mit welchen Widerständen?
Denn wenn der Emitterwiderstand des Eingangstransistors 0 Ohm hat, dann 
ist das eine klassische Spannungsgegenkopplung...
Und wenn der Kollektorwiderstand gleich groß wie der Emitterwiderstand 
ist, dann ist die Spannungsverstärkung natürlich 1...
Wenn der Kollektorwiderstand kleiner als der Emitterwiderstand wird, 
dann nimmt die Spanungsverstärkung sogar noch ab...


BTW: es wäre recht hilfreich gewesen, R1, R2, T1, T2 usf. an die 
Bauteile zu schreiben. Das gehört bei einem Schaltplan einfach dazu.

von Helmut L. (helmi1)


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Erstmal ist das ein schrottige Schaltung.

Das Poti hat erstmal auf die AC Verstaerkung einen undefinierten 
Einfluss weil man den AUsgangswiderstand der vorigen Stufe nicht kennt. 
Wenn man den nicht kennt und erstmal zu 0 annimmt dann dient es 
lediglich zur Arbeitpunkteinstellung.
Dann bestimmt sich die Verstaerkung zu RC/RE.  Zum RC zaehlt dabei alles 
was sich im Kollektorkreis befindet. Da sind dann einige Widerstaende 
ueberfluessig.
Auch kann man die Gegentaktstufe nicht richtig aussteuern. Einmal durch 
den Spannungsabfall an RE und zweitens durch den sich aufteilenden 
Kollektorwiderstand.

Florian M. schrieb:
> Mein Lehrer weiß auch nicht weiter.

Dann wechsele den Lehrer....

von Florian M. (zombiepriester)


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Ja, ich hab die Schaltung aus dem Buch rausgescannt, aber die drei 
gesuchten Widerstände sind ja eigentlich eindeutig zu benennen. Und den 
Emitterwiderstand (RE) hab ich natürlich nicht 0 gemacht, sonst hätte er 
ja keinen Sinn. das Buch geht denk ich davon aus, dass alle Widerstände 
ungleich 0 sind. Also müsste nach dem was du gesagt hast RC > RE sein, 
damit die Verstärkung größer 1 wird. Ist es dann egal wie man die wählt 
solange das Verhältnis stimmt? Und ich glaube schon, dass das Poti nur 
für den Arbeitspunkt da ist. Und was könnte man denn tun, um die 
Schaltung zu verbessern, deiner Meinung nach?

von Old P. (Gast)


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Florian M. schrieb:
> ....doch in der
> Simulation von Multisim wird die Verstärkung maximal immer 1, oder sogar
> drunter, das ist ja Quatsch.

Warum Quatsch? Solche "Endstufen" sollen ja auch Strom verstärken und 
nicht Spannung. Zur Spannungsverstärkung gehören Vorstufen dazu.

> Mein Lehrer weiß auch nicht weiter. Anbei
> das Schaltbild. Ich hoffe jemand kann mir helfen.

Wie schon geschrieben wurde: Lehrer wechseln und Bauteilwerte 
anschreiben.

Old-Papa

von Helmut L. (helmi1)


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Florian M. schrieb:
> Und was könnte man denn tun, um die
> Schaltung zu verbessern

Einiges, siehe Plan.

Erstmal den Kollektorwiderstand aufsplitten in R1,R2. Dann einen 
Kondensator C2 einfuegen.  Der sorgt dafuer das der obere Transistor 
besser ausgesteuert wird. (Bootstrap schaltung).

Dann R5,R6 im Emitter. Die sorgen dafuer das die Endstufe thermisch 
stabiler wird in zusammenarbeit mit D1,D2.

Das den RE weglassen damit man den untern PNP besser aussteuern kann.

R3,R7 stellen den Arbeitspunkt ein damit der nicht von der 
Stromverstaerkung des Q2 abhaengig wird.

Die Wechselspannungverstaerkung wird durch R3/R4 eingestellt.

von ArnoR (Gast)


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Old P. schrieb:
> Warum Quatsch? Solche "Endstufen" sollen ja auch Strom verstärken und
> nicht Spannung. Zur Spannungsverstärkung gehören Vorstufen dazu.

Da ist doch eine Vorstufe drin und wenn man das sinnvoll dimensioniert, 
dann bekommt man auch die gesuchte Spannungsverstärkung.

von Helmut L. (helmi1)


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ArnoR schrieb:
> dann bekommt man auch die gesuchte Spannungsverstärkung.

Kollektorwiderstand  3 x 1K parallel = ca. 330 Ohm.

Verstaerkung RC/(RE+re) = ca. 3 fach

Passt doch nach der Simulation.

von ArnoR (Gast)


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Helmut L. schrieb:
> R3,R7 stellen den Arbeitspunkt ein damit der nicht von der
> Stromverstaerkung des Q2 abhaengig wird.

Man handelt sich damit aber eine viel schlechtere thermische Stabilität 
und stärkere Exemplarabhängigkeit ein. Durch den niederohmigen Teiler 
wird nämlich eine bestimmte Basis-Emitter-Spannung erzwungen, die nicht 
mit der Temperatur mitläuft und auch nicht zu jedem Transistor passt. Um 
das auszugleichen, muss sich die Kollektorspannung wegen des 
Teilerverhältnisses umso stärker ändern.

von Florian M. (zombiepriester)


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Danke für die vielen Antworten schon mal. Helmut, deine Version probier 
ich noch aus, jetzt hab ich zuerst mal die Dimensionierung von ArnoR 
getestet. Entweder ich bin völlig blöd, oder irgendwas stimmt da nicht, 
aber ich hab - wie immer - keine Verstärkung, sondern eine Schwächung.

von Helmut L. (helmi1)


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Florian M. schrieb:
> Entweder ich bin völlig blöd, oder irgendwas stimmt da nicht,
> aber ich hab - wie immer - keine Verstärkung, sondern eine Schwächung.

nein, du bist nicht blöd. Du gibst da nur 1 Hz auf den Eingang und da 
schein der Koppel C von 100nF am Eingang zu klein zu sein. Gib mal 1kHz 
drauf. Das sieht man auch an der riesigen Phasenverschiebung zwischen 
Ein und Ausgang

von Florian M. (zombiepriester)


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Cool, danke! jetzt gehts. Ich habs die ganze Zeit nur mit 1Hz probiert, 
weils am Oszi besser zum Einstellen ist. Es könnte also schon die ganze 
Zeit funktioniert haben. Also erhöhe ich entweder den Kondensator oder 
die Frequenz. Aber warum? Für meine Arbeit wärs gut, wenn ich das 
erklären könnte.

von ArnoR (Gast)


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Florian M. schrieb:
> Also erhöhe ich entweder den Kondensator oder
> die Frequenz. Aber warum? Für meine Arbeit wärs gut, wenn ich das
> erklären könnte.

Der kapazitive Blindwiderstand des Kondensators Xc=1/(2*Pi*f*C) bildet 
mit dem Eingangswiderstand des Verstärkers einen (komplexen) 
Spannungsteiler, der das vom Verstärker gesehene Signal schwächt. Je 
kleiner die Kapazität oder die Frequenz, desto größer der 
Blindwiderstand und desto kleiner die Spannung am Verstärkereingang und 
damit auch die Verstärkerausgangsspannung. Die Spannungsverstärkung des 
Verstärkers wird durch die Spannungsteilung am Eingang aufgefressen.

von Florian M. (zombiepriester)


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Ok, das letzte Mal ist jetzt schon etwas her, aber ich hab jetzt mal 
Helmuts Schaltung nachgestellt und so dimensioniert wie ich mir das 
dachte. Funktioniert an sich zwar schon gut, aber ich hab da noch ein 
paar Fragen. R3, R4 und R7 wählt man ja nach der Verstärkung R3/R4 und 
die Spannungsteilung R7/R3. Aber dadurch sind ja nicht alle drei 
eindeutig definiert. Also hab ich einfach für R4 1k gewählt und die 
anderen beiden danach ausgerechnet. Wenn ich jetzt R4 verändere bricht 
die Verstärkung zusammen, nach welchen Kriterien wählt man dann R4(bzw. 
den "dritten" widerstand)? Du schriebst, dass man RC in zwei aufteilt R1 
und R2. Ich hab also die Summe RC wie sonst berechnet, dass da ca. die 
Hälfte Betriebsspannung abfällt. ich hab für R1 und R2 dann das 
Verhältnis 1:1 genommen, man könnte es aber auch anders wählen, oder? 
Wie man jetzt R5 und R6 richtig dimensioniert weiß ich nicht, könntest 
du diese Sache mit der thermischen Stabilität, die ja hier reinspielt 
bitte genauer erklären, auch die Rolle der Dioden? Auch der Kondensator 
für das Bootstrapping ist mir noch nicht ganz klar, hab mich da mal 
reingelesen, scheint mir auch plausibel, aber welche Rolle das in der 
Schaltung genau spielt wüsste ich gerne.

von Helmut L. (helmi1)


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Florian M. schrieb:
> Du schriebst, dass man RC in zwei aufteilt R1
> und R2. Ich hab also die Summe RC wie sonst berechnet, dass da ca. die
> Hälfte Betriebsspannung abfällt. ich hab für R1 und R2 dann das
> Verhältnis 1:1 genommen, man könnte es aber auch anders wählen, oder?

Die haelfte der Betriebsspannung minus einer Diodenstrecke. Dann teils 
du den Widerstand in 2 haelften. Man kann es auch anders waehlen so ist 
es aber am optimalsten.

Florian M. schrieb:
> Funktioniert an sich zwar schon gut, aber ich hab da noch ein
> paar Fragen. R3, R4 und R7 wählt man ja nach der Verstärkung R3/R4 und
> die Spannungsteilung R7/R3. Aber dadurch sind ja nicht alle drei
> eindeutig definiert. Also hab ich einfach für R4 1k gewählt und die
> anderen beiden danach ausgerechnet.

Zuerst bestimmt man den Querstrom durch R3 und R7. Der soll grosser sein 
als der Basisstrom des Transistors. So kann man schon mal R3 u. R7 
bestimmen. Dann wird die Verstaerkung durch R4 eingestellt.

Florian M. schrieb:
> Wie man jetzt R5 und R6 richtig dimensioniert weiß ich nicht, könntest
> du diese Sache mit der thermischen Stabilität, die ja hier reinspielt
> bitte genauer erklären, auch die Rolle der Dioden?

Der Spannungsabfall an den beiden Widerstaenden sollte groesser sein als 
die Schwankungen durch Temperatur der Basis-Emitterdioden.

Die Dioden kompensieren den Spannungsabfall der Basis-Emitterstrecken 
der Transistoren. Wuerdes du die beiden Basen direkt verbinden haettes 
du eine uebernahme stelle in der Kennlinie wo beide Transistoren nicht 
leiten wuerden. Da aber jetzt die beiden Dioden mit ihren 1.4V zusammen 
die beiden Transistoren vorspannen fangen die im Ruhezustand leicht an 
zu leiten an und der Uebernahmeknick wird kleiner und dadurch gibt es 
weniger Verzerrungen. Zusaetzlich komepnsieren die beiden Dioden auch 
noch den Temperaturgang der Basis-Emitterstrecken. Deshalb sollten sie 
thermisch mit den beiden Transistoren gekoppelt sein. Man kann auch 
anstatt der beiden Dioden da einen Transistor einsetzten. So kann man 
den Ruhestrom der Endstufe auch noch einstellen und den Klirrfaktor 
verbesseren.

Florian M. schrieb:
> Auch der Kondensator
> für das Bootstrapping ist mir noch nicht ganz klar, hab mich da mal
> reingelesen, scheint mir auch plausibel, aber welche Rolle das in der
> Schaltung genau spielt wüsste ich gerne.

Den oberen NPN Endtransistor kann man so nicht komplett aussteuern 
bedingt durch den Spannungsabfall von R1 u. R2. Dazu brauechte man einen 
Spannung die groesser als die Betriebsspannung ist. Durch einen Trick 
kann man mit hilfe des Kondensators die Spannung erhoehen und dadurch 
den NPN besser aussteuern. Wenn du an der Verbindung von R1 u. R2 misst 
wirst du feststellen das je nach aussteuerung dort einen hoehere 
Spannung als die Betriebsspannung ansteht. Das nennt man Bootstrapping. 
Die Schaltung zieht sich wie Muenchhausen quasi selber an den Stiefeln 
(Boots) aus dem Sumpf.

von Florian M. (zombiepriester)


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Ok, ich weiß leider nicht genau was mit Diodenstrecke gemeint ist 
(Google ergab auch nichts), aber ich schätze mal Schwellspannung der 
beiden Dioden? Dann wäre R1+R2=(UBat/2-2*0.7)/Ic, oder?

Helmut L. schrieb:
> Der Spannungsabfall an den beiden Widerstaenden sollte groesser sein als
> die Schwankungen durch Temperatur der Basis-Emitterdioden.

Und wie bekomm ich diese Schwankungen raus?

Helmut L. schrieb:
> Die Dioden kompensieren den Spannungsabfall der Basis-Emitterstrecken
> der Transistoren

Helmut L. schrieb:
> Da aber jetzt die beiden Dioden mit ihren 1.4V

Bin mir nicht sicher wie das zu deuten ist, aber Spannunsabfall an R5+R6 
= 1.4V?

Helmut L. schrieb:
> Zuerst bestimmt man den Querstrom durch R3 und R7

Ich hab dazu mal ein Bild gemacht, aber irgendwie komm ich dazu auch 
nicht sonderlich weiter. Das hat mich eher extrem verwirrt, als ich mir 
das mal aufgemalt hab. Also tut mir leid, wenn das Bild völliger Mist 
ist, aber ich bin grad echt verwirrt.

Aber wenigstens eine gute Sache: Ich glaub ich hab das mit dem 
Bootstrapping verstanden.

von Old P. (Gast)


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Florian M. schrieb:
> Ok, ich weiß leider nicht genau was mit Diodenstrecke gemeint ist
> (Google ergab auch nichts), aber ich schätze mal Schwellspannung der
> beiden Dioden? Dann wäre R1+R2=(UBat/2-2*0.7)/Ic, oder...

Jeder Transistor besteht vereinfacht gesehen aus zwei Dioden (C-B und 
B-E)
Das sollte Dir auch Tante Google verraten haben ;-)

Old-Papa

von Florian M. (zombiepriester)


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Ja, das ist mir schon klar, aber wie ich dieses Wissen anwenden kann um 
"Die haelfte der Betriebsspannung minus einer Diodenstrecke", weiß ich 
nicht genau, lieg ich denn mit meiner Schwellspannungsidee richtig?

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