Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Netzteil kalibrieren?


von JuJu (Gast)


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Hallo Leute,

habe da mal eine Frage bzgl. dieser beiden Angebote:
http://de.rs-online.com/web/p/labor-netzgerate/0488172/
http://de.rs-online.com/web/p/labor-netzgerate/9066425/

Bei beiden Angeboten handelt es sich um das gleiche Labornetzteil, 
jedoch ist das teurere ISO-kalibriert.
Was bedeuted das? Sind die Netzteile nich bereits von Werk aus 
kalibriert?
Genauer als im Datenblatt wirds dadurch doch nicht oder muss ich das 
vorher kalibrieren, damit die Werte laut Datenblatt eingehalten werden?

Freundliche Grüße

: Verschoben durch User
von TrollHunter (Gast)


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Kalibrieren bedeutet die Dokumentation der Abweichung zum Sollwert.
Nicht etwa, dass sich da jemand hinsetzt und an den Potis dreht, bis es 
aufs 0,1 mV stimmt.
Ein ISO-kalibriertes Messgerät wird einfach nur einem konformen, bunten 
Zettel ausgeliefert, auf das dem ISO-Zertifizierer beim nächsten Audit 
einer drauf abgehen kann.

von MaWin (Gast)


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JuJu schrieb:
> Was bedeuted das?

Im Gegensatz zur DAkks Kalibrierung, die den Überprüfungsmesswert 
nachweisbar auf ein Normal zurückführt, also in Deutschland letztlich 
auf die Definition der Messgrösse durch die PTB,

ist ISO Kalibrierung bloss werksintern von einem ISO 9001 
zertifizuierten Hersteller gemacht worden. Vorsicht ist bei unklarer 
Rückführbarkeit der Messergebnisse geboten. Auditoren können die 
Werkskalibrierung anzweifeln oder ablehnen.

Dafür 400 EUR Aufpreis zu verlangen ist masslos überzogen, eine DAkks 
Kalibrierung des Geräts dürfte unter 100 EUR kosten und ist weit mehr 
wert.

von Steffen (Gast)


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MaWin schrieb:
> SO Kalibrierung bloss werksintern von einem ISO 9001
> zertifizuierten Hersteller gemacht worden.

Heißt das jeder ISO 9001 zertifizierte Betrieb kann ein kalibriertes 
Messgerät nehmen und so eine Kalibrierung machen? Oder muss man dafür 
explizit als ISO Kalibrierlabor zertifiziert sein?

von MaWin (Gast)


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Steffen schrieb:
> Heißt das jeder ISO 9001 zertifizierte Betrieb kann ein kalibriertes
> Messgerät nehmen und so eine Kalibrierung machen? Oder muss man dafür

Jeder kann das, das ISO ist das ISO von ISO 9001,
aber die 9001 bedeutet, daß das Verfahren zur Überprüfung der Messwerte 
nachvollziehbar sein muss, allerdings nur intern dokumentiert. Das KANN 
genau so gemacht werden wie bei einem DAkks Labor, es KANN aber auch auf 
eine andere Art, die der ISO Audit akzeptiert, gemacht werden. Im 
wesentlichen kann man eine geringere Genauigkeit akzeptieren, wenn die 
Messwerte nur zur Zusicherungen einer so geringen Genauigkeit benötigt 
werden. Das verlängert ggf. die Zeit zur Rekalibrierung der eigenen 
Messgeräte, oder die Qualität derer, oder die Umständer der Messung 
(UMgebungstemp etc.).

> explizit als ISO Kalibrierlabor zertifiziert sein?

Nein, die akkredidierten Kalibrierlabore sind dann schon DAkks.

von Steffen (Gast)


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Das ist ja interessant. Wenn ich also irgendwo aufschreibe, dass ich zB 
ein kalibriertes 34401A genommen habe, dann kann ich damit quasi ganz 
offiziell zB einen Widerstand mit einer ISO Kalibrierung versehen?

Ein kalibriertes Messmittel könnte man am Ende ja sogar bis zur PTB 
nachvollziehen.

Bedeutet das dann nicht aber auch, dass man relativ einfach aus fast 
allen Prüfmitteln kalibrierte Prüfmittel machen kann in dem man diese 
dokumentiert gegen extern kalibrierte Geräte vermisst?

von Georg (Gast)


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Steffen schrieb:
> dass man relativ einfach aus fast
> allen Prüfmitteln kalibrierte Prüfmittel machen kann

Im Prinzip kannst du den Backofen in deiner Küche kalibrieren bzw. 
kalibrieren lassen, wenn auch mit entsprechend grossen Toleranzen.

Bei einem Labornetzgerät wäre ich aber nicht auf die Idee gekommen, wenn 
ich genaue Spannungen brauche, schliesse ich ein präzises Voltmeter 
parallel an.

Georg

von Reginald L. (Firma: HEGRO GmbH) (reggie)


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TrollHunter schrieb:
> Ein ISO-kalibriertes Messgerät wird einfach nur einem konformen, bunten
> Zettel ausgeliefert, auf das dem ISO-Zertifizierer beim nächsten Audit
> einer drauf abgehen kann.
Haha made my day :D

von QA is for QualityART (Gast)


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>> Ein ISO-kalibriertes Messgerät wird einfach nur einem konformen, bunten
>> Zettel ausgeliefert, auf das dem ISO-Zertifizierer beim nächsten Audit
>> einer drauf abgehen kann.

Klingt komisch, ist aber so.

von Sascha_ (Gast)


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Heisst ISO 9001 nicht nur, dass in der Herstellerfirma gewisse Standards 
und Prozeduren zur Qualitätssicherung eingehalten werden?

Wenn deren Qualitätsstandard ist "Liefert eine Spannung", dann reicht es 
für ISO9001 wenn das dokumentiert ist und geprüft wird und die Prüfungen 
dann auch dokumentiert werden.

Nach welcher ISO-Norm das Ding kalibriert wurde, steht da ja auch nicht.

Wenn ich nen Zentnersack Kartoffeln auf ne Balkenwaage stelle und die 
mir dann nen Zentner anzeigt, ist die auch kalibriert. Nur gibts die 
ISO-Norm "Kalibrierung mittels Zentnersack Kartoffeln" halt nicht.

Ergo würde ich auch sagen: Das Produkt ist ein Witz, genauso wie die 
Geschwindigkeit der Internetseite die es anzeigt.

von MaWin (Gast)


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Sascha_ schrieb:
> Nach welcher ISO-Norm das Ding kalibriert wurde, steht da ja auch nicht.

In der Verkaufsbeschreibung steht natürlich schon was zur angeblichen 
Genauigkeit des Geräts.

von Steffen (Gast)


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Georg schrieb:
> Steffen schrieb:
>> dass man relativ einfach aus fast
>> allen Prüfmitteln kalibrierte Prüfmittel machen kann
>
> Im Prinzip kannst du den Backofen in deiner Küche kalibrieren bzw.
> kalibrieren lassen, wenn auch mit entsprechend grossen Toleranzen.
>
> Bei einem Labornetzgerät wäre ich aber nicht auf die Idee gekommen, wenn
> ich genaue Spannungen brauche, schliesse ich ein präzises Voltmeter
> parallel an.

Mir geht es dabei auch nicht um das Labornetzteil.

Bei uns hieß es aber mal: "Um ISO 9001 zu erfüllen müssen sämtliche 
Spezifikationsmessungen mit kalibrierten Geräten durchgeführt werden." 
Zudem klebt hier auf allem was nicht regelmäßig ins Kalibrierlabor geht 
ein Sticker "Prüfmittel ist nicht kalibriert!".

Da Frage ich mich halt gerade ob man sich dann nicht einen Kalibrator 
anschaffen kann, diesen regelmäßig kalibrieren lässt (extern, 
meinetwegen auch DAkks) und damit dann seine Geräte selbst 
ISO-kalibrieren kann. Wenn man sich dann selbst (natürlich dokumentiert 
usw) einen ISO-Kalibrierschein schreiben kann, dann kann man ja doch 
wieder alles für Spezifikationsmessungen nutzen.

von MaWin (Gast)


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Steffen schrieb:
> Da Frage ich mich halt gerade ob man sich dann nicht einen Kalibrator

Es reicht ein DAkks Messgerät.

> anschaffen kann, diesen regelmäßig kalibrieren lässt (extern,
> meinetwegen auch DAkks) und damit dann seine Geräte selbst
> ISO-kalibrieren kann. Wenn man sich dann selbst (natürlich dokumentiert
> usw) einen ISO-Kalibrierschein schreiben kann, dann kann man ja doch
> wieder alles für Spezifikationsmessungen nutzen.

Kann man, das ist ja das Prinzip der ISO Kalibrierung.

von Amateur (Gast)


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Da ich in den letzten paar dutzend Jahren kein Netzgerät mehr, mit 
einstellbaren Stufen gesehen habe, kann ich mir sowieso nur eine 
Kalibrierung nach DIN 0815 vorstellen.

von JuJu (Gast)


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OK dann hohl ich mir das unkalibriert.

Wiso ist das eig so teuer? Sticht das irgendwie aus der Masse heraus? 
Ich kenn mich mit Labornetzgeräten nicht so aus, dass ich eine 
Marktübersicht habe.

Selber habe ich keine großen Anforderrungen zu stellen, außer einer 
Regelung, ein bisschen Leistung und das es halt in meinen 
Rhode&Schwarz-Turm passt.

von Steffen (Gast)


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MaWin schrieb:
> Kann man, das ist ja das Prinzip der ISO Kalibrierung.

Gibt es eigentlich Regelungen, dass man Messgeräte nach ihren 
Spezifikationen kalibrieren muss?
Oder kann ich für meine Prüfaufgabe auch ein 6,5 stelliges Multimeter 
auf sagen wir mal einfach besser 0,5% kalibrieren, wenn die zu prüfende 
Größe nur auf zB 3% geprüft werden muss?

von Michael B. (laberkopp)


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Steffen schrieb:
> Oder kann ich für meine Prüfaufgabe auch ein 6,5 stelliges Multimeter
> auf sagen wir mal einfach besser 0,5% kalibrieren, wenn die zu prüfende
> Größe nur auf zB 3% geprüft werden muss?

Natürlich.

Du hast dann ggf. einen Vorteil weil die Zeitabstände der 
Nachkalibrierungen länger sind.

von Soul E. (Gast)


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Steffen schrieb:

> Da Frage ich mich halt gerade ob man sich dann nicht einen Kalibrator
> anschaffen kann, diesen regelmäßig kalibrieren lässt (extern,
> meinetwegen auch DAkks) und damit dann seine Geräte selbst
> ISO-kalibrieren kann. Wenn man sich dann selbst (natürlich dokumentiert
> usw) einen ISO-Kalibrierschein schreiben kann, dann kann man ja doch
> wieder alles für Spezifikationsmessungen nutzen.

Selbstverständlich kann man das. So funktioniert die 
Prüfmittel-Überwachung in jeder größeren Firma. Wenn wir jedes 
Multimeter zur PTB schicken würden könnten wir die Dinger auch gleich 
alle paar Jahre neu kaufen.

Der Fluke-Kalibrator geht einmal im Jahr zum DAkks-Labor, und das 
HF-Geraffel zu Rohde&Schwarz nach München. Der Rest wird in-house 
kalibriert.


> Gibt es eigentlich Regelungen, dass man Messgeräte nach ihren
> Spezifikationen kalibrieren muss?

Kalibrieren heisst aufschreiben der Abweichung zu einem rückführbaren 
Normal. Über die zulässige Größenordnung der Abweichung ist damit 
erstmal nichts gesagt. Vermutlich wird aber in der ISO 16949 (oder 9001) 
irgendwo drinstehen, dass durch die Kalibrierung eben dieses Einhalten 
der Hersteller-Spezifikation nachzuweisen ist.

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