Hallo Zusammen, ich habe meine Verständnisprobleme mit Rauschen in Schaltungen. Das erste ist wohl die Grösse nV/sqrt(Hz) die in OPV Datenblättern immer vorkommt. Wie genau kann man die Interpretieren? Kann ich die einfach quadrieren und mit der mich interessierenden Bandbreite multiplizieren? Dann habe ich einen Effektivwert im Quadrat, um daraus eine Rauschleistung zu berechnen bräuchte ich noch einen Widerstand in dem diese Leistung umgesetzt wird (oder ich nehm die Wurzel und betrachte das als Ersatzquelle an meinem OPV Eingang)? Das andere ist eher theoretischer Natur: Das Rauschen stammt soweit ich weiss aus der thermischen Anregung von Ladungsträgern durch die Umgebungstemperatur. Kann ich aus einem rauschenden Widerstand Energie gewinnen? Also die Rauschspannung einer Last zuführen um Arbeit zu verrichten? Das würde doch dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik widersprechen da ich ja somit eine Maschine hätte die aus einem einzigen Wärmereservoir (der Umgebung) Energie bezieht und sie in Arbeit umwandeln kann.
asdf schrieb: > Wie genau kann man die Interpretieren? Kann ich die einfach > quadrieren und mit der mich interessierenden Bandbreite multiplizieren? Wenn man die Zahl selbst einfach quadrieren könnte, hätten das die Datenblattschreiber schon gemacht … Du multiplizierst sie mit der Wurzel deiner Bandbreite, auf die du das Rauschen beziehen willst. Ist die Bandbreite 10 kHz, dann musst du die Zahl mit 100 multiplizieren, um die effektive Rauschspannung am Eingang zu haben. Diese multiplizierst du danach mit der realen (gegengekoppelten) Verstärkung des OVs, dann hast du die Rauschspannung am Ausgang. Wenn du jetzt unbedingt eine Leistung brauchst (Leistungsrechnung ist eigentlich nur bei HF üblich, dort arbeitet man daher auch eher mit einer Rauschzahl), dann kannst du diese gegen deinen Lastwiderstand ausrechnen.
Das mit dem Quadrieren kann man schon so machen, wenn man die Leistung herausbekommen will. Für die Spannungswerte nimmt man die Wurzeln aus der Bandbreite. Solange die Schaltung auf einer Temperatur ist, kann man die Rauschleistung nicht irgendwie in andere nutzbare Leistung umwandeln. Es fließt immer Rauschleistung in beide Richtungen, beim reinen Widerstandsrauschen auch noch so dass in beide Richtungen die gleiche Leistung fließt. Mit Schaltungen bei verschiedener Temperatur könnte theoretisch Energie aus dem Rauschen abgezapft werden, ganz so wie bei einer Wärmekraftmaschine. der Wirkungsgrad ist aber entsprechend der Thermodynamik begrenzt und die Leistung ist seht gering.
asdf schrieb: > Das Rauschen stammt soweit ich > weiss aus der thermischen Anregung von Ladungsträgern durch die > Umgebungstemperatur. Kann ich aus einem rauschenden Widerstand Energie > gewinnen? Also die Rauschspannung einer Last zuführen um Arbeit zu > verrichten? Ich bezweifle, ob Du so eine Last findest und was willst Du dann mit dieser "Rauschnergie" anstellen?
asdf schrieb: > Kann ich aus einem rauschenden Widerstand Energie > gewinnen? Klar, aber du brauchst dazu eine Unobtainiumdiode.
Es muss keine Unobtainiumdiode sein, nur eine die gut gekühlt ist und relativ dicht an einer idealen Diode ist. Die Leistung ist aber nicht wirklich groß.
hinz schrieb: > Klar, aber du brauchst dazu eine Unobtainiumdiode. Na ja, es wird wohl eher eine Quantendiode in Grätzschaltung sein müssen.
Klaus R. schrieb: > Na ja, es wird wohl eher eine Quantendiode in Grätzschaltung sein > müssen. Schon, aber das geht nur mit Plattenquantendioden (PQDs), die setzen das Rauschen besser um in Leistung als normale, SMD wäre hier gar nicht zu gebrauchen - also der Widerstand muss mechanisch groß wirken und der Plattenquantengleichrichter auch - sonst wird das nichts mit dem Wirkungsgrad...
Danke an die zwei brauchbaren Antworten. Das mit der Energiebilanz habe ich noch nicht so richtig begriffen. Ich habe es für zwei Widerstände nachgerechnet und komme (wie bereits von Lurchi erwähnt) darauf, dass in beiden Widerständen zusammen die Rauschleistung 4*kB*T*df umgesetzt wird. Das ganze ist aber unabhängig von der Anzahl der Widerstände die ich betrachte. Ausserdem ist mir nicht so wirklich klar was es überhaupt bedeuten soll wenn die Rauschleistung im Widerstand umgesetzt wird. Der Widerstand wird sich ja durch die Rauschleistung nicht erwärmen (die Wärme ist ja die Ursache für das Rauschen und nicht umgekehrt). Bei Wikipedia steht unter anderem: Bei Kurzschluss dissipiert der rauschende ohmsche Widerstand selbst die generierte Leistung 4*kB*T*df weil die volle Quellenspannung über ihm abfällt. Wenn ich das Ersatzschaltbild ansehe ist das klar...aber woher kommt die Leistung? Was bedeutet es wenn ein Widerstand die Leistung dissipiert die er aufgrund von thermischem Rauschen selbst generiert? Wirkungsgrade und ähnliches interessieren mich nicht, es geht mir rein um die theoretische Betrachtung. Dass die Leistungen klein sind und sowieso nicht genutzt werden können ist mir auch klar.
asdf schrieb: > Was bedeutet es wenn ein Widerstand die Leistung dissipiert > die er aufgrund von thermischem Rauschen selbst generiert? Perpetuum Mobile?
Wenn du zwei thermisch isolierte Widerstände über dünne Drähte parallel schaltest gibt es trotzdem einen Temperaturausgleich weil der heißere mehr Rauschleistung abgibt als er vom anderen erhält.
asdf schrieb: > aber woher kommt die > Leistung? Was bedeutet es wenn ein Widerstand die Leistung dissipiert > die er aufgrund von thermischem Rauschen selbst generiert? Die Leistung kommt aus der Wärmeenergie die der Widerstand hat. Betrachte dazu das Bild im Anfang. Der linke Widerstand hat z.b. Raumtemperatur und damit ein thermisches Rauschen. Ob man das jetzt als Rauschspannungsquelle in Reihe mit einem idealen Widerstand modelliert oder als Rauschstromquelle mit idealem Widerstand parallel ist an sich egal aber diese Darstellung wird nachher noch Vorteile haben, daher habe ich die rauschquelle durch eine Stromquelle dargestellt. Beachte bei der ganzen Analyse immer dass es sich hier um ein Model handelt, bzw um den Versuch das Konzept "Rauschen" mit Standardschaltungstechnik abzudecken. Der rechte Widerstand sei für dieses Experiment runter auf 0K gekühlt, heißt er erzeugt keinerlei Rauschleistung. Jetzt verbinden wir beide Widerstände. Da sie den selben Wert haben herrscht Leistungsanpassung. Der Linke Widerstand (bzw seine Ersatzrauschstromquelle) erzeugt eine gewisse Rauschleistung, welche aus der Wärmeenergie des Widerstandes kommt. Diese Leistung verteilt sich auf beide Widerstände gleichmäßig. Dabei bekommt jeder Widerstand die Rauschleistung Kb*T*B ab, wobei B die Bandbreite der Messung ist. Als Endeffekt fließt jetzt Leistung von dem heißen Widerstand zum kalten Widerstand, welcher sich dabei auch langsam erwärmen wird. Sobald er dies tut erzeugt er ebenfalls eine Rauschleistung welche wiederrum Leistung zurück zu R1 transportiert. Sobald beide Widerstände die selbe Temperatur erreicht haben gleicht sich der Energietransport genau aus und das ganze System hat seinen Ruhepunkt erreicht. Das ganze ist äquivalent mit einem Metallstab welcher auf einer Seite heiß ist und auf der andere Seite kalt. Sobald man das System sich selber überlässt gleicht sich die Temperatur auf beiden Seiten an bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist. Der Wärmetransport erfolgt ebenfalls über die Elektronenbewegung, physikalisch hängt Wärmefluss und Stromfluss eng zusammen. Wenn du jetzt bei unserem Widerstandssystem den zweiten Widerstand abklemmst hast du keine Leistungsanpassung mehr. Der Widerstand R1 verbraucht die gesamte Leistung die die Stromquelle erzeugt. Da der Strom durch R1 verdoppelt wurde, ist die Leistung die an ihm entsteht vervierfacht. Das ist auch der Grund wo diese ominiöse "4" in der Formel "4*Kb*T*B" herkommt. Wir haben jetzt also die paradoxe Situation dass die Rauschstromquelle die Leistung 4*Kb*T*B aus der Wärmeenergie des Bauteils nimmt, welche dann an dem Widerstand wieder in Wärmeenergie umgewandelt wird. Physikalisch passiert einfach nichts. Der Widerstand ist einfach "warm". Das Modell was für Schaltungstechnik gut geeignet ist sagt jetzt aber "Der Widerstand erzeugt die Leistung X und dissipiert diese direkt wieder". Was du also siehst ist ein harmloser aber verwirrender Nebeneffekt des Modells.
IUnknown schrieb: > Was du also siehst ist ein harmloser aber verwirrender Nebeneffekt des > Modells. Und wa wir hier sehen, ist jemand, der sehr verständlich erklären kann. @IUnknown: Sowas respektiere ich sehr. Über solche Talente verfügen nicht mal alle Lehrer. ^^
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