Forum: Offtopic Messung "Abweichung von RIAA Kurve"


von Georg T. (microschorsch)


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Hallo,

ich bin neulich auf ein Diagramm im Internet gestoßen, wo die Abweichung 
des Frequenzganges eines Phono-Verstärkers von der RIAA-Kurve 
dargestellt war. Vom Prinzip her ist mir das klar, was da hintersteckt, 
aber wie würde ich denn soetwas messen?

Frequenzgang der RIAA-Kurve ist bekannt, damit habe ich ein A_RIAA(f)

die Amplitude eines Phonovorverstärkers zu messen ist auch nicht schwer, 
Mit konstanter Amplitude rein, f wird variiert. Dann habe ich U_Phono(f)

Meine Frage ist, was steckt hinter dieser Darstellung in diesen 
willkürlichen dB-Einheiten?

Häufig habe ich gesehen, dass die Plots bei 1kHz auf 0dB skaliert sind.

Ist es also richtig, dass einfach
Abweichung [dB] = 20 * log(U_Phono(f)/A_RIAA(f))???

Vermutlich ist es wirklich so einfach???

Schorsch

von Pandur S. (jetztnicht)


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Soweit ich mich erinnere ist RIAA die Kompensationsfuntion fuer Vinyl 
Tontraeger. Nicht alle Frequenzen koennen gleich gut geschnitten werden. 
Das haengt auch damit zusammen, dass das Abtast System, "Nadel" inkl 
Aufhaengung und Umsetzung auf elektrisch eine Uebertragungsfunktion 
ungleich eins besitzt.

Vergiss die dB, das ist einfach eine logarithmische Masseinheit. Damit 
kann man Groessen zusammengedrueckt darstellen, ohne auf kleinere Werte 
zu verzichten. Und exponentialfunktionen erscheinen als Gerade. Eine 
Darstellungsfrage. Man kann's auch in einer linearen skala darstellen. 
Und ja, die Formel ist richtig.

Bei der Umsetzung einer Kompensationsfunktion wie der RIAA ist erster 
und zweiter und dritter Gesichtspunkt : billig, billig, billig. Auch 
wenn anders besser waere.

: Bearbeitet durch User
von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Oh D. schrieb:
> ist RIAA die Kompensationsfuntion fuer Vinyl Tontraeger

<pedanterie>

Tatsächlich ist RIAA die "Recording Industry Association of America", 
die wiederum als Normgremium die "RIAA-Kurve" festgelegt hat, um über 
verschiedene Wiedergabe- und Aufnahme-Systeme einen einheitlichen Klang 
zu erzielen.

Vergleichbares gab es übrigens auch bei Bandmaterial, da wurde wahlweise 
nach NAB ("National Association of Broadcasters", USA) oder IEC 
("International Electrotechnical Commission", Europa) ver- und entzerrt.

</pedanterie>

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Elektor hat schon in den 70ern eine kleine passive Schaltung "Anti-RIAA" 
veröffentlicht, mit der man den Frequenzgang wieder geradebiegen und 
damit leicht wobbeln kann.

Beim UKW-Rundfunk gibt es eine ähnliche Festlegung für die Höhenanhebung 
Prä- oder Preemphase, die im Radio mit der Deemphase rückgängig gemacht 
wird. Dort wird die Eckfrequenz in Mikrosekunden der R*C-Zeitkonstanten 
ausgedrückt. Es gibt da zwei verschiedene Werte, HiFi-Puristen legen 
Wert drauf, die umschalten zu können. 50 oder 75 µs soweit ich noch 
weiss.

Die Bassabsenkung der RIAA-Kurve sorgt auch dafür, dass auf die Platte 
mehr draufpasst.

: Bearbeitet durch User
von Soul E. (Gast)


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Georg T. schrieb:

> Meine Frage ist, was steckt hinter dieser Darstellung in diesen
> willkürlichen dB-Einheiten?
>
> Häufig habe ich gesehen, dass die Plots bei 1kHz auf 0dB skaliert sind.
>
> Ist es also richtig, dass einfach
> Abweichung [dB] = 20 * log(U_Phono(f)/A_RIAA(f))???

Wahrscheinlich eher

  Abweichung [dB] = 20 * log((U_Phono(f)-A_RIAA(f)) / A_RIAA(f))

d.h. der Relative Fehler wird nicht in Fach oder Prozent, sondern in 
Dezibel angegeben.

von Sinus T. (micha_micha)


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Georg wollte eigendlich nicht wissen, was eine IRAA-Kurve ist und wozu 
sie dient, sondern ob sein ANsatz zur Berechnung der Abweichung ok ist.

Ja, dein Anzatz zur Berechnung ist richtig. dB als 20*log() gibt das 
Verhältnis 2er Ströme oder Spannungen zueinander an, als 10*log() das 
zweier Leistungen.

von Achim H. (anymouse)


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soul e. schrieb:
> Wahrscheinlich eher
>
>   Abweichung [dB] = 20 * log((U_Phono(f)-A_RIAA(f)) / A_RIAA(f))
>
> d.h. der Relative Fehler wird nicht in Fach oder Prozent, sondern in
> Dezibel angegeben.

Wahrscheinlich nicht:

1) Würde man bei (kleinem) relativem Fehler vermutlich keine 
dB-Darstellung wählen.
2) Gibt es ein Problem, wenn (a) A_RIAA = U_Phone oder gar (b) A_RIAA 
größer als U_Phone wird -- negative Werte sind für eine normale 
Log-Darstellung sehr ungünstig.

Daher wirklich nur reines Verhältnis. Eine Abweichung von 5% (0,5 dB) 
ist bei Audio-Sachen selten relevant.

von Maria S. (doc-brown)


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Mir liegen hier zwei Schallplattenspielerverstärker vor, bei denen ich 
wissen möchte, welcher die RIAA Entzerrerkennlinie am besten einhält 
(und auch sonst die besseren Werte hat).

Wie kann ich das praktisch messen (und ggf. die weiteren Parameter)?
Welche Geräte benötige ich hierzu?

Vielleicht gibt es bereits irgendwo im Netz eine praktische Anleitung 
zur Durchführung dieser Messungen, aber ich habe nicht gefunden, wie man 
das macht, außer eben bei geprüften Geräten die fertigen Angaben als 
Diagramm oder dB Abweichung.

Mir ist das leider nicht klar wie dem Schorsch. Wenn mich jemand von den 
Audio-Experten "aufs Pferd setzen" könnte, wäre ich dankbar.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Wie immer sind fehlende Angaben nicht aus der Glaskugel zu holen. Es 
gibt Schallplattenverstärker für:

a) Kristalltonabnehmer
b) Moving Magnet
c) Moving Coil

Wenn Du nun mit Hilfe einer Soundkarte im PC den Frequenzgang aufnimmst, 
obiges nicht bekannt sein sollte, liegt die Chance, Dir den falschen zu 
empfehlen bei rund 2/3.

von Maria S. (doc-brown)


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Nix spezielles, also warum so kompliziert und weit hergeholt?
RIAA Verstärker für Kristalltonabnehmer sind mir nicht bekannt.
Weit verbreitet und üblich sind Moving Magnet.
Mit einem IC und einer Handvoll R und C auf einer kleinen Platine wird 
es nichts exclusives sein, daher würde ich Moving Coil weg lassen.

Gehen wir also von einem standard Moving Magnet RIAA 
Schallplattenspielerverstärker aus.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Maria S. schrieb:
> Wie kann ich das praktisch messen (und ggf. die weiteren Parameter)?
> Welche Geräte benötige ich hierzu?


Amplitudenstabiler durchstimmbarer Sinusgenerator mit genuer Skala oder 
mit Frequenzzähler, Messempfänger mit dB-Skala, Schreibwerkzeug, 
Logarihmenpapier, Taschenrechner, Geduld.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Maria S. (doc-brown)


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So hat man das vermutlich vor 50 Jahren gemacht, als es noch keine 
Computer für Messgeräte gab.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Maria S. schrieb:
> So hat man das vermutlich vor 50 Jahren gemacht,

Heute kann das die Soundkarte:
https://www.pievox.de/frequenzgang-messen.html
https://www.audio-software.de/verstaerker_messung.html

von Andrea B. (stromteam)


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Maria S. schrieb:
> Mir liegen hier zwei Schallplattenspielerverstärker vor, bei denen ich
> wissen möchte, welcher die RIAA Entzerrerkennlinie am besten einhält
> (und auch sonst die besseren Werte hat).

Die Qualität der Pressung, der Tonabnehmer sowie der Kopfhörer / 
Lautsprecher haben mehr Einfluss aus den Klang als das korrekte 
Einhalten der Schneidkennlinienentzerrung.
Nimm den, der für dich besser klingt und weniger Rauschen erzeugt.
Ich hab viele Vorverstärker probiert und habe noch heute den fast 50 
Jahre alten 2-Transistor Elektor "Vorverstärker für den ADBD"? im 
Einsatz.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Maria S. schrieb:
> So hat man das vermutlich vor 50 Jahren gemacht, als es noch keine
> Computer für Messgeräte gab.

Kaufe einen und der macht für Dich alles automatisch. Verstärker in den 
Schacht legen, Klappe zu, Enter-Taste drücken, warten, fertig, Plot auf 
Drucker und Bildschirm erscheint.

So sei es in 2022.

mfg

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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von Walter T. (nicolas)


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Achim H. schrieb:
> ßer als U_Phone wird -- negative Werte sind für eine normale
> Log-Darstellung sehr ungünstig.

Deswegen auch:

Abweichung [dB] = 10 * lg( (U_Phono(f) - U_RIAA(f)/U_RIAA(f))^2 )

von Georg T. (microschorsch)


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Wow, dieser Thread ist ja schon ein paar Tage alt.... schön, dass sich 
immer noch jemand dazu meldet. Ich versuch, dann mal die eigentliche 
Frage zu beantworten

> Wie kann ich das praktisch messen (und ggf. die weiteren Parameter)?
> Welche Geräte benötige ich hierzu?

Ich verwende dazu ein Sinus-Funktionsgenerator und ein sehr präzises 
TrueRMS Spannungsmessgerät. Beide sind über RS232 ansteuerbar, ich habe 
vor Jahren ein keines C++ Programm geschrieben, um die Frequenzen 
durchzusweepen und die Ausgangsamplitude zu messen

kannst ja gerne mal durch den Quellcode durchschauen, ist aber leider 
nur wenig dokumentiert, falls Du Rückfragen hast, müsste ich mich auch 
erst wieder durchwurschteln:

www.github.com/georgtroska/measure

Achso, die Software ist gegen root gelinkt. (root.cern.ch) - keine Sorge 
ist alles Opensource

Gruß
Georg

von Maria S. (doc-brown)


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Danke für die Infos. Dann sind die gezeigten Diagramme im Netz doch 
aufwendiger zu erstellen, als es den Anschein hat. Es gibt, wie ich 
verstehe, zwei Möglichkeiten dies darzustellen: Messgeräte oder 
Audiointerface.

Da ich Debian verwende, werden die beiden o.g. MS Programme bei mir 
nicht laufen. Gibt es vielleicht ein geeignetes Programm im Repository 
von Debian? Das C++ Programm sollte theoretisch verwendbar sein. Einen 
PC mit RS232 Schnittstelle habe ich aber nicht. Diese Adapter auf USB 
funktionieren angeblich nicht gut.

Georg, was meinst Du mit sehr präzise? Ein Multimeter würde daher nicht 
ausreichen.

Möglicherweise kommt es bei einem solchen RIAA Verstärker nicht auf den 
Bruchteil eines dB an, aber bei den zu prüfenden Geräten liegt angeblich 
ein schon deutlich hörbarer Defekt (Klangveränderung) vor. Meine 
Vermutung war, es könnte ein defektes/gealtertes Bauteil im Equalizer 
Netzwerk sein.

Vermutlich lohnt der Aufwand bei Elektronik nicht, da man solche Geräte 
auch für ca. 10-20 € kaufen kann. Es hätte mich lediglich gefreut das 
wieder zu reparieren, denn es muss doch nicht alles gleich weg geworfen 
werden.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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