Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Abschlusswiderstand bei Koaxialkabel mit TTL


von Herr Je (Gast)


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Hallo,

fürs Wochenende habe ich mal eine paar Fragen an die Leitungstheoretiker 
unter euch. Hab mich bei allen Fragen schon informiert, aber bisher 
waren die Antworten nicht zufriedenstellend.

1. Bei Frequenzgeneratoren und anderen Sendern gibt es ja häufig eine 
BNC-Buchse mit TTL-Ausgang. Wenn ich diesen Ausgang über ein 50 oder 75 
Ohm Kabel zu einem Empfänger leite und als Abschluss ein 50 oder 75 Ohm 
Widerstand hänge, bricht das Signal ein. Das habe ich bisher bei allen 
Geräten beobachtet. Scheinbar können die TTL-Ausgänge nicht so viel 
Strom treiben. Lasse ich aber den Widerstand weg, so kommt es zu 
messbaren Reflexionen. In der Mitte von zwei langen BNC-Kabeln sehe ich 
zwei ca. 2,5 V Impulse. Ist ja such logisch ohne Abschlusswiderstand. 
Jetzt kommt meine Frage. Wird bei den BNC-Ausgängen mit TTL-Pegel etwa 
hingenommen, dass es zu Reflexionen kommt? Ein Abschlusswiderstand ist 
ja wie gesagt nicht möglich.

2. Bei RS422 und RS485 habe ich im gesehen, dass im unidirektionalen 
Modus manchmal ein Abschlusswiderstand und ein Widerstand am Eingang 
verwendet werden. Im bidirektionalen Modus macht das für mich auch Sinn, 
aber im unidirektionalen Modus sehe ich den Sinn nicht. Wie gesagt ich 
habe es bisher auch nur manchmal gesehen, häufig wird der Widerstand am 
Eingang weg gelassen. Das Bild, das ich angehängt habe zeigt was ich 
meine. Meine Frage ist hier, ob dieser Eingangswiderstand irgendwelche 
Vorteile hat. Wenn ja, wer es auch nützlich diesen bei einem BNC-50 Ohm 
Sender einzubauen?

3. Einer meiner Frequenzgeneratoren hat ein BNC-Ausgang mit 600 Ohm. Das 
ist ja sehr hoch und technisch gesehen scheinen solche Koaxialkabel auch 
nicht möglich zu sein. das einzige was ich zu 600 Ohm Wellenwiderständen 
gefunden habe sind Telefonmasten in den USA. Haber ich denke nicht, dass 
dafür extra so eine BNC-Buchse in diesen Frequenzgenerator eingebaut 
wurde. Weis vielleicht jemand ob es da noch andere Anwendungen gibt?

Vielen Dank schon mal für Antworten.

von Bernd K. (prof7bit)


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Herr Je schrieb:
> Wird bei den BNC-Ausgängen mit TTL-Pegel etwa
> hingenommen, dass es zu Reflexionen kommt? Ein Abschlusswiderstand ist
> ja wie gesagt nicht möglich.

Ja.

Ohne einen zum Wellenwiderstand des Kabels passenden Abschlusswiderstand 
lassen sich Reflexionen nicht vermeiden, ein richtig abgeschlossenes 
(oder unendlich langes) Kabel stellt somit nun mal eine ohmsche Last in 
Höhe des Wellenwiderstandes dar.

Daraus folgt daß der Ausgang so ausgelegt sein muss daß diese Last 
treiben kann. Idealerweise hat er eine Ausgangsimpedanz von ebenfalls 
genau 50 Ohm so daß zurück laufende Wellen nicht erneut reflektiert 
werden.

Da führt kein Weg dran vorbei, das ist Gesetz.

Natürlich kann man das Kabel auch offen lassen, das kann einem ja keiner 
verbieten, dann muss man aber die zwangsläufig entstehenden Reflexionen 
als gegeben hinnehmen, je nach Kabellänge (kurz) und verwendeten 
Frequenzen (niedrig) kann man sie eventuell auch kurzerhand unter den 
Tisch fallen lassen und so tun als wären sie überhaupt nicht da, ich 
denke dieser Kompromiss wird im vorliegenden Fall angewendet worden 
sein.

von Herr Je (Gast)


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Bernd K. schrieb:
> Ohne einen zum Wellenwiderstand des Kabels passenden Abschlusswiderstand
> lassen sich Reflexionen nicht vermeiden, ein richtig abgeschlossenes
> (oder unendlich langes) Kabel stellt somit nun mal eine ohmsche Last in
> Höhe des Wellenwiderstandes dar.
>
> Daraus folgt daß der Ausgang so ausgelegt sein muss daß diese Last
> treiben kann. Idealerweise hat er eine Ausgangsimpedanz von ebenfalls
> genau 50 Ohm so daß zurück laufende Wellen nicht erneut reflektiert
> werden.
>
> Da führt kein Weg dran vorbei, das ist Gesetz.
>
> Natürlich kann man das Kabel auch offen lassen, das kann einem ja keiner
> verbieten, dann muss man aber die zwangsläufig entstehenden Reflexionen
> als gegeben hinnehmen, je nach Kabellänge (kurz) und verwendeten
> Frequenzen (niedrig) kann man sie eventuell auch kurzerhand unter den
> Tisch fallen lassen und so tun als wären sie überhaupt nicht da, ich
> denke dieser Kompromiss wird im vorliegenden Fall angewendet worden
> sein.

Schon ja dann mit dem TTL-Ausgang unschön gelöst worden zu sein. Weil 
wie gesagt kein TTL-Ausgang an einem meiner Frequenzgeneratoren liefert 
genug Strom. Bei 75/50 Ohm Abschlusswiderständen bricht das Signal 
komplett ein und es kommt am Ausgang gar nichts mehr an. Da bringen mir 
die nicht mehr vorhandenen Reflexionen auch leider nichts mehr

Aber Danke für die Antwort

von HildeK (Gast)


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Bernd K. schrieb:
> Natürlich kann man das Kabel auch offen lassen, das kann einem ja keiner
> verbieten, dann muss man aber die zwangsläufig entstehenden Reflexionen
> als gegeben hinnehmen,

Bei digitalen Signalen nimmt man die zwangsläufig einstehende 
Totalreflexion am quasi offenen Leitungsende absichtlich hin.
Auf der Quellenseite wird mittels Serienwiderstand die Ausgangsimpedanz 
auf das Leitungs-Z angepasst.
Es ergibt dann eine vorlaufende Welle mit der halben Amplitude, die, da 
ein 'offenes' Ende vorliegt, total reflektiert wird und wieder zurück 
läuft. Dadurch ergibt sich am Ende der Leitung der volle Pegel. Auf der 
Quellseite sieht sie dann die korrekte Impedanz und es gibt keine 
weitere Reflexion.

Das ganze nennt sich Serienterminierung und ist ein bewährtes Mittel, 
bei CMOS-Signalen nahezu perfekte Ergebnisse zu erzielen, auch wenn die 
Leitung länger ist.

Herr Je schrieb:
> In der Mitte von zwei langen BNC-Kabeln sehe ich
> zwei ca. 2,5 V Impulse.

Nachteil der Methode ist, dass nur am Ende der Leitung die Signalform 
perfekt ist. Dazwischen ist es praktisch nicht brauchbar. Wenn man 
unterwegs (hochohmige) Abgriffe benötigt, dann ist eine beidseitige 
Terminierung unumgänglich.

von Peter R. (pnu)


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Wesentlich verringert wird das reflektierte Signal durch 
Längswiderstände in der Leitung. Ist die gängige Reflexionsminderung auf 
Leiterplatten, z.B.  Motherboards.

Das Nutzsignal durchläuft die dadurch verursachte Dämpfungsstelle nur 
einmal, das reflektierte Signal mindestens zweimal (oder mehrmals) bis 
es zur Wirkung kommt: Auf bedämpfter Leitung wirken sich Reflexionen 
wesentlich weniger aus.

Zusätzliche Leistungsersparnis kann man erreichen, indem man den 
Abschlusswiderstand am Ende der Leitung über einen Längskondensator 
anschließt. Da wird dann die belastende Spannung auf die Hälfte und die 
Verlustleistung auf ein Viertel gebracht.

Eine Seite der Leitung ganz auf Leerlauf zu lassen ist nicht so 
besonders gut:
Das Signal geht zwar von Generator zum Empfänger, aber eine Reflexion 
dort läuft dann zum Gen. und wird dann wieder unbedämpft zum  Empfänger 
zurückgespiegelt.

: Bearbeitet durch User
von HildeK (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Eine Seite der Leitung ganz auf Leerlauf zu lassen ist nicht so
> besonders gut:
> Das Signal geht zwar von Generator zum Empfänger, aber eine Reflexion
> dort läuft dann zum Gen. und wird dann wieder unbedämpft zum  Empfänger
> zurückgespiegelt.

Nein, denn der Generator muss einen korrekten Abschluss liefern und dann 
ist es mit weiteren Reflexionen am Generatorausgang vorbei.
Das ist genau die Methode, die allgemein in der Digitaltechnik üblich 
und auch erfolgreich ist.
Du kannst mit einer einseitigen Terminierung (Quellterminierung) auch 
ein Koaxkabel treiben - überhaupt kein Problem. Das kann man auch 
einfach ausprobieren, in dem man einen Funktionsgenerator nimmt (mit 
Z0=ZL) und das Kabel einfach an einen hochohmigen Oszilloskopeingang 
anschließt.
Ergebnis: mit hochohmigem Eingang hast du den vollen Pegel und perfekte 
Signalqualität, mit einem 50-Ohm-Eingang hast du den halben Pegel und 
ebenso perfekte Signalqualität.

von schlaubischlumpf (Gast)


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> Schon ja dann mit dem TTL-Ausgang unschön gelöst worden zu sein. Weil
> wie gesagt kein TTL-Ausgang an einem meiner Frequenzgeneratoren liefert
> genug Strom.

Klingt nach pillikem Schnarpel.

6 Inverter aus einem 74AC04 mit je 300 Ohm auf eine Buchse.

Aber Vorsicht, die Flanken beißen.

Richtige Pulsgeneratoren haben auch "richtige" Endstufentransistoren
vor dem Ausgang...

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