Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Problem mit DIY-Leitwert-Messung


von Blubber1 (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Guten Morgen,

ich hab ein Problem mit meiner Leitwertmessung ...

Kurze Erklärung der Funktion:

Der AtTiny84 erzeugt per PWM-DDS einen Sinus, der mittels 2-stufigen
Tiefpass nach analog gewandelt wird. Anschließend wird das Signal
gepuffert und geht über den BNC-Stecker auf eine EC-Elektrode, die sich
in der zu messenden Flüssigkeit befindet. Der zweite Pin der
EC-Elektrode geht auf einen Verstärker, dessen Verstärkung vom Leitwert
der Lösung abhängt. Anschließend folgt ein Bandpass, der die
Sinus-Frequenz herausfiltert. Dann folgt ein Gleichrichter + Integrator.
Das Messsignal geht dann wieder zum ATTiny, der es digitalisiert.

Soweit so gut ... Prolem ist folgendes:

Fast jedes mal, wenn ich die Elektrode aus der Lösung nehme und sie
wieder eintauche "rastet" die Verstärkung woanders ein - da ändert sich
auch nichts, wenn ich die Elektrode in der Lösung "schüttel". Laut Oszi
ist alles vor der Elektrode in Ordnung ... Am Ausgang des Verstärkers
nach der Elektrode ist die Amplitude des Signals oft unterschiedlich.
Sicher bis zu 50% teilweise.

Die Amplitude nach dem Buffer ist sowas 0,32V. Die Amplitude nach dem
Verstärker sowas 1,25V. (Spitze-Spitze = 2* Amplitude). Die kann dann
aber auch mal halb so hoch sein. (R2 ist nicht 1k, der ist 10k)

Auch, wenn man den DDS anhält und nach einer halben Sekunde neu startet,
rastet es wieder auf die gleiche Verstärkung ein.

Ich kann mir das nicht wirklich erklären ... Hat jemand eine Idee, woran
das liegen könnte?

von B e r n d W. (smiley46)


Lesenswert?

> Am Ausgang des Verstärkers nach der Elektrode ist die
> Amplitude des Signals oft unterschiedlich.

Trotzdem kann es nur an der Messelektrode liegen. Sind Luftblasen drin 
oder was Wasserabstossendes? Evtl. mal mit Alkohol reinigen.

Warum hast du keinen Messgleichrichter, wie den hier, verwendet?
Beitrag "Re: MAX-Wert einer sinusförmigen Spannung finden und ausgeben"
Ein OPV wäre ja noch frei.

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

B e r n d W. schrieb:
> Trotzdem kann es nur an der Messelektrode liegen. Sind Luftblasen drin
> oder was Wasserabstossendes? Evtl. mal mit Alkohol reinigen.

Du bist genial! Ich hatte auch schon den Verdacht, dass sich Luft beim 
Eintauchen im Sensor sammelt, wollte aber erstmal schauen, ob jemandem 
etwas auffällt, was nicht auf den Sensor zurückzuführen ist. Analog ist 
nicht wirklich mein Steckenpferd und da hätte es sein können, dass hier 
oder da irgendwas fehlt, was kenner sofort erkennen ... Ein C hier oder 
dort oder soetwas :)

Reinigen mit Alkohol ist eine gute Idee ... Hab 99% Iso hier ... Die hat 
richtig eklig chemisch gerochen, wie ich sie ausgepackt hab :)

B e r n d W. schrieb:
> Warum hast du keinen Messgleichrichter, wie den hier, verwendet?

Nice, den Beitrag kannte ich noch nicht ... Ich denke, für meine 
Schaltung wären das zuviel Änderungen, aber ich werde mir den für V2.0 
bookmarken ... Gab bisher noch einige Änderungen (in anderen 
Schaltungsteilen), wo es sich mittlerweile lohnen würde.

Vielen Dank!

von Bernd K. (berndkeck)


Lesenswert?

Hallo Blubber1,
bei der Leitwert Messung in Flüssigkeiten gibt es einiges zu beachten:
Dazu gibt es bei Jumo ein schönes Büchlein - kann ich Dir gerne zukommen 
lassen, bitte nur per PM, da ich es eben auf der Homepage leider nicht 
mehr gefunden habe.
Zunächst möchte ich mich meinem Vorredner anschließen, ein Vollwellen 
Gleichrichter ist an der Stelle zielführend.
Teste das ganze mal mit einem Widerstand, vergiss die Sonde - auch die 
kapazitiven und induktiven Effekte.
Benutze einfach einen Widerstand statt der Sonde.
In welchem Bereich bewegst sich die Leitfähigkeit, die Du messen 
möchtest? Leitungswasser liegt im Bereich von etwa 400µS/cm bis zu ca. 
1000µS/cm. Das entspricht R-Werten von ca. 2k - bei 500µS/cm bis zu 1K 
bei 1000µS/cm. Was weiterhin  wichtig ist, die Spannung an der Elektrode 
sollte ca. 100mV - 200mV nicht wesentlich überschreiten, wenn Du 
dauerhafte Messungen machen möchtest, hängt aber stark von der 
Elektrode, dem verwendeten Material und der zu messenden Leitfähigkeit 
ab.
Welchen K-Faktor hat Deine Elektrode in etwa, aus welchen Material 
bestehen die Elektroden?

LG
Bernd

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Blubber1 schrieb:
> Ich kann mir das nicht wirklich erklären

Eigentlich müssen über den Kondensatoren C13 und C22 ja im Mittel 0V 
liegen, miss mal nach, denn die gleichen sich erst langsam an, abhängig 
von der Leitfähigkeit deiner Probe kann das ewig dauern. Daher halte ich 
von der Schaltung nichts. 1k für R2 kommt mir übrigens wenig vor.

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

Bernd K. schrieb:
> Hallo Blubber1,
> bei der Leitwert Messung in Flüssigkeiten gibt es einiges zu beachten:
> Dazu gibt es bei Jumo ein schönes Büchlein - kann ich Dir gerne zukommen
> lassen, bitte nur per PM, da ich es eben auf der Homepage leider nicht
> mehr gefunden habe.

Vielen Dank, ich schreib dich nachher gleich mal an :)

> Benutze einfach einen Widerstand statt der Sonde.

Okay, das mach ich!

> In welchem Bereich bewegst sich die Leitfähigkeit, die Du messen
> möchtest?

Der Messbereich sollte von 50 bis 1600µs/cm gehen ... Etwas Luft nach 
oben bis max 2000 wär nicht schlecht, wird in der praktischen Anwendung 
aber nicht genutzt.

> Was weiterhin  wichtig ist, die Spannung an der Elektrode
> sollte ca. 100mV - 200mV nicht wesentlich überschreiten, wenn Du
> dauerhafte Messungen machen möchtest

Oh ok, DDS sei dank, ist das schnell angepasst :) Danke!

> hängt aber stark von der
> Elektrode, dem verwendeten Material und der zu messenden Leitfähigkeit
> ab.
> Welchen K-Faktor hat Deine Elektrode in etwa, aus welchen Material
> bestehen die Elektroden?

Nicht 100% sicher, dürfte aber K=10 sein. Ich hatte den Widerstand der 
NL mal zurückgerechnet und bin so auf um die 2k2 gekommen bei 1413µs/cm.

Von der Elektrode weiß ich nicht besonders viel ... Man kriegt kaum 
welche zu kaufen und wenn man sie kriegt, dann sind sie hoffnungslos 
überteuert, wenn man sich überlegt, dass es < 5$ China-Plastik-Sonden 
sind :(

Hier die Internetseite, wo ich die her hab:

http://www.top-messtechnik.com/jtlshop/EC-Elektrode-Sonde-Ersatzelektrode-fuer-EC-Messgeraete-Meter-Tester-Pruefer-BNC-Anschluss-wasserdicht-Leitwert-Leitfaehigkeit-S10

Irritierend ist, dass der Shop sich top-Messtechnik nennt und dann nicht 
mal den K-Faktor angibt. Aber die meisten sind K=10, daher nehme ich an, 
dass die das auch hat.

Die Bauform ist unüblich zu anderen Sensoren ... Die haben als Elektrode 
einen Kunststoffring und auf der Innenseite ist eine Schicht - ich 
vermute Graphit - aufgedampft. Ob es das jetzt besser oder schlechter 
macht, kann ich leider nicht einschätzen.

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

Blubber1 schrieb:
> um die 2k2 gekommen bei 1413µs/cm.

Wobei das eigentlich ein Widerspruch in sich ist ... Oder war das 
Leitungswasser mit 450µs/cm ... Hmm ... 1/2200 = 450µ ... Glaub das war 
es :)

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

Ah nochmal falsch ... Dann müsste es eine K=1 Elektrode sein?

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> Eigentlich müssen über den Kondensatoren C13 und C22 ja im Mittel 0V
> liegen, miss mal nach, denn die gleichen sich erst langsam an, abhängig
> von der Leitfähigkeit deiner Probe kann das ewig dauern.

Interessanter Einwand ... Ich kann die Cs beide entfernen und dafür das 
Sinus-Signal AC-gekoppelt auf den Impedanzverstärker geben. Dann müsste 
der Effekt ja weg sein :)

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> 1k für R2 kommt mir übrigens wenig vor.

Stimmt, das sind 10k ... 1k war ein quasi Platzhalter, bis die Schaltung 
läuft und ich den R richtig dimensionieren kann :)

von Bernd K. (berndkeck)


Lesenswert?

Hallo Blubber1,
stimmt, sieht nach K Faktor 1 aus. D.h. Dein Ersatz Widerstand wäre 500 
Ohm. Eine Graphit Elektrode ist in diesem Bereich Standard und für 
"normale" Anwendungen gut geeignet. Mit 500 Ohm Damit solltest Du die 
maximale Ausgangsspannung erreichen. Aber Achtung vergiss die 
Temperaturkompensation nicht! In der Regel wird mit -1,9 bis -2,2%/°K 
gerechnet. D.h. DU benötigst noch etwas Luft nach oben. Wenn Die 
Temperatur der Lösung nicht ändert, kannst Du nach einmaligem Abgleich 
ohne Temperaturfühler auskommen, wenn nicht ist das zwingend notwendig. 
Üblicherweise haben industrielle Sensoren einen KTY/PT100/PT1000 o.ä 
eingebaut.
mfg
Bernd

von Bernd K. (berndkeck)


Lesenswert?

Übrigens, was für ein Anwendungsfall ist das?
mfg
Bernd

von Bernd K. (berndkeck)


Lesenswert?

Korrektur,
ich habe mir eben mal das Instruction Manual angeschaut. Scheint eine 
Platin ELektrode zu sein mit K Faktor 10. Für diesen Messbereich ist das 
sehr ungünstig. Elektroden mit Faktor 10 werden in der Regel für 
Messungen von 0-1000µS/cm benutzt.
Dein Minimaler Ersatz Widerstand bei 200µS/cm ist dann nur noch 50 Ohm!

Hier ein Auszug aus von Jumo:
Die Ausführung mit K = 1,0 deckt einen Messbereich von 0,1 bis ca. 5000 
µS/cm (5 mS/cm) ab. Als Messelektroden dienen hier Titan-Stifte. Die 
Ausführung mit K = 0,1 ist als koaxiale Messzelle ausgeführt und kann 
bis ca. 1000 µS/cm eingesetzt werden. Sensoren mit K = 0,01 decken 
Messbereiche von 0,05 bis 20 µS/cm ab. Sie sind daher sehr gut für den 
Einsatz im Rein- und Reinstwasserbereich geeignet. Elektrodenmaterial 
bei diesen Sensoren ist Edelstahl 1.4571.
mfg
B.Keck

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

Bernd K. schrieb:
> Üblicherweise haben industrielle Sensoren einen KTY/PT100/PT1000 o.ä
> eingebaut.

Sowas tolles hab ich nicht ... Muss mich mit einem wasserdichten DS18B20 
behelfen :)

Bernd K. schrieb:
> Übrigens, was für ein Anwendungsfall ist das?

Winter is coming ... Wird eine hydroponische Kultivierungsstätte für 
Bhut Jolokia Chilis nomnomnom Über die Leitfähigkeit weiß man, wieviel 
Dünger man in der Nährlösung hat :)

von Bernd K. (berndkeck)


Lesenswert?

Wow Scharf!

von Blubber1 (Gast)


Lesenswert?

So jetzt funktioniert es ... Hab die beiden Cs der Elektrode entfernt 
und Drahtbrücken eingebaut. Ein C folgt jetzt nach dem 2-stufigem 
Tiefpass mit einem 27k-Widerstand auf Masse (AC-Kopplung auf Eingänge 
mit hoher Impedanz^^). Die Schottky hab ich zum aktiven 
Spitzenwertgleichrichter umgebaut. Zusätzlich noch die Ref-Spannung 
verkleinert.

Ich kann jetzt schön damit Widerstände messen ... Bis knapp an die 
500Ohm oder 2000µs/cm :)

Vielen Dank euch allen nochmal für eure Hilfe!

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.