Forum: Platinen Vermeidung von Popcorn bei BGA´s.


von Jan H. (jan1980)


Lesenswert?

Hallo.

Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit dem BGA-Löten und hatte dazu 
bereits einen anderen Thread geschrieben, in dem mir gut geholfen wurde. 
Danke nochmals an dieser Stelle. Das ablöten, reinigen und reballen 
klappt mittlerweile ganz gut. Ich hab auch mittlereile den Dreh raus, 
wie ich den BGA Chip platziere. Ich habe allerdings ein Problem mit 
neuen Chips. Popcorn. Ich habe zB gestern einen neuen Grafikchip per 
Post enthalten und diesen gestern Abend aufgelötet. Sitzt richtig, ist 
aber defekt, er hat Blasen. Nach erneuter Recherche fand ich raus, dass 
das durch Feuchtigkeit im Chip entsteht und man soll ihn vorher 24h mit 
120 Grad C "trocken backen". Ich denke mal, das war mein Fehler ?!

Jetzt möchte ich das aber nicht im Backofen in der Küche machen. Wie 
macht ihr das ? Ich habe nirgends ein kleine Öfchen für Chips gefunden. 
Zu dem soll das Gerät sicher sein, wenn es 24h läuft. Ich hab keine 
Lust, dass mir die Bude abfackelt. Sind denn 24 Stunden wirklich von 
Nöten ? Wie sind eure Erfahrungen ?

Jetzt will ich aber nicht jeden Chip einzeln backen vor einer Reparatur. 
Ich hab hier mehrere BGAs auf Halde. Diese würde ich gerne zusammen 
entfeuchten und dann jeweils in einen Beutel mit Feuchtigkeitsindikator 
einschweissen. Könnt ihr mir da was empfehlen ?

Vielen Dank !!

Jan

von Flip (Gast)


Lesenswert?

ich benutze genau wie zum vorwärmen eine Blechdose mit anschlussstutzen 
für die Heißluftlötstation

von Jan H. (jan1980)


Lesenswert?

Und das lässt du dann 24 Stunden heizen ?

mfg

von Uwe B. (Firma: TU Darmstadt) (uwebonnes)


Lesenswert?

Bisr Du sicher, dass das der Popcorn Effekt war und nicht lokale 
Ueberhitzung?

von Dumdi D. (dumdidum)


Lesenswert?

Wenn es popcorn war, dann war es ein Lieferantenfehler. Die Komponenten 
müsse so verpackt sein, dass sich keine Feuchtigkeit einlagert. (oder 
die max Lagerdauer überschritten wurde).
Wenn die Dinger bei Dir offen rumliegen, dann wäre es Dein Fehler.

von Paul B. (paul_baumann)


Lesenswert?

Popcorn-Effekt? Wartet nur: Zum Dank pflanze ich Euch einen Ohrwurm ein, 
den ihr ein paar Tage nicht loswerdet:
:))

https://www.youtube.com/watch?v=mBDgfBunNyc

MfG Paul

von 6a66 (Gast)


Lesenswert?

Paul B. schrieb:
> Popcorn-Effekt? Wartet nur: Zum Dank pflanze ich Euch einen Ohrwurm ein,
> den ihr ein paar Tage nicht loswerdet:
> :))
>
> Youtube-Video "Pop Corn - Original - (J M JARRE)"

Jarre - YMMD :)

rgds

von Max G. (l0wside) Benutzerseite


Lesenswert?

Besorge dir doch für ein paar Euro einen kleinen Pizzaofen. Die 120°C 
müssen ja nicht aufs Millikelvin eingehalten werden.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


Lesenswert?

6a66 schrieb:
> Jarre - YMMD :)

In der Tat hat Jean Michel Jarre Coverversionen von "Pop Corn" 
veröffentlicht, und zwar unter seinem Pseudonym "Pop Corn Orchestra". 
Allerdings ist er nicht der ursprüngliche Schöpfer dieses Werks, sondern 
kam erst ca. drei Jahre nach Gershon Kingsley damit heraus.

von Paul B. (paul_baumann)


Lesenswert?

Na, summt ihr schon schön die Popcorn-Melodie, ihr "nicht Lesenswerten"?

:))
Da brecht ihr nicht -da müßt ihr durch!

MfG Paul

von Jan H. (jan1980)


Lesenswert?

Lool... Meine BGA Maschine spielt das Lied bei jedem Lötvorgang 
automatisch ab.. :D

Wenn alle Stricke reissen, mach ich einen Popcorn-Stand auf dem 
Jahrmarkt mit dem Gerät auf.. :D

In der Tat habe ich jetzt einen Ohrwurm...

Zum Thema. Der Chip war in einer kleinen schwarzen Plastikpackung mit 
durchsichtiger Klebefolie zum Abziehen oben drauf. Das ganze war in 
Folie eingewickelt und mit Tesafilm "versiegelt". Das wiederrum in einem 
gepolsterten Briefumschlag. Also tatsächlich nicht sehr fachgerecht. Ich 
habe gelesen, dass die "richtigen" Händler den Chip aus dem 
Trockenschrank nehmen, ihn in einen speziellen Beutel mit einer 
Feuchtigkeitsindikatorkarte schweissen.
Aber was soll ich machen, wenn ich die Chips nur in Fernost kriege ?!

Das mit dem Pizzaofen hab ich mir auch schon überlegt. Ich denke halt 
immer an die Tatsache, dass das Teil dann 24 Stunden laufen muss. Also 
es sollte was sicheres, geregeltes sein. Das Problem ist, ich muss immer 
wieder dran denken, dass einem Kumpel von mir vor Jahren eine Etage halb 
ausgebrannt ist wegen so einem Öfchen. Die 24 Stunden machen mir 
Kopfweh, ich bin die Hälfte des Tages nicht zuhause. Müssen es denn 
wirklich 24 Stunden sein ?

Vielen Dank für die Antworten und den Ohrwurm.. :)

Gruss Jan

von Klaus R. (klaus2)


Lesenswert?

War "Plastikpackung mit durchsichtiger Klebefolie zum Abziehen oben 
drauf." dicht? Das kannst du jetzt aber kaum noch sehen. Eigentlich 
reicht das. Ich glaube, du überhitzt die dinger einfach. Man kann 
zumindest TQFP ein und auslöten und es tut trotzdem. Egal wie alt. Ohne 
Vorwärmen. Ob BGA hier einen grdlegenden Unterschied macht?

Klaus.

von Jonas L. (Firma: JL-Elektronik) (jonas1984) Benutzerseite


Lesenswert?

Also ich denke grundsätzlich solltest du dich mal über MSL Level von 
Bauteilen informieren. Mal auf die schnelle:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Moisture_Sensitivity_Level
Je nachdem welchen Level dein Bauteil aufweißt (Datenblatt) gibt es 
hierzu auch empfohlene trocken bzw temper Zeiten. (Siehe J-STD Normung).
Wenn du Bauteile wie beschrieben bekommst wirst du um ein trockenen 
nicht drum rum.kommen. Im professionellen Bereich gibt es hier für extra 
Trockenöfen die auch mal einige Tage/Wochen am Stück laufen.

Gruß Jonas

PS: Danke Paul für diesen tollen Ohrwurm. :-)

: Bearbeitet durch User
von Florian V. (florianv)


Lesenswert?

Der "richtige Händler" hat seine Halbleiter andauernd in einer 
feuchtigkeitsdichten Verpackung. Das sind mattsilbern aussehende, 
komplett lichtdichte, verschweisste Beutel. Drin ist noch ein kleiner 
Beutel Trockenmittel und ein Feuchtigkeitsindikator. Zur Entnahme von 
Teilen wird der Beutel kurz geöffnet und anschließend wieder 
verschweißt. Die Lagerung im Trockenschrank gibt es wohl auch, aber als 
großer Händler/Distributor müsstest du dann riesige/viele 
Trockenschränke haben.

Das entnommene Bauteil wird ebenfalls wieder feuchtigkeitsdicht 
eingeschweißt, wieder mit Trocknungsmittel und Indikatorkarte. Hier sind 
die verwendeten Beutel teilweise nicht mehr vollkommen 
feuchtigkeitsdicht, sondern nur noch diffusionshemmend. Erkennbar daran, 
dass sie nicht blickdicht sind, sondern z.B. dunkelgrau silbern 
halbdurchsichtig.

Irgendwann teilt einem dann die Indikatorkarte mit, dass es besser wäre, 
den Chip vor dem Verarbeiten zu "backen".

In der Praxis gibt es für die ICs noch verschiedene 
Empfindlichkeitsklassen, moisture sensity level - MSL, für die es 
unterschiedlich strenge Anforderungen gibt.

Bereits wenn man bei Farnell/Digikey/Mouser etwas empfindlicheres 
bestellt, wird es so beim Kunden angeliefert, denn diese Händler haben 
den Anspruch, dass deren Ware uneingeschränkt in der Produktion 
eingesetzt werden kann.

von Joachim B. (jar)


Lesenswert?

Paul B. schrieb:
> Zum Dank pflanze

und ich dachte grad noch
https://www.youtube.com/watch?v=30AEhvybFCo

von Alexander T. (Firma: Arge f. t. abgeh. Technologie) (atat)


Lesenswert?

Andreas S. schrieb:

> Allerdings ist er nicht der ursprüngliche Schöpfer dieses Werks, sondern
> kam erst ca. drei Jahre nach Gershon Kingsley damit heraus.

Das, was sie damals (tm) im Radio rauf- und runtergespielt haben, war 
allerdings die Version von Hot Butter.

https://www.youtube.com/watch?v=DBYjZTdrJlA

Die habe ich für das Original gehalten, bis mich 
https://de.wikipedia.org/wiki/Popcorn_(Instrumentalst%C3%BCck) 
aufgeklärt hat - ja Gershon Kingsley war's.

von Jan H. (jan1980)


Lesenswert?

Danke nochmals ! Ich hab irgendwo noch die 45er Schallplatte von 
Popcorn, vielleicht mache ich mir das Cover als Avatar...wenn das so 
weitergeht :-((

:D

Also, ich schreibe mal meine Temperatureinstellungen, um aus zu 
schliessen, dass es an meiner Arbeit liegt:

Ich heize die Platine auf 150 Grad auf auf dem Preheater für ca. 30 min. 
Die Unterhitze lasse ich auf 250 Grad vorheizen an der BGA Station, 
Oberhitze lasse ich kalt. Den BGA "Sockel" benetze ich mit einem Pinsel 
ganz zart mit Flussmittel.

Lege dann die Platine auf und platziere den BGA. Abstand von oberem 
IR-heater zum Prozessor ca 2-3 cm. Temperatursensor mit Aluband direkt 
neben dem Prozessor platziert.

Anstiegsrampe 1 : Rampenanstieg 1,5° pro Sekunde
Zieltemperatur 1: 70°C
Haltephase Temperatur 1: 90 Sekunden

Anstiegsrampe 2 : Rampenanstieg 2° pro Sekunde
Zieltemperatur 2: 150° C
Haltephase Temperatur 2: 90 Sekunden

Anstiegsrampe 3 : Rampenanstieg 2,5° pro Sekunde
Zieltemperatur 3: 190° C   (hier hats knack gemacht)
Haltephase Temperatur 3: 90 Sekunden

Anstiegsrampe 4 : Rampenanstieg 3° pro Sekunde
Zieltemperatur 4 : 230° C
Haltephase Temperatur 4: 100 Sekunden

Alles für bleifreies Lot versteht sich. Ich hatte an der kleinen 
Grafikkarte nicht abgeklebt, es befinden sich keine Elkos drauf. Auf dem 
Prozessor befinden sich kleine Kondensatoren. Die sind kurioserweise 
alle noch an ihrem Platz, aussenrum ist Popcorn.. :)

Gruss Jan

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


Lesenswert?

Jan H. schrieb:
> Temperatursensor mit Aluband direkt neben dem Prozessor platziert.

Blankes Aluminium hat einen Emissionsgrad von 0,04, Lacke und 
Kunststoffe von 0,85 bis 0,98. Dein Aluminiumband hat daher fest die 
gesamte Wärmestrahlung der Oberhitze reflektiert und sich dadurch 
wesentlich weniger aufgeheizt als der Rest. Daher solltest Du entweder 
ein hitzebeständiges Kunststoffband, z.B. Kapton/Polyimid, oder 
eloxiertes Metallband verwenden.

Die deutlich unterschiedlichen Emissionsgrade sind auch DER Hauptgrund 
dafür, dass Heizkörper immer lackiert werden und es z.B. keine blanken 
Heizkörper aus Edelstahl/kupfer o.ä. gibt. Im Gegenzug wurden/werden 
Siedekessel aus Kupfer auch auf Hochglanz poliert, da sie so wesentlich 
weniger Wärme abstrahlen.

: Bearbeitet durch User
von Max G. (l0wside) Benutzerseite


Lesenswert?

Um einen Parallelthread zu zitieren: Infrarot ist ein technologischer 
Unfall.

Zum Vorwärmen ok, aber zum eigentlichen Löten wäre eine Heißluftpistole 
sicher die bessere Wahl.

von Mehmet K. (mkmk)


Lesenswert?

Jan H. schrieb:
> 24h mit 120 Grad C "trocken backen".

Ist in der Tat diese hohoe Temperatur erforderlich? Im Kopf hatte ich 
Temperaturen so von 50 bis 60 Grad.

von Paul B. (paul_baumann)


Lesenswert?

Mehmet K. schrieb:
> Im Kopf hatte ich
> Temperaturen so von 50 bis 60 Grad.

Das ist aber schon ziemlich hohes Fieber...
;-)

MfG Paul

von Jan H. (jan1980)


Lesenswert?

Ob es tatsächlich Alu-Band ist weiß ich nicht. Es sieht jedenfalls so 
aus. Es steht "JIN WAN FU" drauf... :-))
Von dem Kapton-Band hab ich auch noch ne Rolle hier, aber noch nicht 
probiert. Dann werde ich das bei dem nächsten Prozessor tun. Was haltet 
ihr von der Temperaturkurve und dem Abstand des oberen Heizers ?

von Jonas L. (Firma: JL-Elektronik) (jonas1984) Benutzerseite


Lesenswert?

> Ist in der Tat diese hohoe Temperatur erforderlich? Im Kopf hatte ich
> Temperaturen so von 50 bis 60 Grad.

Hier kommt es auf die Bauteil “dicke“ und den MSL Level an. 24-48 
Stunden bei 125Grad ist aber schon real. Kann man hier nachlese:

http://www.google.de/url?q=https://www.jedec.org/sites/default/files/docs/jstd033b01.pdf&sa=U&ved=0ahUKEwjtjOPShq7QAhXEVBQKHexpAqYQFggPMAI&sig2=MomIePkDUy_sAK0bEwkt3Q&usg=AFQjCNG4WzC5RRXNDlZ2iKPyS4CAKJTg8A

Für alle die es interessiert. Seite 17

Gruß Jonas

: Bearbeitet durch User
von Mehmet K. (mkmk)


Lesenswert?

Jonas, danke für den Link.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


Lesenswert?

Jan H. schrieb:
> Ob es tatsächlich Alu-Band ist weiß ich nicht. Es sieht jedenfalls so
> aus.

Entscheidend ist dabei weniger das konkrete Metall, sondern dass es sich 
um eine glänzende Metalloberfläche handelt. Falls es sich statt um ein 
Aluminiumband um ein Platinband gehandelt haben sollte, wäre der 
Emissionsgrad eher noch niedriger.

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Wie trocknet man seine Chips ? zB in einer kleinen Buechse, wie klein 
auch immer. Dort kann man ein paar Keramikwiderstaende laufen lassen, 
ein paar Watt. Solange die Isolation gut genug ist, bleibt die 
Temperatur hoch genug.

von jo (Gast)


Lesenswert?

Wie trocknet man seine Chips ?

Ehm die passende Jahreszeit steht doch vor der Tür? Passende Plastikdose 
auf die Heizung...

gruß Jonas

von Jan H. (jan1980)


Lesenswert?

Einfache und gute Idee mit der Heizung ! Danke für den Tip ! :)

Aber was haltet ihr von meinen Temperatureinstellungen ? Oh man, ich hab 
mir im Netz paar Filme zu hochprofessionellen BGA Stationen angeschaut 
(Ersa und CO)... Ich glaub, ich spiel mal Lotto.. Das ist schon eine 
ganz andere Liga ! :)

von Alex W. (a20q90)


Lesenswert?

Hi,

Chips zu zum Popcorneffekt neigen müssen bei Anlieferung in passender 
Verpackung sein. D. h. in ESD-Tüte mit Trockenmittel und Indikator.

Dann muss nach JEDEC auch drauf stehen wie lange man max. warten darf 
bis nach dem Öffnen die Chips gelötet werden müssen.

Gerade bei deinem BGA ist ein Gewährleistungsfall bereits beim Versenden 
eingetreten.

Trocknungstips:

Geschlossene Blechdose mit Silicagel (Trockenmittel). Kann auch 
Kalziumchlorid sein. Dies saugt aber so viel Wasser auf das es selber 
sich in dem Wasser auflöst.

Trockenmittel kann im Backofen bei 200°C über längerem Zeitraum 
ausgetrocknet werden.

Indikatorpapier war früher mit Kobaltchlorid getränkt (Achtung, giftig).
Das zeigt zuverlässig an (+-5%) wenn in der Verpackung die richtige 
Trockenheit herrscht.

von David (Gast)


Lesenswert?

warum schaut keiner ins Datenblatt von dem BGA, da sollte doch alles 
drin stehen zur MSL-Klasse. Nach dem gelesenen kann ich nur 
schlußfolgern das der BGA eine sehr kurze Floortime hat, ich hab jeden 
Tag mit BGA's zu tun(ich bestücke die zu Haufe - Elektronikfertikung)und 
wenn das Teil nicht ordnungsgemäß verpakt war, hat das Teil Feuchtigkeit 
aufgenommen.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.