Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum wollen alle PT100 statt PT10000?


von Timmy (Gast)


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Hallo!

Wäre es nicht viel klüger, PT10000 zu nehmen, woimmer möglich? Der 
Messstrom sollte generell 1mA nicht überschreiten, damit der Sensor 
nicht erwärmt wird, habe ich gelesen. Bei PT10000 kann ich doch mit 
höheren Spannungen arbeiten und dadurch viel höhere Auflösungen 
erreichen, als mit PT100? Allein schon weil der Widerstand sich viel 
stärker ändert.

: Verschoben durch User
von Tobias W. (wagnertobse)


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Beim PT10000 werden bei 1mA 10mW Leistung umgesetzt. Beim PT100 nur 
0.1mW. Die Verlustleistung wird vermutlich zu höheren 
Messungenauigkeiten führen.

von Danish B. (danishbelal)


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Tobias W. schrieb:
> Beim PT10000 werden bei 1mA 10mW Leistung umgesetzt. Beim PT100 nur
> 0.1mW. Die Verlustleistung wird vermutlich zu höheren
> Messungenauigkeiten führen.

Wenn man sie mit Konstantstrom speist.

Ich kannte bisher nur die Implementierung, bei der die PTXXX als 
Spannungsteiler (in Kombi mit ohmschem Widerstand) eingesetzt werden.
Dann wäre ja ein höherer Wert wünschenswert.

Was mich dabei interesiert ist, wie man an 1mA-Konstantstrom kommt. 
Dieser muss ja temperaturstabil und möglichst genau sein.

Eine geregelte Konstantspannung ist ja fast immer vorhanden.

Edit: Mit OPV in Stromregelung. Manchmal sollte man nachdenken, bevor 
man tippt.

: Bearbeitet durch User
von Timmy (Gast)


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Ich mache es auch mit Spannungsteiler. Bei PT100 muss ich 100 Ohm 
nehmen. Das bedeutet, ich muss eine sehr niedrige Spannung anlegen. Mit 
PT10000 könnte ich problemlos 12V anlegen und würde nichtmal 1mA 
durchjagen.

von Sebastian S. (amateur)


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>Wäre es nicht viel klüger, PT10000 zu nehmen, woimmer möglich? Der
>Messstrom sollte generell 1mA nicht überschreiten, damit der Sensor
>nicht erwärmt wird, habe ich gelesen.

Nein!

Gerade der geringere "Abschlusswiderstand" bzw. der höhere Messstrom 
hilft gegen unnötige Einstreuungen von außen. Sehr oft werden 
Temperatursensoren in elektronisch, schmutziger Umgebung eingesetzt. Die 
Verbindungsleitung ist auch eine tolle Antenne.

Höherer Messstrom = größere Heizleistung - stimmt. Die heutigen 
A/D-Wandler sind aber so schnell, dass der Faktor (Mess-)Zeit das 
Problem praktisch beseitigt. Wer mit einem dauerhaften Strom misst, ist 
so gesehen selber dran schuld.

Also genau so nur anders herum.

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Timmy schrieb:
> Bei PT10000 kann ich doch mit höheren Spannungen arbeiten und
> dadurch viel höhere Auflösungen erreichen,
Das ist ein Irrtum.
Die relative Temperaturänderung ist gleich, nämlich ca. 0,385% pro Grad.

Ein Signal von einem PT100 aber mit einem OPV ohne relevante Fehler zu 
verstärken ist technisch gar kein Problem.

> als mit PT100? Allein schon weil der Widerstand sich viel
> stärker ändert.
Wenn du den PT10000 mit 1mA betreibst, dann hast du schon bei 0°C einen 
Spannungsabfall von 10V und volle 10mW Verlustleistung auf dem Sensor.
Das braucht für höhere Temp. recht hohe Versorgungsspannungen, was 
richtig unpraktisch wäre.  Also müßte man den Strom deutlich geringer 
machen (z.0,01mA...0,1mA).

Wo ist dann der Unterschied zwischen einem PT10000 mit 0,01mA oder einem 
PT1000 mmit 0,1mA oder einem PT100 mit 1mA?

Vorteil des PT1000 oder PT10000 ist aber, dass Leitungswiderstände viel 
geringeren Einfluss haben. Man kann eher auf eine 
Drei-/Vierleiterschaltung verzichten.
Dafür ist der Störeinfluss bei kleineren Strömen größer, was bei langen 
Leitungen Nachteile bringt.
Gruß Öletronika

von MaWin (Gast)


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Tobias W. schrieb:
> Beim PT10000 werden bei 1mA 10mW Leistung umgesetzt. Beim PT100 nur
> 0.1mW

Na ja nun, man muss ja nicht doof bleiben, daher fährt man Pt100 mit 1mA 
und Pt1000 mit 300uA, dann bleibt die verlustleistung gleich und die 
Spannung ist trotzdem 3 mal so gross.

Aber warum gibt es wohl Pt25 und Pt50 für Ultrapräzisionsmessungen ?

Platin hat einen spezifischen Widerstand. Um höhere Widerstandswerte zu 
bekommen muss man das Stück länger und dünner machen. Dünner heisst mehr 
Oberfläche und Oberfläche ist immer eine Grenzschicht zu anderen Stoffen 
die Umwelteinflüssen ausgesetzt ist. Ein Pt1000 altert einfach 
schneller, dank des edlen Platin nicht so sehr durch Korrosion aber 
durch Diffusion, und ist damit ungenauer und nicht so langzeitstabil.

Das, die Stabilität des Messwertes, damit man Pt-Sensoren auswechseln 
kann und nicht kalibrieren muss weil sie präzise Widerstandswerte ab 
Werk haben, und die hoffentlich auch behalten, ist aber der Hauptgrund 
für Platinensensoren.

Sicher, bei den billigen Dingern die du kaufst, Pt hauchfein auf 
Keramiksubstrat, ist eh Hopfen und Malz verloren, denn die Keramik dehnt 
sich unter Temperatureinfluss aus, zieht das Platin in die Länge und der 
Widerstandswert ändert sich ebenso wie wenn der Keramikträger, weil 
eingegossen oder aufgeklebt, verbogen wird, aber die sind ja auch nur 
Genauigkeitsklasse B oder so. Wichtig ist das alles nur bei guten 
Platinsensoren mit Draht in Glasröhren etc. Da kann man den Draht gar 
nicht so lang und dünn machen daß er 1000 Ohm hätte. Pt25 ist dann vor 
allem bei niedrigen Temperaturen angemessen.

von Harald W. (wilhelms)


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Timmy schrieb:

> Wäre es nicht viel klüger, PT10000 zu nehmen, woimmer möglich?

M.W. gibts garkeine PT10000. Aber bereits ein PT1000-Fühler ist
ungenauer als ein PT100. Für echte Präzisionsmessungen nimmt man
sogar PT25 oder PT10.

von Andreas H. (ahz)


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MaWin schrieb:
> Platinensensoren

PlatinENsensoren? Wusste gar nicht dass es PT100 als Platinenversion 
gibt :-)

Mawin, gibst Du mir vom Glühwein was ab? ;-)

/regards

P.S: Der Rest vom Post waraber sehr interessant.

von Werner H. (pic16)


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Andreas H. schrieb:
> Wusste gar nicht dass es PT100 als Platinenversion
> gibt :-)

http://cdn-reichelt.de/bilder/web/xxl_ws/B400/PCB2240.png

von Karlsson V. (karlsson_vom_dach)


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von Arc N. (arc)


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MaWin schrieb:
> Tobias W. schrieb:
>> Beim PT10000 werden bei 1mA 10mW Leistung umgesetzt. Beim PT100 nur
>> 0.1mW
>
> Na ja nun, man muss ja nicht doof bleiben, daher fährt man Pt100 mit 1mA
> und Pt1000 mit 300uA, dann bleibt die verlustleistung gleich und die
> Spannung ist trotzdem 3 mal so gross.
>
> Aber warum gibt es wohl Pt25 und Pt50 für Ultrapräzisionsmessungen ?

Noch eine kleine Ergänzung: Sollen höhere Temperaturen präzise gemessen 
werden, wird mit PT2.5 und PT0.25 gearbeitet. Grund ist der, je nach 
Material, teils drastisch sinkende Isolationswiderstand bei Temperaturen 
oberhalb von 800 °C

von m.n. (Gast)


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Arc N. schrieb:
> Noch eine kleine Ergänzung: Sollen höhere Temperaturen präzise gemessen
> werden, wird mit PT2.5 und PT0.25 gearbeitet. Grund ist der, je nach
> Material, teils drastisch sinkende Isolationswiderstand bei Temperaturen
> oberhalb von 800 °C

Für höchste Genauigkeit sollte man ausschließlich PT0 verwenden ;-)

von Bernhard D. (pc1401)


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Sebastian S. schrieb:

> Gerade der geringere "Abschlusswiderstand" bzw. der höhere Messstrom
> hilft gegen unnötige Einstreuungen von außen. Sehr oft werden
> Temperatursensoren in elektronisch, schmutziger Umgebung eingesetzt. Die
> Verbindungsleitung ist auch eine tolle Antenne.

> Höherer Messstrom = größere Heizleistung - stimmt. Die heutigen
> A/D-Wandler sind aber so schnell, dass der Faktor (Mess-)Zeit das
> Problem praktisch beseitigt.

Genau das schnelle Messen macht man aber nur, wenn es die Aufgabe 
erfordert. Es ist oft sinnvoller, integrierende Wandler zu verwenden und 
auch über Vielfache der Netzperiodendauer zu messen. Oder mit 
abtastenden Wandlern lange genug zu mitteln.

> Wer mit einem dauerhaften Strom misst, ist
> so gesehen selber dran schuld.

Es hängt halt von der Anwendung ab, und man muss den jeweiligen 
Einzelfall betrachten. Z.B. ob der Fühler in einem schnell bewegten 
Flüssigkeitsvolumen hängt, oder in unbewegter Luft.
Man kann z.B. mit Pt100 Widerständen aus 10 µm (!) Pt-Draht in freier 
Luft bei 1 mA Strom sinnvoll Temperaturen mit hoher zeitlicher Auflösung 
messen. Schon bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten << 1 m/s wird die 
Eigenerwärmung vernachlässigbar.

Gruss,
Bernhard

von Kai S. (kai1986)


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Hallo,

manchmal ist die Erwärmung des Sensors sogar gewollt. Landis & Gyr haben 
das früher (70er, 80er rum) in den Heizungsreglungen extra gemacht mit 
den PT100 Sensoren. Der beheizte Sensor wurde bei Wind besser gekühlt, 
hat damit eine niedrigere Temperatur gemessen und damit gleich etwas 
stärker geheizt (das Haus wurde ja schließlich auch besser gekühlt).

Gruß Kai

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