Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Mathematisches Modell Schmelzsicherung


von Thomas S. (schlot)


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Hallo zusammen,

ich möchte eine Klemmschaltung mit einem Thyristor testen. Mich 
interessiert, ob der Thyristor in der Lage ist, bestimmte Sicherungen 
zuverlässig wiederholt auszulösen, oder ob er irgendwann thermisch oder 
anderweitig überlastet wird.

Jetzt möchte ich ungerne eine 250er Tüte Flachstecksicherungen braten. 
Dazu schwebt mir vor, die Versorgungsspannung per high side switch (z. 
B. pFET) zu schalten und in den GND-Pfad einen Shunt (Hochlastwiderstand 
0,1 Ohm) einzusetzen. Dann kann ich per µC den Strom durch den Shunt 
messen und nach z. B. einem bestimmten Schmelzintegral den HSS öffnen.

Ist es so einfach? Gibt es dafür ein einigermaßen überschaubares und 
dennoch ausreichend realistisches mathematisches Modell? Anforderung ist 
eigentlich nur, dass mir der Versuch verrät, ob in der Praxis der 
Thyristor mehrere Auslösungen überleben wird.

Oder anders: Gibt es einfachere Methoden? Oder hat wer Erfahrung mit 
Klemmschaltungen?

Ich verwende einen BT151S als Thyristor, der bei einer längeren 
Überspannung > ca. 35 V auslösen soll.

von Oh (Gast)


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Freitag ist erst wieder nächste Woche...

von Michael B. (laberkopp)


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Thomas S. schrieb:
> einem bestimmten Schmelzintegral den HSS öffnen.
> Ist es so einfach? Gibt es dafür ein einigermaßen überschaubares und
> dennoch ausreichend realistisches mathematisches Modell?

Nun ja, nennt sich Schmelzintegral, I^2*t

In der Praxis ist es nicht ganz diese Kurve, so weit ich weiss weil 
Konvektionskühlung sie verzerrt

http://eska-fuses.de/fileadmin/pdf/content/Technische_Einfuehrung.pdf

von Lutz H. (luhe)


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Irgendjemand könnte Schmelzsicherungen gebrauchen.
Irgendjemand könnte Schmelzsicherungen herstellen.
Irgendjemand könnte die technischen Daten festlegen.
Wie könnte das Dokument heißen, wo diese drin stehen?
Norm, Datenblatt oder Data sheet?

von Mani W. (e-doc)


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Thomas S. schrieb:
> ich möchte eine Klemmschaltung mit einem Thyristor testen. Mich
> interessiert, ob der Thyristor in der Lage ist, bestimmte Sicherungen
> zuverlässig wiederholt auszulösen,

No na! Wozu wäre eine Crowbar sonst gut so wie ein Brecheisen für
Mitternachtsschlosser???


 oder ob er irgendwann thermisch oder
> anderweitig überlastet wird.

Thyristor schaltet durch, Sicher brennt durch, Ende in einigen
zehntel Sekunden!

Was soll der Thread bewirken?

von Lutz H. (luhe)


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Test, ob die Sicherungen den Anforderung der Schaltung genügen und das 
alles Simulieren. Einsparung von Erprobungskosten. Genau dafür sind 
Simulationsprogramme gemacht.

von Joe F. (easylife)


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Thomas S. schrieb:
> ich möchte eine Klemmschaltung mit einem Thyristor testen. Mich
> interessiert, ob der Thyristor in der Lage ist, bestimmte Sicherungen
> zuverlässig wiederholt auszulösen, oder ob er irgendwann thermisch oder
> anderweitig überlastet wird.

Mir ist dein Anwendungsfall noch nicht so ganz klar.
Wenn du eine normale Crowbar-Schaltung testen möchtest, reicht es ja, 
wenn du 3-10 mal eine Sicherung erfolgreich durchgeschmolzen hast.
Der Anwender wird diesen Fall wohl kaum mehr als 10x herbeiführen, bevor 
er Kontakt mit dem Hersteller des Gerätes sucht...

Falls du einen Teststand zur Qualitätskontrolle von Sicherungen bauen 
möchtest und der Thyristor muss tausende von Auslösungen überleben, ist 
es vermutlich ratsam diesen äußert überdimensioniert zu kühlen.
Die Energie, die für die Auslösung nötig ist (und damit die nötige 
Kühlleistung für den Thyristor), lässt sich ja aus dem Schmelzintegral 
errechnen. Es wird ja auch eine gewisse Zeit dauern, bis ein neuer Test 
gestartet werden kann, dieser Faktor geht dann auch in die Berechnung 
ein (duty cycle).

: Bearbeitet durch User
von Pandur S. (jetztnicht)


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So schwierig kann es nicht sein, den passenden Thyristor auszuwahlen.

1. Nachschauen wie sich die Sicherung gemaess Datenblatt verhaelt.
2. In welcher Zeit moechte ich sie weg haben. Realistisch bleiben, denn 
das Power Supply muss den Strom auch liefern.
3. Falls die Zeit ganz kurz sein muss, zB kleiner 10ms, und der Strom zu 
hoch ist, kann ihn den Stromanstieg mit einer Spule bremsen.
4. Thyristor nach Average Current, nicht nach non-repetitive Peak 
current auswaehlen.

Keine Bange, es gibt tatsaechlich Thyristoren, die sind fuer 500A 
spezifiziert. Es gibt auch noch groessere. Nicht bei Conrad oder 
Reichelt.
Bei Stroemen im kA Bereich geht man vieleicht besser zu den 
Funkenstrecken, resp Thyratrons. Die sind dann vielleicht guenstiger.

von Thomas S. (schlot)


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Joe F. schrieb:
> Mir ist dein Anwendungsfall noch nicht so ganz klar.

Klar könnte ich auch einfach ein paar Sicherungen schmelzen lassen. Für 
die einmalige Verwendung rechtfertigt der Preis einer Tüte Sicherungen 
nicht die Entwicklung der Schaltung. Da bin ich bei Euch.


Ich dachte aber daran, die Schaltung praktisch als "einstellbaren 
Sicherungsautomat" an meinem Labornetzteil weiterverwenden zu können. 
Die Kennlinien bzw. Schwellwerte der Schmelzintegrale für 
unterschiedlich dimensionierte und unterschiedlich flinke 
Sicherungstypen darauf laden und man hat immer die passende Sicherung 
zum Experimentieren da.
Eventuell könnte man ein zusätzliches Programm integrieren, das kein 
typisches Schmelzintegral verwendet, sondern den Stromfluss über einen 
Zeit mittelt und bei einem schnellen Stromanstieg um x Größenordnungen 
trennt.


Und als ersten Anwendungsfall könnte ich die Crowbar testen. Ich habe 
wenig Erfahrung mit dem Design von Crowbars. Ich habe einige 
Datenblätter gelesen und gegoogelt, daher weiß ich als Datentechniker 
von den Kennlinien und Schmelzintegralen ;-). Nur fällt es mir schwer, 
die Schleifenimpedanz einschließlich Leiterbahnen, Lötstellen, 
Steckverbindungen und Leitungen abzuschätzen, also zu wissen, welcher 
Strom sich am Ende wirklich einstellen wird und wie lange der Thyristor 
den dann aushalten muss. Oder wie hoch di/dt in dem Anwendungsfall wohl 
ist. Das könnte ich dann mit verschiedenen Leitungslängen, 
unterschiedlich bemessenen Sicherungen usw. testen.


Findet ihr das so abwegig? Es gibt doch hier auch Leute, die sich eine 
programmierbare Last bauen oder kaufen. Da könnte man doch auch von Fall 
zu Fall den jeweils richtigen Hochlastwiderstand mit Kühlung kaufen und 
könnte das eine ganze Weile tun, bis sich die programmierbare Last 
amortisiert...


Meine Frage in einem Satz: Kann der Aufbau, so wie ich mir den 
vorstelle, sinnvoll funktionieren oder stelle ich mir die Modellierung 
der Sicherung zu einfach vor?

Statt eines Shunts könnte man natürlich auch einen Hall-Strommesser 
verwenden (ACS758 z. B.).

von Andrew T. (marsufant)


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Thomas S. schrieb:
> Da könnte man doch auch von Fall
> zu Fall den jeweils richtigen Hochlastwiderstand mit Kühlung kaufen und
> könnte das eine ganze Weile tun, bis sich die programmierbare Last
> amortisiert...

Nur das selbst der "richtige" Hochlastwiderstand keine dynamische 
Prüfmöglichkeit des Prüflings beeinhaltet.
Das ist aber unter anderem eine Standardfunktion von elektronischen 
Lasten.



Zu Deiner Thematik: Schau bitte mal unter ELV, ESI100, das könnte schon 
einigermaßen dicht an Deine Problemstellung gehen.

von Lutz H. (luhe)


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Thomas S. schrieb:
> stelle ich mir die Modellierung
> der Sicherung zu einfach vor?

Was soll modelliert werden?
Der einfachste Fall ist ein -> aus bei einem zu großem Strom,
so wie die Sicherung üblicherweise genutzt wird. Dazu noch eine 
Temperaturabhängigkeit, falls benötigt. Es ist, wenn daraus eine 
Docktorarbeit werden soll, die Plasmaentwicklung während des 
Durchschmelzens modellierbar.

von Thomas S. (schlot)


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Lutz H. schrieb:
> Was soll modelliert werden?

Der einfache Fall, beim Experimentieren nichts ins Nirwana zu schicken 
geht natürlich sehr einfach. Wahrscheinlich sogar noch mit einem 
besseren Auslöseverhalten als mit einer Schmelzsicherung.


Aber zum Beispiel die Aussage "die Crowbar überlebt an der 
Testschaltung, dann überlebt sie auch an der echten Sicherung" bedingt 
ja, dass sich die Testschaltung wenigstens in etwa so verhalten kann, 
wie eine echte Sicherung.


Mit Modell meine ich hier Folgendes:

- Die normale Sicherung wird wärmer, wenn mehr Strom fließt.
- Sie wird von der Umgebungsluft gekühlt, also spielt die 
Umgebungstemperatur eine Rolle (auch im Datenblatt sichtbar).
- Bei zunehmender Hitze spielt Konvektion eine Rolle, die den Draht 
wieder abkühlt.
- Wenn die Temperatur einen bestimmten Schwellwert erreicht, schaltet 
der pFET ab.


Also:

Erwärmung ~ i^2
Abkühlung ~ (Drahttemperatur - Umgebungstemperatur) * 
Wärmewiderstand_Draht_Luft


(Erwärmung - Abkühlung) integriere ich auf und ab einem gewissen 
Schwellwert drehe ich den Saft ab.


Ist das eine sinnvolle Berechnung oder physikalisch völlig daneben?

von Thomas S. (schlot)


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Andrew T. schrieb:
> Schau bitte mal unter ELV, ESI100

Hah guck mal! An so etwas dachte ich, nur für DC Kleinspannung. Das 
schaue ich mir mal an, danke für den Tipp.

von Andrew T. (marsufant)


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Thomas S. schrieb:
> Andrew T. schrieb:
>> Schau bitte mal unter ELV, ESI100
>
> Hah guck mal! An so etwas dachte ich, nur für DC Kleinspannung. Das
> schaue ich mir mal an, danke für den Tipp.

Nun, für DC ist das noch einfach dies hier zu finden:

https://www.elv.de/Elektronische-Sicherung-0,5-10-A/x.aspx/cid_726/detail_34247

von Pandur S. (jetztnicht)


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>Der einfache Fall, beim Experimentieren nichts ins Nirwana zu schicken
geht natürlich sehr einfach. Wahrscheinlich sogar noch mit einem
besseren Auslöseverhalten als mit einer Schmelzsicherung.

Dafuer gibt's doch Laborpowersupplies. Maximalstrom einstellen, und 
alles ist ok. Ich musste bisher noch nie einen zeitabhaengigen Ueberstom 
implementiert haben.

von Gerd E. (robberknight)


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Die Sicherung hat im erwärmten Zustand einen nicht zu vernachlässigenden 
Innenwiderstand. Das reduziert Dir den Strom durch Deinen Thyristor.

Wenn Du ein Testsetup mit FET-Schalter statt Sicherung aufbaust, hast Du 
diesen Effekt nicht, der Thyristor bekommt die ganze Zeit den vollen 
Strom ab bis Dein FET ausschaltet. Ein solcher Test wäre also härter als 
die Realität mit echter Sicherung.

Thyristoren sind nicht teuer. Überlege wieviel deutlich dickere 
Thyristoren Du verbauen kannst, bis Deine Zeit für Test, Simulation,... 
wieder drin sind.

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