Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Eigenbau Experimentiernetzteil (bis 600V)


von Ercksen (Gast)


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Hallo Liebe Community,

ich habe vor, mir ein einfaches Netzteil zum erzeugen von Spannungen bis 
ca. 600V selbst zu bauen. Es sollte nicht größer als nötig sein und muss 
eine Betriebsspannung von ca. 5-12V Gleichstrom haben (soll im Regelfall 
später mit einer 12V-Bleibatterie oder vergleichbarem Netzteil betrieben 
werden). Die Ausgangsspannung muss nicht stabilisiert werden und darf 
von der Eingangsspannung abhängen, meine Ansprüche sind in diesem Sinne 
nicht sehr hoch. Eine Leistung von 80-90 Watt wäre wünschenswert, ist 
aber auch nicht sehr schlimm wenn es drunter läge.

Mir ist durchaus bewusst, dass arbeiten mit solchen Spannungen nicht 
ganz ungefährlich sein kann (ihr müsst mich auch in dieser Hinsicht 
nicht dafür sensibilisieren ;)) und ich auch mich im Internet auf die 
Suche nach einer fertigen Variante begeben könnte - ich möchte es aber 
selbst bauen, einfach aus Lust an der Sache.

Ich habe bereits versucht, den grundlegenden Aufbau über einen 
Sperrwandler nachzustellen. Dazu habe ich einen herumliegenden Trafo mit 
zwei Sekundärwicklungen genutzt und mithilfe eines BD139 Spannungen von 
bis zu 700V erzeugen können, der gemessene Strom belief sich aber nur 
auf 1-2mA.

Ein vergleichbares Schaltbild habe ich auf einer Seite gefunden, mit 
welcher dort auch ein Elektroschocker gebaut wurde:

http://mosfetkiller.de/image.php?c=elektroschocker_1&n=schaltplan_1&no_l

Dass solche Konstruktionen für hohe Wirkungsgrade nicht bekannt sind ist 
mir bewusst, wie muss ich aber die Kombination aus Widerstand, 
Transistor/MOSFET, Spule und ggf. weiteren Bauteilen wählen, um einen 
höheren Wirkungsgrad zu erreichen?

von Codix (Gast)


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Schau Dir einmal im Detail die Funktionsweise von Schaltnetzteilen an.
Darauf aufbauend würde ich das grundlegende Konzept für Dein Projekt 
erstellen.
Hier findest Du die Grundlagenliteratur:
http://www.rainers-elektronikpage.de/SIEMENS-Firmenschriften/siemens-firmenschriften.html

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ich hab mal sowas gebaut, allerdings nicht als Sperrwandler, sondern als 
Trafowandler mit einem LT1683 oder so.

von kk (Gast)


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Hi,

ich baue gerade ein 0..1 kV Netzteil mit maximal 100W. Zur erzeugung der 
Hochspannung nutze ich einen Flyback aus ~400V DC heraus (das Gerät wird 
aus dem Netz versorgt).

Zu deinen Berechnungen: für dich wichtig ist die maximale 
Ausgangsleistung und die Schaltfrequenz. Du legst einen Duty-Cycle fest, 
innerhalb dessen sich der Trafo über die Primärwicklung auflädt, undzwar 
um eine Energie, die gleich der Leistung durch die Schaltfrequenz 
(ausgegebene Energie während einer Schaltperiode) ist. Über Qmag = 
0,5*L*i(t)^2 kommst du auf die benötigte Induktivität. Damit fängt die 
Trafoberechnung an.

von MaWin (Gast)


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Ercksen schrieb:
> wie muss ich aber die Kombination aus Widerstand, Transistor/MOSFET,
> Spule und ggf. weiteren Bauteilen wählen, um einen höheren Wirkungsgrad
> zu erreichen?

Richtig halt, nimm einen Trafo aus einem 230V~ zu 5V Schaltnetzteil mit 
knapp 100W, und betreibe den Trafo rückwärts, ergibt 300V. Als 
Sperrwandler liegt der Strom bei 40A, als Flusswandler bei 20A. Achte 
drauf wie das Original verschaltet ist, Halbbrücken arbeiten mit halber 
Spannung.

Als Steuer-IC bei 5V täte es der TL494 (Flisswandler) oder MC34063 mit 
MOSFET (Sperrwandler), bei 12V der UC3842 (Sperrwandler) SG3525 
(Flusswandler). Ein einfacher Sperrwandler mit 1 oder 2 Transistoren ist 
ungeeignet.

von Ercksen (Gast)


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Vielen Dank erstmal für die hilfreichen Antworten!

kk schrieb:
> Über Qmag =
> 0,5*L*i(t)^2 kommst du auf die benötigte Induktivität. Damit fängt die
> Trafoberechnung an.

Das heißt also, das ist die mindestens erforderliche Induktivität meiner 
Primär- oder Sekundärspule?

MaWin schrieb:
> Richtig halt, nimm einen Trafo aus einem 230V~ zu 5V Schaltnetzteil mit
> knapp 100W, und betreibe den Trafo rückwärts, ergibt 300V.

Die 300V entstehen wie? Kommt das durch den Faktor sqrt(2)?

MaWin schrieb:
> Als Sperrwandler liegt der Strom bei 40A, als Flusswandler bei 20A. Achte
> drauf wie das Original verschaltet ist, Halbbrücken arbeiten mit halber
> Spannung.

Es wäre mir eine große Hilfe wenn du erläutern würdest, wie die 
Stromstärken berechnet wurden.

Und nun eine wahrscheinlich Laienhafte Frage, aber wenn mein Trafo groß 
genug ist bzw. ich eine Frequenz im ausreichend hohen Bereich wähle, 
kann ich dann einen 230V:5V Trafo mit 10V betreiben, um auf die besagten 
600V zu kommen oder ist das Magnetfeld trotzdem schon vorher gesättigt?

Zu guter letzt, wo kann man sich geeignete Trafos kaufen? Bei Reichelt 
habe ich nichts geeignetes gefunden, eine Internetsuche auf die Schnelle 
hat auch nichts vielversprechendes geliefert (wenn ich genau wüsste was 
ich brauche, hätte ich intensiver gesucht).

von Falk B. (falk)


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@Ercksen (Gast)

>Das heißt also, das ist die mindestens erforderliche Induktivität meiner
>Primär- oder Sekundärspule?

Maximale Induktivität!

https://www.mikrocontroller.net/articles/Transformatoren_und_Spulen#Energiespeicherung_in_Magnetkernen

>> Richtig halt, nimm einen Trafo aus einem 230V~ zu 5V Schaltnetzteil mit
>> knapp 100W, und betreibe den Trafo rückwärts, ergibt 300V.

>Die 300V entstehen wie? Kommt das durch den Faktor sqrt(2)?

Ja.

>Es wäre mir eine große Hilfe wenn du erläutern würdest, wie die
>Stromstärken berechnet wurden.

Du bist noch lange in der Lage, einen Schaltregler von DEM Kaliber zu 
bauen. Fang kleiner an.

>Und nun eine wahrscheinlich Laienhafte Frage, aber wenn mein Trafo groß
>genug ist bzw. ich eine Frequenz im ausreichend hohen Bereich wähle,
>kann ich dann einen 230V:5V Trafo mit 10V betreiben, um auf die besagten
>600V zu kommen oder ist das Magnetfeld trotzdem schon vorher gesättigt?

Nur, wenn man die Frequenz erhöhrt, sonst sättigt dein Primärwicklung.

https://www.mikrocontroller.net/articles/Transformatoren_und_Spulen#Entwicklung_von_Netztrafos

>Zu guter letzt, wo kann man sich geeignete Trafos kaufen? Bei Reichelt
>habe ich nichts geeignetes gefunden, eine Internetsuche auf die Schnelle
>hat auch nichts vielversprechendes geliefert (wenn ich genau wüsste was
>ich brauche, hätte ich intensiver gesucht).

Das sind meistens alles kundenspezifische Bauteile, da gibt es nur sehr 
wenig Standardbauteile. Kauf dir einen Kern und wickle selber.

http://schmidt-walter-schaltnetzteile.de/smps/spw_smps.html

Ue 10V, Ua=600V, Ia=0.2A, f=100kHz

-> 1,5uH Primärinduktivität, N1/N2=0,02

Entgegen der Aussage von MaWin kann man sowas sehr wohl mit EINEM 
Leistungstransistor bauen, schließlich ist die Ausgangsleistung deines 
Wandlers eher gering.

von Ercksen (Gast)


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@Falk Brunner Vielen Dank für den nützlichen Link, wenn man zuletzt noch 
einmal abwägt zwischen Fluss- und Sperrwandler, inwiefern unterscheiden 
diese sich vom Wirkungsgrad her?

von Falk B. (falk)


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@ Ercksen (Gast)

>einmal abwägt zwischen Fluss- und Sperrwandler, inwiefern unterscheiden
>diese sich vom Wirkungsgrad her?

Das ist für dich im Moment nebensächlich. Flußwandler können 
prinzipbedingt höhere Leistungen erreichen, wie es mit dem Wirkungsgrad 
ausssieht weiß ich im Moment nicht so genau.

von Dieter F. (Gast)


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Ercksen schrieb:
> Ein vergleichbares Schaltbild habe ich auf einer Seite gefunden, mit
> welcher dort auch ein Elektroschocker gebaut wurde:

Verzeih die dumme Frage - aber wozu brauchst Du das?

von Homo Habilis (Gast)


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Ercksen schrieb:
> Wirkungsgrad

Das läßt sich so allgemein nur schwer spezifizieren. Denn der 
Wirkungsgrad ist ja nicht nur von der Grundtopologie abhängig.

Übrigens ist "Flußwandler" noch dazu keine Bezeichnung für eine 
Grundtopologie, sondern ein Oberbegriff für mehrere. Zumindest diese 
Info solltest Du aber aus den von Codix genannten Dokumenten extrahiert 
haben?

Wozu? Auch eine gute Frage. Und nicht nur aus Neugier - sondern um die 
nötigen Spezifikationen zu kennen.

von Ercksen (Gast)


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@ Dieter F. @ Homo Habilis
Ganz konkrete Anwendungsmöglichkeiten habe ich dafür noch nicht, wie 
gesagt, es ist primär das Interesse um zu verstehen, wie so etwas 
funktioniert und wenn es klappt könnte ich damit beispielsweise Elkos 
größerer Kapazität aufladen oder andere Dinge. Also wirklich brauchen 
tue ich das Gerät nicht aber das ist für die technische Realisierung 
egal, also viel mehr Ansprüche als oben genannt habe ich nicht, weniger 
Leistung wäre auch nicht schlimm.

Homo Habilis schrieb:
> Übrigens ist "Flußwandler" noch dazu keine Bezeichnung für eine
> Grundtopologie, sondern ein Oberbegriff für mehrere.

Das war mir bewusst, meinte nur in allgemeiner Abgrenzung zum 
Sperrwandler.

Falk B. schrieb:
> Das sind meistens alles kundenspezifische Bauteile, da gibt es nur sehr
> wenig Standardbauteile. Kauf dir einen Kern und wickle selber.

Werde ich wohl machen müssen. Nochmal eine Frage zum Kern, die Option 
sich auf obiger Seite die Wickeldaten anzeigen zu lassen ist ja ganz 
praktisch. Einen Kern mit den in der Tabelle stehenden Eigenschaften 
habe ich jedoch nicht gefunden, ich scheine aber nicht der einzige mit 
diesem Problem zu sein.

von Falk B. (falk)


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@Ercksen (Gast)

>praktisch. Einen Kern mit den in der Tabelle stehenden Eigenschaften
>habe ich jedoch nicht gefunden, ich scheine aber nicht der einzige mit
>diesem Problem zu sein.

Die Kerne gibt es, wenn gleich nicht unbedingt bei Conrad & Co.

http://www.digikey.de/products/de/magnetics-transformer-inductor-components/ferrite-cores/936

Nimm für deine Experimente einen etwas größeren Kern. Nimm KEINEN 
Ringkern, u.a. weil der sehr nervig zu wicklen ist.

http://de.farnell.com/transformatorkerne

http://de.farnell.com/transformator-spulenkorper

Farnell liefert auch an Privatleute.

http://www.hbe-shop.de/

von Ercksen (Gast)


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Alles klar, dann hätte ich abschließend noch eine Frage (tut mir Leid, 
dass ich dich mit derartigen Fragen belästigen muss, aber es wurde mir 
nie so richtig klar und bevor ich was falsches bestelle...):

Die in der Tabelle als "magnetischen Leitwert" bezeichnete Größe, ist 
das ein Synonym für den Induktivitätsfaktor AL?

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Zwei invers betriebene und passend parallel und in Reihe geschaltete 
schnöde 230V zu 12V Trafos würden es auch tun. Am Eingang z.B. ein Audio 
classD Verstärker. Dann mußt du gar nix wickeln.

von MaWin (Gast)


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Ercksen schrieb:
> wenn es klappt könnte ich damit beispielsweise Elkos größerer Kapazität
> aufladen oder andere

Nö.

Zum Laden von Elkos nutzt man andere Wandler (Sperrwandler ZVS) als zum 
erzeugen von stabilen 600V.

Wenn man wissen will, wie etwas funktioniert, fängt man früher an: Trafo 
an NE555 und gucken wie er sich bei verschiedenen Frequenzen und 
Tastgraden verhält, dann dasselbe mit mehr Leistung, dabei nicht ohne 
Überstromschutz und Ausgangsspannungsregelung.

von Harald W. (wilhelms)


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Falk B. schrieb:

> Entgegen der Aussage von MaWin kann man sowas sehr wohl mit EINEM
> Leistungstransistor bauen,

...wie z.B. die Wandler für Elektronen-Blitzgeräte schon vor
Jahrzehnten gezeigt haben. Vielleicht geistern solche Schal-
tungen ja noch durchs Netz. U.a. waren da Beispielschaltungen
in den Siemens Halbleiter Schaltbeispielen.

von Thomas (kosmos)


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falls ihr so nen Handelsüblichen Trafo zur Hand habt 230V->5V messt mal 
den Primär- und Sekundärwiderstand aus und überlegt mal wieviel Strom 
fließen dürfte wenn man die sek. Seite an 230V hängt.

In der Schule haben die zwar etwas über das Windungsverhältniss gesagt 
aber das da verschiedene Drahtdurchmesser genommen werden ist unter den 
Tisch gefallen.

von Homo Habilis (Gast)


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Ercksen schrieb:
> Die in der Tabelle als "magnetischen Leitwert"(#)
> bezeichnete Größe, ist das ein Synonym
> für den Induktivitätsfaktor AL?

Welche Tabelle genau enthält denn diese Bezeichnung?

Aber allgemein: Nein. Mal vereinfacht:

(# = Lambda) hat die Einheit Ohm*Sekunde, oder Vs/A.

Der A_L-Wert hat (meist) die Einheit nH/N².
(= Nanohenry pro Quadrat der Windungszahl)

Würde mich interessieren, wo Du das her hast.

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Back to Topic:

Thomas O. schrieb:
> überlegt mal wieviel Strom
> fließen dürfte wenn man die sek. Seite an 230V hängt.

Davon sprach doch niemand? Abdul meinte "an einem Verstärker".

@Ercksen:

Es hat sicher niemand was dagegen, daß Du so was baust.
Aber es gäbe doch noch so einiges abzuklären.

bis ca. 600V - soll ja wohl variabel bedeuten.

Und zumeist ist eine Regelung schon sinnvoll.
(Da Du mehr vor zu haben scheinst, als ELKOs laden.)

Aber ohne ein paar Spezifikationen kann man
nur sehr schwer eine konkrete Antwort geben.
("Eine Schwäche, zunehmend verbreitet unter..." ^^)

Möglicherweise kämen da mehrere Links.

von MiWi (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Falk B. schrieb:
>
>> Entgegen der Aussage von MaWin kann man sowas sehr wohl mit EINEM
>> Leistungstransistor bauen,
>
> ...wie z.B. die Wandler für Elektronen-Blitzgeräte schon vor
> Jahrzehnten gezeigt haben. Vielleicht geistern solche Schal-
> tungen ja noch durchs Netz. U.a. waren da Beispielschaltungen
> in den Siemens Halbleiter Schaltbeispielen.

und heute gibt es nette Chips von LT a la LT3750 oder LT3575, die das 
dann auch noch regeln.

Trafos bekommt man bei Würth und fertig ist die 300 - 700V. Allerdings 
mit weniger Leistung als der TO will.

MiWi

von Michael B. (laberkopp)


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Thomas O. schrieb:
> falls ihr so nen Handelsüblichen Trafo zur Hand habt 230V->5V messt mal
> den Primär- und Sekundärwiderstand aus und überlegt mal wieviel Strom
> fließen dürfte wenn man die sek. Seite an 230V hängt.

Welcher Käse soll das werden ?

Daß ein Trafo an der 5V Wicklung keine 230V verträgt, sollte klar sein.

Aber 5V~ kann man anlegen und bekommt dann 230V~ aus der 230V Wicklung 
(abzüglich Verluste).

Und da ist der dickere Draht auf der 5V Seite auch ganz passend.

> In der Schule haben die zwar etwas über das Windungsverhältniss gesagt
> aber das da verschiedene Drahtdurchmesser genommen werden ist unter den
> Tisch gefallen.

Ich befürchte, du hast in der Schule rein gar nicht aufgepasst.

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