Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Detektion Netzausfall bei Netzparallelbetrieb


von Marcus W. (favoir)


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Einleitung
Ein Freund hat sich ein BHKW und eine PV-Anlage incl. Batteriespeicher 
zugelegt. Leider scheint das Produkt noch im Alpha Status zu sein. Faste 
alle zweit Wochen kommen die Ingenieure vorbei, um die Steuerung in den 
Griff zu bekommen. Da ich ein bisschen von Elektrotechnik verstehe, hat 
er mich um eine Einschätzung des Systems gebeten.

Kurze Systembeschreibung
Nach dem Hausanschluss existiert ein Drehstrom-Zweirichtungszähler mit 
einer digitaler Schnittstelle. Nach diesem kommt ein Leistungsschalter 
(LS-1). Das anschließende Netz bezeichne ich mit "Netz-1". Hieran ist 
ein Hybrid-Wechselrichter (HWR) angeschlossen. Am HWR ist zusätzlich 
eine PV-Anlage und ein Batteriespeicher angeschlossen. Am Ausgang des 
HWR ist das Hausnetz angeschlossen, also die Versorgung von 
Waschmaschine, Fernseher usw....
Das BHKW hat einen Asynchrongenerator. Dieser ist über einen 
Leistungsschalter (LS-2) mit Netz-1 verbunden. Er arbeitet also im 
Netzparallelbetrieb.
Ziel des elektrischen Teils der Anlage ist es, dass die durchschnittlich 
benötigte Energie des Hausnetz selbst generiert wird. Wenn PV + Akku + 
Generator weniger Energie liefern, als das Hausnetz benötigt, so wird 
die restliche Energie vom EVU bezogen. Sofern mehr Energie generiert 
wird so, soll in das EVU-Netz eingespeist werden.

Use Case
Vom EVU-Netz wird keine Energie bezogen und es wird auch keine Energie 
eingespeist.
Bei Ausfalls des EVU-Netzes und laufenden Generator, darf der Generator 
keine Energie in das EVU-Netz einspeisen. Somit soll der oben erwähnte 
Leistungsschalter LS-1 geöffnet werden. Der Generator ist somit nur noch 
mit dem HWR verbunden. Dieser sieht somit keinen Netzausfall.

Mein Problem
Da kein Strom zwischen Zähler und Netz-1 fließt, finde ich keinen Ansatz 
für eine Messung.

Frage
Wie kann man diesen Netzausfall detektieren?

von Schreiber (Gast)


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Marcus W. schrieb:
> Frage
> Wie kann man diesen Netzausfall detektieren?

Ganz einfach: Der Wechselrichter/BHKW versuchen zwischendurch immer 
wieder die Netzfrequenz zu ändern. Wenn das gelingt, ist das normale 
Stromnetz weg.

Bei einem Wechselrichter kann man alternativ versuchen den Sinus zu 
verbiegen. Oder man kann Blindleistung ins Netz einspeisen. Oder mal die 
Spannung ein wenig ändern...

von Marcus W. (favoir)


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Schreiber schrieb:
> Ganz einfach: Der Wechselrichter/BHKW versuchen zwischendurch immer
> wieder die Netzfrequenz zu ändern. Wenn das gelingt, ist das normale
> Stromnetz weg.

Das mit der Netzfrequenz ist ein guter Ansatzpunkt.
Wenn ich die "VDE-AR-N 4105" richtig interpretiere, muss bei einen 
Netzausfall der Generator (und der Wechselrichter) in unter 200ms vom 
Netz getrennt werden.
Um diese Bedingung zu erfüllen müsste man den Generator innerhalb einer 
Sekunde mehrfach (ca. 10x) beschleunigen und die Frequenz messen. Da der 
Generator von einer Verbrennungskraftmaschine angetrieben wird, müsste 
man diese so schnell regeln.
Ist das technisch möglich?
Das Gespann aus Verbrennungskraftmaschine und Generator hat bestimmt 
auch eine Trägheit. Leider verstehe ich viel zu wenig von solchen 
mechanischen Maschinen.

von Schreiber (Gast)


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Marcus W. schrieb:
> Um diese Bedingung zu erfüllen müsste man den Generator innerhalb einer
> Sekunde mehrfach (ca. 10x) beschleunigen und die Frequenz messen. Da der
> Generator von einer Verbrennungskraftmaschine angetrieben wird, müsste
> man diese so schnell regeln.
> Ist das technisch möglich?

Viel einfacher mit der traditionellen Methode:
1. man verwendet einen Asyncrongeneraator
2. Der Motor/Turbinenregler(Wasserkraft) wird auf einen festen Wert 
eingestellt
3. wenn die Drehzahl hoch geht, ist das Netz weg. Früher gabs dafür 
einen Fliehkraftschalter

Heute macht man die Netzüberwachung elektronisch. Etwa indem man 
Spannung UND Strom auf allen Phasen misst. Wenn sich da was ändert, hat 
man ein Problem. Beim Asyncrongenerator muss das Netz Scheinleistung 
liefern, mit einem normalen Stromzähler sieht man das aber nicht.

von asdfghjkl (Gast)


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Marcus W. schrieb:
> Bei Ausfalls des EVU-Netzes und laufenden Generator, darf der Generator
> keine Energie in das EVU-Netz einspeisen. Somit soll der oben erwähnte
> Leistungsschalter LS-1 geöffnet werden. Der Generator ist somit nur noch
> mit dem HWR verbunden. Dieser sieht somit keinen Netzausfall.

Wenn ich mich richtig erinnere, ist dafuer eine zertifizierte ENS 
vorgeschrieben, die das aus Impedanzwerten dedektiert.

Selber Gebasteltes wird das EVU sicher nicht akzeptieren.

asdfghjkl

von oszi40 (Gast)


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Marcus W. schrieb:
> diesen Netzausfall detektieren

Mal bei Lem einen Stromsensor gesucht? Statistisch gesehen sollten immer 
irgendwelche Ströme im Haus fließen. http://www.lem.com/hq/de

von Schreiber (Gast)


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asdfghjkl schrieb:
> Wenn ich mich richtig erinnere, ist dafuer eine zertifizierte ENS
> vorgeschrieben, die das aus Impedanzwerten dedektiert.
>
> Selber Gebasteltes wird das EVU sicher nicht akzeptieren.

Heute korrekt.

Fliehkraftschalter war früher Stand der Technik. Genau wie man 
Syncrongeneratoren früher mit 3 Glühlampen zum Netz syncronisiert hat.

von Marcus W. (favoir)


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Schreiber schrieb:
> Viel einfacher mit der traditionellen Methode:
> 1. man verwendet einen Asyncrongeneraator
> 2. Der Motor/Turbinenregler(Wasserkraft) wird auf einen festen Wert
> eingestellt
> 3. wenn die Drehzahl hoch geht, ist das Netz weg. Früher gabs dafür
> einen Fliehkraftschalter

Ich denke die Drehzahl wird sich nur erhöhen, wenn der Generator Energie 
in das Netz einspeisen würde und anschließend dieses Netz ausfällt.

Ich erweitere meinen use case um zwei theoretische Varianten.

Variante 1:
Netzausfall direkt am EVU oder Verteiler. Externe Verbraucher (z.B. 
Häuser der Nachbarschaft) sind noch mit unseren Netz verbunden.

Variante 2:
Netzausfall direkt am Hausanschluss. Andere Verbraucher sind nicht mit 
uns verbunden.

Meine Theorie:
Bei Variante 1 sollte die Spannung plötzlich abfallen, da die externen 
Verbraucher Energie vom Generator beziehen würden.
Bei Variante 2 sollte sich weder die Spannung noch die Frequenz 
verändern.


asdfghjkl schrieb:
> Wenn ich mich richtig erinnere, ist dafuer eine zertifizierte ENS
> vorgeschrieben, die das aus Impedanzwerten dedektiert.

Das hast Du Recht. Dazu habe ich mir gerade die Datenblätter für das 
Produkt "ENS31NA" der Firma "UfE GmbH" angeschaut.
Link: http://www.ufegmbh.de/ens31na.html

In Punkt 9 (Seite 31) der Montage und Bedienungsanleitung findet man die 
Bedingungen, wann das Gerät das Netz trennt.
Diese sind:
Überspannung, Unterspannung, Frequenzabweichung und Impedanzsprung

In Bezug auf die die oben stehede Variante 2 meines use cases bleibt 
meiner Meinung nach nur die Impedanzsprungerkennung übrig.
Aber wie will so ein Gerät das messen?

von Marcus W. (favoir)


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oszi40 schrieb:
> Statistisch gesehen sollten immer
> irgendwelche Ströme im Haus fließen.

In meinen theoretischen use case fließen keine Ströme zum/vom EVU-Netz.
In der Praxis gebe ich Dir jedoch Recht, da werden statistisch gesehen 
nahezu 100% der Zeit Ströme fließen. In diesen Fall sollte eine 
Detektion auch möglich sein, beispielsweise in dem man den Strom zum / 
vom EVU-Netz misst. Wenn für eine definierte Zeit (beispielsweise 100ms) 
kein Strom fließt, so hängt der Hausanschluss in der Luft, was der 
Variante 2 entspricht. Die Detektion für Variante 1 deckt man ab, wenn 
man die Spannung (ober / unter) und die Frequenz misst.

Vielleicht denke ich manchmal zu theoretisch :-)

von Schreiber (Gast)


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Marcus W. schrieb:
> Ich denke die Drehzahl wird sich nur erhöhen, wenn der Generator Energie
> in das Netz einspeisen würde und anschließend dieses Netz ausfällt.

...oder wenn der Generator plötzlich keinen Strom mehr erzeugt. Mangels 
Blindleisung aus dem Netz!

Marcus W. schrieb:
> In Bezug auf die die oben stehede Variante 2 meines use cases bleibt
> meiner Meinung nach nur die Impedanzsprungerkennung übrig.
> Aber wie will so ein Gerät das messen?

Der haushaltsübliche Stromzähler misst nur Wirkleistung. Die vom 
Generator benötigte Blindleistugn kann er nicht messen.

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