Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Was unterscheidet verschiedene Pt100 Klassen?


von Steffen (Gast)


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Hallo,

kann mir jemand sagen wodurch sich die verschiedenen Pt100 Klassen 
unterscheiden? Wie kommt es zu den unterschiedlichen Genauigkeiten? Ist 
es hauptsächlich der 0°C Wert oder sind da Verunreinigen oder ähnliches 
im Platin?
Wenn es nur der 0°C Wert wäre, dann wäre dies mit einer Messung bei 0°C 
ja zu korrigieren, aber wenn der Widerstand eine andere Steigung hat 
nützt es einem nicht viel.

von Wolfgang (Gast)


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Steffen schrieb:
> kann mir jemand sagen wodurch sich die verschiedenen Pt100 Klassen
> unterscheiden?

Hast du es schon mal mit Google versucht?
https://www.omega.de/techref/pdf/techref-07-pt100-iec751.pdf

von Steffen (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> Hast du es schon mal mit Google versucht?
> https://www.omega.de/techref/pdf/techref-07-pt100-iec751.pdf

Habe ich und ich habe keine Antwort auf meine Fragen gefunden. Dein PDF 
beantwortet diese ja auch nicht.

von Georg (Gast)


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Steffen schrieb:
> Wenn es nur der 0°C Wert wäre, dann wäre dies mit einer Messung bei 0°C
> ja zu korrigieren

Das ist genau NICHT der Sinn der Genauigkeitsklassen, sondern es soll 
erreicht werden, dass man die Sensoren austauschen kann ohne Abgleich. 
Sowieso ist es keineswegs einfach, einen Temperatursensor zu 
kalibrieren, denn dazu braucht man eine Umgebungstemperatur, die genauer 
ist als der Sensor messen soll. Also z.B. ein Wasserbad o.ä. mit einer 
Temperaturstabilisierung besser 0,1 K.

Hier behaupten zwar immer wieder Spezialisten, sie könnten mit 
Kühlschrank und Backofen oder sonstigem Küchenkram Genauigkeiten von mK 
erreichen, aber das ist blosse Selbstüberschätzung und Angeberei. 1 K 
ist schon anspruchsvoll.

Das gilt im übrigen auch für andere Sensoren, es gibt z.B. NTC-Fühler 
für Fieberthermometer mit einer für die Fiebermessung ausreichenden 
Austauschgenauigkeit. Sonst bräuchte man ja im Krankenhaus bei jedem 
Sensoraustausch einen präzisionsstabilisierten Hintern.

Georg

von Kolja L. (kolja82)


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1K ging ganz gut mit Eiswasser bzw kochendem Wasser.
Überprüfen lief mit nem Venus Kallibrator.

von Harald W. (wilhelms)


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Kolja L. schrieb:

> 1K ging ganz gut mit Eiswasser bzw kochendem Wasser.

Für Umgebungstzemperaturen nimmt man für den oberen
Vergleichswert besser ein Feberthermometer. Damit
sollte man eine Kalibrirung auf einige Zehntel Grad
genau hinkriegen.

von Uhu U. (uhu)


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Und wo kommen bei einem Thermoelemet, wie dem Pt100 die Ungenauigkeiten 
her?

von Steffen (Gast)


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Ein Pt100 ist kein Thermoelement

von Georg (Gast)


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Steffen schrieb:
> Wenn es nur der 0°C Wert wäre, dann wäre dies mit einer Messung bei 0°C
> ja zu korrigieren

Kolja L. schrieb:
> Überprüfen lief mit nem Venus Kallibrator.

Hallo Steffen, für den Kalibrator lese ich "starting at $6350". 
Entspricht das deinen Vorstellungen?

Georg

von Steffen (Gast)


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Georg schrieb:
> Hallo Steffen, für den Kalibrator lese ich "starting at $6350".
> Entspricht das deinen Vorstellungen?

Ich verstehe nicht was die Frage mit meinem Eingangspost zu tun hat.

Bisher konnte leider noch niemand beantworten ob es sich hierbei 
hauptsächlich um eine R0 Ungenauigkeit handelt und man von der gleichen 
Steigung ausgehen kann. Was gerade für relative Messungen völlig 
ausreichend wäre oder ob es sich auch um Toleranzen in der Steigung 
(bzw. den anderen Koeffizienten) handelt. In so einem Fall wäre auch für 
relative Änderungen eine "besserer" Sensor besser.

von Werner H. (werner45)


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Wenn man intensiv danach sucht, findet man auch im www etwas.

Ich fasse meine Erkenntnisse mal kurz zusammen:

Spektralreines Platin als Referenzwiderstand wird nur von der PTB &Co 
verwendet. Die Behandlungs-Vorgeschichte beeinflußt die Daten, der 
Widerstand muß sehr pfleglich behandelt werden, ist nur fürs Labor 
geeignet.

Für die Massenfertigung werden Platinlegierungen verwendet, die 
verarbeitungsstabiler sind. Sie haben geringfügig abweichende Daten vom 
reinen Platin (Tabellenvergleich zeigt das). Diese Widerstände zeigen 
minimale Linearitäts-Abweichungen und werden deshalb in Klassen 
sortiert.

Bei Thermoelementen ist das ähnlich. ALTE Fe-Const oder Ni-CrNi-Elemente 
haben geringfügig andere Daten als die heutigen Typ K und J usw. und 
zeigen auch nur mit den alten Instrumenten richtig an.
Aus Reproduzierbarkeitsgründen sind die heutigen Legierungen geringfügig 
anders und werden nach der neu definierten Tabelle der Thermospannungen 
erschmolzen.

Die Referenzpunkte Eis und Sieden stimmen auch nur, wenn man die 
entsprechende Tripelpunktsapparatur hat und mit kohlensäurefreiem Wasser 
arbeitet. Beim Siedepunkt muß die Meereshöhe bzw. der Luftdruck 
berücksichtigt werden, sonst kalibriert man falsch.
Besser geeignet sind die Schmelzpunkte von genau vermessenen 
Kalibriersubstanzen, won denen es etliche gibt.

Für die Kalibrierpraxis ist ein Quecksilberthermometer mit 1/10°-Teilung 
am besten geeignet, wenn man die Fadenkorrektur berücksichtigt.
Ein Beckmann-Thermometer zeigt zwar 1/100° an, der Startpunkt muß aber 
eingestellt werden und ist nicht genau bekannt, nur die 
Temperaturdifferenzen stimmen.

Für den praktischen Gebrauch sind die Pt-100 -500 und -1000 am besten 
geeignet, man bewegt sich dann mit der Genauigkeit und Linearität in den 
betreffenden Klassen.

Eine hochgenaue Temperaturmessung gehört zu den schwierigsten Aufgaben, 
das Thermometer hat Masse und Wärmeableitung und verfälscht deshalb die 
ursprüngliche Mediumtemperatur.

Gruß   -   Werner

von Wolfgang (Gast)


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Steffen schrieb:
> Bisher konnte leider noch niemand beantworten ob es sich hierbei
> hauptsächlich um eine R0 Ungenauigkeit handelt und man von der gleichen
> Steigung ausgehen kann.

Dann guck doch in die von mir oben verlinkte Aufstellung mit den 
Referenzdaten zu den Pt100-Klassen.

Ein Klasse B Aufnehmer hat bei 0°C eine Toleranz von ±0,3°C und bei 
300°C eine von ±1,8°C. Wie willst du das alleine mit einer R0-Korrektur 
kompensieren?

von Harald W. (wilhelms)


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Wolfgang schrieb:

> Ein Klasse B Aufnehmer hat bei 0°C eine Toleranz von ±0,3°C und bei
> 300°C eine von ±1,8°C. Wie willst du das alleine mit einer R0-Korrektur
> kompensieren?

Naja, mit etwas Glück hat man dann bei 300° nur noch ±1,5°
Abweichung. :-)

von Steffen (Gast)


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Werner H. schrieb:
> Ich fasse meine Erkenntnisse mal kurz zusammen:
>
> Spektralreines Platin als Referenzwiderstand wird nur von der PTB &Co
> verwendet. Die Behandlungs-Vorgeschichte beeinflußt die Daten, der
> Widerstand muß sehr pfleglich behandelt werden, ist nur fürs Labor
> geeignet.
>
> Für die Massenfertigung werden Platinlegierungen verwendet, die
> verarbeitungsstabiler sind. Sie haben geringfügig abweichende Daten vom
> reinen Platin (Tabellenvergleich zeigt das). Diese Widerstände zeigen
> minimale Linearitäts-Abweichungen und werden deshalb in Klassen
> sortiert.

Vielen Dank!


Wolfgang schrieb:
> Ein Klasse B Aufnehmer hat bei 0°C eine Toleranz von ±0,3°C und bei
> 300°C eine von ±1,8°C. Wie willst du das alleine mit einer R0-Korrektur
> kompensieren?

Ohne es gerechnet zu haben (was ich vielleicht besser mal gemacht hätte) 
habe ich einfach auf die anderen Koeffizienten vertraut. Linear geht das 
natürlich nicht.

von Peter R. (pnu)


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Kolja L. schrieb:
> bzw. kochendem Wasser.

Dieser Blödsinn mit dem kochenden Wasser kommt immer wieder.

Der Siedepunkt von Wasser ist nur unter Normalbedingungen genau, Es 
erfordert  hohe Klimmzüge um diese Normalbedingungen herzustellen bzw. 
korrektiv herauszurechnen.

Alleine im "Kochkessel" gibt es viele Grade Temperaturunterschied wegen 
des "Wärmetransports" innerhalb der Flüssigkkeit. Allerinr die 
bewegungdes Wassers zeigt doch, dass da Konvektion durch erhebliche 
Temperaturunterschiede stattfindet.
In der Meereshöhe von München ist z.B. der Siedepunkt einige Grade 
niederiger als 100°, wegend es geringeren Luftdrucks. Es gibt 
Siederverzug usw.

Bei PT100-Widerständen gibt es viele Störeinflüsse. Zum Beispiel beim 
Dünnschicht-R der Wärmedehnungsfaktor der Unterlage. Oder auch 
Unterschiede beim Auftragen der Widerstandsschicht. Man kann zwar bei 
der Herstellung den 0°-Wert justieren, den Temperaturbeiwert aber nicht.
Daher streut die Kennlinie je nach Herstellverfahren. Un deshalb auch 
die Klassierung in verschiedene Gruppen.

von Wolfgang (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Naja, mit etwas Glück hat man dann bei 300° nur noch ±1,5°
> Abweichung. :-)

Na ja, ein bisschen kleiner wird der Fehler schon.

Bei 300°C liegt ein Nenn-Pt100 etwa bei 212,05Ω.

Bei 0°C beträgt die Steigung R(T) etwa 0.390K/Ω, d.h. um dort einen 
Fehler von -0.3°C zu kompensieren, müsste man einen um 0.117Ω größeren 
R0 annehmen. Bei 300°C hätte der einen um einen Faktor 2,1205 größeren 
Widerstand, entsprechend einer Temperaturabweichung von 0.7K (Steigung 
0.356Ω/K). Gegenüber einer linearen Korrektur von R0 verbliebe also noch 
ein Fehler von 0.8K gegenüber der bei Klasse B für 300°C zulässigen 
Abweichung.

von Wolfgang (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> 0.390K/Ω

sorry 0.390Ω/K muss es natürlich heißen

von Harald W. (wilhelms)


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Peter R. schrieb:

> In der Meereshöhe von München

Wo gibts denn in München ein Meer? Das gibts höchstens im hohen
Norden bei Steinhude! :-)

von Manfred K. (mkch)


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Hallo,
darf ich mal die Frage stellen, für was wird denn der Sensor verwendet? 
Man redet über Genauigkeiten, die in "normalen" technischen Anwendungen, 
jenseits von "Gut und Böse" sind. Nach der DIN43760 gibt es eine Klasse 
A und B. Wie sich das auswirkt ist aus der DIN ersichtlich. Für 
Anwendungen im Bereich Leistungselektronik wird nichts abgeglichen, das 
wäre viel zu teuer.
Gruß Manfred

von Klaus I. (klauspi)


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Harald W. schrieb:
> Peter R. schrieb:
>
>> In der Meereshöhe von München
>
> Wo gibts denn in München ein Meer? Das gibts höchstens im hohen
> Norden bei Steinhude! :-)

Chiemsee - Das bayerische Meer ;o)
(zwar etwas entfernt von München, aber sollte etwas auf gleicher Höhe 
liegen)

von Klaus R. (klara)


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Steffen schrieb:
> kann mir jemand sagen wodurch sich die verschiedenen Pt100 Klassen
> unterscheiden? Wie kommt es zu den unterschiedlichen Genauigkeiten? Ist
> es hauptsächlich der 0°C Wert oder sind da Verunreinigen oder ähnliches
> im Platin?

Am Besten man schaut sich bei einem Hersteller von Sensoren um.

https://www.heraeus.com/de/group/products_and_solutions_group/sensor_technology/sensor_products/sensors.aspx

https://www.heraeus.com/media/media/group/doc_group/products_1/hst/smd/de_14/smd_0603_v_d.pdf

Auf Seite 4 wird etwas zu den Spezifikationen der DIN EN 60751 gesagt, 
zu Genauigkeitstoleranzklassen, Toleranzklassenbezeichnungen und 
Grenzabweichung für 100 Ω Platinsensoren

https://www.heraeus.com/media/media/group/doc_group/products_1/hst/Heraeus_Sensorbroschuere_2016_Web.pdf

mfg klaus

von Peter R. (pnu)


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Harald W. schrieb:
> Peter R. schrieb:
>
>> In der Meereshöhe von München
>
> Wo gibts denn in München ein Meer? Das gibts höchstens im hohen
> Norden bei Steinhude! :-)

rutscht mir doch den Rücken runter mit eurer Besserwisserei.

Die Höhe München über normal Null (Meereshöhe)ist halt etwa 500m, 
erbringt m.W. einen Siedepunkt von ca. 97°und hat damit mit den immer 
genannten 100° wenig zu tun.

Gleich wendet jemand ein: "aber nur bei Wasser"

von Georg (Gast)


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Peter R. schrieb:
> erbringt m.W. einen Siedepunkt von ca. 97°

Laut Rechner im Internet 98,32 Grad. Aber in Bayern gehen halt auch die 
Thermometer anders, nicht nur die Uhren.

Georg

von Johann L. (radiostar)


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Georg schrieb:
> Laut Rechner im Internet 98,32 Grad. Aber in Bayern gehen halt auch die
> Thermometer anders, nicht nur die Uhren.

ui, des hast' jetzt aber wirklich besser gewußt.

von ArminX (Gast)


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Manfred K. schrieb:
> Nach der DIN43760 gibt es eine Klasse
> A und B. Wie sich das auswirkt ist aus der DIN ersichtlich.

Die genannte DIN bezieht sich auf Nickelwiderstände und verweist für 
Platin auf die IEC751, heute DIN IEC 60751

Gruß

von Klaus R. (klara)


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ArminX schrieb:
> Manfred K. schrieb:
>> Nach der DIN43760 gibt es eine Klasse
>> A und B. Wie sich das auswirkt ist aus der DIN ersichtlich.
>
> Die genannte DIN bezieht sich auf Nickelwiderstände und verweist für
> Platin auf die IEC751, heute DIN IEC 60751
>
> Gruß

Wird in den Heraeus - Infos erläutert.
Beitrag "Re: Was unterscheidet verschiedene Pt100 Klassen?"

mfg klaus

von W.S. (Gast)


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Also bleibt doch mal auf dem Teppich.

Punkt 1: "Platin"-Sensoren müssen zwecks Austauschbarkeit abgeglichen 
werden, also symbolisch der Platindraht auf exakt die Länge gebracht 
oder der Dünnschicht-Sensor so weit mäandriert werden, daß das Teil dann 
tatsächlich bei 0° Celsius exakt seinen Sollwiderstand hat, also 100 Ohm 
für den PT100. Solch ein Abgleich kostet Zeit und damit Geld und so 
mäandriert man eben relativ blind und sortiert danach in verschiedene 
Klassen aus.

Das ist alles. Mehr gibt es zu den Genauigkeitsklassen nicht zu sagen.

Der Widerstandsverlauf über die Temperatur ist eine nichtlineare 
Materialeigenschaft, die man nur per Näherungsformeln beschreibt - und 
die weicht eben je nach Materialzusammensetzung und Mühe beim Finden der 
Näherung etwas von der Realität ab.

Punkt 2: Der Wasser-Kochpunkt ist ungeeignet, das weiß eigentlich jeder. 
Aber der Schmelzpunkt von Eis aus destilliertem Wasser ist präzise bis 
auf's Milligrad. Deswegen kommt man ja ein PT100-Thermometer bei 0°C mit 
einer Einpunkt-Kalibrierung problemlos hin - vorausgesetzt, man hat 
einen sauberen ADC und kein OpV-Bergwerk mit Offsets, Kompensationen und 
dergleichen vor sich.

Punkt 3: Auch mit NTC's, also Thermistoren, ist Genauigkeit machbar. 
Wenn man seinen Meßaufbau per Steinhart-Hart-Formel linearisiert und bei 
3 Temperaturen die Koeffizienten bestimmt, dann erreicht man über einen 
erstaunlich großen Bereich Absolutgenauigkeiten besser als 0.1 Kelvin.

W.S.

von Steffen (Gast)


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W.S. schrieb:
> Aber der Schmelzpunkt von Eis aus destilliertem Wasser ist präzise bis
> auf's Milligrad.

Ich meine so genau ist der nicht. Man nimmt ja nicht umsonst 
Tripelpunktzellen und die liegen bei 0,01°C

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