Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Diskussion Netzspannungskalibrator


von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Da ich viele Messgeräte kalibrieren muss, brauch ich eine stabile AC 
Quelle (0,1%) mit etwa 200Veff/50Hz. Gibt's ja alles zu kaufen, 
allerdings meist oversized und sündhaft teuer. Hab mir deshalb über 
einen Selbstbau Gedanken gemacht und das ganze mal mit LTspice 
simuliert.
Ich verwende hier einen dicken Mosfet in Source-Schaltung, der über den 
5W Arbeitswiderstand R1 an ca. 600V hängt. Die Widerstände R6/7 in der 
Rückkoppelung sollten einen Temp.Koeff. von 25ppm/°C haben,dann wäre die 
Sache zumindest stabil. Als Signalquelle müsste man wohl so einen 16Bit 
D/A wie etwa DAC8551 + einer 25ppm/°C Referenz nehmen,ist wenigstens 
spezifiziert im Unterschied zu den Mikrocontrolern. Das sollten aber 
dann alle Präzisionsbauteile sein. Unschön find ich noch den DC-freien 
Ausgang über C1 zu R5, der die Eingangsimpedanz des zu kalibrierenden 
Messgerätes darstellt. Der Spannungsabfall sollte unter 0,1% sein, aber 
wenn man mehrere gleichzeitig kalibrieren will...hmmm. Hab versucht AC 
und DC Zweig getrennt rückzukoppeln,da brauchts aber einen weiteren OPV 
und dann führt die Phasennacheilung schnell zum Schwingen. Ebenso wenn 
man R4 zu klein macht.
Die 600V müsste man wohl in einer 3 Trafo Schaltung erzeugen, 
1.Trafo(ca. 20VA) von 230V auf 18V, 2.+3. Trafo(ca. 6VA) von 18 auf gut 
230V und die 2 in Serie geschaltet.
Die Kosten wären ja überblickbar, für die Kalibration des Kalibrators 
hätte ich auch Zugang zu einem sehr genauen Messgerät.
Meinungen und Anregungen erwünscht.

Grüsse

von Petra (Gast)


Lesenswert?

Ich würde einen Trenntrafo oder Stelltrenntrafo nehmen, und das 
Ausgangssignal mit einem genauen Voltmeter messen und damit gegen Deinen 
Prüfling testen. Du hast einen guten Sinus und hast keine Probleme mit 
nicht TRMS Messgeräten.

von Jakob (Gast)


Lesenswert?

> viele Messgeräte kalibrieren muss
> (0,1%)

Ordentliches Kalibrieren legt dir eine Verantwortung auf!

Die kannst du nur von dir wälzen, wenn ein dritter dafür
einsteht (!), dass sein Vergleichsnormal über nachweisbare
Kalibrierschritte auf die SI-Einheiten rückführbar ist.

Das ist nun mal teuer, das lässt sich nicht mit einer
(noch so guten) Bastelei ersetzen.

Wenn du nur wissen willst, ob dein Messgerät die 230 V
auf 0,1% genau misst, könnte aber ein (gültig kalibriertes!)
Messgerät mit 10-facher Genauigkeit (0,01%), mit dem du parallel
die Netzspannung aus der Steckdose erfasst, helfen.

von Lurchi (Gast)


Lesenswert?

Wenn keine hohe Leistung, sondern nur eine stabile Spannung benötigt 
wird, kann man auch bei niedriger Spannung verstärken und dann per Trafo 
die Spannung von z.B. 12 oder 24 V auf 200 V hoch transformieren. Bei 
nicht zu hoher Spannung und mit einem guten Trafo (z.B. Ringkern im 20 
VA Bereich, bzw. Audio-Übertrager) bleibt auch die Wellenform noch gut 
erhalten.

Den Generator selber muss man eher nicht selber bauen.

Die Netzspannung direkt hat ggf. keinen guten Sinus und auch 
Schwankungen der Spannung und Wellenform.

von Manfred (Gast)


Lesenswert?

Petra schrieb:
> Ich würde einen Trenntrafo oder Stelltrenntrafo nehmen

> Du hast einen guten_Sinus und hast keine Probleme mit
> nicht TRMS Messgeräten.
Selten so gelacht - klemme mal ein Scope auf die Netzspannung.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


Lesenswert?

Also Leute, die Netzspannung kann man als Kalibriergöße komplett 
vergessen,2-3V pedelt die im Normalfall im Sekundentakt schon herum, 
wenn mein 5kW Komressor anfährt, dann wirds kurzzeitig überhaupt finster 
in der Hütte.
Nein, man braucht einen schönen Sinusgenerator mit an die +/- 300V 
Ausgangsspannung. Die Idee mit dem Trafo am Ausgang gefällt mir ganz 
gut, müsste aber innerhalb der Rückkoppelschleife sitzen. Als 
Ansteuerung dann wohl eine Gegentaktstufe, die ich wegen der 
Übernahmeverzerrung nicht so schätze. Hier ist's ja eine A-Class 
(Heiz)Stufe.
Ja, ich hab's nicht erwähnt, die Messgeräte rechnen auch eine FFt der 
Netzspannung, daher sollten die Verzerrungen auch <0,1% sein.
Im Netz hab ich mich über käufliche Geräte schlau gemacht, kostet ab 
12000€ ähem... gebraucht. Neu so an die 100k€. Unglaublich.

>Ordentliches Kalibrieren legt dir eine Verantwortung auf!
>Die kannst du nur von dir wälzen, wenn ein dritter dafür
>einsteht (!)
Ähh.. der Chef bin aber selbst!


Grüsse

von Lurchi (Gast)


Lesenswert?

Bei nur 50 Hz sind Übernahmeverzerrungen nicht so sehr das Problem. Das 
kriegen die Audioverstärker als Klasse AB schon sehr gut hin. Eine 
wichtige Frage ist, wie viel Leistung benötigt wird. Bis etwa 50 W gibt 
es ohne Probleme Audioverstärker als IC.

Der Trafo muss nicht unbedingt in der Regelschleife sitzen, es kann aber 
helfen. Mit einem speziellen wirklich guten Trafo könnte es auch ohne 
gehen - aber günstiger wären normale Trafos. Für weniger Verzerrungen 
sollte man dabei lieber unter der Nennspannung bleiben. Also ggf. auch 
für nur 200 V lieber einen Trafo für 400 V oder 2 mal 230 V in Reihe.

Man könnte z.B. den Trafo für eine erste Näherung nutzen und galvanisch 
gekoppelt zum Ausgang (etwa in der Masse Leitung) einen 2. Verstärker 
für die Regelreserve haben. So bliebe der vom Frequenzgang ggf. 
schwierige Trafo und sogar der Haupt-Leistungsverstärker bei der 
Regelschleife weitgehend außen vor.

von Dieter W. (dds5)


Lesenswert?

Gebhard R. schrieb:
> Im Netz hab ich mich über käufliche Geräte schlau gemacht, kostet ab
> 12000€ ähem... gebraucht. Neu so an die 100k€. Unglaublich.

Im Moment bietet Singer in ebay einen Fluke 5200A für 1100€ plus Steuer 
an.

von Philipp C. (e61_phil) Benutzerseite


Lesenswert?

Dieter W. schrieb:
> Im Moment bietet Singer in ebay einen Fluke 5200A für 1100€ plus Steuer
> an.

Der macht ohne Verstärker aber nicht die gewünschten 200V.

von Manfred (Gast)


Lesenswert?

Gebhard R. schrieb:
> Also Leute, die Netzspannung kann man als Kalibriergöße komplett
> vergessen,2-3V pedelt die im Normalfall im Sekundentakt schon herum,
In der ELA (Elektroakustik) sind Verstärker mit 100V-Ausgang üblich. Zur 
Signalerzeugung könne man einen Phasenschiebergenerator oder eine 
Wien-Brücke ins Auge fassen.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

So, eine neue Schaltung mit Ausgangstrafo. Simuliert scheint's ja 
grundsätzlich zu funktionieren, aber in Wirklichkeit?? Das Modell des 
Trafos scheint mir nicht wirklich realistisch, ist aber in der Schaltung 
sehr bestimmend. Man verändere den Koppelfaktor und betrachte das 
Ausgangssignal bzw. die FFT des Ausgangssignals.
Weiss wer, wo man ein realistisches Spice-Modell für einen 
"gewöhnlichen" 2VA Netztrafo downloaden kann?

Grüsse

von gk (Gast)


Lesenswert?

Hier gibt es ggf. noch weitere Infos

Beitrag "Gibt es überhaupt einen AC Regler"

gk

von Lurchi (Gast)


Lesenswert?

Mit einem üblichen 2 VA billig Netztrafos wird es nur schwer bis 200 V 
gehen. Bei Betrieb an 230 V gehen da ggf. schon mal mehr als 20 V am 
Widerstand der Primärwindung verloren. Um auf 200 V zu kommen müsste der 
Kern also schon recht weit in die Sättigung getrieben werden und damit 
wird der Kern relativ stark nichtlinear mit der kleinen. Die ganz 
kleinen Trafos sind alles andere als Ideal - das sieht man z.B. daran 
dass da i.A. Die Primärwindung deutlich mehr Volumen einnimmt.

Bei konventionellen Trafos würde ich nicht unter etwa 5 VA gehen - 
bevorzugt wären aber Ringkern Trafos. Im Zweifelsfall halt lieber 2 
Trafos in Reihe, so dass man den Kern im mehr linearen Bereich mit 
geringerer Magnetisierung betrieben kann.

Bei der kleinen Leistung kann man auch auf Audio Verstärker (ggf. 
TDA2030 oder ähnlich) zurückgreifen. Da muss man sich keinen Klasse A 
Heizer antun, der auch nicht besser ist.


Die Chancen sind schon da, dass es mit der einfachen Schaltung 
funktioniert. So schlecht ist das einfache Modell nicht. Problematisch 
könnte ggf. eine Ferroresonanz des Trafo Kerns werden - die ist aber in 
den üblichen Transformator Modellen auch nicht enthalten. Da hat man 
einen Akustische Resonanz (z.B. im kHz Bereich) hoher Güte, die über die 
Magnetostriktion ankopplelt. Ein vergossener Ringkern-Trafo kann da 
helfen, weil die Resonanz stärker gedämpft sein sollte und bei 
Ringkernen oft die Magnetostriction schwächer ist.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


Lesenswert?

@Lurchi
Der Trafo muss innerhalb der Regelschleife sein, sonst hat das 
Ausgangssignal nur mehr bedingt mit Sinus zu tun. Ausserdem werden wohl 
erhebliche Magnetisierungsströme aufgebracht werden müssen. Aber der 
Audioverstärker könnte als Treiber passen.

Grüsse

von Andrew T. (marsufant)


Lesenswert?

Gebhard R. schrieb:
> Als
> Ansteuerung dann wohl eine Gegentaktstufe, die ich wegen der
> Übernahmeverzerrung nicht so schätze.

Da der Ausgang belastet ist, liegen die Übernhameverzerrungen um 2 bis 3 
Größenordnungen unter Deine Genauigkeitsanforderungen.
Mit anderen Worten, kannst Du beruhigt nutzen.

> Hier ist's ja eine A-Class
> (Heiz)Stufe.


Unnötig für diese Aufgabenstellung.


> Der Trafo muss innerhalb der Regelschleife sein, sonst hat das
Ausgangssignal nur mehr bedingt mit Sinus zu tun.

Nein, er muß innerhalb der Regelschleife sein um die 200V konstant 
zuhalten. Die Sinusform macht der Generator VOR dem Verstärker.

> Ausserdem werden wohl
> erhebliche Magnetisierungsströme aufgebracht werden müssen.

Liegen bei normalen NF-Trafos im Bereich  einige 10 Milliampere.
Trafos aus ELA Verstärkern sind da sehr gute Wahl.
Oder halt hochwertige Netztrafos .-)

von Lurchi (Gast)


Lesenswert?

Die einige 10 mA Magnetisierungsstrom beziehen sich auf die 230 V Seite, 
bei 24 V sind es dann schon ein paar 100 mA. Nicht wirklich störend 
viel, aber schon mehr. Der Strom hängt auch davon ab wie hoch man die 
Magnetisierung treibt. Vor allem bei den ganz kleinen geht der Strom 
deutlich hoch, wenn man sich der Nennspannung nähert. Bei den üblichen 
Trafotypen ist der Leerlaufverlust irgendwo im Bereich um 5 VA am 
kleinsten - kleinere Trafos bringen bei der Magnetisierung usw. eher 
keinen Vorteil

Mit einem wirklich guten (speziellen) Trafo ginge es auch noch ohne 
Regelschleife, aber die Regelschleife mit Feedback direkt vom Ausgang 
ist wohl günstiger und gibt einen kleineren Ausgangswiderstand.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


Lesenswert?

>Die einige 10 mA Magnetisierungsstrom beziehen sich auf die 230 V Seite,
>bei 24 V sind es dann schon ein paar 100 mA.

So wird's sein, also die Verlustleistung bewegt sich schnell in der 
selben Größenordnung wie bei der A-Class Stufe. dazu noch Unwägbarkeiten 
bezüglich der Stabilität.
Hab weiter nachgedacht und eine Brückenschaltung mit 2 A-Stufen gemacht. 
Hat den Vorteil, dass man max. 350V/20mA generieren muß und das sollte 
mit einem, Boost Konverter gehen.Ja, und die spektrale Reinheit des 
Signals will ich halt auch.Mit der A-Stufe kommt man lt. Simulation auf 
etwa 80dB was schon ziemlich gut ist.Der D/A Wandler liegt auch in 
dieser Größenordnung.Der Vorteil der trafolosen Lösung wäre ja auch, 
dass man die Kalibrierung mit einem DC Multimeter vornehmen kann 
(Scheitelspannungen statisch messen).

Grüsse

von Philipp C. (e61_phil) Benutzerseite


Lesenswert?

Gebhard R. schrieb:
> Der Vorteil der trafolosen Lösung wäre ja auch, dass man die
> Kalibrierung mit einem DC Multimeter vornehmen kann (Scheitelspannungen
> statisch messen).

Nur wie beweist man dann, das der Amplitudengang der ganzen Strecke auf 
100ppm glatt ist?

Bei 0,1% Anforderung und nur 50Hz wird es aber sicher gehen. Für mehr 
wäre es trotzdem interessant.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.