Hallo, ich versuche Sachen wie die Nyquist-Shannon-Abtasttheorem zu verstehen. Wenn ich eine Abtastrate von 100 MS/s habe kann ich Signale bis 50 MHz richtig messen. Aber was ist nun mit einem Oszilloskop wo eine Bandbreite von 50 MHz angegeben ist und eine Abtastrate von 1 GS/s. Wofür steht die 50 Mhz Bandbreite? Nach dem Abtasttheorem kann man mit 1 GS/s Frequenzen bis ca. 400 MHz noch richtig darstellen. Heißt das jetzt ich kann mit so einem Oszilloskop wirklich 400 MHz schnell Signale messen oder nur bis 50 Mhz?
Die Bandbreite eines Oszis ist die analoge Bandbreite. 50MHz Bandbreite heisst daß Dein Oszi bei 50MHz schon 3dB Dämpfung hat, d.h. Rechtecksignale bis 5MHz kannst Du damit einigermassen messen. 50MHz ist schon echt armselig.
Die 50 MHz bei dem Scope ist die Analog-Bandbreite der Eingangsverstärker. Ein Sinus-Signal wird bei dieser Frequenz nur noch mit 70% der Amplitude (-3 dB Bandbreite) dargestellt. Wenn das Scope tatsächlich mit 1 GS/s abtastet könntest du das Sinus-Signal sogar bis 500 MHz aliasing-frei abtasten, würdest aber nur noch rund 7 % der tasächlichen Amplitude sehen (Anahme: Eingangsverstärker verhält sich jenseits der Grenzfrequenz wie Tiefpass 1. Ordnung und dämpft mit 20 dB/Dekade) Praktisch kann man sich bei peridoschen Signalen behelfen, wenn man unterabtastet und so trotz geringerer Abtastrate mehr Datenpunkte sammeln kann. Damit kann man auch Signale erfassen, die höhere Frequenzanteile enthalten, als die Gültigkeit des Abtasttheorems zulässt. Wie gesagt, geht nur bei periodischen.
Gzun schrieb: > Wenn ich eine Abtastrate von 100 MS/s habe kann ich Signale bis 50 MHz > richtig messen. Der Vollständigkeit halber: "Richtig messen" kannst du ein 1:1 Rechtecksignal bis 50 MHz. Vom Sinus mit 50 MHz siehst du irgendeinen positiven und irgendeinen negativen Wert. Das 1:2 Rechtecksignal siehst du gar nicht mehr. Stelle dir dein Signal als Abfolge von Signalpegeln bestimmter Länge vor. Bei einer Abtastrate von 100 MHz kannst du also alle Pegel sicher "erkennen", die mindestens 1/100 MHz andauern (10ns). Bei einem 1:2 Rechtecksignal mit 50 MHz haben die beiden Pegel eine Dauer von 6,7ns und 13,3ns.
Mikro 7. schrieb: > Gzun schrieb: >> Wenn ich eine Abtastrate von 100 MS/s habe kann ich Signale bis 50 MHz >> richtig messen. > > Der Vollständigkeit halber: > > "Richtig messen" kannst du ein 1:1 Rechtecksignal bis 50 MHz. Vom Sinus > mit 50 MHz siehst du irgendeinen positiven und irgendeinen negativen > Wert. Das 1:2 Rechtecksignal siehst du gar nicht mehr. Da hat jemand das Abtasttheorem nicht verstanden. Ein 50 MHz Rechtecksignal kannst du mit einer Abtastrate von 100 MS/s NICHT mehr richtig messen. Einen Sinus mit 50 MHz schon. Die > irgendeinen positiven und irgendeinen negativen > Wert. eines Sinus sind völlig ausreichend um das Sinussignal vollständig zu rekonstruieren. Das ist der Große Zauber des Abtasttheorems. Hingegen zwei Messpunkte eines 50 MHZ Rechtecksignal sind NICHT ausreichend um das Rechtecksignal zu rekonstruieren. [Ich lasse jetzt mal "Kleinigkeiten" wie Randbedingungen, ideale Abtastung, ideale Signale usw. außen vor] > Stelle dir dein Signal als Abfolge von Signalpegeln bestimmter Länge > vor. Bei einer Abtastrate von 100 MHz kannst du also alle Pegel sicher > "erkennen", die mindestens 1/100 MHz andauern (10ns). Das Abtasttheorem beruht auf einer idealen Abtastung (Multiplikation des Signals mit einer Impulsfolge von Impulsen unendlich kurzer Dauer). "andauern" eines Pegels spielt dabei keine Rolle. > Bei einem 1:2 Rechtecksignal mit 50 MHz haben die beiden Pegel eine > Dauer von 6,7ns und 13,3ns. Egal.
M.N. schrieb: > Praktisch kann man sich bei peridoschen Signalen behelfen, > wenn man unterabtastet und so trotz geringerer Abtastrate > mehr Datenpunkte sammeln kann. Damit kann man auch Signale > erfassen, die höhere Frequenzanteile enthalten, als die > Gültigkeit des Abtasttheorems zulässt. Wie gesagt, geht > nur bei periodischen. Das ist zwar sachlich richtig, aber irreführend. Bei dem in der Ursprungsfrage als Beispiel genannten Oszi mit 50MHz / 1GSps funktioniert das nicht, weil die Analog- bandbreite des Eingangsverstaerkers zu gering ist. Daher kommmen die höherfrequenten Anteile gar nicht mehr am A/D-Wandler an. Bei einem Oszi mit 200MHz / 200MSps würde Unterabtastung funktionieren.
Jack schrieb: > Mikro 7. schrieb: >> Gzun schrieb: >>> Wenn ich eine Abtastrate von 100 MS/s habe kann ich Signale bis 50 MHz >>> richtig messen. >> >> Der Vollständigkeit halber: >> >> "Richtig messen" kannst du ein 1:1 Rechtecksignal bis 50 MHz. Vom Sinus >> mit 50 MHz siehst du irgendeinen positiven und irgendeinen negativen >> Wert. Das 1:2 Rechtecksignal siehst du gar nicht mehr. > > Da hat jemand das Abtasttheorem nicht verstanden. Du auch nicht. > Ein 50 MHz > Rechtecksignal kannst du mit einer Abtastrate von 100 MS/s NICHT mehr > richtig messen. Einen Sinus mit 50 MHz schon. Nein. Bei einem Sinussignal von exakt 50MHz kriegst du mit 100MHz Abtastrate je nach Phasenlage abwechselnd positive und negative Samples mit einer Größe irgendwo zwischen 0 und der Amplitude des Sinussignals. Wenn du "passend" abtastest, womöglich nur Nullsamples. Um das Signal aus dem Samples rekonstruieren zu können, muß die Frequenz [1] echt kleiner sein als die halbe Abtastfrequenz. Je näher dran, desto länger muß man messen, um Samples von jedem Punkt der Kurve zu kriegen (was wiederum ein periodisches Signal bedingt). Wenn es um das Messen von nichtsinusförmigen und womöglich noch nichtperiodischen Signalen geht, dann braucht man wenigstens 10 Samples pro Periode. Bzw. bei nichtperiodischen Signalen pro "interessantem" Zeitabschnitt. [1] eigentlich: höchste enthaltene Spektralfrequenz
Axel S. schrieb: > Du auch nicht. Ich wusste das so ein Blabla kommt. Was glaubst du, warum ich folgendes geschrieben habe: >> [Ich lasse jetzt mal "Kleinigkeiten" wie Randbedingungen, ideale >> Abtastung, ideale Signale usw. außen vor] Merkste was? > Bei einem Sinussignal von exakt 50MHz Genau diese Korinthenkackerei wollte ich vermeiden. Ja, das Signal muss einen Furz kleiner als 50 MHz sein. Na und? Praktisch sowieso nicht relevant und für die Korrektur der komplett falschen Aussagen ebenso nicht relevant.
Axel S. schrieb: > Wenn es um das Messen von nichtsinusförmigen und womöglich noch > nichtperiodischen Signalen geht, dann braucht man wenigstens 10 Samples > pro Periode. Bei nicht sinusförmigen Signalen implizierst du bei deiner Aussage doch, dass Frequenzanteile > fa/2 drin sind (Rechteck o.ä.). Wenn das jedoch nicht der Fall ist, geht es mit 2.x Samples pro Periode (fs < fa/2) auf jeden Fall. Oder, wo bin ich auf dem Holzweg?
Possetitjel schrieb: > Bei dem in der Ursprungsfrage als Beispiel genannten Oszi > mit 50MHz / 1GSps funktioniert das nicht, weil die Analog- > bandbreite des Eingangsverstaerkers zu gering ist. Daher > kommmen die höherfrequenten Anteile gar nicht mehr am > A/D-Wandler an. > > Bei einem Oszi mit 200MHz / 200MSps würde Unterabtastung > funktionieren. Einverstanden!
Hmja, etwas verwirrend, aber danke für die Antworten, es hilft ein wenig. Anscheinend ist es von Fall zu Fall anders bzw. es gibt einige Details zu beachten. Kennt ihr gute Bücher die solche Themen für Einsteiger behandeln?
HildeK schrieb: > Bei nicht sinusförmigen Signalen implizierst du bei > deiner Aussage doch, dass Frequenzanteile > fa/2 drin > sind (Rechteck o.ä.). Ja. > Wenn das jedoch nicht der Fall ist, geht es mit 2.x Samples > pro Periode (fs < fa/2) auf jeden Fall. Ja. Wobei das nur theoretisch relevant ist, weil man unsinnig steile Filter bräuchte. > Oder, wo bin ich auf dem Holzweg? Nein. Die gebetsmühlenartige Diskussion, ob man nun die dreifache, fünffache oder zehnfache Abtastfrequenz braucht, um ein Rechteck "richtig" wiederzugeben, erledigt sich sofort, wenn man sich klarmacht, dass sich das Abtasttheorem auf die höchste enthaltene SpektralKOMPONENTE bezieht -- und nicht auf die Grundwelle.
Possetitjel schrieb: > dass sich das Abtasttheorem auf die > höchste enthaltene SpektralKOMPONENTE bezieht -- und nicht > auf die Grundwelle. Auf nichts anderes wollte ich hinweisen in der Aussage von Axel Schwenke. Wir sind uns einig ... :-) Wobei das ja auch nicht ganz richtig ist: Shannon sagt eigentlich: die Bandbreite des abzutastenden Signals muss < fa/2 sein. Es ist als möglich und wird auch gemacht, dass ein Bandpasssignal sogar oberhalb von fa/s oder auch oberhalb von fa liegen kann! Die gängigsten Betrachtungen sehen aber meist nur das Basisbandsignal, so wie es auch in dem Thread relevant ist. Possetitjel schrieb: >> Wenn das jedoch nicht der Fall ist, geht es mit 2.x Samples >> pro Periode (fs < fa/2) auf jeden Fall. > > Ja. > > Wobei das nur theoretisch relevant ist, weil man unsinnig > steile Filter bräuchte. Auch da bin ich mit dir. Wobei der Hinweis auf 'Abtasttheorem' immer viel theoretische Betrachtungen beinhaltet. Wie gut und aufwändig das in der Praxis umsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt.
Moin, HildeK schrieb: > Wobei der Hinweis auf 'Abtasttheorem' immer > viel theoretische Betrachtungen beinhaltet. Sonst wuerde es ja auch Abtastpraxirem heissen ;-) Gruss WK
Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Nyquist-Shannon-Abtasttheorem "Das Abtasttheorem besagt, dass ein auf f max bandbegrenztes Signal aus einer Folge von äquidistanten Abtastwerten exakt rekonstruiert werden kann, wenn es mit einer Frequenz von größer als 2 ⋅ f max abgetastet wurde." Betonung liegt auf "größer". Insofern hat Axel recht. Der Artikel geht auch auf Unter- und Überabtastung ein. Von daher schon sehr interessant.
HildeK schrieb: > Possetitjel schrieb: >> dass sich das Abtasttheorem auf die >> höchste enthaltene SpektralKOMPONENTE bezieht -- und nicht >> auf die Grundwelle. > > Auf nichts anderes wollte ich hinweisen in der Aussage von Axel > Schwenke. Da ist nicht wirklich ein Widerspruch. Da ein Rechtecksignal eine unendliche Bandbreite hat, kann man es sowieso nicht exakt aus Samples rekonstruieren. Muß man auf eine derartige Banalität wirklich explizit hinweisen? Der Punkt ist halt, daß man mit einem Oszi interessantere Signale ansehen möchte als reine Sinus- oder reine Rechtecksignale. Zwei,komma Samples pro Periode reichen also in keinem Fall aus, Abtasttheorem hin oder her. Die von mir genannten 10 Samples sind eher das absolute Minimum, wenn man überhaupt sehen will, was da in etwa anliegt. Ein Oszi mit 50MHz Analogbandbreite und 1GS/s liefert bei der analogen Grenzfrequenz noch 20 Samples pro Periode. Das ist nicht ohne Grund so.
Axel S. schrieb: > Der Punkt ist halt, daß man mit einem Oszi interessantere > Signale ansehen möchte als reine Sinus- oder reine > Rechtecksignale. Zwei,komma Samples pro Periode reichen > also in keinem Fall aus, Abtasttheorem hin oder her. Soweit ist das richtig. > Die von mir genannten 10 Samples sind eher das absolute > Minimum, wenn man überhaupt sehen will, was da in etwa > anliegt. Das stimmt aber so nicht; das hängt nämlich von der Anwendung ab. Wenn man z.B. analogen HF-Krempel macht, hat man es häufig mit "fast" sinusförmigen Signalen zu tun. Da sind dann zwei Fragen interessant: - Enthält das Ausgangssignal (nichtperiodische) Anteile, die nicht synchron zum Eingangssignal sind? (Vulgo: Schwingt meine Schaltung?) - Wie hoch sind die Verzerrungen? Beide Fragen lassen sich mit etwas Erfahrung auch mit einem Oszi beantworten, das unterabtastet. (Natürlich SCHADET es auch in diesen Fällen nix, wenn man einen schnellen Echtzeit-Oszi hat; und gibt es auch viele Anwendungen, wo es zwingend erforderlich ist. Das ist unbestritten.) > Ein Oszi mit 50MHz Analogbandbreite und 1GS/s liefert > bei der analogen Grenzfrequenz noch 20 Samples pro > Periode. Das ist nicht ohne Grund so. Ja -- die boshafte Antwort wäre: "Weil Oszis billig geworden sind und in Massen von Leuten eingesetzt werden, die keine Ahnung haben". Siehe dazu die Glosse in der aktuellen c't.
HildeK schrieb: >> Wobei das nur theoretisch relevant ist, weil man unsinnig >> steile Filter bräuchte. > > Auch da bin ich mit dir. Ohh. Ich wollte keine Eulen nach Athen tragen :) > Wobei der Hinweis auf 'Abtasttheorem' immer viel > theoretische Betrachtungen beinhaltet. Wie gut und > aufwändig das in der Praxis umsetzbar ist, steht > auf einem anderen Blatt. Hmm... ich weiss nicht, ob ich Dich richtig verstehe. Ein DSO ist ja tatsächlich ein Abtastsystem, insofern muss man ja zwingend wenigstens ein paar Grundaussagen kennen, um es sachgerecht anwenden zu können. Auf Arbeit waren wir im Bereich bis ca. 300MHz unterwegs; ich hatte ein 200MHz/2GSps-Tektronix zur Verfügung. Ich bin nie auch nur im entferntesten an die Grenzen gestoßen, die durch die 2GSps diktiert wurden. Die - manchmal auch groben - Messfehler sind immer auf der analogen Seite, also außerhalb vom Oszi entstanden.
Also bei DEN Antworten, die man hier lesen kann, gehört jedem Zweiten das Diplom entzogen. Schlimm, ... einfach schlimm ....
Possetitjel schrieb: > Hmm... ich weiss nicht, ob ich Dich richtig verstehe. Das bezog sich auf die Umsetzbarkeit steiler Filter. Possetitjel schrieb: > Ich bin nie auch nur im entferntesten an die Grenzen gestoßen, > die durch die 2GSps diktiert wurden. Ich schon, mit einem 5/10 GS/s - Skope, wenngleich das auch eher an der analogen Bandbreite von 'nur' 1GHz lag. Probleme in der Flanke von DDR-Speicher waren nur zu ahnen und wurden deshalb von Kollegen einfach übersehen ...
Da stellt sich doch für Außenstehende die Frage ob dass eigentlich wirklich praktisches Wissen ist oder ob es doch nicht eher eine viel diskutierte Wissenschaft darstellt mit noch vielen ungeklärten Fragen.
Jack schrieb: > Genau diese Korinthenkackerei wollte ich vermeiden. Ja, das Signal muss > einen Furz kleiner als 50 MHz sein. Na und? Praktisch sowieso nicht > relevant Spätestens wenn der Bildschirm/Speicher des Oszis nicht unendlich viele Samples erfassen kann, kommt dieser Furz zum tragen.
Moin, Marko1 schrieb: > Da stellt sich doch für Außenstehende die Frage ob dass eigentlich > wirklich praktisches Wissen ist oder ob es doch nicht eher eine viel > diskutierte Wissenschaft darstellt mit noch vielen ungeklärten Fragen. Der Innenstehende kann dir versichern, dass da nix mehr ungeklaert ist; hoechstens von einzelnen unverstanden. Geschichtlich ist's ja auch interessant, dass da doch voellig verschiedene Leute auf die selben Ergebnisse kamen - Kotelnikow, Raabe, Shannon. Also wird wohl doch was dran sein... Gruss WK
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.