Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Eigenerwärmung Thermistor durch Mess-Strom


von Matthias W. (matt007)


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übliche Thermistoren können z.B. 10k oder 100k bei 25°C haben. Zur 
Temperaturmessung wird ein bekannter Mess-Strom angelegt - z.B. über 
eine Konstantstromquelle oder einen Widerstand nach VCC oder Vref.

Bei der Messung ist der Effekt der Eigenerwärmung des Sensors zu 
betrachten. Insbesondere in Luft kann dies die Messung ggf. stärker 
verfälschen.

Beispiel: bei einem Thermistor mit sehr kleiner Bauform ist 0.15mW für 
1°C Erwärmung angegeben. Damit ergibt sich bei 10k bei 25°C und 100k 
Vorwiderstand nach VCC=5V 45uA Mess-Strom und eine Eigenerwärmung von 
0.14°C.

Bei einem 100k Thermistor führt ein Mess-Strom in der Größenordnung 45uA 
zu deutlich mehr Leistung und Erwärmung. Bei 39°C sind 0.74°C Abweichung 
möglich. Bei 61°C und 100uA errechnen sich 1.67°C Abweichung.

Um dies zu vermeiden ist der Strom durch den Sensor ausreichend klein zu 
halten und damit der Vorwiderstand ausreichend groß.

Manche AD-Wandler haben Stromquellen auf dem chip zur Messung von RTDs. 
Ströme können beispielsweise 50uA oder auch 200uA sein. Für die Messung 
von Thermistoren erscheint dies hoch wenn man den Fehler durch 
Eigenerwärmung gering halten möchte.

Es erscheint daher ggf. günstiger kleinere Stromquellen zur Versorgung 
des Sensors zu verwenden oder größere Serienwiderstände. Zu beachten ist 
dann jedoch ggf. die Belastung des Teilers durch den AD-Wandler. Als 
Belastung wirken Leckströme und Umladeströme von Kondensatoren des 
Wandlers selbst.

Fazit:
Es erscheint nicht so einfach Thermistoren ohne nennenswerte 
Eigenerwärmung in Luft über einen größeren Temperaturbereich auszuwerten 
da der Widerstand des Thermistors stark von der Temperatur abhängt.
Bei kleinen Temperaturen ist der Widerstand sehr groß (z.B. Rt~326k bei 
0°C) und damit der Effekt der Belastung durch den AD-Wandler ebenso.
Bei hohen Temperaturen wird der Thermistor stark niederohmig und damit 
die Spannung pro °C zunehmend kleiner. Ein 100k-Sensor liefert bei 110°C 
und 200k Widerstand nach 2.5V ~58mV Spannung (Rt~4.8k). 1°C Auflösung 
sind dabei ~1.76mV.

: Verschoben durch User
von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Hier scheint es ratsam, den Thermistor nur während der tatsächlichen 
Messung zu bestromen. Temperaturen muss man ja nun nicht besonders oft 
messen, insbesondere, wenn es um Raumtemperaturen o.ä. geht. Der mit 
Raumtemperaturen steuerbare Regelkreis (Heizung etc.) ist so träge, daß 
es genügt, die Temperatur im Minutentakt zu erfassen.

Da die Messung selbst nur ein paar Millisekunden dauert, sollte damit 
die Eigenerwärmung des Thermistors zu vernachlässigen sein.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Wäre das nicht besser ein Artikel im Wiki geworden?

von Matthias W. (matt007)


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Rufus Τ. F. schrieb:
> den Thermistor nur während der tatsächlichen
> Messung zu bestromen.

Danke Rufus.

das ist sicher eine Methode um die thermische Last im Mittel zu senken. 
Es erhöht sich halt der Aufwand. Wenn man 8 Thermistoren an einem MUX 
betreibt, so muss man dann die Vorwiderstände ggf. auch noch Muxen.

es wurden bewusst Thermistoren mit kleiner Zeitkonstante verwendet damit 
auch raschere Veränderungen an Rohren noch brauchbar erfasst werden 
können.

wenn man Analogfilter verwendet für jeden Thermistor wird es nötig erst 
dieses Filter einschwingen zu lassen bevor man den Wert dann wandelt.

daher klingt es erst mal einfacher nicht zu takten.

von Matthias W. (matt007)


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Axel S. schrieb:
> Wäre das nicht besser ein Artikel im Wiki geworden?

gute Frage. Da kann man ihn sicher immer noch unterbringen wenn etwas 
mehr Substanz da ist.

von Peter D. (peda)


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Temperaturänderungen erfolgen in der Regel langsam. Es ist daher üblich, 
den Sensor zu pulsen und z.B. nur alle 10s eine Messung durchzuführen.

von Matthias W. (matt007)


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Peter D. schrieb:
> Temperaturänderungen erfolgen in der Regel langsam.

manche Temperaturänderungen erfolgen langsam, andere nicht so sehr. 
Daher muss man ggf. überlegen wie oft man abtasten möchte um auf der 
sicheren Seite zu sein.

vor 30 Jahren nutzte ich zu Therapiezwecken (Überwärmungstherapie) eine 
Thermistormessung bei 22 Sensoren und bestimmte die Temperatur alle 2s 
um daraus die jeweils kältesten Elektroden zu bestimmen um genau diese 
dann gezielt zu bestromen.

Es gibt diverse Anwendungen wo man viel öfter als alle 10s einen 
brauchbaren Wert benötigt.

Wo man selten einen Wert braucht kann man natürlich pulsen. Dazu muss 
man dann zumindest einen getakteten Ausgang vorsehen.

von HildeK (Gast)


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Matthias W. schrieb:
> Bei einem 100k Thermistor führt ein Mess-Strom in der Größenordnung 45uA
> zu deutlich mehr Leistung und Erwärmung.

Wenn du den Strom in beiden Varianten, 10k und 100k Thermistor, gleich 
lässt, dann erhältst du natürlich auch die zehnfache Leistung an ihm.

Matthias W. schrieb:
> Wenn man 8 Thermistoren an einem MUX
> betreibt, so muss man dann die Vorwiderstände ggf. auch noch Muxen.

Nicht unbedingt. Du kannst z.B. auch den Massepunkt der Teiler aus 
Widerstand und Thermistor zusammenschalten und gemeinsam mit einem 
MOSFET auf GND legen zur Messung. Oder, bei einem µC nimmst du einen 
Port und setzt den für die Messung auf HIGH zum Versorgen des Teilers.

Matthias W. schrieb:
> es wurden bewusst Thermistoren mit kleiner Zeitkonstante verwendet damit
> auch raschere Veränderungen an Rohren noch brauchbar erfasst werden
> können.

Wie rasch? So eine Messung dauert <1ms. Und selbst wenn du sie in 
10ms-Schritten wiederholst, dann belastest du ihn nur noch um höchstens 
1/9. Und 10ms sind schon schnell für eine Temperaturmessung.

Matthias W. schrieb:
> wenn man Analogfilter verwendet für jeden Thermistor wird es nötig erst
> dieses Filter einschwingen zu lassen bevor man den Wert dann wandelt.

Das muss natürlich passen. Oder du bestimmst durch Mehrfachmessung einen 
Durchschnitt und hältst die Zeitkonstante des Filters kleiner.

Abgesehen davon: Der Thermistor hat das beschriebene Problem doch nur, 
wenn er z.B. frei in der Luft hängt, ohne Airflow etc. Ist er an ein 
Objekt mit wesentlich größerer Wärmekapazität gut thermisch gekoppelt , 
spielt die Eigenerwärmung im Sub-Milliwattbereich doch keine Rolle mehr.

von Der Andere (Gast)


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HildeK schrieb:
> Abgesehen davon: Der Thermistor hat das beschriebene Problem doch nur,
> wenn er z.B. frei in der Luft hängt, ohne Airflow etc. Ist er an ein
> Objekt mit wesentlich größerer Wärmekapazität gut thermisch gekoppelt ,
> spielt die Eigenerwärmung im Sub-Milliwattbereich doch keine Rolle mehr.

Genau das war auch mein Gedanke, zumal der TO ja sagt:

Matthias W. schrieb:
> es wurden bewusst Thermistoren mit kleiner Zeitkonstante verwendet damit
> auch raschere Veränderungen an Rohren noch brauchbar erfasst werden
> können.

Das bedeutet aber auch, daß die Sensoren thermisch gut gekoppelt sein 
müssen, damit sie der tatsächlichen Temperatur auch ausreichend schnell 
folgen.
Das wiederum bedeutet im Umkehrschluss, daß der Thermistor seine Abwärme 
durch das Messen genauso gut an das Rohr los wird und der Fehler 
deutlich kleiner wird.

von Matthias W. (matt007)


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HildeK schrieb:
> Wenn du den Strom in beiden Varianten, 10k und 100k Thermistor, gleich
> lässt, dann erhältst du natürlich auch die zehnfache Leistung an ihm.

Danke Hilde, das ist klar. Die Tabellenkalkulation zeigt es auf. 
Momentan nutze ich einen Vorwiderstand 200k nach 2.5V. Der Strom liegt 
dann bei ~3-12uA in dem Temperaturbereich wo ich messen will. Die 
Erwärmung scheint da vernachlässigbar.

> gemeinsam mit einem
> MOSFET auf GND legen zur Messung. Oder, bei einem µC nimmst du einen
> Port und setzt den für die Messung auf HIGH zum Versorgen des Teilers.

es ist angedacht mehrere dieser Sensoren über einen Mux laufen zu 
lassen. Natürlich kann man alle Sensoren gleichzeitig aktivieren oder 
deaktivieren. Man muss halt nur aufpassen daß nach dem Einschalten der 
Wert sich stabilisiert hat (auch am Eingang-C) bevor man wandelt.

> Wie rasch? So eine Messung dauert <1ms. Und selbst wenn du sie in
> 10ms-Schritten wiederholst, dann belastest du ihn nur noch um höchstens
> 1/9. Und 10ms sind schon schnell für eine Temperaturmessung.

ja. 10ms wird sicher reichen, 50ms oder 100ms in diesem Fall wohl auch.

> Das muss natürlich passen. Oder du bestimmst durch Mehrfachmessung einen
> Durchschnitt und hältst die Zeitkonstante des Filters kleiner.

Mehrfachmessung wollte ich nach Möglichkeit vermeiden.

> Abgesehen davon: Der Thermistor hat das beschriebene Problem doch nur,
> wenn er z.B. frei in der Luft hängt, ohne Airflow etc. Ist er an ein
> Objekt mit wesentlich größerer Wärmekapazität gut thermisch gekoppelt ,
> spielt die Eigenerwärmung im Sub-Milliwattbereich doch keine Rolle mehr.

ja. Man muss ihn gut thermisch ankoppeln. Leider ist das nicht immer so 
einfach. Beliebig viel Aufwand will ich nicht treiben. Daher hatte ich 
den Sensor mit Klebeband oder mit einen herumgewickelten Cu-Draht so gut 
es geht in Kontakt mit dem Metall des Rohrs gebracht. Das ist nicht 
immer ideal. Da kann auch ein kleiner Luftraum zwischen Sensor und 
Metall entstehen.

dazu kommt daß der nun aus Kostengründen angedachte 100k-Thermistor mit 
kleiner Glasperle leider recht träge reagiert im Vergleich zu den 
kleinen 10k-Thermistoren die ich früher verwendet hatte. Die waren sehr 
schnell aber dafür oft defekt wenn sie feucht wurden.

von Matthias W. (matt007)


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Der Andere schrieb:
> Das wiederum bedeutet im Umkehrschluss, daß der Thermistor seine Abwärme
> durch das Messen genauso gut an das Rohr los wird und der Fehler
> deutlich kleiner wird.

ja. Auch das ist richtig. Die Art der Anbringung ist ein wichtiger 
Faktor. Je schlechter der thermische Kontakt umso größer die Fehler. Es 
ist nicht so einfach den thermischen Kontakt bei einer Behelfsanbringung 
die nicht viel Zeit dauern soll und sich leicht wieder lösen lassen soll 
stets ideal zu halten. Je weniger Wärmekapazität der Sensor hat umso 
kleiner werden übergangsbedingte Fehler. Man kann empfindliche Sensoren 
auch mit Epoxi aufkleben. Nur sind sie dann nicht mehr leicht und heil 
zu entfernen.

In der Industrie ist das eher egal. Da sind Sensoren oft Einwegteile. 
Man wirft diese danach einfach weg. Als "Bastler" will man eher sparsam 
umgehen (Rüstzeit und Geld) und trotzdem brauchbare Ergebnisse erzielen.

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