Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Stromstärke im Käfig von Asynchronmotoren


von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Hallo zusammen,

hat jemand zufällig Infos darüber, wie hoch die Stromstärke in den 
Stäben im Käfig von Asynchron-Elektromotoren so ungefähr ist?  Z.B. beim 
Tesla-Modell S ?

Damit der Käfig einen kräftgen Magneten bildet und weil ja nur sehr 
wenige Stäbe vorhanden sind (im Gegensatz zu Magnetspulen mit hunderten 
von Windungen)  müsste dort doch eigentlich ein extrem hoher Strom 
fließen oder?

Danke für eure Infos bzw Einschätzungen.

Viele Grüße
Karl Römer

von Schreiber (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:

> Damit der Käfig einen kräftgen Magneten bildet und weil ja nur sehr
> wenige Stäbe vorhanden sind (im Gegensatz zu Magnetspulen mit hunderten
> von Windungen)  müsste dort doch eigentlich ein extrem hoher Strom
> fließen

Selbstverständlich. Das kann man ausrechnen, man bewegt sich hier aber 
im kA-Bereich. Und das schon bei kleineren Motoren.

von Peter R. (Gast)


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Eine Überschlagsrechnung ergibt sich, wenn die Windungszahl der 
Ständerwicklung bekannt ist.

Man kann nämlich die Windungszahl des Läufers als eine Windung annehmen.

Dann ergibt sich als Läuferstrom N2/N1 mal I. I ist dabei der 
Stromanteil im Ständerstrom, der über die Leerlaufaufnahme hinausgeht. 
Da kommen leicht -zig oder hunderte A heraus.

Was man nicht so gut bestimmen kann ist die Verteilung des Stroms in den 
verschiedenen Stäben des Läuferkäfigs. Die Stäbe direkt unter dem Pol 
haben halt mehr Strom als die etwas außen liegenden.

Man müsste halt die Zahl der unter einem Pol liegenden Stäbe kennen und 
als erste Näherung eine sinusförmige Verteilung des Strombelags des 
Läufers annehmen.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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>>Man kann nämlich die Windungszahl des Läufers als eine Windung annehmen.

Ah, wenn man das so sehen darf, wäre das ja eine gute Faustformel. Ich 
dachte, die Ströme in den Stäben wären von den Strömen im Stator 
vollkommen unabhängig und einfach nur gigantisch groß.
Wenn man bedenkt, wie schwach das Magnetfeld um einen 
stromdurchflossenen Leiter ist...

von Walter T. (nicolas)


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Peter R. schrieb:
> ann ergibt sich als Läuferstrom N2/N1 mal I.

Gilt das nicht nur im Stillstand? Erzeugt ein Asynchronmotor keine 
Gegen-EMK?

Karl-alfred R. schrieb:
> Wenn man bedenkt, wie schwach das Magnetfeld um einen
> stromdurchflossenen Leiter ist...

Naja, die Lorenzkraft kann auch bei recht kleinen Flußdichten einen 
ordentlichen Betrag annehmen.

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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Karl-alfred R. schrieb:
> müsste dort doch eigentlich ein extrem hoher Strom
> fließen oder?

Ja, die Dicke der Stäbe mag dir eine Idee davon geben.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Danke für all eure Antworten. :)

>Gilt das nicht nur im Stillstand? Erzeugt ein Asynchronmotor
>keine Gegen-EMK?


Das frage ich mich auch. Nur mal angenommen, die Stäbe im Rotor hätten 
Null ohmschen Widerstand. Dann kann doch schlecht ein unendlich hoher 
Strom induziert werden?  Damit hätte man ja quasi unendlich stark 
Magneten. Wäre ja zu schön um wahr zu sein.
Wenn es aber stimmt, dass die Stromstärkenverhältnisse ungefähr 
umgekehrt den Windungszahlverhältnissen entsprechen, wäre die 
Stromstärke in den Stäben von daher doch wieder begrenzt.

Kann man sagen, dass der Wirkungsgrad von Asynchronmotoren extrem stark 
vom ohmschen Widerstand der Stäbe abhängt und im Extremfall (also 
Widerstand der Stäbe = 0) genauso hoch wird, wie bei Synchronmotoren mit 
dem teuren Neodym-Magnet-Gedöhnse?

: Bearbeitet durch User
von Nicht-Prüf-Elektriker (Gast)


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> Kann man sagen, dass der Wirkungsgrad von Asynchronmotoren extrem stark
vom ohmschen Widerstand der Stäbe abhängt und im Extremfall (also
Widerstand der Stäbe = 0) genauso hoch wird, wie bei Synchronmotoren mit
dem teuren Neodym-Magnet-Gedöhnse?

Ja, genau so!

von Pandur S. (jetztnicht)


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> .. Wirkungsgrad ..

Ausser, dass die Permanentmagnete das Feld schon haben und nicht erst 
erzeugen muessen. Und dass die Neodym Motore sich wahrscheinlich teurere 
Materialien leisten koennen wie die total optimierten Asynchronmotore.

Ein Asynchronmotor ist nicht auf maximalen Wirkungsgrad gebaut, sondern 
auf akzeptable Verluste bei minimalstem Preis.

von Peter R. (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Kann man sagen, dass der Wirkungsgrad von Asynchronmotoren extrem stark
> vom ohmschen Widerstand der Stäbe abhängt und im Extremfall (also
> Widerstand der Stäbe = 0) genauso hoch wird, wie bei Synchronmotoren mit
> dem teuren Neodym-Magnet-Gedöhnse

Der Wirkungsgrad bei Kurzschlussläufern hängt direkt mit dem Schlupf 
zusammen: Ist der Schlupf z.B. 5%, wird eta nicht besser als 0,95

Karl-alfred R. schrieb:
> Nur mal angenommen, die Stäbe im Rotor hätten
> Null ohmschen Widerstand. Dann kann doch schlecht ein unendlich hoher
> Strom induziert werden?

Der Kurzschlussläufer ist ein verkappter Transformator,mit beweglicher 
Sekundärwicklung. Deshalb gilt auch die Transformatorregel I1/I2 = 
N2/N1.
Nix mit unendlich.
Supraleitung ist dann aber ein Grenzfall. Da würde das Feld im Motor 
durch die für Supra typische Stromverdrängung ganz extrem verbogen.

von Hui Nei (Gast)


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> Deshalb gilt auch die Transformatorregel I1/I2 = N2/N1. Nix mit unendlich.

Die Traforegel gilt nur fuer linearen Betrieb. Der primaere Strom kann 
viel groesser werden wenn das Feld in die Saettigung geht.

von hinz (Gast)


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Hui Nei schrieb:
>> Deshalb gilt auch die Transformatorregel I1/I2 = N2/N1. Nix mit
> unendlich.
>
> Die Traforegel gilt nur fuer linearen Betrieb. Der primaere Strom kann
> viel groesser werden wenn das Feld in die Saettigung geht.

Deshalb betreibt man Motoren nicht oberhalb ihrer Nennspannung, wie 
Trafos auch.

von Peter R. (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Kann man sagen, dass der Wirkungsgrad von Asynchronmotoren extrem stark
> vom ohmschen Widerstand der Stäbe abhängt und im Extremfall (also
> Widerstand der Stäbe = 0) genauso hoch wird,...

Bei Widerstand der Stäbe gegen null wird der  Wirkungsgrad sehr gut, da 
dann der durch den Schlupf erzeugte Ankerstrom seine volle Größe hat.

Mit dem Widerstand der Ankerstäbe hat zwar Einfluss auf den 
Wirkungsgrad, genutzt wird er aber für Veränderung der 
Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie im Anlaufbereich.

Großer Widerstand verringert den Anlaufstrom deutlich.

Beispiel ist da der Doppelkäfig-Läufer: außen, für Normalbetrieb, Stäbe 
aus Kupfer (da mit gutem Wirkungsgrad). Innen, fürs Anlaufverhalten, 
Stäbe aus Widerstandsmaterial (auf Kosten des Wirkungsgrades).

im Normalbetrieb hat der Ankerstrom nur die Frequenz des Schlupfs z.B. 
5% von 50 Hz. Der Strom fließt dann vorwiegend im verlustarmen 
Außenkäfig da dessen Induktivität bei 2,5Hz geringen Widerstand hat.
Bei Stillstand des Ankers fließt auch im inneren Widerstandskäfig Strom, 
weil der Widerstand des äußeren Käfigs durch die 50Hz des Ankerstroms 
induktive Widerstandserhöhung bekommt.

von Peter R. (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:
> die Ströme in den Stäben wären von den Strömen im Stator
> vollkommen unabhängig und einfach nur gigantisch groß.

Sind sie nicht, sie haben mit dem Drehmoment des Motors zu tun und sind 
erst einmal linear zum geforderten Drehmoment. Groß sind sie nur 
insoweit, dass sie in einer Windung fließen im Gegensatz zu den vielen 
Windungen des Stators.
Die Durchflutung in Amperewindungen bleibt in etwa gleich

von Pandur S. (jetztnicht)


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>hinz schrieb :
>>Hui Nei schrieb:
>>> Deshalb gilt auch die Transformatorregel I1/I2 = N2/N1. Nix mit
>>> unendlich.
>>
>> Die Traforegel gilt nur fuer linearen Betrieb. Der primaere Strom kann
>> viel groesser werden wenn das Feld in die Saettigung geht.
>
>Deshalb betreibt man Motoren nicht oberhalb ihrer Nennspannung, wie
>Trafos auch.

Mit dem Unterschied, dass ein Trafo bei Nennleistung nicht gegen einen 
Kurzschluss arbeitet, eine Asynchronmaschine bei Anlauf eben schon.

Einen grossen Trafo scheint man im Kurzschlussfall zerlegen zu koennen.

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Peter R. schrieb:

> Beispiel ist da der Doppelkäfig-Läufer: außen, für Normalbetrieb, Stäbe
> aus Kupfer (da mit gutem Wirkungsgrad). Innen, fürs Anlaufverhalten,
> Stäbe aus Widerstandsmaterial (auf Kosten des Wirkungsgrades).

Falsch: Im Anlauf ist die Rotofrequenz aufgrund des großen Schlupfes 
vergleichsweise hoch, so dass aufgrund der Stromverdrängung der Strom in 
den Rotorstäben nur in der Nähe des Luftspalts fließt.

Grüßle,
Volker

von hinz (Gast)


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Sapperlot W. schrieb:
> Einen grossen Trafo scheint man im Kurzschlussfall zerlegen zu koennen.

Dem fehlt für gewöhnlich der Luftspalt.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Vielen Dank für all eure Antworten.  Ich glaube, meine Frage ist grob 
beantwortet. Von den Sonder- und Extremfällen sehe ich mal ab.

DerLuftspalt hat mich schon in anderem Zusammenhang Kopfzerbrechen 
bereitet. Habe gelesen, dass in so nem Luftspalt magnetische Energie 
gespeichert werden kann. Dazu werde ich aber einen getrennten Thread 
erstellen, wenn sich mir die Frage noch mal konkreter aufdrängt.

von Ingo S. (ingo_s812)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Z.B. beim
> Tesla-Modell S ?

Der Motor der großen DriveUnit, welche bei den alten Modellen und 
heutzutage noch bei den P-Modellen eingesetzt wird, hat 5 Windungen pro 
Phase im Stator. Der Maximalstrom beim alten P85 waren 1300A.
Wenn man jetzt simpelstes Trafoprinzip anwenden würde, käme man auf 
6500A.

von Peter R. (Gast)


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Ingo S. schrieb:
> Der Maximalstrom beim alten P85 waren 1300A.
> Wenn man jetzt simpelstes Trafoprinzip anwenden würde, käme man auf
> 6500A.

Ja und?

 Wenn der Stator, mit 5 Windungen, 1300A abkann, dürfte der Rotor mit 1 
Windung die 6500A auch abkönnen. Schließlich haben die Käfigstäbe in den 
Nuten des Läufers etwa die gleiche Durchflutung ( Amperewindungen ) wie 
die Windungen in den Statornuten.
 Das ist halt so bei einem Trafo, dass primär und sekundär für optimale 
Auslegung einen gleich großen Wickelraum haben sollte.

von Ingo Schaper (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Ja und?

Nichts "Ja und?". Alles gut ;-)

Ich wollte nur nochmal ein paar Daten zum Falle Tesla einwerfen, da der 
Themenstarter u.a. auch hiernach fragte.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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5 Windungen nur (pro Pol?) im Stator?  Ist ja heftig.

Aus welchem Grund haben kleine Trafos eigentlich hunderte bis tausende 
Windungen auf den Spulen, wenn es doch auch mit so wenigen Windungen 
geht?

von Carl D. (jcw2)


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Karl-alfred R. schrieb:
> 5 Windungen nur (pro Pol?) im Stator?  Ist ja heftig.
>
> Aus welchem Grund haben kleine Trafos eigentlich hunderte bis tausende
> Windungen auf den Spulen, wenn es doch auch mit so wenigen Windungen
> geht?

Weil sie keine paar hundert kW umsetzen müssen?

Wenn man nur ein paar mA hat dann braucht man viele Windungen um 
spürbare AmperWindungen zusammen zu bekommen.

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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@ Karl-alfred Römer (karl-alfred_roemer)

>5 Windungen nur (pro Pol?) im Stator?  Ist ja heftig.

Jo.

>Aus welchem Grund haben kleine Trafos eigentlich hunderte bis tausende
>Windungen auf den Spulen, wenn es doch auch mit so wenigen Windungen
>geht?

Weil sie einen kleinen magnetischen Querschnitt haben, aber wie ihre 
großen Brüder die volle Netzspannung als Magnetisierungsquelle 
verkraften müssen.

Siehe

https://www.mikrocontroller.net/articles/Transformatoren_und_Spulen#Entwicklung_von_Netztrafos

von Lurchi (Gast)


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Auch bei Trafos nimmt die Zahl der Windungen ab.

Bei hypothetischen 1 m² Eisenquerschnitt kommt man in die Größenordung 
300 V pro Windung - ist dann also nichts mehr mit kleinen Spannungen.

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