Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Heizkurve linear?


von skorpionx (Gast)


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Ich bin gerade bei der Programmierung von meiner Heizung. 
Vorlauftemperatur
sollte von Heizkurve abgeleitet werden. Bei allen klassischen Heizkurven 
wird über Steigung gesprochen aber wie im Beispiel sind die Kurven nicht 
„ganz“ linear.
Ich will meine Kurve in dieser Funktion berechnen:

 /*Temperatur von Heizkurve auslesen*/
 short TemperaturVonHeizuKurve(unsigned short HeizKurveSteigung,short 
HeizKurveVerschiebung,short AussenTemperatur,
                               short MinHeizTmp,short MaxHeizTmp)
//HeizKurveSteigung mit zwei Kommastellen, andere mit eine Kommastelle
{
 #define FussPunkt 200        //Temperatur 20.0
 short X_Koordinate,Y_Koordinate;

X_Koordinate = -(AussenTemperatur- FussPunkt );
Y_Koordinate = (((X_Koordinate*HeizKurveSteigung)/10)+ 
HeizKurveVerschiebung)+FussPunkt ;
if(Y_Koordinate>MaxHeizTmp)
   Y_Koordinate=MaxHeizTmp;
else if(Y_Koordinate<MinHeizTmp)
   Y_Koordinate=MinHeizTmp;
return Y_Koordinate;
}

Meine Kurve ist linear. Kann das so sein oder gibt es andere Methode?

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Relativ offensichtlich ist, dass (stationär) der Wärmebedarf eines 
Raumes linear zur Außentemperatur ist.

Trotzdem kann man diverse Argumente für nicht-lineare Heizkurven 
anführen.
Die Strahlungsleistung der Heizkörper ist z.B. nicht linear zur 
Vorlauftemperatur.
Ebenso die Luft-Heizleistung, weil die Konvektion selbst ja auch von der 
Temperatur abhängt.
Je nach Heizfläche, z.B. Fußbodenheizung, gibt es ja auch eine gewisse 
Selbstregelung der abgegebenen Leistung, unabhängig von der 
Vorlauftemperatur.

Trotzdem ist die lineare Kurve gar nicht schlecht.
Viel eher das Problem ist ja oft, dass gar nicht genau genug eingestellt 
(d.h. niedrig genug gemacht) wird.
Du hast ja so schon genug Parameter die du nicht mit einmal hinschauen 
angeben oder ausrechnen kannst:
Im Diagramm oben ist es nur die Steigung.
Fängst du aber an, andere Wärmegewinne zu berücksichtigen (z.B. durch 
Menschen, Elektrogeräte, Fenster) Ist der Nullpunkt bei 20/20 nicht mehr 
gültig, d.h. es kommt ein Offset dazu.
Viele setzen auch eine Heizgrenze, d.h. dass z.B. oberhalb von 17° 
Außentemperatur gar nicht geheizt werden soll.

Den instationären Fall mal ganz außen vor gelassen...

--> Imho: linear ist schon ok.

von Sebastian L. (sebastian_l72)


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skorpionx schrieb:
> Ich bin gerade bei der Programmierung von meiner Heizung.
> Vorlauftemperatur
> sollte von Heizkurve abgeleitet werden. Bei allen klassischen Heizkurven
> wird über Steigung gesprochen aber wie im Beispiel sind die Kurven nicht
> „ganz“ linear.[....]
> Meine Kurve ist linear. Kann das so sein oder gibt es andere Methode?

Du kannst i.d.R. das ruhig linear mit Paralellverschiebung machen.

Deine wesentlichen Heizwärmeverluste sind Wärmetransmission der 
Wärmeleitung (lineares verhalten T-innen zu T-aussen) durch die 
Gebäudehülle. Dazu ein wenig Konvektion und Strahlung.
Und natürlich Lüftungsverluste! Die spezifischen Heizwärmeverluste der 
Lüftung (Lüftungwärmetransfer DIN 18699-2) sind weitestgehend linear. 
Die Mengenmässigen Heizwärmeverluste sind statisch abhängig von der 
Dichtigkeit, dem Windschutzkoeffzienten und nach Lüftungstrategie 
(Fenster, mechanisch, mit/ohne WRG). Zudem dann dynamisch von der 
aktuellen Windverhältnissen und Nutzerverhalten (aka Fensterlüftung, Tür 
zu oder auf). Gegen dieses dynamische Verhalten muss du gegenanregeln.

ABER:
Die Kennlinie deiner Anlage ist aber nicht unbedingt linear. Hierzu 
musst du in die Kennlinie(n) deiner Wärmegeber schauen.
Bei Flächenheizung und Wärmegebern die auf 55-30 ausgelegt sind, bist du 
aber sehr nah an der Linearitet. Wer dagegen nur Radiatoren (weder 
Konvektoren oder Flächenheizung) hat der braucht eine Annäherung an das 
exponentialverhalten der Radiatoren - muss also schon mit ca 45 C 
Vorlauftemp. bei 16C Aussentemp. fahren, damit so ein alter 
Gusseisenklotz dazu überredet werden kann Wärme abzugeben.

Die Steigung ist eine Variable, die nach Anlagentyp vorgegeben wird und 
dann empirisch nach Anlage justierst - dazu jedesmal den Controller 
umzuprogrammieren ist weniger praktikabel.

Ebenfalls sollte Parallelverschiebung der Kurve als Variable möglich 
sein um den Effekt von internen Wärmequellen und exponentialverhalten 
der Anlagenkennlinie zu kompensieren.
Wer viele interne Wärmequellen hat muss bei einer Tagesmitteltemperatur 
von 15 C ja nicht unbedingt noch dazuheizen.

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Tilo R. schrieb:
> Fängst du aber an, andere Wärmegewinne zu berücksichtigen (z.B. durch
> Menschen, Elektrogeräte, Fenster) Ist der Nullpunkt bei 20/20 nicht mehr
> gültig, d.h. es kommt ein Offset dazu.
das kann ich nur unterstützen.
Es kommt bei der benötigten Heizleistung sehr auf die Art des Hauses mit 
Wärmedämmung, internen Wärmequellen und Fensterfläche mit erhbelichen 
Wärmeeintrag bei Sonnenschein an. So kann es je nach äußeren Bedingungen 
sein, dass die reine Außentemp. ziemlich nebensächlich wird.

Ich lebe in einem Niedrigenergiehaus mit sehr guter Wärmedämmung aber 
eher geringer Wärmekapazität der Wände. Da ist es so, dass es bei 
Sonnenschein auch ohne Heizung im Zimmer warm wird, weil paar hundert 
Watt durch die Fenster reinkommen, obwohl es draußen unter 0°C ist. Die 
Außentemp. darf da nur sehr wenig Einfluss auf die Regelung haben. Da 
kann man diesen Parameter auch gleich weglassen und besser nur auf den 
Sollwert innen Regeln.
Gruß Öletronika

von Noch einer (Gast)


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Erstaunlicherweise funktionieren da Experimente besser als exakte 
Berechnungen.

Für das von U.M. angesprochene Problem kannst du das Thermometer Süd-Ost 
in die Sonne hängen. Funkionert besser als jede aufwendige Regelung.

Dazu kommt die Trägheit. 2 Stunden bevor sich die Wolken verziehen 
solltest du die Heizung abschalten.

Das größte Problem - die empfundene Temperatur entspricht nicht den 
Messwerten. An einem nasskalten Regentag fühlen sich 20 Grad 
Innentemperatur kälter an als an einem trockenem Tag im März.

Verschwende deine Zeit nicht mit theorethischen Überlegungen. Einfach 
ausprobieren, was du als Behaglich empfindest.

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Ich erinnere mich an kein Thema, wo ich allen Antworten so 
vollumfänglich zustimmen konnte.
Bis jetzt ein großartiger Thread!

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Noch einer schrieb:
> Das größte Problem - die empfundene Temperatur entspricht nicht den
> Messwerten. An einem nasskalten Regentag fühlen sich 20 Grad
> Innentemperatur kälter an als an einem trockenem Tag im März.
der Fakt an sich, dass das Temperaturempfinden anders ist als die 
gmessene Temp., kann ich auch bestätigen.
Da gibt es ein paar Effekte, sowohl physikalisch als auch rein 
subjektive.

1) Einen Haupteffekt macht die rel. Luftfeuchte
Besonders bei kalten Außentemp. sinkt die rel. Feuchte stark ab, wenn 
die Luft im Zimmer erwärmt wird. Eine niedrige Feuchte fociert aber die 
Verdunstung von Feuchte auf der Haut.
Das merkt man sehr deutlich. Während man im Sommer bei 25°C mit hoher 
Luftfeuchte (schwüles Wetter) schon richtig ins schwitzen kommen kann, 
kann man im Winter bei 25°C auch schon frösteln (besonders, wenn man 
inaktiv ist).

2) Natürlich ist das Wärmeempfinden auch von der momentanen Aktivität 
abhängig. Tagsüber, wenn man zu tun hat und hin- und her läuft wird man 
nicht so schnell frieren. Wenn man aber nur still sitzt (z.B. am 
Computer) wird es einem eher kühl. Wenn man müde ist, fröstelt man auch 
eher.
Gruß Öletronika

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