Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Schrittmotor: elektronischer Freilauf


von Walter T. (nicolas)


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Guten Morgen,

ich habe eine Anwendung, bei der ein Schrittmotor auch extern 
angetrieben werden können soll, d.h. die Schaltung darf keinen Schaden 
nehmen, wenn der Motor extern angetrieben wird. Darüber hinaus muß der 
Motor auch leichtgängig bleiben.

Die Schaltung darf natürlich auch dann keinen Schaden nehmen, wenn keine 
Versorgungsspannung anliegt. Sie darf auch keine instabile 
Versorgungsspannung für den vorhandenen Mikrocontroller erzeugen, die 
den EEPROM-Inhalt gefährdet.

Es ist nicht notwendig, daß der leichtgängige Zustand ohne 
Versorgungsspannung vorliegt. Es ist völlig in Ordnung, wenn sich der 
Motor ohne Versorgungsspannung nur schwer drehen läßt, wenn die 
Schaltung keinen Schaden nimmt.

Vorläufig ist für die Schrittmotor-Endstufe ein L6474 bei 42V 
Versorgungsspannung vorgesehen. (Sollte ein anderer Treiber geeigneter 
sein, kann ich noch wechseln.) Die durch Fremdantrieb erreichbare 
Drehzahl liegt deutlich unterhalb derer, die durch Motorbetrieb erreicht 
wird.




Im Datenblatt des L6474 scheint dieser Fall nicht vorgesehen zu sein (es 
wird noch nicht einmal davor gewarnt). Die Ausgangs-Brückentreiber 
werden nur als hochohmig im nicht-initialisierten Zustand beschrieben.

Ansatz 1:
 - Eine Art Crossbar (Relais? Triac?) schließt die Ausgänge des 
Schrittmotor-Treibers kurz, so lange keine Versorgungsspannung anliegt, 
d.h. Fremdantrieb ohne Versorgungsspannung wird weitestgehend 
unterbunden.
 - Die Versorgungsspannung des Schrittmotortreibers wird mit einer Diode 
entkoppelt
 - Die Source-Drain-Dioden sind im Datenblatt sogar spezifiziert, d.h. 
sie lassen sich als Klemmdioden nutzen.

Ansatz 2:
Wie Ansatz 1, nur Verzicht auf die Crossbar. Die EMK eines Schrittmotors 
ist bekannt, und wird der Motor langsamer als im Regelbetrieb 
fremdangetrieben, kann die EMK für keine höhere Spannung als die 
Versorgungsspannung sorgen, die die Endstufe ja ohnehin gewohnt ist. Da 
an diesem Schaltungsteil nur der (abgeschaltete) Schrittmotortreiber 
hängt, ist die Last an diesem "Zwischenkreis" so gering, daß der Motor 
leichtgängig bleibt.

Ansatz 3:
Eine bessere Idee?

Viele Grüße
W.T.

von georg (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Es ist völlig in Ordnung, wenn sich der
> Motor ohne Versorgungsspannung nur schwer drehen läßt, wenn die
> Schaltung keinen Schaden nimmt.

Wenn der Schrittmotor schon ohne jeden Strom schwergängig ist (wie die 
meisten, zumindest verstehe ich das nicht unter leichtgängig), wie soll 
dann eine Elektronik, egal welche, das ändern? Dazu müsste man die 
Permanentmagnete entmagnetisieren.

Georg

von Walter T. (nicolas)


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georg schrieb:
> Wenn der Schrittmotor schon ohne jeden Strom schwergängig ist

Ist er nicht. Ohne Kabel ist er wunderbar leichtgängig.

Und das soll auch so bleiben, wenn er am (abgeschalteten) 
Schrittmotortreiber angeschlossen wird.

: Bearbeitet durch User
von Alex (Gast)


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Den Motor bei Bedarf mit Relais' von der Schaltung trennen und gut 
ist`s.

von Johann Klammer (Gast)


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Den Treiber hochohmig schalten, und eine Z diode oÄ. mit ausreichender 
Leistung in den Versorgungskreis um die Spannung zu begrenzen.

von Olaf (Gast)


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Abschalten ueber Relais koennte ich mir vorstellen.

Kurzschliessen eher nicht. Dann lassen sich die Motoren fast nicht mehr 
drehen kannst du ja schnell ausproberen.

Einfach so benutzen ist auch problematisch. Man ja fuer gewoehnlich 
Schutzdioden an den Treiber und die bauen dann die Versorgungs auf wenn 
der Motor gedreht wird. So ein Motor ist ein wunderbarer Dynamo. Das 
heisst das der Motor erstmal schwer drehen geht bis er die Elkos in der 
Versorgung geladen hat und je nach restlicher Schaltung springt die dann 
irgendwann an oder vielleicht geht auch der Spannungsregler kaputt. 
Z-Diode ist auch doof weil die halt Leistung verheizt und das bedeutet 
das sich der Motor schwer drehen laesst.

Olaf

von Alexander S. (esko) Benutzerseite


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Dein Ansatz 2 klingt doch ganz gut. Zusätzlich noch eine Z-Diode wie 
Johann Klammer schrieb.
Ob nicht doch der Bootstrap Schaltkreis oder etwas anderes Probleme 
macht, wirst du erst sehen, wenn du es ausprobiert hast.

Walter T. schrieb:
> - Die Versorgungsspannung des Schrittmotortreibers wird mit einer Diode
> entkoppelt

Evtl. gar nicht nötig, je nachdem was das für eine Netzteil für die 
Motorversorgung VSA und VSB ist.


Olaf schrieb:
> Das heisst das der Motor erstmal schwer drehen geht bis er die Elkos in
> der Versorgung geladen hat und je nach restlicher Schaltung springt die
> dann irgendwann an oder vielleicht geht auch der Spannungsregler kaputt.

Fast immer ist die Motorstromversorgung von der restlichen Schaltung 
getrennt, d.h. es gibt ein Netzteil für den Motor und eines für die 
Logik.

> Z-Diode ist auch doof weil die halt Leistung verheizt und das bedeutet
> das sich der Motor schwer drehen laesst.

Erst wenn man den Motor schneller generatorisch dreht, als er es 
motorisch tun würde.

: Bearbeitet durch User
von m.n. (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Die durch Fremdantrieb erreichbare
> Drehzahl liegt deutlich unterhalb derer, die durch Motorbetrieb erreicht
> wird.

Dann miss doch mal die erzeugte Spannung. Diese ververmutlich deutlich 
unter der nominalen Betriebsspannung des Treibers liegen.

Der L6474 hat einen /standby-Eingang, mit dem die Ausgangstreiber 
abgeschaltet werden können. Mit Schutzdioden gegen V++ und GND an den 
Treiberausgängen wird da nichts kaputt gehen.

von Michael B. (laberkopp)


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Walter T. schrieb:
> ich habe eine Anwendung, bei der ein Schrittmotor auch extern
> angetrieben werden können soll, d.h. die Schaltung darf keinen Schaden
> nehmen, wenn der Motor extern angetrieben wird. Darüber hinaus muß der
> Motor auch leichtgängig bleiben.

Nach dem mir in einer solchen Anwendung mehrfach die Schrittmotortreiber 
(TB6560) kaputt gegangen sind, trenne ich nun die Motoren per Relais: 
Super.

Ganz Freilauf ist das natürlich wegen des Rastmoments der Schrittmotore 
nicht, aber zumindest stört niemanden mehr die generierte Spannung.

von Walter T. (nicolas)


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So, ich bin jetzt mal zu Messungen gekommen:

Durch furioses Kurbeln schaffe ich eine Frequenz von ca. 600 Hz und eine 
Leerlaufspannung USS von ca. 80 V.

Bei einer Versorgungsspannung von 19 V schaffe ich eine maximale 
Schrittfrequenz von 15 kHz (bei 1/16-Schritt), entsprechend ca. 625 Hz, 
bei höherer Schrittfrequenz stallt er.

Sprich: Die Annahme, daß die Leerlaufspannung im Generatorbetrieb nicht 
höher werden kann als die Versorgungsspannung im Motorbetrieb bei der 
gleichen Drehzahl ist schon einmal falsch. Die Kurve für die Gegen-EMK 
gilt wohl nur bei Nennstrom.

Ich muß also auf jeden Fall sicherstellen, daß die Spannung im 
"Zwischenkreis" nicht unkontrolliert ansteigen kann.

Michael B. schrieb:
> Nach dem mir in einer solchen Anwendung mehrfach die Schrittmotortreiber
> (TB6560) kaputt gegangen sind, trenne ich nun die Motoren per Relais:
> Super.

Da ja Schrittmotortreiber keine Unterbrechung des Stromflusses vertragen 
und die TB6560 so richtige Mimosen sind: Nutzt Du ein spezielles Relais 
mit voreilendem Schließkontakt? Oder stellst Du irgendwie sicher, daß 
das Relais nur dann abfallen kann, wenn der Schrittmotortreiber im 
Standby-Modus ist?

von Michael B. (laberkopp)


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Walter T. schrieb:
> Du irgendwie sicher, daß
> das Relais nur dann abfallen kann, wenn der Schrittmotortreiber im
> Standby-Modus ist?

Es heht um eine Fräsmaschine.

Die Relais werden von der Versorgungsspannung der Steuerung geschaltet.

Ist die (Mach3 CNC) Steuerung ein, verbinden die Relais und man bedient 
elektronisch.

Ist der Versorgungsschalter aus, sind die Relais aus, und man hat 
ungefährdet Handbetrieb.

Insofern schalten die Relais nur abgeschaltete (Enable) Treiber.

von Walter T. (nicolas)


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Stimmt, für den TB6560 benötigst Du ja ohnehin eine Steuerung, die die 
Folge beim Anlegen der Versorgungsspannungen sicherstellt. Das sollte es 
locker reichen, wenn der Kontakt mit der Versorgungsspannung hergestellt 
und getrennt wird.

Solange ich sicherstelle, daß beim Abschalten der Versorgungsspannung 
das Relais angezogen bleibt, solange der Schrittmotortreiber im 
Aktivzustand ist, sollte das auch bei mir kein Problem sein. Vielleicht 
spendiere ich noch zur Sicherheit eine kleine Speicherdrossel.

Platzsparender wäre vermutlich ein Relais mit voreilend schließendem 
Wechselkontakt - aber ich bezweifele, daß ich soetwas überhaupt zu 
vernünftigen Preisen bekommen kann.


Danke für die Diskussion!

von m.n. (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Sprich: Die Annahme, daß die Leerlaufspannung im Generatorbetrieb nicht
> höher werden kann als die Versorgungsspannung im Motorbetrieb bei der
> gleichen Drehzahl ist schon einmal falsch.

Du wolltest sicherlich sagen, daß meine Vermutung nicht zutrifft. Du 
schriebst von einer 'deutlich' niedrigeren Drehzahl durch externes 
Drehen. Bei künftigen Fragen bitte präzisere Vorgaben machen!

Was hindert Dich daran, die Spannungsspitzen durch 'furioses Drehen' auf 
ein sinnvolles Maß zu begrenzen.

von Holm T. (Gast)


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Abgesehen von der Relaislösung kann man natürlich auch den Zwischenkreis
durch eine Z-Diode oder eine Transil vor Überspannung schützen, dann 
bremst der Motor erst wenn die geklemmte Zwischenkreisspannung 
überschritten wird (furioses drehen).

Ich habe Schrittmotortreiber mit dem TB6560 für industriellen Einsatz 
konstruiert und programmiert (ich produziere sie nicht) und kann 
eigentlich nicht sagen das der TB6560 eine Mimose ist. Das Einzige was 
ich an dem Ding blöde finde ist die Einschaltreihenfolge der Spannungen 
da ich die 5V aus den 36V Motorspannung erzeuge. Habe einen FET 
eingesetzt der die 36V für den Treiber verzögert zuschaltet und ich habe 
eine 38V Transil am Zwischenkreis.

Gruß,
Holm

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