Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik BLDC <-> PMSM, Unterschiede und Umbau


von Werner (Gast)


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Hallo,

ich würde gerne ein bisschen tiefer in die Materie PM-Synchronmotor 
(Sinus-EMK) einsteigen. Leider sind gängige PM-Synchronmotoren sehr 
teuer. Daher kam mir die Idee, einen BLDC aus dem Modellbau umzubauen.

Wenn man nach den unterschieden sucht, findet man den Unterschied in der 
Form der EMK. Soweit ich das verstanden habe, kann diese

1. Durch eine entsprechende Statorwicklung
2. Durch eine entsprechende Anordnung der Magneten am Rotor

erzeugt werden.

Hierzu finde ich allerdings keine gute Literatur, die einen Überblick 
verschaft, was die Unterschiede im Aufbau der Maschine sind. Kann hierzu 
jemand vielleicht etwas empfehlen?

Wenn man jetzt mal von Schrägung der PMs usw. absieht, ist der Rotor vom 
Aufbau her identisch?

Ist es möglich durch ein umwickeln der Statorwicklung eine (zumindest 
annäherend) Sinusförmige EMK zu erhalten? Hat hierzu jemand 
Literaturempfehlungen, die den unterschied der Statorwicklung für PMSM 
und BLDC genauer erklären?

Hat jemand evtl. schon einen BLDC zur PMSM umgebaut?

Kann jemand einen speziellen BLDC empfehlen, der sich für so einen Umbau 
eignet?

Danke und schönenen Abend,

Werner

von Dieter (Gast)


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Bei beiden wird ein Drehfeld im Stator erzeugt. Die Mehrzahl der PMSM 
werden auf den Betrieb mit 50/60Hz Drehstrom ausgelegt.

Viele BLDC Motoren sind auf Betrieb mit höheren Frequenzen ausgelegt und 
man bezieht die Ansteuerschaltung namensmäßig gleich mit ein, die mit DC 
versorgt wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrstenloser_Gleichstrommotor

BLDC-Motoren können auch mit sinusförmigen Drehstrom betrieben werden. 
Zur Drehzahl muss noch die zugehörige Spannung ermittelt werden, so dass 
der Motor nicht überlastet wird, ungefähr

n proportional f
f proportional 1/U

Ein Umwickeln ist nicht zu empfehlen. Die Nähe zum sinusförmigen 
Kurvenverlauf bestimmt die Ansteuerschaltung des BLDC Motors. Eine 
Ansteuerschaltung mit PWM deutlich höhere Frequenz als die Drehzahl (pro 
Sekunde) ermöglicht einen sinusförmigen Verlauf als Hüllkurve zu 
erzeugen.

Zum Drehstrom-Sinusumrichter mit Gleichstromzwischenkreis besteht dann 
auch kein wesentlicher Unterschied mehr.

von Vincent H. (vinci)


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Ich klink mich hier mal ein... Ich stehe aktuell vor ähnlichen 
Fragestellungen. Leider ein sehr schwieriges Thema zu dem es kaum 
vernünftige Literatur gibt. Und wenn es eine gibt, dann steht da meist 
der selbe Copy&Paste Satz drin den offensichtlich mal irgendjemand vor 
20 Jahren verfasst hat..

"Blabla BLDC trapezförmige EMF, blabla PMSM sinusförmige EMF ."

Oder natürlich man verweist auf die Ansteuerung

"Blabla BLDC diskrete PWM Stufen, blabla PMSM Vektor-Ansteuerung ."


Wesentlich bessere (aber immer noch nicht wirklich gute) Erläuterungen 
findent man in "Permanent Magnet Synchronous and Brushless DC Motor 
Drives" von R. Krishnan. Nach dem ersten Mal quer drüberlesen würde ich 
behaupten, dass der Unterschied zw. BLDC und PMSM (BLAC) so gut wie 
ausschließlich in der Verteilung der Durchflutung über die 
Statorwicklungen zu finden ist. Die englischsprachige Literatur nennt 
jene Verteilung "MMF (Magnetomotive force) Distribution".

Bei BLDC Maschinen dürfte die Durchflutung (wir erinnern uns, 
Durchflutung einer Wicklung = Strom * Windungen) rechteckförmig verteilt 
sein. Das heißt jede Wicklung in einem BLDC Motor hat die selbe Anzahl 
an Windungen, bzw. genauer gesagt die selbe Durchflutung, egal wie die 
nun erreicht wird.

Bei PMSM Maschinen ist die Durchflutung sinusförmig verteilt. Das heißt 
das man über geschickte Anordnung der Wicklungen oder über die Anzahl 
der Windungen pro Wicklung die Durchflutung entsprechend einem Sinus auf 
die zur Verfügung stehenden Slots pro Pol und Phase aufteilt. Das macht 
natürlich nur dann Sinn wenn mehr als 1x Slot zur Verfügung steht... 
sonst kann man natürlich nix verteilen. ;)


Hat man das einmal ein wenig behirnt versteht man auch endlich wie die 
unterschiedlichen EMF Kurven überhaupt entstehen können, bzw. wieso man 
einen Typen mit diskreten Schritten und den anderen mit einem 
Quasi-Sinus auf Basis eines Drehvektors ansteuern muss...


Falls jemand weitere Unterschiede kennt, bzw. mehr von der ganzen 
Materie weiß würd ich mich über weitere Antworten freuen!

von Klaus (Gast)


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Vincent H. schrieb:
> "Blabla BLDC trapezförmige EMF, blabla PMSM sinusförmige EMF ."

Ich hab noch nie eine trapezförmige EMK gemessen, es war immer ein mehr 
oder weniger guter Sinus. Der Sinus ergibt sich automatisch, wenn sich 
der Winkel zwischen Magnet und Spule ändert. Das ist einfach die 
Projektion eines sich drehenden Vektors auf die Achse der Spule.

Ich vermute beides ist das Gleiche, der Unterschied ist einfach 
Wichtigtuerei.

Vincent H. schrieb:
> Bei PMSM Maschinen ist die Durchflutung sinusförmig verteilt. Das heißt
> das man über geschickte Anordnung der Wicklungen oder über die Anzahl
> der Windungen pro Wicklung die Durchflutung entsprechend einem Sinus auf
> die zur Verfügung stehenden Slots pro Pol und Phase aufteilt. Das macht
> natürlich nur dann Sinn wenn mehr als 1x Slot zur Verfügung steht...
> sonst kann man natürlich nix verteilen. ;)

Es gibt typisch drei Spulen, selbst wenn es viele Slots sind. Die 
Wicklung um einen Slot sind alle gleich. Die Spulen jedes dritten Slots 
sind alle hintereinander geschaltet und werden so gemeinsam gesteuert. 
Da wird nix verteilt. Und der Unterschied zwischen Block und 
Sinusansteuerung liegt nur im zeitlichen Verlauf des Stroms, einmal 
einfach ein und aus, das andere Mal PWM sinusmoduliert. Mit einer 
Sinusansteuerung von drei Spulen kann das Drehmoment kontinuierlich 
gedreht werden, bei der Blockansteuerung springt es und erzeugt einen 
Ripple im Drehmoment. Mehr Geheimnis ist da nicht drin.

MfG Klaus

von Vincent H. (vinci)


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Ich häng hier mal eine Grafik aus besagtem Buch an...
Da steht schwarz auf weiß dass die Anzahl der Windungen nicht überall 
ident ist.

/edit
sry, ist ein ".png"

: Bearbeitet durch User
von Klaus (Gast)


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Vincent H. schrieb:
> Da steht schwarz auf weiß dass die Anzahl der Windungen nicht überall
> ident ist.

Keine Ahnung, was da beschrieben wird. Ich hab zwar die Windungen in den 
Motoren, die ich von innen gesehen habe, nicht einzeln ausgezählt, aber 
die sahen alle gleich aus. Auch bei Motoren mit wirklich vielen Polen. 
Besorg doch mal einen solchen Motor und zeig ein paar Bilder.

Wie schon gesagt, ein Sinus bzw. Cosinus taucht von alleine auf, wenn 
man den Magneten gleichförmig dreht. Ist einfach die Projektion eines 
Vektors auf die Achse der Spule. Und nun stell dir drei Spulen mit 120° 
Versatz vor, dann hast du Drehstrom.

MfG Klaus

von Vincent H. (vinci)


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Das von dir gepostete Photo ist aber ein BLDC, keine PMSM. Den meisten 
Hobbyisten kommen auf Grund der Verbreitung im Modellbau wohl auch 
wesentlich mehr BLDCs unter als PMSMs...

Wenn ich einen hät, dann hät ich ihn schon geöffnet. Sonst müsst ich 
auch nicht Bücher wälzen und hier fragen. ;)

von Alex E. (tecnologic) Benutzerseite


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Moin Zusammen,

1. Eine Trapezförmige EMF wäre unstetig und ist somit physikalisch 
unmöglich.
2. Ein Chinese der einen BLDC baut wird immer den simpelsten Ansatz 
verwenden. Deshalb haben die alle Oberflächen montierte Magnete und 
fallen in die Kategorie der Surface Mount PMSM, unabhängig ob Außen oder 
Innenläufer.
3. Der größte Unterschied zwischen einem "BLDC" und einer 
Industrie-Synchronmaschine ist das Rastmoment. Die meisten BLDC haben 
ein fieses Rastmoment.
4. die Interior Mount PMSM, also die mit Magneten die in die Rotorbleche 
eingeschoben werden sind, dann die industrielle Königsklasse der Magnet 
behafteten Synchron-Maschinen. Sowas habe ich noch nie unter der 
Bezeichnung BLDC gesehen.

Gruß

Alex

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Ich weiß nicht ob ihr das nicht zu eng seht...
Das was im "Amateur Modellbaubereich" als "BLDC Motor" bezeichnet wird 
ist die Kombination aus einer permanent erregten Synchronmaschine und 
einer elektronischen Schaltung zur Kommutation.
Im Industriebereich hingegen werden für derartige Antriebe ebenfalls 
permanent erregte Synchronmaschinen verwendet, jedoch eben mit einem 
frequenzumrichter.
Das ist AFAIK der Hauptunterschied. Und bei dem elektronischen 
Kommutator wird halt eben hart kommutiert. Beim frequenzumrichter ist 
das anders gelöst (zB Vektorregelung).

von Werner (Gast)


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Hier noch eine Arbeit vom MIT:

https://dspace.mit.edu/handle/1721.1/61599

mit einer ganz guten Differenzierung. Und ein Auszug:

Some physical conditions that would lead to a trapezoidal back EMF are:
* Concentrated windings.
* No stator or magnet skew.
* Discrete magnet poles with uniform magnetization.
These conditions all lead to sharp transitions in the flux linkage, 
which give the trapezoidal back
EMF waveform its distinct shape. While it does influence the shape of 
the back EMF, stator core
saturation is not the reason for the flat top of the back EMF. 
(Saturation implies small rate of
change of flux, so it would affect the shape near the back EMF zero 
crossing, not at the peaks.)
Some physical conditions that would lead to a sinusoidal back EMF are as 
follows:
* Overlapped or sinusoidally-distributed windings.
* A coreless stator (with windings only, no steel laminations).
* Stator and/or magnet skew.
magnetization.
.
Sinusoidal
These conditions all round off the flux linkage so that it more closely 
approximates an ideal
sinusoid. Practically, a motor with these characteristics can be more 
difficult to make, and thus
more costly. In general, low-cost motors tend to have a more of the 
characteristics that lead to a
trapezoidal back EMF.

von Dieter (Gast)


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BLDC Motor kann auch mit sinusfoermigen Spannungen angesteuert werden. 
Die Schraegungen sollen helfen Einfluesse von besonders 
Oberwellenlastigen Spannungen zu reduzieren, stoeren aber ohne 
Oberwellen nicht.

von Werner (Gast)


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Dieter schrieb:
> BLDC Motor kann auch mit sinusfoermigen Spannungen angesteuert werden.

Ja, genau. So schreibt das auch der Author in der Arbeit oben. Auf Seite 
21 sieht man die Sinusmodulations bei ideal angenommener trapezförmiger 
EMK. Man erhält dadurch "nur" ein Drehmomentrippel. (Mit der Anmerkung 
das bei trap. EMK + 6-step Kommutierung auch ein Drehmomentrippel 
vorhanden sind - im idealfall (der hier angenommen wird) aber nicht.)

Dieter schrieb:
> Die Schraegungen

Meinst du jetzt die schräge Anordnung der Magneten bei der PMSM?

Dieter schrieb:
> sollen helfen Einfluesse von besonders
> Oberwellenlastigen Spannungen zu reduzieren

Das lässt für mich darauf schließen (auf die schräge Anordnung der 
Magneten), aber wenn dann Oberschwingungen in der Spannung und 
Oberwellen im Fluss.

Dieter schrieb:
> stoeren aber ohne
> Oberwellen nicht.

Versteh ich nicht ganz, kannst du das noch etwas ausführlicher erklären?

Danke im Voraus.

Werner

von Antenne (Gast)


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Hi,

hier kursiert gerade ziemlich viel Halbwissen herum...

@Werner:
So richtig verstehen wird man dieses doch nicht ganz einfache Thema wohl 
erst, nachdem man mal einen solchen Motor entwickelt hat.
Ich hatte dieses im Rahmen meiner Abschlussarbeit.
Ich kann dir aber folgendes Buch von Andreas Binder empfehlen:
    *- Elektrische Maschinen und Antriebe: Grundlagen, 
Betriebsverhalten*

Dort, bzw. im Allgemeinen solltest du dir besondersdas Thema 
Motorwicklung anschauen. Stichpunkte sind: Zahnspulenwicklung und 
Verteilte Wicklung.
Ebenfalls kannst du, wie schon von vinci gepostet, nach den Begriffen 
MMF, (im deutschen MMK) oder Back EMF, EMK suchen.
Dies beschreibt den zeitlichen Verlauf der Durchflutung und induzierten 
Spannung.
Danach geht es weiter, mit den unterschiedlichen Ansteuerungsverfahren. 
Hier sind die Sinuskommutierung und Blockkommutierung hervorzuheben.

Wenn du dann immer noch Interesse hast, lade dir ein FEM 
Simulationsprogramm herunter und spiele hier ein bisschen mit.
Empfehlen kann ich hier ProFEMAG, welches du unter 
https://www.profemag.ch/index.php?lang=de testen kannst.
Dies ist speziell auf die Simulation von Motoren entwickelt.

Wenn du FEMM kennst ( http://www.femm.info/wiki/HomePage ), so kann 
ich dir eine selbstgeschriebene Scilabroutine mit GUI zukommen lassen, 
in welcher man auch sehr einfach eine PMSM simulieren kann.
Ich habe da zwei Motorgeometrien, eine mit vergrabenen Magneten und eine 
mit oberflächen Magneten eingebunden.

Ich hoffe ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen.
LG Patrick

von Harlekin (Gast)


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Hallo Vincent Hamp

Geht es um die Optimierung der beiden Motortypen oder um die 
grundsätzlichen Unterschiede?

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Alexander B. schrieb:

> 1. Eine Trapezförmige EMF wäre unstetig und ist somit physikalisch
> unmöglich.

Bitte? Eine rechteckförmige Funktion ist unstetig. Eine trapezförmige 
ist stetig, aber nicht stetig differenzierbar, d.h. ihre erste Ableitung 
ist unstetig -- wenn schon klugschei*en, dann bitte korrekt!

Eine weitgehend trapezförmige induzierte Spannung (bzw. Polradspannung) 
ergibt sich bereits, wenn neben der Grundschwingung eine ausgeprägte 
dritte Oberschwingung induziert wird (abgeplattete Sinuskuppe). Mir sind 
verschiedene physikalisch existierende Maschinen synchroner Bauform 
bekannt, die eine solche aufweisen.

Diese dritte Oberschwingung kann aber durch die Wicklungsauslegung recht 
einfach unterdrückt werden, beispielsweise durch eine Sehnung der 
Wicklung oder auch, wenn die Wicklung in Dreieckschaltung verdrahtet 
wird.

Meiner bescheidenen Meinung nach, ist die Unterscheidung von BLDC und 
Synchronmaschine rein akademischer Natur.

Grüßle
Volker

von Werner (Gast)


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Antenne schrieb:
> Wenn du FEMM kennst ( http://www.femm.info/wiki/HomePage ), so kann
> ich dir eine selbstgeschriebene Scilabroutine mit GUI zukommen lassen,
> in welcher man auch sehr einfach eine PMSM simulieren kann.

Hallo Patrick, das wäre durchaus interessant.

von Peter S. (Gast)


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Klaus schrieb:
> Ich vermute beides ist das Gleiche, der Unterschied ist einfach
> Wichtigtuerei.

Der Unterschied ist, dass Motoren mit trapezförmiger EMK für 
blockförmige Ströme (Blockkommutierung) und Motoren mit sinusförmiger 
EMK für sinusförmige Ströme konzipiert sind.

von Werner H. (wernerhoe)


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Werner schrieb:
> Antenne schrieb:
>> Wenn du FEMM kennst ( http://www.femm.info/wiki/HomePage ), so kann
>> ich dir eine selbstgeschriebene Scilabroutine mit GUI zukommen lassen,
>> in welcher man auch sehr einfach eine PMSM simulieren kann.
>
> Hallo Patrick, das wäre durchaus interessant.

Ich habe mich hier mal angemeldet. Es wäre echt super, wenn du mir dein 
Skript zukommen lassen könntest.

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