morgen! ich habe einen ganz schön goßen Knoten im Kopf. Es kam kürzlich in einem "Biergespräch" auf den Tisch, dass ein angepasstes Koax-Kabel keine Kapazität hat. Da hört es bei mir auf und ich bitte um entwas Erklärung. Hintergrund ist der Versuch eine offene, nicht terminierte Leitung an einen Generator mit irgendeinem zwangläufigen Ausgangswiderstand zu hängen. Wenn der dann einen Sinus mit steigender Frequenz ausgibt, gibt die Kapazität des Kabels mit dem Ausgangswiderstand einen Tiefpass und die Amplitude sinkt. Das begreife ich direkt auch wenn ich das mangels Equipment nicht ausprobieren kann. Dann steige die Amplitude aber wieder wenn man im Lambda/4 Bereich der Kabellänge ist. Verstehe ich nicht, aber irgendwie habe ich da mal was gehört. Wenn es möglich ist, mir da etwas in eigenen Worten zu erklären, wäre ich wirklich froh. Und die Frage zur abgeschlossenen Leitung: Wenn diese abgeschlossen ist, bleibt die Amplitude konstant. Darum schließt man ja ab. Wenn ich das als gegeben hinnehme ist es hintenrum logisch, dass es diesen Tiefpass von oben nicht gibt und da der Generator ja immer noch einen Ausgangswiderstand hat, ist es naheliegend zu sagen: gut, angepasst hat das Kabel dann keine Kapazität mehr.... Aber ich finde das macht aus physikalischer Intuition so gar keinen Sinn. Vielleicht kommt ja jemand daher und kann mich erhellen. Dank im Vorraus!
Das Verhalten gilt im Grunde genommen für jede Leitung. Die physikalische Herleitung der elektrischen Verhältnisse auf einer Telegrafenleitung wurden von Oliver Heaviside Ende des 19.Jahrhunderts in seiner Leitungstheorie entwickelt. Seine "Telegrafengleichung" oder "Leitungsgleichung" gilt auch für das Koaxialkabel. Kurzes googeln nach den Begriffen "Telegraphengleichung" oder "Leitungsgleichung" führt dich zu Material in Fülle.
Zum Beispiel hier: http://wwwex.physik.uni-ulm.de/lehre/physikalischeelektronik/phys_elektr/phys_elektrse17.html
Das Geheimnis nennt sich Induktivität. Wenn die Leitung mit dme Abschlußwiderstand belastet wird dann heben sich die Wirkungen von Kapazität und Induktivität gegenseiti auf.
Ich bin ja druchaus selber auf die Idee gekommen, mal zu googeln ;-) Bei den sicher gut gemeinten Links stößt man ja wie immer schnell auf Wikipedia und da fällt mir auf, dass das erklärende, eigene, Wort einen großen Wert hat. Beim zitieren aus einem Skript fehlt das leider. Manchmal lässt sich neben der streng mathematischen Darstellung auch eine reduzierte Erklärung finden. Dazu bedarf es aber nach meiner Erfahrung wirklich gutes Verständnis und Erfahrung. Wenn sich jemand berufen und fähig fühlt, weiter auf das Thema einzugehen, dann bitte gern. Das kann vielleicht nicht nur mir helfen.
Gut, dann versuche ich mich mal: An jeder Stelle einer HF-Leitung ist das Verhältnis Z=U/I konstant. Man nennt dieses Verhältnis Wellenwiderstand. Z ist komplex und setzt sich aus der Summierung (Integradion) des (infinitesimal kleinen) Kapazitätsbelag und dem Induktivitätsbelag zusammen. Denkt man sich eine Leitung unendlich lang, wird eine an den Anfang eingespeiste Welle sich auch unendlich lange entlang der Leitung ausbreiten. Die Energie wird die Kapazitäten und Induktivitäten umladen und sich in von der Quelle weg ausbreiten. Für die Quelle erscheint der Wellenwiderstand Z der Leitung daher wie ein reeller Widerstand. Anders bei einer endlich langen Leitung, die offen oder kurzgeschlossen ist. In diesem Falle wird die Welle reflektiert und vorlaufende Welle und hinlaufende Welle überlagern sich. Je nach dem Phasenverhältnis von U und I erscheint am Eingang der Leitung Z nicht mehr als reell, sondern, je nach Länge der Leitung, als Kapazität oder als Induktivität. Schließe ich eine endlich lange Leitung mit einem Widerstand in Höhe des Wellenwiderstandes ab, so wird keine Welle reflektiert. Die Leitung verhält sich wie eine unendlich lange Leitung. Am Eingang sind u und i in Phase. Die Leitung verhält sich wie ein reeller Widerstand.
Nun, man kann eine Koaxleitung auch als Kapazitaet auffassen. Denn zwischen innenleiter und aussenleiter ist ein symmetrisches Feld, und es hat sogar ein dielektrikum. Der Wert liegt bei 100pF/m. Diesen Wert sieht man bei DC, und kann ihn auch ausnutzen. Als Hochspannungskondenser. Bei Frequenzen ungleich null gibt es auch noch eine verteilte Induktivitaet. Diese rechnet man analog des Kapazitaetsbelages von 100pF/m als Induktivitaetsbelag von 1uH/m. Weil die Geometrie entlang der Lauflaenge konstant ist kann man das Ding auch als Wellenleiter verwenden. Bei einem Impedanzsprung, sprich Geometie- oder parameteraenderung gibt es eine Reflexion. Ein Teil der Welle wird reflektiert, ein andere Teil laeuft weiter, wenn da denn noch etwas ist. Falls nicht ist, wird die ganze Welle reflektiert. Wie die Welle reflektiert wird ist eine Frage der Impedanzaenderung. Die beiden reelen Extreme sind Kurzschluss und Offen. Bei Kurzschluss kommt die Welle in gleicher Phase aber umgekehrtem Vorzeichen zurueck. Bei Offen mit derselben Phase und Amplitude. Man kann auch einen Kondenser oder eine Spule dort hintum, und aendert dann noch die Phase. Bisher alles unabhaengig von der Frequenz. Von Wellenlaengen -Viertel, oder -Halbe kann man erst bei einer Frequenz reden. Und kann dann zB einen Kurzschluss zu Offen, und umgekehrt transformieren.
Bomwollen schrieb: >Dann steige die Amplitude aber wieder wenn man im Lambda/4 Bereich der >Kabellänge ist. Verstehe ich nicht, aber irgendwie habe ich da mal was >gehört. Wenn es möglich ist, mir da etwas in eigenen Worten zu erklären, >wäre ich wirklich froh. Dieser 1/4 Wellenlänge Kabelabschnitt verhält sich dann wie ein Schwingkreis. Kapazität und Induktivität kann man sich verteilt auf der Kabellänge vorstellen. Wenn das Kabel nicht mit einem Widerstand abgeschlossen ist kann die Spannung am Ende, abhängig von der Dämpfung des Kabels, 100 mal oder mehr, größer sein als am Anfang eingespeist wird.
>Nun, man kann eine Koaxleitung auch als Kapazitaet auffassen. Denn >zwischen innenleiter und aussenleiter ist ein symmetrisches Feld, Wenn ich das mal aufgreifen darf: Das Feld ist doch immer noch da, auch wenn die Leitung abgeschlossen ist. Warum hat die "Leitung dann keine Kapazität mehr?" Ich verste die Aussage so, dass ein Ausgangstreiber von einer mit Z0 abgeschlossenen Leitung nicht kapazitiv belastet wird.
Bomwollen schrieb: >Warum hat die "Leitung dann keine >Kapazität mehr?" Weil sich Kapazität und Induktivität aufheben. Ein Schwingkreis hat bei Resonanz auch keine Kapazität oder Induktivität mehr, eine Signalquelle sieht dann einen ohmischen Widerstand.
Danke! Ok kommt langsam an, aber kommt. Ich hasse es, wenn man falsche oder verzerrte Ansichten so im Kopf verfestigt hat. Da kommt man echt nur schwer runter. Einmal zurück auf Start sozusagen :-)
Bomwollen schrieb: >>Nun, man kann eine Koaxleitung auch als Kapazitaet >>auffassen. Denn zwischen innenleiter und aussenleiter >>ist ein symmetrisches Feld, > > Wenn ich das mal aufgreifen darf: Das Feld ist doch > immer noch da, auch wenn die Leitung abgeschlossen ist. Klar. > Warum hat die "Leitung dann keine Kapazität mehr?" ??? Die Aussage ist sowohl sachlich falsch als auch für die Anschauung hinderlich. Natürlich hat die Leitung immer noch dieselbe Kapazität. > Ich verste die Aussage so, dass ein Ausgangstreiber > von einer mit Z0 abgeschlossenen Leitung nicht > kapazitiv belastet wird. Das ist zwar sachlich richtig, führt aber trotzdem in die Irre -- damit vermengst Du das, was am Ausgang der Leitung passiert, mit dem, was am Eingang stattfindet.
Zwölf M. schrieb: > Nun, man kann eine Koaxleitung auch als Kapazitaet auffassen. Nein, das kann man nicht, denn dann wäre der Eingangswiderstand frequenzabhängig. Besser ist es, wie bereits Marconi vorgeschlagen, sich eine unendlich lange (verlustfreie) Leitung vorzustellen, an die man eine Spannungsquelle anschliesst. Dann wird das Kabel "allmählich" in dem Maße aufgeladen, wie sich die Spannungsfront entlang des Kabels ausbreitet. Damit das nicht endet (das Kabel ist ja unendlich lang) muß man stets weiteren Strom am Eingang zuführen. Tatsächlich entspricht die Belastung durch das Kabel dann einem Widerstand für den das Ohmsche Gesetz gilt und der frequenzunabhängig ist. Man könnte dieses unendlich lange Kabel wirklich durch einen Kohlewiderstand ersetzen und würde keinen Unterschied feststellen. Dass man dieses Verhalten mit entlang des Kabels verteilter Induktivität und Kapazität modellieren kann, braucht man zu dafür nicht zu wissen. Eine Frequenzabhängigkeit des Eingangswiderstandes und induktive oder kapazitive Effekte treten erst bei "kurzen" Kabeln auf, wenn die in das Kabel eingespieste Energie am Ende nicht mehr weiter kann und dann das Kabel rückwärts entlang bis zum Eingang läuft und sich dort mit dem Eingangssignal überlagert.
Die Leitungstheorie ist für viele deshalb so sperrig, weil man Kabel, Leitungen und Verbindungen aller Art von Anfang an als verlustfrei und vor allem "unendlich schnell" wahrnimmt, was sie jedoch nicht sind. Am anschaulichsten für Laien und Studenten ist deshalb ein Gedankenexperiment: Ein Generator hängt an einer 1m langen Koaxleitung (Z = 50 Ohm), diese ist am Ende mit 1kOhm abgeschlossen bzw. belastet. Zum Zeitpunkt t = 0 gibt der Generator ein Sprungsignal von 0V auf 1V. Welcher Strom fließt zu diesem Zeitpunkt in das Kabel?! Zeichnet man das Problem an die Tafel, so wird einem der Ersti oder der Berufsschüler schön brav I = U/R = 1mA ausrechnen. Das wäre toll, denn dann hätte sich die "Information", dass am Ende 1kOhm hängt, in 0ns an den Anfang der Leitung herumgesprochen. Das wäre Nobelpreisverdächtig und würde Einstein ins Schwitzen bringen. In der Realität breiten sich Strom und Spannung bzw. ihre Felder jedoch als WELLEN im Kabel aus, mit endlicher Geschwindigkeit. Extrem vereinfacht: Der Generator "sieht" zum Zeitpunkt t=0 nur das Kabel mit seinem Wellenwiderstand, es fließen also i = u/Z = 20mA. Wäre die Leitung unendlich lang, so würden diese 20mA unendlich lange fließen. Der Spannungs- und Stromsprung von t = 0 rast jetzt als Welle mit Ausbreitungsgeschwindigkeit zum Leitungsende. Dort findet er zum Zeitpunkt t = td das 1kOhm vor. Strom und Spannung, vom Generator vor ein paar ns eingespeist, erfüllen hier am 1kOhm Widerstand nicht das Ohmsche Gesetz. Das ist die Fehlanpassung. Der Widerstand nimmt jetzt was er kriegen kann und reflektiert die restliche Energie wieder als rücklaufende Welle in die Leitung in Richtung Generator. Ist das Kabel jetzt mit seinem Wellenwiderstand abgeschlossen, gibt es nichts zu reflektieren. Zur eigentlichen Frage Kabel/Kondensator: Ein Kabel ist KEIN Kondensator, weil zu jedem Teilstück dieses erdachten "Plattenkondesators" eine Induktivität führt. Zwar hat das Kabel eine Kapazität pro Längeneinheit, aber eben auch eine Induktivität, man spricht von "Belägen". Vom Anfang oder Ende aus gesehen ist das Kabel eine lange Leiter aus Serieninduktivitäten und parallelen Kapazitäten, die zusammen überraschenderweise ein nahezu Ohmsches Verhalten zeigen. Verrückt. :) Und da die meisten im Kopf eignetlich nur DC denken, sehen sie Induktivität natürlich nicht und glauben immernoch an die ominöse Kabelkapazität. ;)
Na ja, kurze, offene Leitungen (kurz gegenüber der Wellenlänge im Medium) lassen sich halt als Kondensator ansehen. Das ist gar nicht so weit hergeholt oder gar ominös. Auch ein Stück Leiterkarte hat so gesehen erstmal einige pF zu bieten, bevor es irgendwann resonant wird und weitere Energiespeicherarten wirken.
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