Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Restspannung in Kondensatoren: Auch bei Anlaufkondensatoren?


von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Hallo zusammen,

man hört und ließt ja oft, dass in elektrischen Schaltungen auch nach 
dem Ausschalten oft noch lange Zeit gefährliche Spannungen an den 
Kondensatoren anliegen können.

Wie ist das den mit den Anlaufkondensatoren in der Steinmetzschaltung? 
Erhalten diese auch längere Zeit ihre Ladung oder werden die nicht über 
die Motorspulen sofort entladen,wenn man den Stecker zieht?

Anlass ist ein Youtube-Video in dem ein Wäschetrockner repariert wird 
und ausdrücklich davor gewarnt wird, dass in den Anlaufkondensatoren 
noch längere Zeit lebensgefährliche Restspannung enthalten sein könne.

Danke und VG
Karl

von Georg G. (df2au)


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Bei Youtube findest du für alle Aussagen die Beweise. Selbst Aliens sind 
nicht immer grün.

Der Anlaufkondensator ist in wenigen ms entladen.

von Nicht-Prüf-Elektriker (Gast)


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Ich würde sehr genau zwischen dem Anlauf- und dem Betriebskondensator 
unterscheiden.

Der Betriebskondensator ist dauernd mit den Motorspulen verbunden und in 
der Tat nach paar Millisekunden nach dem Abschalten entladen, kein 
Problem.

Ein echter Anlaufkondensator ist nur in der Startphase mit dem Motor 
verbunden und wird dann von einem Fliehkraftschalter o.ä. abgetrennt. 
Wenn der Anlaufkondensator keinen Entladewiderstand hat dann bleibt der 
"bissig".

von Sven L. (sven_rvbg)


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Ich würde bei einem Kondensator immer davon ausgehen, das er nicht leer 
ist, dann macht man nix falsch.

von Werner H. (werner45)


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Ich entlade seit langer Zeit alle größeren Kondensatoren in einem Gerät 
durch Kurzschluß mit einem Schraubenzieher. Wenns funkt, war der 
geladen.
Ich hatte mal einen gewischt bekommen, als ich einen MP-Kondensator aus 
der Vorratskiste greifen wollte; der lag schon lange drin, hatte also 
ein gutes Dielektrikum.
Blitzelkos in Kameras nicht vergessen!

Für Arbeiten an HV-Geräten (2-kW-Sender, 4 kV) habe ich eine "Spinne" 
aus 8 verbundenen Litzen mit großen Krokoklemmen an den Enden. Damit 
werden nach Entladen der C´s alle normalerweise HV-führenden Teile 
zwangsweise geerdet.
Grund dafür war der Tod zweier Kollegen bei Reparaturarbeiten an einem 
solchen Sender. Einer wollte den anderen retten, hat nicht geklappt.

Gruß   -   Werner

von Bert 0. (maschinist)


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Meiner Meinung nach gelten immer noch die 5 Sicherheitsregeln, speziell 
hier "3. Spannungsfreiheit feststellen":

Wenn ich mich nicht von der Spannungsfreiheit des betreffenden 
Kondensators überzeugt habe, arbeite ich auch nicht daran.

Jegliche Diskussion über "könnte Spannung haben" oder "könnte nicht" ist 
somit überflüssig.


Gruß... Bert

von R. M. (Gast)


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Georg G. schrieb:
> Der Anlaufkondensator ist in wenigen ms entladen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Steinmetzschaltung#Schaltungsbeispiele

Da in jedem Falle, eine (oder 2, in Reihe geschaltetete) Wicklung(en) 
parallel zum Kondensator liegt.

von Hmm (Gast)


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Wieso sind (Gleichspannungs-) Kondensatoren eigentlich so tödlich ? Ich 
meine mal gelesen zu haben dass eher Wechselspannung mit ein paar Hertz 
das Herz zum stehen bringt.

von Old P. (Gast)


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Nicht-Prüf-Elektriker schrieb:
> Ich würde sehr genau zwischen dem Anlauf- und dem Betriebskondensator
> unterscheiden.
>
> Der Betriebskondensator ist dauernd mit den Motorspulen verbunden und in
> der Tat nach paar Millisekunden nach dem Abschalten entladen, kein
> Problem.

So isses

> Ein echter Anlaufkondensator ist nur in der Startphase mit dem Motor
> verbunden und wird dann von einem Fliehkraftschalter o.ä. abgetrennt.
> Wenn der Anlaufkondensator keinen Entladewiderstand hat dann bleibt der
> "bissig".

Nö, ein Sinn hinter einem Fliehkraftschalter ist, dass er nur bei 
Fliehkraft trennt. Beim auskullern des Motors ist er längst wieder 
geschlossen.
Es sei, der Kollege Bastler entnimmt diesen Kondensator bei laufendem 
Motor. Frage: Ist das wahrscheinlich? Nö....

Old-Papa

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Vielen Dank für Eure Antworten.

Man kann also sagen, dass die Anlaufkondensatoren im Allgemeinen quasi 
sofort leer sind, wenn die Maschine stromlos da steht, so wie ich es 
vorher schon vermutet hatte.

Trotzdem sollte man bei Berührungsgefahr vorsichtshalber die 
Kondensatoren entladen.  Wenn man sowas erlebt hat wie Werner Hartmann 
oben beschrieben hat, dann wird man das garantiert niemals vergessen.

Interessant ist auch der Beitrag, dass es Anlaufkondensatoren gibt, die 
per Fliehkraftschalter getrennt werden.  Dachte, die würden immer voll 
mitlaufen.
Andererseits habe ich mal eine Maschine gesehen mit Anlaufkondensator, 
wo der Ein-Ausschalter zwei Schaltstufen hatte. Eine zum Anlaufen und 
eine zweite für den normalen Betrieb. So ähnlich wie bei den 
Industriemotoren, wo nach dem Anlaufen von Stern auf Dreieck 
umgeschaltet wird.
Vermutlich wurde bei der Maschine beim Anlaufen der Kondensator dazu 
geschaltet und bei voller Drehzahl dann abgeschaltet.

von Michael B. (laberkopp)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Wie ist das den mit den Anlaufkondensatoren in der Steinmetzschaltung?

Ein ANLAUFkondenstaor wird nach kruzer Anlaufzeit z.B: mit einem 
Fliehkraftschalter weggeschaltet, das muss nicht unbedingt beim 
Nulldurchganz der 230V~ passieren sondern kann auch bei 320V~ Maximu an 
ihm stattfinden.
Dann gibt es keinen Entladewiderstand, so lange der MOtor also läuft und 
der Anlaufkondenstaor abgeklemmt ist bleibt die hohe Spannung an ihm 
erhalten.

Wenn nun aber der Motor gestoppt wird, z.B. weil der Stcker bgezogen 
wird, wird der Anlaufkondensator wieder drangeschaltet weil der 
Fliehkraftschalter schliesst.

Normalerweise haben Wäschetrockner keinen Anlaufkondensator und keinen 
Fliehkraftschalter, die findet man eher bei einer Drehbank, sondern nur 
einen Betriebskondensator.

Die normale Schaltung ist so
1
         /o--+------Wicklung-+
2
230V --o/    |               +--Thermosicherung-- Null
3
          o--(---+--Wicklung-+
4
    links/   |   |
5
    rechts   |   +--Wicklung-+ (eventuell auch keine)
6
   Schalter  |               |
7
             +--Kondensator--+
und wie man sieht, liegt er zwischen 2 Wicklungen (eventuell über eine 
dritte) für die Drehrichtung (gleiche Schaltung wie bei Rolladenmotoren) 
und wird auch beim Rausziehen des Steckers sofort entladen - es sei 
denn, der Motor ist kaputt.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Vielen Dank für die Erklärung. Ich muss noch mal intensiv nach 
Betriebskondensator googeln, um den genauen Unterschied zwischen diesem 
und einem Anlaufkondensator zu verstehen.

von Gerald B. (gerald_b)


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Theoretisch sollte jeder Kondensator Entladewiderstände haben, die ihn 
nach wenigen ms soweit entleert haben, das er nur noch ungefährliche 
Ladungsmengen enthält.
Praktisch würde ich mich nie darauf verlassen, sondern immer nachmessen. 
Ich hatte schon die Netzteilplatine eines DVD Recorders, da wurde 
anscheinend das Schaltnetzteil mit fest angeschlossener Last als 
Entladesschaltung gehandelt. Blöd nur, wenn das IC mit Unterbrechung 
stirbt. Der Zwischenkreiskondensator hatte 24h später noch 180V drauf!
Mit dem Entladen per Schraubenzieher würde ich mir an deiner Stelle 
garnicht erst angewöhnen.
Mach das mal bei bei einer Kondensatorbatterie aus Superkondensatoren, 
in der die Bremsenergie eines größeren Antriebes zwiwchengespeichert 
wird. Da stehst du umgehend im Mittelpunkt, weil es rumst, als wenn du 
einen Revolver abfeuerst - bestenfalls nur das :-)

von Manfred S. (Gast)


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Noch ne Frage.
Bei meiner Brauchwasserwärmepumpe wurde ein Betriebskondensator von 0,4 
µF mit 4 µF ersetzt. Kleiner war nicht dabei, Jetzt dreht der Motor wie 
eine Turbine sehr laut. Hat allerdings keinen Einfluss auf den 
Stromverbrauch. Wenn ich die Anlage Stromlos mache, Stecker ziehen, ist 
der Kondensator nach ein paar Stunden 'leer'? Möchte einen kleinen 
Kondensator selbst wechseln. Nochmal 150€ sind mir zuviel.
Danke für mögliche Antworten

von Werner H. (werner45)


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Einfach mit einem alten Schraubenzieher kurzschließen, ist dann sofort 
entladen. Ggf. wiederholen.
Die Restladung ist bei so kleinen Kondensatoren und Spannungen kein 
großes Problem.

von Georg G. (df2au)


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Manfred S. schrieb:
> ist der Kondensator nach ein paar Stunden 'leer'?
Der Anlaufkondensator oder Betriebskondensator eines Wechselstrommotors 
ist nach dem Ausschalten in Sekunden entladen. Dafür sorgt die Wicklung 
des Motors.

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