Forum: Offtopic Wer hat schonmal ein Projekt mit >3000 Vias bzw. >1000 Bauteile gemacht?


von Tom (Gast)


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Und zwar frage ich mich, wie man sowas fehlerfrei macht, da ja 
Elektronik sowas wie Programmieren mit dem Lötkolben ist. Beim 
Programmieren gibt es allerdings dauernd tausende Bugs, die man dann 
einfach mit einem Update behebt. Bei der Elektronik ist jeder "Bug" aber 
wesentlich ärgerlicher und bei 1000 Bauteilen blickt doch keiner mehr 
ganz durch????

: Verschoben durch User
von Bürovorsteher (Gast)


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Die einen erledigen das ganz passabel, die anderen lernen es nie und 
müssen dann zur Strafe Software machen.

von ErsterMai (Gast)


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Der Ansatz da durchzublicken ist der Gleiche, wie bei jeder Aufgabe ab 
einer bestimmten Komplexität: Teile und herrsche.

Eine Schaltung mit >1000 Teilen besteht in der Regel aus Teilen, die 
sich getrennt voneinander aufbauen, prüfen und in Betrieb nehmen lassen.

von Paul P. (Gast)


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so schauts aus.
Auch bei Software unterteilt man es ja in Proceduren.
Bei der Elektronik in Abschnitten oder Gruppen..siehst Dua uch oft bei 
kommerziellen Schaltungen, das man richtig sieht, wo das Netzteil 
anfängt und aufhört(auch wegen Spannungsschutz) aber auch bei vielen 
anderen baugruppen ist es oft zu sehen

von Schreiber (Gast)


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Tom schrieb:
> Und zwar frage ich mich, wie man sowas fehlerfrei macht, da ja
> Elektronik sowas wie Programmieren mit dem Lötkolben ist.

0. Pflichten- und Lastenheft

1. ordentliches Requierement Management. man muss wissen was man haben 
will

2. ordentliche Planung, andere Abteilungen (auch den 
Firmware-Entwickler!) einbeziehen

3. alles in einzelne Baugruppen aufteilen

4. von den einzelnen Baugruppen ein Labormuster/Devkit in Betrieb nehmen

5. Baugruppen fertigentwickeln und testen

6. alles auf eine Platine, erst einzeln, später gemeinsam testen

7. akzeptieren, dass der erste Schuss NICHT sitzen wird.

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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Vias spielen keine Rolle, das meckert der DRC an bzw. die Meldung, dass 
noch ungeroutete Signale da sind.

Ansonsten hilft nur Denken in Funktionsblöcken mit sauberen 
Schnittstellen. Gerade in "komplzierteren" Schaltungen ist gerade das 
sowieso immer vorhanden.

Das viel grössere Problem ist ganz anderer Art: das nackte Abbild der 
logischen Funktion des Schaltplans tut durchaus nicht immer das, was es 
eigentlich soll. Da kommen Layoutregeln/Erfahrungen ins Spiel. Erst die 
machen einer an sich richtigen Schaltung eine funktionierenden Platine.

Ansonsten kann ich aus meiner persönlichen Erfahrung sagen: bei Software 
bin ich leider etwas ungenauer als bei Hardwareentwurf. Eben weil es 
sich mit ein paar kleinen Änderungen nachträglich beheben lässt. Sollte 
nicht so sein, ist aber so. Ne Platine ändern kostet Zeit und Geld, die 
Erfahrung hat jeder gemacht. Und so färbt eben die Erfahrung auf die 
tägliche Arbeit ab :-)

von Stefan F. (Gast)


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Bei Software, die Daten verarbeitet, ist es nicht immer "einfach" mit 
einem Update getan. Da muss man dann auch noch ein weiteres 
Programm/Script entwickeln, welches defekte Daten repariert. Das ist oft 
der teurere Teil.

von Base64 U. (6964fcd710b8d77)


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Tom schrieb:
> wie man sowas fehlerfrei macht

Manche HW bugs kann man mit Modifikationen (typische Modwire oder 
Bodgewire) beheben. Manche kann man auch mit SW beheben (z.B. Taster im 
nachhinein entprellen).

Allgemein kann man das alles nach besten Standards (Schreiber hat ein 
paar gelistet) machen, aber das ist hald ein Entwicklungszylus den men 
iterieren muss.
Jemand der beim ersten mal eine Platine hin bekommt die keinen Fehler 
enthält, alle EMV Prüfungen besteht halte ich eher für einen 
Übermenschen.

von Alex G. (dragongamer)


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Wenns schon zum Endkunden ging, richtig.

Hardware wie Software wird man aber vorher so praxisnah wie möglich 
testen.


@Paul P.
Größere Software unterteilt man eher in Objekte/Klassen mit Interfaces - 
oder wie auch immer die jeweilige Sprache diese Konstrukte bezeichnet.
Proceduren sind zu feingranular. Da ist mehr das Equivalent eines 
kleinen ICs in der Elektronik :)

von georg (Gast)


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Tom schrieb:
> bei 1000 Bauteilen blickt doch keiner mehr
> ganz durch????

Die ordnet man nach Funktionsgruppen an, bei aktuellen Schaltungen nimmt 
man etwa ein grosses IC und positioniert da alle zugehörigen Bauteile 
drum herum, angefangen mit Stützkondensatoren und Pullup-Widerständen, 
da sieht man dann schon, dass danach der grösste Teil der Verbindungen 
intern in der Gruppe und kurz ist. Da ordnet man jetzt die Bauteile 
optimal an, und dann wendet man sich der nächsten Funktionsgruppe zu. 
Dass sich eine Schaltung überhaupt nicht in Funktionsgruppen aufteilen 
lässt, ist extrem selten, ich würde behaupten, das gibt es garnicht.

Was es in der Praxis auch nicht gibt ist eine Schaltung wie im Titel 
beschrieben - ich habe schon 16-Lagen-ML ausgeliefert mit 25000 
Bohrungen, aber davon waren nur ein kleiner Teil Vias. 3000 Vias bei 
1000 Bauteilen ist entweder eine ganz abartige Schaltung oder ein völlig 
verkorkstes Layout. Möglich vielleicht wenn man so was dem Autorouter 
machen lässt.

Georg

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Tom schrieb:
> Und zwar frage ich mich, wie man sowas fehlerfrei macht, da ja
> Elektronik sowas wie Programmieren mit dem Lötkolben ist.
Nein! Der Lötkolben spielt bei der Elektronikentwicklung eher nur eine 
Nebenrolle.
Man braucht zuerst mal ein Konzept, macht dann Blockschaltbilder und in 
der Realisierungphase werden komplette Schaltpläne gezeichnet.
Kritische Schaltungsteile kann man simulieren. Der Übergang zum Layout 
wird von Programmen stark unterstützt, so dass man viele Schusselfehler 
gar nicht mehr machen kann, weil das Programm mit den eingestellten 
Regeln vieles auf korrekte Umsetzung kontrolliert.

> Beim
> Programmieren gibt es allerdings dauernd tausende Bugs, die man dann
> einfach mit einem Update behebt. Bei der Elektronik ist jeder "Bug" aber
> wesentlich ärgerlicher
Natürlich passiern immer Fehler, aber die Folgen sind lange nicht so 
kritisch, wie du denkst.
Softwareentw. dauert meist Wochen ... Monate bis Jahre und da stecken 
dann oft Kosten von einigen Hunderttausend ... Mio. € drin.

Dagegen sind die Durchläufe bei der Elektronikentwicklung vergeichsweise 
schnell erledigt und kosten wenig.
Mal eben ein paar Fehler in einer Schaltung korrigieren, dauert oft nur 
Minuten. Ein Layout zu überarbeiten dauert je nach Komplexität paar 
Stunden bis paar Tage und nach paar Tagen hat man schon wieder neue 
Leiterplatten.
Gut, das Handbestücken von Mustern dauert dann auch noch mal einige 
Stunden.
Die paar tausend € für die Zeit und die paar hundert € für die 
LPL-Muster fallen da schon im Verhältnis zu den Gesamtkosten einer Entw. 
kaum ins Gewicht. Am Ende ist vieles einfach nur Fleißarbeit.

> und bei 1000 Bauteilen blickt doch keiner mehr ganz durch????
Wenn  das so wäre, gäbe es diese Technik ja gar nicht!

Wie schon von anderen geschrieben, teilt man ein komplexes System in 
Baugruppen und Unterbaugruppen. Ein moderner PKW wird auch nicht von 
einem Team entwickelt, sondern von vielen Teams, die Spezialisten auf 
einem Gebiet sind z.B. für Motor, Getriebe, Abgasstrang, Fahrwerk, 
Karosse, Elektrik, Elektronik, Innenausstattung, Räder, Bremsen und 
viele mehr.
So ist das auch mit Elektronik (z.B. Prozessorkern, Stromversorgung, 
diverse Interfaces, analoge Signalaufbereitung, Statusausgabe, 
Leistungsendstufen usw.). Wenn man die Einzelfunktionen dann bis nach 
ganz unten aufdrösselt ist es oft ganz einfach zu verstehen.

So richtig komplizierte analoge Trickschaltungen braucht man heute immer 
weniger, weil man die Signale nur auf das Nötigste aufbereitet und dann 
viel besser und universeller mit Software bearbeitet oder man nutzt 
gleich einen komplexen Chip, der die ganz komplizierten Sachen im 
Inneren ausführt.
Gruß Öletronika

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Rate mal, warum es bei AliExpress jede Menge Bausätze und Platinen zu 
kaufen gibt, die garantiert billiger sind, als ihre Einzelteile.

Weil sie Fehler haben. Das ist zumindest meine Erfahrung in 100% der 
Fälle. Sie werden als Ramsch billig an Bastler verkauft. Das ist besser, 
als sie zu verbrennen.

Was ich damit sagen will: Platinen funktionieren nicht immer auf Anhieb. 
Hier erkennt man, wie gut deren Entwickler waren. Brauchen sie 2, 3 oder 
10 Versuche?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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georg schrieb:
> 3000 Vias bei 1000 Bauteilen ist entweder eine ganz abartige Schaltung
> oder ein völlig verkorkstes Layout.
Naja, nehmen wir mal an, das sind 5 BGAs mit jeweils ein paar hundert 
Balls dabei. Da hat man dann recht flott eine stattliche Via-Anzahl 
beisammen, denn auf dem Top-Layer kommt man nur mit den äußeren beiden 
Reihen raus.

Stefan U. schrieb:
> Was ich damit sagen will: Platinen funktionieren nicht immer auf Anhieb.
Das gelingt bei einer von fünf.
Mit etwas Glück kann man mit den Prototypen aber schon mal raus ins Feld 
und Erfahrungen sammeln.
Aber wieder bei einem von fünf Designs taugt der Prototyp gerade mal für 
grundlegende Tests und Untersuchungen auf dem Labortisch, weil da 
kurioserweise seltsam gruselige Sachen passiert sind.

von Claus M. (energy)


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HW ist einfach auch wesentlich weniger komplex. In einem aktuellen 
Projekt beschränkt sich die HW auf z.B. übersichtliche 20 Seiten 
Schaltplan, während die Software über 100000 Zeilen Code beinhaltet.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Allenfalls baut man Hardware auch modular auf mehreren Platinen auf, um 
sie austauschen zu koennen. Man kann dann auch besser auf Aenderungen 
und divergierende Kundenwuensche reagieren.

von Kevin K. (nemon) Benutzerseite


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Claus M. schrieb:
> HW ist einfach auch wesentlich weniger komplex. In einem aktuellen
> Projekt beschränkt sich die HW auf z.B. übersichtliche 20 Seiten
> Schaltplan, während die Software über 100000 Zeilen Code beinhaltet.

Aber auch nur, weil in dem Schaltplan nicht die Dicke jeder Leiterbahn 
explizit vermerkt ist, sondern jedes i als char in einer eigenen 
Codezeile initialisiert wird und der Layouter aus Erfahrung weiß, wie 
die Eingangskondensatoren am Schaltwandler zu platzieren sind unsw. In 
einem Schaltplan + Layout steckt am Ende sehr viel mehr nicht grafisch 
dargestelltes, als es zunächst ersichtlich ist. (ja, in Software auch)

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Sabberalot W. schrieb:
> Allenfalls baut man Hardware auch modular auf mehreren Platinen auf, um
> sie austauschen zu koennen.
Das lohnt sich aber nur bei kleinen Stückzahlen <1000
Sobald es darüber raus geht, ist 1 kundenspezifische Platine mit 1 
kundenspezifischen Gehäuse dann billiger...

> Man kann dann auch besser auf Aenderungen
> und divergierende Kundenwuensche reagieren.
Man sollte dem Kunden klarmachen, dass er selber gar nicht sooo arg 
viele unterschiedliche Geräte einsetzen will. Denn das holt ihn dann 
beim Verwalten der Ersatzteile ein.
Es ist billiger, in einer Steuerung für 500€ eine Option für 5€ immer 
einzubauen, auch wenn nur 10% der Kunden sie tatsächlich verwenden, wenn 
man dadurch nur 1 Typ Steuerungen zu verwalten hat.

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