Forum: Offtopic Neue Energiequelle für Solarzellen


von Tobias B. (Firma: Hochschule) (obsidar)


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Guten Morgen,

beim Durchstöbern des Internets und der News der letzten Tage, habe ich 
einen interessanten Beitrag gefunden, der sich auf eine alternative 
Energiequelle für Solarzellen bezieht.

Die folgenden Links handeln von einer Arbeit bzw. einem Projekt in 
China, das sich damit beschäftigt die durch Regentropfen entstehende 
Reibung in nutzbaren Strom umzuwandeln. So können Solarzellen also nicht 
nur bei sonnigem, sondern auch regnerischem Wetter Energie liefern.


MSN News: 
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/wissenundtechnik/neue-energiequelle-forschern-gelang-es-erstmals-bei-regen-energie-aus-solarzellen-zu-gewinnen/ar-BBKasYp?ocid=ientp

ACS Nano: https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acsnano.8b00416


Nun zu dem eigentlichen Grund für diesen Beitrag. Das folgende Zitat 
sorgt meinerseits etwas für Verwirrung und ich hoffe, dass mir jemand 
eine Antwort bzw. Erklärung dazu geben kann, wie das zu verstehen ist.

"Um effiziente TENGs herzustellen, wurden beim Bau dieser besonderen 
Hybrid-Solarzelle zwei Polymer-Schichten, die den TENG bilden, mit einer 
regulären Solarzelle kombiniert. Wenn nun Regentropfen auf die obere 
Schicht auftreffen, wird durch die Reibung der beiden Polymere 
aneinander Energie übertragen." (Link MSN News, 4. Absatz)

Ich habe diese wissenschaftliche Arbeit nicht komplett gelesen, sondern 
nur durch die gegebenen Links das Wissen aufgegriffen.
Inwiefern reiben denn diese Polymer-Schichten aneinander? Ich gehe 
einmal davon aus, dass die Schichten Kontakt miteinander haben und 
demnach aneinander anliegen. Inwiefern soll denn nun eine mechanische 
Verschiebung, die die Schichten aneinander reiben lässt, in der 
Solarzelle vonstatten gehen? Oder wird da etwas verwechselt? Was für 
mich etwas plausibler wäre ist der Bezug auf die Reibung zwischen 
Wasser-/Regentropfen und der oberen Polymer-Schicht, sodass letztlich 
eine Potentialdifferenz zwischen den beiden Polymer-Schichten auftritt.
Inwiefern ist das denn nun zu verstehen?


Zusätzlich möchte ich zudem auch noch eine Art Diskussion zu diesem 
Thema antreten.

Was haltet ihr von dieser Methodik? Denkt ihr, dass dies eine sinnvolle 
Anwendung ist oder dass dies eher dem Sinn der "Solar-"Zelle 
widerspricht?
Es wird zudem auch angesprochen, dass durch diese Einbindung einer 
alternativen, nutzbaren Energiequelle, die eigentliche Eigenschaft, 
Licht in Energie umzuwandeln, geschwächt bzw. gedämpft wird.

Ich bin sehr interessiert an euren Meinungen zu diesem Thema.

Gruß
Tobias

: Bearbeitet durch User
von Rainer U. (r-u)


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Die Energiemenge wäre interessant. Muss ja irgendwie durch den 
"Aufprall" lohnenswert sein, sonst könnte man ja auch unten ans Paneel 
eine Regenrinne und ein Schaufelrad bauen .. :-)

von Stefan M. (derwisch)


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Als "energy harvesting" noch ein neues Schlagwort war, gab es mal einen 
Bericht im Fernsehen über dieses Thema.
Es wurde dort eine Fläche mit vielen Piezoelementen gepflastert um die 
Energie von auftreffenden Regentropfen zu nutzen.

Davon habe ich aber nie wieder was gehört.
Die Idee ist also nicht neu.

Ich denke, die Energiemenge ist zu gering, um sinnvoll zur 
Energiegewinnung beizutragen.

Es lässt sich ja auch sicher ausrechnen, welche ( geringe ) Energiemenge 
ein fallender Regentropfen mitbringt.

: Bearbeitet durch User
von Stefan M. (derwisch)


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P.S.:

Sinnvoller finde ich da schon die Idee, die Erwärmung der Solarzellen zu 
nutzen.
Das wird -wenn auch nur selten und zaghaft- bereits genutzt.

Die so zwangsgekühlten Solarzellen haben dann sicher auch einen höheren 
Wirkungsgrad.
Technisch eine "win win" Situation, oder wie das heißt...

: Bearbeitet durch User
von Martin L. (maveric00)


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Hallo,

mit entsprechenden Annahmen (durchschnittliche Tropfendicke ca 2mm, 
Regenmenge ca 850 l/qm*a) hat der Jahresregen auf einem Quadratmeter 
eine kinetische Energie von rund 61 kJ, also rund 0,017 kWh pro Jahr. 
(Rechnung: 2mm Regentropfen haben eine Fallgeschwindigkeit von rund 12 
m/s; E=1/2*m*v^2 = 61 kJ)

Die solare Einstrahlung ist also 5 Größenordnungen größer - den 
Energieaufwand, um die zusätzliche Schicht auf die Solarzelle zu 
bringen, holt man im Leben nicht 'rein. Ganz zu schweigen von der 
Verschlechterung der solaren Erträge - wenn die Schicht den Wirkungsgrad 
nur um 0,1 Promill-Punkt verschlechtert, ist die Energiebilanz negativ.

Ist also eher Marketing als Wissenschaft...

Schöne Grüße,
Martin

von Tobias B. (Firma: Hochschule) (obsidar)


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Stefan M. schrieb:
> Sinnvoller finde ich da schon die Idee, die Erwärmung der Solarzellen zu
> nutzen.

Absolut. Das würde sich vermutlich in trockenen Gebieten mit vielen 
Sonnenstunden rentieren.


Martin L. schrieb:
> Die solare Einstrahlung ist also 5 Größenordnungen größer - den
> Energieaufwand, um die zusätzliche Schicht auf die Solarzelle zu
> bringen, holt man im Leben nicht 'rein. Ganz zu schweigen von der
> Verschlechterung der solaren Erträge - wenn die Schicht den Wirkungsgrad
> nur um 0,1 Promill-Punkt verschlechtert, ist die Energiebilanz negativ.

Ich finde das sehr interessant dieses Thema auch einmal mit Zahlen zu 
betrachten.
Das würde sich dann wohl auch nicht für sehr humide Gebiete lohnen, da 
die Niederschlagsmenge durchschnittlich 2000mm beträgt.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Also ich find das Quatsch, die Aufprallenergie eines Regenschauers ist 
viel zu gering um einen nennenswerten Ertrag zu generieren. Meiner 
Meinung nach ist die einzig sinnvolle Möglichkeit, Energie aus Regen zu 
gewinnen, ein Staudamm bzw. ein Laufwasserkraftwerk in flacherem Gebiet.

Es gibt ja auch schon lange die Idee, Energie aus Blitzschlägen zu 
gewinnen. Allerdings ist der Aufwand für eine Anlage, die einen Blitz 
ohne Schaden zu nehmen fangen und ins Stromnetz einspeisen kann, 
exorbitant hoch und ein einzelner Blitz enthält am Boden nur noch ein 
paar Kilowattstunden an Energie. Das meiste der freiwerdenen Energie 
geht im eigentlichen Blitz als Wärme verloren, deswegen sind die Dinger 
so hell und laut.

von Tobias B. (Firma: Hochschule) (obsidar)


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Ben B. schrieb:
> Also ich find das Quatsch, die Aufprallenergie eines Regenschauers ist
> viel zu gering um einen nennenswerten Ertrag zu generieren.

Es geht ja nicht darum dies als primäre Energiequelle zu nutzen, sondern 
dies als sekundären Ertrag von einer Solarzelle zu implementieren.

Der Gedanke dahinter soll die Solarzelle selbst bei schlechtem Wetter 
dazu befähigen Energie zu liefern. Es wird einerseits die Sonne bzw. das 
Licht als primäre Quelle, bei gutem und sekundär der Regen, bei 
"schlechtem"/regnerischem Wetter fungieren.

Dass der direkte Ertrag einzig und allein aus der Aufprallenergie sehr 
niedrig und nicht zielführend ist, sollte klar sein.
Aber eine Solarzelle die zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Energie 
liefert dann doch zu einem Lieferanten zu machen durch etwas anderes als 
Solarenergie klingt doch nicht einmal allzu schlecht.

von Martin L. (maveric00)


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Hallo,

Tobias B. schrieb:
> Aber eine Solarzelle die zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Energie
> liefert dann doch zu einem Lieferanten zu machen durch etwas anderes als
> Solarenergie klingt doch nicht einmal allzu schlecht.

Das Problem ist, dass die hier diskutierte Methode energetisch in etwas 
so Sinnvoll ist, wie wenn Du bei Sonne etwas Energie in einem Akku 
speicherst, um bei Dunkelheit die Solarzelle mit einer Lampe zu 
bescheinen, damit sie Strom liefert.

Die Polymerschicht wird ziemlich sicher keine 99,99% Transparenz haben - 
damit ist aber (siehe oben) der Verlust an Sonnenenergie größer als der 
Gewinn der Regenenergie.

Wie gesagt - mehr Marketing als Wissenschaft. Thermische Kopplung der 
Solarzelle macht wie von anderen schon geschrieben wesentlich mehr Sinn, 
da einerseits Energie gewonnen wird, die sonst nicht gewonnen werden 
kann und andererseits die Solarzelle mit höherem Wirkungsgrad betrieben 
wird.

Schöne Grüße,
Martin

von Anja Zoe C. (zoe)


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Tobias B. schrieb:
> Stefan M. schrieb:
>> Sinnvoller finde ich da schon die Idee, die Erwärmung der Solarzellen zu
>> nutzen.
>
> Absolut. Das würde sich vermutlich in trockenen Gebieten mit vielen
> Sonnenstunden rentieren.

Da sind Konzentrator-Arrays effizienter. Die müssen zwar exakt 
ausgerichtet und ordentlich gekühlt werden, der Ertrag pro qm ist aber 
entsprechend hoch.

von Walter K. (Gast)


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Tobias B. schrieb:
> Die folgenden Links handeln von einer Arbeit bzw. einem Projekt in
> China, das sich damit beschäftigt die durch Regentropfen entstehende
> Reibung in nutzbaren Strom umzuwandeln. So können Solarzellen also nicht
> nur bei sonnigem, sondern auch regnerischem Wetter Energie liefern.

Solche Ideen hatten wir vor 45 Jahren auch schon - sie wurden dann statt 
mit Anglizismen wie heutzutage, mit Losungen wie " Von der Sowjetunion 
lernen - heisst Siegen lernen " präsentiert.
Der Rahmen für solche technischen Ideen, war die MMM - also die 'Messe 
der Meister von Morgen', wo Schüler mit solchen Gedanken wetteiferten.

Ich hatte mich als 12jähriger auch mal mit der Idee beteiligt, mittels 
Thermoelektrizität in Ozeanen und ihren unterschiedlichen 
Wassertemperaturen Elektrische Energie zu gewinnen.

Dass nun Ideen solchem Niveaus - an deutschen Hochschulen ernsthaft eine 
Rolle spielen - macht mir doch etwas Angst!

von Harald W. (wilhelms)


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Ben B. schrieb:

> Es gibt ja auch schon lange die Idee, Energie aus Blitzschlägen zu
> gewinnen.

Ja, da gabs mal einen Roman von Hans Dominik: Himmelskraft.

von Vlad T. (vlad_tepesch)


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woran es ja in der Regel nicht mangelt ist: Fläche.
Warum sollte ich die teuren Solarzellen in ihrer Effizient 
verschlechtern, wenn ich die Regenzelle auf Flächen bringen kann, die 
für solarzellen eh nicht nutzbar sind?

Allerdings bezweifel ich genauso die Wirksamkeit.
Das ist wohl eher als Energiequelle für kleine Insellösungen gedacht, 
denn als ernstzunehmender Generator zur Energiegewinngun im großen 
stil..

von Mani W. (e-doc)


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Bei Platzregen braucht man dann einen Regler...:-)

von Teo D. (teoderix)


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Stefan M. schrieb:
> Die so zwangsgekühlten Solarzellen haben dann sicher auch einen höheren
> Wirkungsgrad.

Noch ne Fresnellinse davor, was den Wirkungsgrad noch steigern dürfte, 
und man hat ein vor ~10J angemeldet Patent eines Schlu.. äh 
Österreichers nach gebaut. :)
Solange die Renditen nicht sicher und hoch genug sind.....

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Einen Wasserhahn?

von Mani W. (e-doc)


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Mani W. schrieb:
> Bei Platzregen braucht man dann einen Regler...:-)

Ben B. schrieb:
> Einen Wasserhahn?

Realistische Minimal-Lösung...

von Sahdani S. (sahdani)


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Wirklich sehr interessant. Danke, dass du auch mit uns mittgeteilt hast!

von Mani W. (e-doc)


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Sahdani S. schrieb:
> Danke, dass du auch mit uns mittgeteilt hast!

Kannst Du das übersetzen?

von Tobias B. (Firma: Hochschule) (obsidar)


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Walter K. schrieb:
> Dass nun Ideen solchem Niveaus - an deutschen Hochschulen ernsthaft eine
> Rolle spielen - macht mir doch etwas Angst!

Nur weil ich Student an einer Hochschule bin bedeutet dies nicht 
zwingend, dass wir uns damit beschäftigen.

Ich bin einfach nur beim Durchstöbern des Internets über diese "News" 
gestolpert und wollte Meinungen dazu hören.

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