Forum: HF, Funk und Felder Wellenwiderstand, kleine Bauteile


von AlexW (Gast)


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Hallo MC,

angenommen, ich habe eine Mikrostreifenleitung mit 50 Ohm bei 100 Mhz 
(ca. 1.8m Wellenlänge bei FR4).

Auf ihr läuft eine elektromagnetische Welle, die am Ende der Leitung auf 
zwei kleine, kurz hintereinander gelötete SMD-Widerstände in Serie mit 
jeweils 25 Ohm trifft (in Summe folglich 50 Ohm). "Klein" ist hier im 
räumlichen Sinne gemeint, also sehr viel kleiner als 1.8m.

Eletromagnetische Welle ->   ----------[25 Ohm]--[25 Ohm]----[Via auf 
Masse]

Die Welle trifft ja erst auf einen der beiden Widerstände mit 25 Ohm, 
also müsste ja ein großer Teil der Leistung reflektiert werden, bevor 
der zweite Widerstand erreicht wird.

Nun ist das nicht so, weil die Widerstände räumlich sein klein sind 
gemessen an der Wellenlänge. Es gibt keine Reflexion.

Ich weis, dass das so ist. Ich kann es mir aber nicht vorstellen. Hat 
jemand von euch eine gute Quelle, die dieses spezielle Problem 
veranschaulicht?

Bitte nicht auf ein Buch mit 500 Seiten verweisen. Mit würde eine 
EM-Simulation am ehesten helfen, wo die Widerstände selbst in ihrer 
räumlichen Ausdehnung nachgebildet sind.

von Test (Gast)


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AlexW schrieb:
> Es gibt keine Reflexion.

Garantiert nicht. Irgendwelche Reflexionen gibt es immer. Nur die Frage 
wie gut die messbar sind.

> Ich weis, dass das so ist.

Vielleicht ist dein Equipment zu schlecht um es zu messen oder du hast 
einen Messfehler gemacht. Reflexionsfreiheit bekommt man nicht hin. Es 
geht darum was man als reflexionsfrei definiert.

AlexW schrieb:
> Eletromagnetische Welle ->   ----------[25 Ohm]--[25 Ohm]----[Via auf
> Masse]
>
> Die Welle trifft ja erst auf einen der beiden Widerstände mit 25 Ohm,
> also müsste ja ein großer Teil der Leistung reflektiert werden, bevor
> der zweite Widerstand erreicht wird.

Nein es geht darum was die Welle bzgl. ihres Nullpotenzials "sieht". Und 
das sind 50R. Auch ein Kabel besteht aus (unendlich vielen unendlich 
kleinen) Widerständen. Ob deine 50R aus 2x25R, 1x50R oder 25x1R oder 
2x100 oder wie auch immer bestehen ist egal. Deine Quelle sieht 50R. 
Wenn du in der Mitte zwischen den beiden Widerständen einspeisst, dann 
hast du recht -> Reflexion weil die Quelle 25R sieht.

von Possetitjel (Gast)


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AlexW schrieb:

> angenommen, ich habe eine Mikrostreifenleitung mit 50 Ohm
> bei 100 Mhz (ca. 1.8m Wellenlänge bei FR4).

Okay.

> Auf ihr läuft eine elektromagnetische Welle,

Nee.

Die Welle läuft nicht "auf" der Streifenleitung, sondern
"zwischen" der Streifenleitung und der Masselage.

> Die Welle trifft ja erst auf einen der beiden Widerstände
> mit 25 Ohm,

Jein.

Rein elektrostatisch wäre der Widerstand wurscht; durch
den Stromfluss entsteht aber ein Spannungsabfall "längs"
der Leitung, und damit auch eine elektrische Feldstärke
in Längsrichtung (die da eigentlich nicht hingehört).
Aber auch ZWISCHEN beiden Leitern, also quer, gibt es
noch eine elektrische Feldstärke.

> also müsste ja ein großer Teil der Leistung reflektiert
> werden, bevor der zweite Widerstand erreicht wird.

Man müsste das genau rechnen. Ich vermute folgendes:

Zwischen den beiden Widerständen gibt es ja auch noch
ein ganz kurzes Stück 50-Ohm-Streifenleitung, aber
sowohl der erste als auch der zweite Widerstand sind
an dieses Stückchen fehlangepasst. Es wird daher sowohl
am Ende des ersten Widerstandes wie auch am Anfang des
zweiten eine Fehlanpassung geben, aber wenn die Vorzeichen
unterschiedlich sind, hebt sich der Effekt nach außen
nahezu auf, weil der räumliche Abstand so winzig ist.

Machst Du diesen Abstand jedoch so lang, dass er
makroskopisch in Erscheinung tritt (rückst Du also
die beiden 25-Ohm-Widerstände "sehr weit" auseinander),
wirst Du die Fehlanpassung auch "von außen" messen
können.

von Possetitjel (Gast)


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Test schrieb:

> Nein es geht darum was die Welle bzgl. ihres Nullpotenzials
> "sieht". Und das sind 50R.

Nicht vollständig.

Der erste 25-Ohm-Widerstand bewirkt einen Spannungsabfall
in Längsrichtung, der da "eigentlich" nicht hingehört.

Der zweite 25-Ohm-Widerstand wäre der perfekte Abschluss
für eine 25-Ohm-Streifenleitung -- das Verbindungsstück
beider Widerstände hat aber 50 Ohm!
Also wird, wie schon geschreiben, sowohl am zweiten
Anschluss des ersten Widerstandes wie auch am ersten
Anschluss des zweiten Widerstandes eine Fehlanpassung
auftreten.
Ich vermute aber, deren Wirkung hebt sich (wegen des
unterschiedlichen Vorzeichens und der sehr geringen
Länge der Verbindungsleitung) nach außen hin fast auf.

Das ist aber geraten, nicht gerechnet.

von Possetitjel (Gast)


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Possetitjel schrieb:

> Machst Du diesen Abstand jedoch so lang, dass er
> makroskopisch in Erscheinung tritt (rückst Du also
> die beiden 25-Ohm-Widerstände "sehr weit" auseinander),
> wirst Du die Fehlanpassung auch "von außen" messen
> können.

Nachtrag:

Das wird durch folgende Überlegung gestützt:
Wenn man den Wellenwiderstand des Verbindungstückes
auf 25 Ohm herabsetzt, müsste die Reflexion verschwinden,
denn der (zweite) 25-Ohm-Widerstand ist ja der perfekte
Abschluss für die (elektrisch lange) 25-Ohm-Leitung,
und am anderen Ende gibt die Reihenschaltung der 25-Ohm-
Leitung mit dem zweiten 25-Ohm-Widerstand genau den
50-Ohm-Widerstand, den man zum stoßfreien Anschluss an
die 50-Ohm-Leitung benötigt.

von Martin O. (ossi-2)


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Wenn man so genau hinschaut muss man eigentlich auch die parasitären 
Effekte, (z.B. Kapazität/Induktivität) der Widerstände berücksichtigen. 
Da alles geometrisch sehr klein ist, wird man die Effekte aber erst bei 
sehr hohen Frequenzen bemerken.

Man könnte ja mal eine Spice-Simulation machen, bei der jeder de 25 Ohm 
Widerstände eine Serieninduktivität und eine Kapazität gegen Masse hat.
Die Simulation hätte zwar wahrscheinlich mit der Realität wenig zu tun 
(zu ungenaue Modellierung), aber man könnte einen Eindruck gewinnen, was 
qualitativ passiert.

von Elektrofan (Gast)


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> "Klein" ist hier im
> räumlichen Sinne gemeint, also sehr viel kleiner als 1.8m.
> ...
> Die Welle trifft ja erst auf einen der beiden Widerstände mit
> 25 Ohm, also müsste ja ein großer Teil der Leistung reflektiert
> werden, bevor der zweite Widerstand erreicht wird.

Klar, aber wg. der "Kleinheit" verhalten sich ALLE (also auch die neu 
entstehenden) Wellen zusammen praktisch eben so, als wären die beiden 
Widerstände vereint.

von AlexW (Gast)


Angehängte Dateien:

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Jetzt habe ich es verstanden: Es ist viel trivialer, als ich dachte.

Zur Lösung habe ich in LTSpice eine Simulation mit 6 Elementen erstellt:

[Quelle 50 Ohm]-->[lange 50 Ohm Leitung]-->[25 Ohm R]-->[kurze 50 Ohm 
Leitung]-->[25 Ohm R]-->[Masse]

Als Anregung nehme ich eine Sprungfunktion, die von der Quelle über die 
lange 50 Ohm Leitung auf die Widerstände hinwandert.

Meine Erkenntnisse:

1. Wenn die Sprungfunktion am ersten Widerstand ankommt, findet eine 
Reflexion statt (Reflexion A), genau so wie man es nach der allgemeinen 
Formel erwartet.

2. Ein Teil der Amplitude wird zum zweiten Widerstand durchgelassen.

3. Zwischen dem ersten und zweiten Widerstand findet jetzt ein 
Ausgleichsvorgang statt, der umso schneller ist, je kürzer das 
Leitungsstück zwischen den beiden Widerständen ist.

4. Am Ende des Ausgleichsvorgang wird ein Teil der Amplitude in Richtung 
der Spannungsquelle wieder zurückgeworfen. Dieser zurückgeworfene Teil 
gleich die Reflexion A aus, da er gegenphasig ist.

Fazit: Es kommt zu einer Reflexion, die aber sehr schnell ausgeglichen 
wird. Es bleibt nur ein sehr kurzer Puls der Reflexion A übrig.  Wenn 
der Abstand zwischen den Widerständen sehr viel kleiner ist als die 
Wellenlänge - was ich angenommen habe - dann ist der Ausgleichsvorgang 
viel schneller, als sich die Phase einer harmonischen Schwingung drehen 
kann.

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