Hallo zusammen, ich möchte gerne die Belastung von Kupfer durch ungleichförmige Erwärmung (Spannungen durch thermische Expansion) untersuchen. Nun gibt es ja Wöhler-Kurven, bei denen man auf der X-Achse die Anzahl der Lebenszyklen ablesen kann und auf der Y-Achse ist die mittlere Belastung. Ich betrachte nun die Zustände "Ein" und "Aus". In einer FEM-Simulation erhalte ich nun einen Maximalspannungswert von 100 MPA wenn ich den "Ein"-Zustand simuliere. Nach Aussage eines Kollegen von mir müsste ich den Wert noch durch 2 teilen, um die gemittelte Spannung zu bekommen, da das Kupfer sich im Laufe der Zeit wohl irgendwie verformen soll und bei Wöhlerkurven immer die mittleren Belastungsamplituden abgebildet sein sollen. Nach seiner Aussage soll wohl die mittlere Spannung tatsächlich halb so groß sein, wie die simulierte Amplitude. Die Begründung ist außerdem die, dass das Kupfer sich mit der Zeit wohl so verformt bzw. sich seine Mikrostruktur ändert, das tatsächlich die halbe Belastungsamplitude dann im Zustand "Ein" bzw. im Zustand "Aus" auftreten. Nun simuliere ich die Verformung deutlich unter der Streckgrenze, insofern kann ich das nicht ganz nachvollziehen. Für normales Eisen, welches nicht "fließt", soll dass auch nicht gelten. Kann mir jemand erklären oder mir einen Hinweis geben, wo ich nachschauen kann, was es mit diesem "Fließen" des Kupfers auf sich hat, obwohl ich unterhalb der Fließgrenze bin? Gruß Sarah
Die Fließgrenze beschreibt ja gerade die Grenze zwischen einem linear elastischen Verhalten und einem Verhalten oberhalb der Proportionalitätsgrenze. Warum sollte also die mittlere Spannung nur halb so groß sein? Frag man das Deutsche Kupferinstitut, so erhält man die folgende Auskunft [1]: „Da Kupfer auch beachtliche Dauerschwing- Festigkeitskennwerte aufweist, ist es auch als Werkstoff für schwingende Beanspruchungen geeignet, ohne dass Sprödbrüche befürchtet werden müssen.“ [1] http://copperalliance.de/
Vielen Dank für die Antwort. Evtl. sollte ich mich auch mal mit dem Kupferinstitut in Verbindung setzen. Der gedankliche Ansatz ist der, dass das Kupfer sich im weichgeglühten Ausgangszustand leicht verformen lässt. Die Mikrostruktur im Kupfer soll sich dabei auch selbst leicht ändern. Wenn das Material starr und unverformbar wäre, so wären die Belastungen beim "Ein"-Zustand maximal und beim "Aus"-Zustand = 0. Nun soll sich im Kupfer wohl im Dauerversuch die Mikrostruktur ändern, infolgedessen die mittlere Belastung zu 0 wird. Demnach hat man dann im ausgeschalteten Zustand den gleichen Stress wie im eingeschalteten Zustand, nur mit anderem Vorzeichen. Dieser Stress wäre dann die halbe Amplitude des ursprünglichen Stresses. Was ich nicht verstehe ist, inwieweit sich die Mikrostruktur ändern kann, obwohl die Belastung unter der Fließgrenze liegt? Gruß Sarah
Sarah E. schrieb: > Vielen Dank für die Antwort. Evtl. sollte ich mich auch mal mit > dem > Kupferinstitut in Verbindung setzen. > > Der gedankliche Ansatz ist der, dass das Kupfer sich im weichgeglühten > Ausgangszustand leicht verformen lässt. Die Mikrostruktur im Kupfer soll > sich dabei auch selbst leicht ändern. Wenn das Material starr und > unverformbar wäre, so wären die Belastungen beim "Ein"-Zustand maximal > und beim "Aus"-Zustand = 0. > Nun soll sich im Kupfer wohl im Dauerversuch die Mikrostruktur ändern, > infolgedessen die mittlere Belastung zu 0 wird. Demnach hat man dann im > ausgeschalteten Zustand den gleichen Stress wie im eingeschalteten > Zustand, nur mit anderem Vorzeichen. Dieser Stress wäre dann die halbe > Amplitude des ursprünglichen Stresses. > > Was ich nicht verstehe ist, inwieweit sich die Mikrostruktur ändern > kann, obwohl die Belastung unter der Fließgrenze liegt? > > Gruß Sarah Weil eine wirkende Kraft auch unterhalb der Fließgrenze nich frei von Auswirkungen ist und der zu Grunde liegende Prozess nicht zum erliegen kommt. Die Fließgrenze ist ein definiertes Maß für das Verhalten. Aber oberhalb 0°K gibt es keinen unendlich starren Körper. Die Frage ist wie spröde oder plastisch ist das Material, nicht ob. Namaste
Sarah E. schrieb: > Was ich nicht verstehe ist, inwieweit sich die Mikrostruktur ändern > kann, obwohl die Belastung unter der Fließgrenze liegt? Die elastische Verformung zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass sich die Atome der Gitterstruktur mit relativ geringem Kraftaufwand leicht verschieben lassen. Nach der Entlastung nehmen die Atome ihre ursprüngliche Position wieder ein. Es kommt also gerade nicht zur Verschiebung der Gitterebenen. Erst bei dem Überschreiten der Fließgrenze nehmen die Atome nicht mehr ihre ursprüngliche Position ein. Sie werden dann um mehrere Atomabstände dauerhaft verschoben. Der Vorgang der Kaltverfestigung beruht auf dem Einbringen von zusätzlichen Versetzungen während einer plastischen Verformung. Solange man im elastischen Bereich bleibt, sollte also auch keine Kaltverfestigung auftreten. Weiterhin ist nicht vorstellbar, dass der Prozess des Fließens schon bei einer niedrigen Belastung auftritt. Warum sollte einige Atome plötzlich geringere Bindungskräfte haben?
Sarah E. schrieb: > Kann mir jemand erklären oder mir einen Hinweis geben, wo ich > nachschauen kann, was es mit diesem "Fließen" des Kupfers auf sich hat, > obwohl ich unterhalb der Fließgrenze bin? Ja, mit dem Stichwort Materialermüdung denkst Du an sich schon in die richtige Richtung. Schau Dir am besten zunächst hier die Spannungs-Dehnungskurven von duktilen Materialien an: https://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_7/backbone/r7_1_1.html Und dann hier das zum Ermüdungsbruch und Dauerschwingversuchen: http://www.metalltechnik-lexikon.de/ermuedungsbruch/ Dauerschwingversuche laufen alle unterhalb der Fließgrenze R_p. Also in dem steil ansteigenden Bereich unterhalb von R_p. Die Annahme, daß dieser Bereich der vollkommen elastische wäre, bei dem keinerlei Materialveränderung stattfinden könne, ist aber reine Theorie. Was sicher auch damit zusammenhängt, daß es gar kein vollkommen elastisches Material gibt. Oder anders ausgedrückt: Selbst bei zulässiger Belastung und bestimmungsgemäßem Einsatz von Bauteilen ist es nur eine Frage der Zeit, genauer gesagt der Anzahl von Wechselbelastungen, bis Ermüdungsbruch stattfindet. Insofern kann man eigentlich auch die Materialermüdung von Cu ganz generell nicht berechnen, weil das nicht nur bauteilabhängig ist, sondern auch jeweils von der Temperatur sowie der Geschwindigkeit der Wechselbelastungen. All das ermittelt man in Einzelfällen per Dauerschwingversuchen, um überhaupt zu Aussagen zum Zeitstands-Verhalten kommen zu können. Mir ist nur bekannt, daß gerade Cu - selbst wenn es "weichgeglüht" war - recht schnell zur allmählichen Verhärtung unter Wechselbelastungen neigt. Wesentlich schneller als z.B. weicher Stahl. Frag am besten beim Kupferinstitut bzgl. Ermüdungsbruch nach. Grüße
So ganz nebenbei wird Kupfer bei plastischer Verformung immer haerter. Hat Kupfer ueberhaupt einen elastischen Bereich ? Er muss relativ klein sein. Also aufpassen.
Gorch F. schrieb: > So ganz nebenbei wird Kupfer bei plastischer Verformung immer haerter. Die Plastizität ist an sich die Voraussetzung für Duktilität und Umformung. Findet die Umformung z.B. bei weichgeglühtem Cu nur einmalig statt, ist die Verhärtung von ihm nahezu vernachlässigbar und weit entfernt von einem Ermüdungsbruch. Weil die Voraussetzung für Ermüdungsbruch Wechselbelastungen sind. Ganz anders verhalten sich Cu-Legierungen, z.B. MS, bei Umformungen. Wenn dabei nicht immer wieder "zwischengeglüht" wird, können Umformspannungen sozusagen zunächst "eingefroren" werden. Dabei passiert auch zunächst gar nichts. Aber die Umformspannungen bauen sich irgendwann ab. Wobei es keine Seltenheit ist, daß es falsch umgeformte MS-Teile erst Jahrzehnte später einfach zerreißt. > Hat Kupfer ueberhaupt einen elastischen Bereich ? Er muss relativ klein > sein. Also aufpassen. Wie jedes andere Material auch, hat Cu zweifellos einen elastischen Bereich. Denke, die Schlußfolgerung Deiner Frage müßte - wie bei jedem anderen Material auch - anders lauten: Kann dieser Bereich durch Wechselbelastungen zunehmend kleiner werden? Absolut "tödlich" sind für Cu Schwingungen. Weil die so schnell ablaufen können, daß innerhalb kürzester Zeit z.B. Cu-Rohre einfach abreißen => typischer Ermüdungsbruch. Was dabei genau abläuft, ist nur äußerst schwierig eingrenzbar. Läuft wahrscheinlich in Richtung von Resonanzkatastrophen, die auch bei ganz anderen Bauteilen auftreten kann: https://www.leifiphysik.de/mechanik/kopplung-von-schwingungen/ausblick Grüße
Ainen gudden! Gorch F. schrieb: > So ganz nebenbei wird Kupfer bei plastischer Verformung immer haerter. Wenn das stimmt, könnten Wechselbelastungen vielleicht zu Verhärtungen an den Korngrenzen führen. Dwianea hirnschaden
Fuer die's die's noch nicht erlebt haben.. Ein Kupfer Rohr, zB auch ein Semirigid Koax, fuehlt sich wich an und kan gut in die form gebogen werden, in der man's haben moechte. Zurueck geht dann nicht mehr gut, und nochmals geht's dann nicht mehr. Nicht mehr in der gewuenschen Form, sondern mit bereits vielen Wellen.
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