Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Vorverstärktes Audiosignal wieder "entstärken"


von Marcus W. (marcusaw)


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Hallo.

Ich hab ein Gerät, dass mir ein Audiosignal mit 5W Maximum vorverstärkt 
ausgibt (Bluetooth Brüllwürfel). Jetzt würde ich gerne dieses Signal in 
einen "richtigen" verstärker füttern.

Sicherlich könnte ich das Ding auseinandernehmen und entweder vor dem 
Verstärkerpart das Signal abgreifen oder einfach das wahrscheinlich 
verbaute BT-Modul ausbauen. Oder ich kauf mir auf Ebay was ganz was 
anderes. Aber das ist alles nicht der Punkt.

Der Punkt ist, kann ich das Signal einfach durch einen Elko schicken, um 
die Verstärkung bzw. die DC Komponente loszuwerden und welchen Wert 
nimmt man da?

Gruß
Marcus

von Michael B. (laberkopp)


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Marcus W. schrieb:
> Der Punkt ist, kann ich das Signal einfach durch einen Elko schicken, um
> die Verstärkung bzw. die DC Komponente loszuwerden und welchen Wert
> nimmt man da?

Nein, man würde es wohl durch einen Spannungsteiler bestehend aus 2 
Widerständen schicken, der so niederohmig ist, daß der Verstärker guten 
Klang liefert. Der Spannungsteiler reduziert auch gleich das Rauschen.

Aber weiterverwendbar ist das Signal nur, wenn es Massebezogen ist, also 
darf es kein BTL gebrückter Verstärker sein bei dem kein Ausgang an 
Masse liegt sondern beide irgendwie hin und herpendeln.

Auch funktioniert das nur, wenn es nicht einer der billigen modernen 
Class-D Verstärkerchips ist, die die Glättung des Pulsweitensignals der 
Induktivität des Lautsprechers überlassen, aber die sind eh meist BTL.

von Mark S. (voltwide)


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Im Prinzip ja, aber...
Gut möglich, das es nicht so einfach geht. Nämlich dann, wenn der 
Lautsprecher mit einer Vollbrückenstufe angesteuert wird. In diesem 
Falle liegt ein symmetrisches Signal am Lautsprecher. Es ist dann nicht 
ratsam beide Lautsprecheranschlüsse mit einem unsymmetrischen 
VerstärkerEingang zu verbinden.

: Bearbeitet durch User
von Minimalist (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Aber weiterverwendbar ist das Signal nur, wenn es Massebezogen ist, also
> darf es kein BTL gebrückter Verstärker sein bei dem kein Ausgang an
> Masse liegt sondern beide irgendwie hin und herpendeln.

Ähhh? Erklär das Mal genauer... Solang der Brüllwürfel potentialfrei 
ist, was bei Akkuversorgung anzunehmen ist, kann ich doch als Masse 
nehmen was ich will?

von Gerd E. (robberknight)


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Minimalist schrieb:
> Michael B. schrieb:
>> Aber weiterverwendbar ist das Signal nur, wenn es Massebezogen ist, also
>> darf es kein BTL gebrückter Verstärker sein bei dem kein Ausgang an
>> Masse liegt sondern beide irgendwie hin und herpendeln.
>
> Ähhh? Erklär das Mal genauer... Solang der Brüllwürfel potentialfrei
> ist, was bei Akkuversorgung anzunehmen ist, kann ich doch als Masse
> nehmen was ich will?

Die Würfel brüllen aber schon in Stereo. Du brauchst also für beide 
Ausgänge eine gemeinsame, stabile Masse. Und geht eben mit den 
Class-D-Vollbrücken nicht.

von Mittelsmann (Gast)


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Gerd E. schrieb:
> gemeinsame, stabile Masse (...) Class-D-Vollbrücken _nicht_

Das geht (so einfach) mit keinem Vollbrücken-Ausgang. Also auch nicht 
mit guten, alten analogen / linearen - bei BTL.

Sondern nur dann, wenn man die Vollbrücke in zwei völlig unabhängige 
Halbbrücken (völlig separat symmetrisch versorgt) trennen kann, weil es 
eben eigentlich einzelne Amps sind - welche man "gebrückt" hat. Das aber 
dürfte man recht schnell optisch ausmachen können.   :)

Minimalist schrieb:
> Solang der Brüllwürfel potentialfrei
> ist, was bei Akkuversorgung anzunehmen ist, kann ich doch als Masse
> nehmen was ich will?

Verstärker waren und sind häufig als Halbbrücke (*) ausgeführt. Eine 
Halbbrücke braucht entweder symmetrische Versorgung, oder aber (in 
gleicher Gesamthöhe) eine einzelne Rail + belastbaren Koppelkondensator.

In jedem dieser Fälle liegt ein Anschluß des Speakers auf Ground.

Bei Vollbrücke  BTL  H-Brücke aber werden beide Anschlüsse / Ausgänge 
zum Speaker abwechselnd auf "Signal" (bis hin zur vollen 
Betriebsspannung) gefolgt von GND gelegt - man erreicht den insgesamt 
doppelten max. Spannungshub, und das mit nur einer Rail... deshalb 
vorteilhaft, deshalb beliebt.

Hier also "floaten" beide Anschlüsse des Speakers. Das erschwert auch 
selbstverständlich solch eine Weiterverwendung des Signales.

(*: Die Begriffe Halbbrücke  Vollbrücke  BTL / H-Brücke - bezeichnen 
korrekt die Topologie, sind aber im Audio-Bereich nicht wirklich 
gebräuchlich. Zur Erklärung unbedingt hilfreich, allerdings im Kontext 
"Verstärker" weitgehend unbekannt.

Prinzipell, und erst recht bei Class-D, lassen sich die Verhältnisse 
nämlich einfach begreifen, wenn man sich Schaltwandler ("buck derived") 
ansieht. Von da stammen diese Begriffe, und dienen mir persönlich als 
"Eselsbrücke" für die Zusammenhänge bei Audio-Verstärkern.

Das aber kann jeder halten, wie er will...)

Ansonsten gilt das, was schon geschrieben wurde. Viele neuen Amps sind 
Class-D, und viele Class-D relativ geringer Leistung sind, wie Michael 
schon schrieb, ohne "extra" LC-Filter (und damit über die Kabel lustige 
kleine Störsender).

Zufrieden, @Minimalist?

von Mittelsmann (Gast)


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Korrektur: "BTL" kommt ganz exakt aus der Audio-Ecke.
(Versehentlich mit kopiert.)

von Dieter (Gast)


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Bei Vollbruecken und Klass D mueste man eine Vorstufe mit einem 
Differenzverstaerker, fuer D mit Tiefpass, ergaenzen oder einen NF 
-Übertrager verwenden. Oder man hat zwei galvanisch getrennt Endstufen, 
die man anschliesst.

von Klaus (Gast)


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Marcus W. schrieb:
> Ich hab ein Gerät, dass mir ein Audiosignal mit 5W Maximum vorverstärkt
> ausgibt (Bluetooth Brüllwürfel). Jetzt würde ich gerne dieses Signal in
> einen "richtigen" verstärker füttern.

Das "richtigen" verstehe ich nicht ganz. So ein "Brüllwürfel" hat das 
Audiosignal beliebig vermatscht und zerstört, damit aus dem mickrigen 
Lautsprecher ein einigermaßen verkaufbares Signal herauskommt. Das 
willst du jetzt an einen "richtigen" Verstärker weiterleiten?

MfG Klaus

von Minimalist (Gast)


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Mittelsmann schrieb:
> Hier also "floaten" beide Anschlüsse des Speakers. Das erschwert auch
> selbstverständlich solch eine Weiterverwendung des Signales.

Aber doch immer noch nur falls der Verstärkereingang nicht potentialfrei 
gegenüber den Ausgängen ist. Ansonsten bestimme ich einfach was Masse 
ist. Die zwei gegenläufigen Sinusschwingungen addieren sich zu einer mit 
doppelter Amplitude.
Auch eine Vollbrücke gibt "nur" Wechselspannung aus.

Wie würdest du z.B. mit einem Scpoe rausfinden, ob Voll oder Halbbrücke, 
wenn du NUR an den LS Klemmen messen dürftest? Ginge mMn nur über Vpp, 
wenn die Versorgungsspannung bekannt ist.

Die Brüllwüfel, die ich kenne, sind übrigens alle Mono!

von Der Andere (Gast)


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Einfach den Line out oder den Kopfhörerausgang nehmen.

von Mittelsmann (Gast)


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Minimalist schrieb:
> Wie würdest du z.B. mit einem Scpoe rausfinden, ob Voll oder Halbbrücke,
> wenn du NUR an den LS Klemmen messen dürftest?

Dieter schrieb vorhin etwas Ähnliches wie:
> Differentielle Messung, fuer D mit Tiefpass
> oder ein NF-Übertrager

Klaus schrieb:
> So ein "Brüllwürfel" hat das
> Audiosignal beliebig vermatscht und zerstört, damit aus dem mickrigen
> Lautsprecher ein einigermaßen verkaufbares Signal herauskommt.

Der Andere schrieb:
> Einfach den Line out oder den Kopfhörerausgang nehmen.

Eine schaltende Klinkenbuchse selbst einbauen ließe die "original" 
Weiterverwendung ebenfalls zu. Plötzlich hätte man ein Gerät mit...

Der Andere schrieb:
> Line out oder (...) Kopfhörerausgang

Nur ist scheinbar gerade das keine den TO interessierende Lösung. 
Bliebe der genannte Überträger, ...

von ths (Gast)


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Runterteilen mit einem Spannungsteiler aus drei Widerständen, etwa 1 k, 
100, 1k.Über dem 100 Ohm Widerstand mit einem Instrumentenverstätker 
abgreifen. Der nachfolgende Massebezug ist damit jetzt wählbar. 
Funktioniert also auch bei Stereo - ohne Trafo, dafür mit anderen 
Nachteilen :-)

von Analog OPA (Gast)


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Man kann solche Vollbrücken vollständig kapazitiv ankoppeln, bevor es in 
die Spannungsteiler geht, um das Signal zusammenzuführen. Dann hat man 
auch wieder eine Masse. Noch besser, wären zwei Differenzverstärker.

Trotzdem ist das alles Murks. Das Signal muss VOR der analogen 
Vorstufe abgegriffen werden, bevor es in die Digitalstufe geht.

von Helmut L. (helmi1)


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Ist doch vollkommen wurscht ob Voll oder Halbbruecke.

Bei einer Halbbruecke den Ausgang auf einen Spannungsteiler und gut ist.

Bei einer Vollbruecke nimmt man nur einen der beiden Anschluesse, haengt 
einen Spannungsteiler dran und ebenfalls ist alles gut.
Man muss nur die Masse mit rausfuehren.

Man kann sich hier noch aussuchen ob man das nichtinvertierte oder 
invertierte Signal nimmt. Auf beiden ist das gleich drauf. Man braucht 
da keinen Differenzverstaeker, Uebertrager oder so. Und den Spannungshub 
bei einer Vollbruecke bracht man ebensowenig, ist eh zuviel und es 
haengt ja schon ein Spannungsteiler dahinter.

von Dieter (Gast)


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Bei analogen Brueckenschaltungsverstaerkern ist die Loesung von Helmut 
richtig und funktioniert.

Bei Klasse D Verstarkern in Brueckenschaltung kommt es auf das 
Regelungsprinzip an. Es gibt dirty Regler, da stimmt die Differenz, aber 
das Potential schwimmt. Das hoert man als komischer Beiklang. Bei 
Sprache und rumms Techno praktisch egal.

Das laesst sich aber mit einer Messung pruefen.
- Mittelpunkt mit zwei exakt gleichen Widerstaenden bilden.
- Mit simplen Messgeraet messen, ob bei allen Lautstaerken der 
Mittelwert stabil bleibt, jeweils DC und AC Messbereich.  DC sollte U/2 
ergeben. AC sollte 0 ergeben.

von Mittelsmann (Gast)


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Dieter schrieb:
> Es gibt dirty Regler, da stimmt die Differenz, aber
> das Potential schwimmt.

Gerade die ohne dedizierten LC-Filter machen solche Probleme, oder 
nicht?

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Minimalist schrieb:
> Die Brüllwüfel, die ich kenne, sind übrigens alle Mono!
Daher werden ja auch immer zwei verkauft, die an einem Y-Kabel betrieben 
werden.

Analog OPA schrieb:
> Trotzdem ist das alles Murks.
Das ist schon deshalb Murks, weil eine Ankopplung eines NF-Signals im 
LS-Zweig immer die Rückwirkung des LS mit drin hat, die man eigentlich 
nicht gebrauchen kann. Bei Digitalstufen kommt hinzu, dass die mitunter 
die miesen Lautsprecher so steuern, dass sie besser klingen, indem sie 
sie nichtlinear vorverzerren. Dann hat man doppelt und dreifach 
Signalanteile mit drin, die mit dem erzeugenden Lautsprechersystem zu 
tun haben und die die Qualität im abgegriffenen Signal verschlechtern.

Kein Mensch nutzt daher heute noch solche "Tricks" um aus 
Lautsprecher-Ausgangssignalen oder Kopfhörersignalen, line-in-Signale 
rückzugewinnen.

Warum wird hier eigentlich nicht das Eingangssignals des Brüllwürfels 
verwendet und selbiger in die Tonne gekloppt (wo die dinger hingehören)?

Dieter schrieb:
> Bei Klasse D Verstarkern in Brueckenschaltung kommt es auf das
> Regelungsprinzip an. Es gibt dirty Regler, da stimmt die Differenz, aber
> das Potential schwimmt. Das hoert man als komischer Beiklang. Bei
> Sprache und rumms Techno praktisch egal.

Woher kommt immer die Einstellung dass Sprache weniger wichtig sei und 
Techno eine einfache Musik?

Das Gegenteil ist der Fall: Aus signaltechnischer Sicht ist Sprache mit 
das Anspruchsvollste, weil die Aufnahme immer aus der Nähe erfolgt und 
damit sehr hohe Signalanteile im hohen Frequenzbereich existieren, die 
korrekt dargestellt werden möchten. Diese aber sind es, die 
Digitalstufen so ziemlich gar nicht können.

Dasselbe gilt für Techno: Was da musikalisch drin steckt, ist 
unerheblich. Signaltechnisch sind Techno und Trance die anspruchsvollste 
Musik, weil diese fast ausschließlich mit elektronischen Klangerzeugern 
gestaltet wird, die es gestattet, extreme Frequenz- und 
Reflektionsszenarien zu generieren. Da sind oft unnatürliche 
Signalanstiege drin, die jede kleine Schwäche des Übertragungssystems 
zutage fördern.

von Dieter (Gast)


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Ggf. gibt es einen Aux-Ausgang des Chips, der nicht benutzt wird. Um das 
nachzusehen, hilft nur aufschrauben und Posten, welcher Typ das waere.

von Mark B. (markbrandis)


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Jürgen S. schrieb:
> Woher kommt immer die Einstellung dass Sprache weniger wichtig sei und
> Techno eine einfache Musik?
>
> Das Gegenteil ist der Fall: Aus signaltechnischer Sicht ist Sprache mit
> das Anspruchsvollste
> [...]
>
> Dasselbe gilt für Techno: Was da musikalisch drin steckt, ist
> unerheblich. Signaltechnisch sind Techno und Trance die anspruchsvollste
> Musik, weil diese fast ausschließlich mit elektronischen Klangerzeugern
> gestaltet wird, die es gestattet, extreme Frequenz- und
> Reflektionsszenarien zu generieren. Da sind oft unnatürliche
> Signalanstiege drin, die jede kleine Schwäche des Übertragungssystems
> zutage fördern.

Endlich mal einer der Ahnung hat :-)

von guest...Rainer (Gast)


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Analog OPA schrieb:
> Trotzdem ist das alles Murks. Das Signal muss VOR der analogen
> Vorstufe abgegriffen werden, bevor es in die Digitalstufe geht.

Das wäre auch meine und meiner bescheidenden Meinung nach die beste 
Lösung! Es gab da auch schon so lustige Fragen, wie "Verstärker 
entstärken"...
Also, es ist alles gesagt!
Gruß Rainer

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