Forum: Haus & Smart Home Wie alt sind stoffummantelte Einziehdrähte in einer Hausinstallation?


von Andreas (Gast)


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Hallo allerseits

Weiß jemand vielleicht, wann diese schwarzen stoffummantelten 
Einzeldrähte in Metallverrohrung zum letzten mal bei 
Elektroinstallationen eingesetzt wurden? Eine Freundin hat vor ein paar 
Jahren ein Haus gekauft und das Baujahr lässt sich leider nicht 
feststellen, weil es im Bauakt keine Einträge gibt. Das Alter der 
Verdrahtung wäre da ein Hinweis. Wir schätzen das Alter des Hauses auf 
50-60 Jahre, kann das hinkommen?

Danke für Infos dazu

von Schreiber (Gast)


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Andreas schrieb:
> Das Alter der
> Verdrahtung wäre da ein Hinweis.

in den frühen 70er-Jahren war PVC-Isolierung das Mittel der Wahl. Meist 
in PVC-Leerrohren.

Andreas schrieb:
> Wir schätzen das Alter des Hauses auf
> 50-60 Jahre, kann das hinkommen?

Unwahrscheinlich.
Vermutlich Kriegs- oder Vorkriegsbau.

Andreas schrieb:
> Eine Freundin hat vor ein paar
> Jahren ein Haus gekauft und das Baujahr lässt sich leider nicht
> feststellen, weil es im Bauakt keine Einträge gibt.

Sind die Akten im Krieg verloren gegangen?
Oder ist es ein Schwarzbau?

von Andreas (Gast)


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>Sind die Akten im Krieg verloren gegangen?
>Oder ist es ein Schwarzbau?

Das wissen wir nicht so genau. Interessanterweise sind die Umrisse des 
Wohnhauses und des Nebengebäudes im Bebauungsplan eingezeichnet, es gibt 
aber zu den Gebäuden selbst überhaupt nichts im Bauakt, kein 
Einreichungsplan, keine Fertigstellungsmeldung, keine Bewilligung. Kann 
natürlich sein, dass die Akten im Krieg oder den Nachkriegsjahren 
verloren gingen.

von Walter K. (walter_k488)


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Schreiber schrieb:
> Andreas schrieb:
>> Wir schätzen das Alter des Hauses auf
>> 50-60 Jahre, kann das hinkommen?
>
> Unwahrscheinlich.
> Vermutlich Kriegs- oder Vorkriegsbau.

Oder ehemaliges 1. Arbeiter und Bauernparadies auf deutschen Boden

In der Ostzone wurden Gewebeisolierungen auch nach Gründung der DDR - 
also nach 49 eingesetzt

: Bearbeitet durch User
von Andreas (Gast)


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Das Haus steht in Niederösterreich.

von Heimwerker (Gast)


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Andreas schrieb:
> diese schwarzen stoffummantelten
> Einzeldrähte in Metallverrohrung

Kenne ich so auch vom Altbau (ca. 1915, Westdeutschland)
in der Ausführung mit Alu-Drähten.

von Phasenschieber (Gast)


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Heimwerker schrieb:
> Kenne ich so auch vom Altbau (ca. 1915, Westdeutschland)
> in der Ausführung mit Alu-Drähten.

Yep, kenne ich auch, obwohl ich noch die "Bergmannsrohre" installiert 
habe, die Drähte allerdings nichtmehr installiert, jedoch noch sehr oft 
vorgefunden habe.

Spezialklemmen Kupfer/Aluminium mussten verwendet werden.

Hier auch ein Bild von den Drähten: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Bergmannrohr#/media/File:Bergmannrohr.jpg

von Walter K. (walter_k488)


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Heimwerker schrieb:
> Andreas schrieb:
> diese schwarzen stoffummantelten
> Einzeldrähte in Metallverrohrung
>
> Kenne ich so auch vom Altbau (ca. 1915, Westdeutschland)
> in der Ausführung mit Alu-Drähten.

Ob das Haus beim Bau 1915 schon elektrifiziert wurde - steht aber auf 
nen anderen Blatt
In einer größeren Stadt möglicherweise - im Dorf eher nicht

von Roland L. (Gast)


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mein Haus (Deutschland) ist Bj. 1937, da sind original stoffummantelte 
Aluleitungen drin.
Das Alu war aber angeblich drin weil Kupfer für die Rüstungsindustrie 
benötigt wurde und nicht weil es Stand der Technik war.
Eine Zentralheizung durfte auch nicht eingebaut werden.

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Walter K. schrieb:
> Ob das Haus beim Bau 1915 schon elektrifiziert wurde

Meins* ist von 1909 und wurde bereits beim Bau elektrifiziert - mit 
Unterputz-Installation. Recht tiefliegende Leerrohre aus einem schwarzen 
splitterfreudigen Material, Unterputz-Steigeleitung etc. 
UP-Verteilerdosen aus mit irgendeinem Material getränkter Pappe. 
Leitungen selbst waren stoffumflochtene Kupferleiter, in den 
Verteilerdosen Keramikringe mit einzelnen Schraubquetschverbindern. Die 
Steigeleitung (vor den Zählern) war irgendwas zwischen 4 und 6 mm² dick, 
die Verdrahtung in der Wohnung  mit gefühlten 1mm².
Im Keller wurde auf an der Decke angebrachten Keramikisolatoren 
verdrahtet ...

Zusätzlich zur Elektroinstallation wurde aber in allen Räumen auch Gas 
verlegt, anscheinend traute man damals dem "neumodischen Zeug" noch 
nicht so ganz und hat Gasbeleuchtung zumindet vorgesehen (wenn 
vielleicht auch nie genutzt). Zentralheizung allerdings gab es auch, und 
dafür Kaminzüge nur in den Küchen, ein nachträglicher Einbau von Öfen 
war daher nicht möglich.


Später nachgefrickelte Elektroinstallation wurde dann gerne mit 
metallummantelten Leitungen gemacht, die auf die Scheuerleisten genagelt 
wurden.



*) Mehrfamilienhaus, Berliner Innenstadt

: Bearbeitet durch User
von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Walter K. schrieb:
> Ob das Haus beim Bau 1915 schon elektrifiziert wurde - steht aber auf
> nen anderen Blatt
> In einer größeren Stadt möglicherweise - im Dorf eher nicht

Das war regional sicher sehr unterschiedlich. Die Nordeifel bekam 
bereits 1905 ein Wasserkraftwerk. Es war beim Bau das größte und 
modernste in Europa https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk_Heimbach und 
ist noch heute in Betrieb.

Die umliegenden Dörfer wurden elektrifiziert, zum Teil als Entschädigung 
für verlorengegangene Flächen durch den Stausee. Wobei ein Dorf das 
Teufelszeug abgelehnt haben soll.

Schon 1915 reichten die 12 MW des Kraftwerks nicht mehr für die Region 
und es mussten weitere Kraftwerke gebaut werden.

von Matthias L. (limbachnet)


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Roland L. schrieb:
> mein Haus (Deutschland) ist Bj. 1937, da sind original stoffummantelte
> Aluleitungen drin.
> Das Alu war aber angeblich drin weil Kupfer für die Rüstungsindustrie
> benötigt wurde und nicht weil es Stand der Technik war.
> Eine Zentralheizung durfte auch nicht eingebaut werden.

Hier im Süden von Berlin hatte ich im Haus Baujahr 1937 auch 
Stoff-ummantelte Leitungen im Bergmanns-Rohr, aber mit Kupferseele. Der 
Hausanschluss war aber aus 4x10qmm Alu.

Zentralheizung war vorbereitet, aber Ofenheizung war Pflicht und während 
des Rohbaus musste das Dach auf eine Schräge >45° umgeplant werden, 
damit die zu erwartenden Bomben besser abgleiten konnten. Wohlgemerkt - 
1937, also ein Jahr VOR Kriegsbeginn...

Die ollen Strippen waren in den Verteilerdosen eine Pest, dick, 
bröselig, brr. Aber in der Wand, still und fest liegend waren die 
unverwüstlich.

von michael_ (Gast)


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Roland L. schrieb:
> mein Haus (Deutschland) ist Bj. 1937, da sind original stoffummantelte
> Aluleitungen drin.
> Das Alu war aber angeblich drin weil Kupfer für die Rüstungsindustrie
> benötigt wurde und nicht weil es Stand der Technik war.

Im Moment ersetze ich die letzten Meter in meinem Haus, Baujahr 1932.
Ist aber Kupfer 1,5mm .
Den Zustand würde ich aber mit sehr gut bezeichnen.
Nicht ausgetrocknet oder Risse.

Alu würde ich mindestens damals als Stand der Technik verstehen.
Es war da erstmals massenweise und preiswert verfügbar.
Hatte damals Vorteile gegenüber anderen Metallen.

von Manfred (Gast)


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Niedersachsen, 1949: Stoffummantelte Leitungen in Rohren aus gewickelter 
Teerpappe. Alu oder Cu weiß ich nicht, die Elektrik musste komplett neu 
und einzelne Resten liegen sicher noch immer irgendwo im Mauerwerk.

von hinz (Gast)


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Manfred schrieb:
> Niedersachsen, 1949: Stoffummantelte Leitungen in Rohren aus
> gewickelter
> Teerpappe. Alu oder Cu weiß ich nicht, die Elektrik musste komplett neu
> und einzelne Resten liegen sicher noch immer irgendwo im Mauerwerk.

Mit PVC isolierte Adern wurden in der ersten Hälfte der '50er üblich.

von Setphan (Gast)


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hinz schrieb:
> Mit PVC isolierte Adern wurden in der ersten Hälfte der '50er üblich.

Genau, unser BJ54 hat AlCu Leitungen gehabt. Jetzt nur noch Cu.

von Roland E. (roland0815)


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Hier habe ich PVC-Ummantelte Kupferadern im Bergmannrohr gefunden. Braun 
und weiß(gelblich) auf den Keramikringen verschraubt. Das Haus ist 
definitiv vor '43 gebaut und auf einem damaligen Aufklärungsbild zu 
erkennen. Die Warmsanierungen der 40er sind daran etwa 100m vorbei 
gegangen. Das Haus dürfte aus der Zeit nach dem 1WK und vor der 
Weltwirtschaftskrise stammen. Am Baukörper ist noch der ausklingende 
Jugendstil zu erkennen, aber schon von der Sachlichkeit der 30er 
gebremst. Bauunterlagen gibt es keine mehr, sind 44 verbrannt das 
Grundbuch verweist auf 1918.

Die in den 40er, 70er und 90ern gemachten Änderungen/Ergänzungen an der 
Elektrik waren sehr gut zu identifizieren. Das waren keine Einzeladern 
mehr.

Stoffummantelt müsste älter als 30er Jahre sein. Auch weil PVC seit den 
20ern bekannt ist und intensiv genutzt wird. Der nicht mehr als 
Kampfstoff benötigte/einsetzbare Abfallstoff Chlor musste ja irgendwo 
hin.

: Bearbeitet durch User
von Walter S. (avatar)


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Roland E. schrieb:
> Stoffummantelt müsste älter als 30er Jahre sein.

bei mir Baujahr 34 war stoffummantelt

von TestX (Gast)


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Um 1925 hat man gerne Stoffummantelte Leitungen in Blei Leerrohren 
verwendet. Ggf geben die Schalter oder Lampenfassungen im Keller? einen 
hinweis (wahrscheinlich Drehschalter aus Bekelit?)

@TO
Aus welchem Material ist das Leerrohr ? Zeitlich wird es wahrscheinlich 
um 1915...1930 liegen

von Andreas (Gast)


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Die Leerrohre, die noch original vorhanden sind, sind die sogenannten 
"Bergmann-Rohre" aus verzinktem Stahlblech mit einer inneren Schicht aus 
Teerpappe. Laut dem Verkäufer ist das Haus Baujahr 1950, aber der weiß 
das auch nicht mit Sicherheit.

Es sind auch nicht alle Leitungen aus diesen schwarzen Stoffdrähten, es 
wurde hier sicher mehrmals umgeändert und neue Leitungen dazu gelegt.

Danke für eure Informationen.

von michael_ (Gast)


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TestX schrieb:
> Um 1925 hat man gerne Stoffummantelte Leitungen in Blei Leerrohren
> verwendet. Ggf geben die Schalter oder Lampenfassungen im Keller? einen
> hinweis (wahrscheinlich Drehschalter aus Bekelit?)

Klar, hab ich noch hier rumliegen.
Solche mit der hellroten pulverigen Beschichtung.
Ich glaub, die war gegen Rattenfraß.
Aus was ist die Beschichtung eigentlich?

Als Kind haben wir da Stücke mit der Kneifzange abgeknipst, um Munition 
für das Kata zu bekommen :-)

Auch wenn ich die letzten cm im Keller erneuere, den alten 
Bakelitschalter und die Schukobuchse lass ich.

von Ahnungsloser (Gast)


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Ich hab mal ein Pdf mit dem Namen "DES KAISERS NEUE KABEL" gehabt 
gefunden
da stand MW sowas drin.
Ich finde es aber gerade nicht wieder.

von Andreas (Gast)


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Super, hab's gefunden:
www.stephanieedlmann.de/wp-content/uploads/diplom/Des-Kaisers-neue-Kabel 
.pdf

Danke für den Hinweis

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