Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Regelung für aktive Magnetfeldstabilisierung


von Chrisi M. (monkey_queen)


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Hey Leute,

ich bin ziemlich neu im Bereich Elektronik und Digitaltechnik, arbeite 
aber gerade an meiner Masterarbeit in Physik. Das Thema meiner Arbeit 
ist die aktive Magnetfeldstabilisierung
Um mein Anliegen besser verstehen zu können, hier ein kurzer Überblick 
über mein Thema:
Um eine Vakuumkammer befinden sich 3 Spulenpaare, die von einem Digital 
ansteuerbaren Stromtreiber versorgt werden und die bis etwa 15 Gauss 
Felder erzeugen sollen. Ziel ist es in der Kammer selber ein möglichst 
stabiles statisches Magnetfeld zu erzeugen. Die Sensoren können aus 
technischen Gründen nicht innerhalb der Kammer anbracht werden.
Gemessen wird mit dem HMC 1001 von Honeywell, da dieser eine gute 
Auflösung (tendenziell bis 27 uGauss) und eine Offset Funktion hat.

So nun zu meiner Idee, wie das Regelungsprogramm funktionieren soll:
Ich möchte den 'Nullpunkt' vom Sensor auf die gewünschte größe vom Feld 
setzten. Damit messe ich nur Abweichungen vom Nullpunkt für alle drei 
Achsen des Feldes.
Diese Information wird ausgelesen von einem 3 Channel ADC (welcher 
genau, bzw. welche Bandbreite sinnvoll ist und wieviel Bit bin ich mir 
noch nicht sicher), wodurch ich 3 x 3 Channel ADC's auslesen werde (für 
jede Achse einen)
Aus den gemessenen Werten wird dann die benötigte Änderung des Stroms 
der Spulen berechnet und zum einen an den Stromtreiber weiter gegeben 
und zum anderen an einen Einplatienencomputer, oder vielleicht direkt an 
den Windoof Rechner zum Monitoring.
Solche Messsequenzen sind immer etwa 12 ms lang, dazwischen gibt es eine 
12 ms Pause, deren zweck hier wenig wichtig ist.

Von allem was ich bisher gelesen habe, denke ich das ein Microcontroller 
dafür am sinnvollsten ist, da Timing eine ziemlich wichtige Sache ist 
und ich nicht möchte, das Linux im Hintergrund grade auf die Idee kommt 
irgendwas von A nach B kopieren zu müssen oder ähnliches.
Die schiere Menge an tendeziellen Controller überfordert mich allerdings 
etwas und ich hatte gehofft, das vielleicht hier jemand eine Idee hat 
welcher sinnvoll ist :)
Im Raum stand auch schonmal z.B. das BeagleBoard oder der Red Pitaya.


Grüße und danke schonmal für Antworten :)
Chrisi

von Purzel H. (hacky)


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Weshalb einen Regler verwenden, wenn es keinen Regler braucht. ein Feld, 
zB einer Helmholtz Anordnung, kann sehr genau berechnet werden. Das Feld 
ist stabil, wenn der Strom stabil ist. Also brauchst du nur eine 
Stromquelle. Fertig.

Oder was ist das Problem, was soll das Ganze ? Zeig die 
Aufgabenstellung, ohne eine Loesung vorwegzunehmen.

: Bearbeitet durch User
von Chrisi M. (monkey_queen)


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Weil ich nicht nur stabiliseren sondern auch kompensieren möchte. In der 
Umgebung von der Kammer ist z.B. ein Zeeman Slower dessen Magnetfeld 
kompensiert werden muss und was gerade so oberhalb oder unterhalb von 
unserem Labor läuft weiß auch niemand.
Hier geht es halt nicht nur um ein einfaches Magnetfeld für ein paar 
Experimente zu machen, sondern um ein stabiles Feld, mit dem man 
präzisions Physik betreiben kann.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Wie hacky schon sagt - ohne Störgrösse ist eine Regelung sinnlos. Gibts 
es also Störgrössen und lösen deine Sensoren sie auf? Wenn sie das nicht 
tun, kannst du Regelungen bauen bis Pflaumenpfingsten, ohne was geregelt 
zu bekommen.

Die Überlegung, was für einen MC benutzt wird, kannst du getrost 
verschieben. Erst, wenn du weisst, in welcher Grösse die Sensoren 
reagieren, ist eine Überlegung hinsichtlich ADC usw. sinnvoll.

: Bearbeitet durch User
von Chrisi M. (monkey_queen)


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Mit einem Prototypen von den Sensoren mit Verstärker habe ich schon 
gesehn, das wir nicht nur DC Felder in der Umgebung haben sondern auch 
AC Felder. Jedes Feld was dort ist, überlagert sich mit unserm durch die 
Spulen erzeugtem, wodurch im inneren der Kammer irgendein Feld ist, aber 
nicht das was wir dort wollen (wie gesagt, prazisions Physik soll da 
betrieben werden). Im Inneren soll ein so stabil wie nur irgendwie 
mögliches DC Feld sein.

Natürlich könnten wir einfach eine große uMetall Kammer drum herum bauen 
und das so abschotten, allerding müssten dort viel zu viel Löchter für 
einige Laserstrahlengäge gebohrt werden, wodurch trotzdem Störfelder im 
Inneren wären.

Achja und ja, die Sensoren können die Störfelder auflösen ;)

: Bearbeitet durch User
von Purzel H. (hacky)


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> Achja und ja, die Sensoren können die Störfelder auflösen ;)

Aha. So, so tun die das ... in 3D. Toll. Bei uns tun die das nicht. Wir 
verwenden das Sample gleich als Sensor. Du moechtest das, was die NMR 
Leute als "shimen" bezeichnen. Dabei kann man mit Gradientenspulen 
Korrekturfelder anlegen, bis die passende Homogenitaet erreicht ist.
Wegen externer Felder ... geht in eine Waldhuette. Dort arbeiten die, 
die bei uns extrem kleine Stoerfelder haben duerfen ... und koennen die 
S-Bahn in km Entfernung noch messen.

von Bene S. (Gast)


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Jetzt ist G. schrieb:
> Du moechtest das, was die NMR
> Leute als "shimen" bezeichnen.

Er möchte zusätzlich zum "active shimming" (ausgleich von 
Feldinhomogenitäten) auch noch "active shilding" (ausgleich von externen 
Störungen).

Es währe extrem hilfreich wenn du verraten könntest und welche art von 
Präzisionsphysik es sich bei deinen geheimen Experimenten handelt es 
scheint aber in die Richtung Optische Uhren/Atomspektroskopie.

Möglicherweise ist es tatsächlich einfacher die Rückwirkung auf das 
Sample zu minimieren wie das in der NMR gemacht wird.

Wie viel der Sensoren willst du verwenden um das Feld am Ort des 
Experiments zurück zu rechnen?

von Chrisi M. (monkey_queen)


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Es ist im Bereich der Quantenoptik, bei dem Experiemt geht es um die 
Vermessung von Übergängen an verschiedenen kalten Atomen, dafür wollen 
wir z.B. auch gezielt in die Zeeman Niveas aufspalten.
Für die Vermessung der natürlchen Linienbreite dagegen soweit es geht 
den Fehler durch die Zeeman Aufspaltung minimieren.
Für die ersten Tests ist erstmal ein Sensor pro Achse angedacht. Wie 
viele insgesamt dran können hängt am Ende auch von den Ausmaßen der 
Platine ab, mindestens 2 wäre auch schonmal besser.

von MaWin (Gast)


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Chrisi M. schrieb:
> wie das Regelungsprogramm funktionieren soll

Ich würde so eine simple Regelungsaufgaben mit analogen PID Regler 
lösen, also 3 entsprechend stromstarken OpAmos und analogem Sensor.
Früher gab es das um Magnetfelder beispielsweise von Bahnstromleitungen 
von Computermonitoren fern zu halten.
Aber ich rechne mit Problemen, wenn der (3-Achsen)Sensor nicht dort 
sitzt wo das Feld auch 0 sein soll.
Gibt es auch fertig
https://www.bilz.ag/en/products/magnetic-field-cancellation/

von Purzel H. (hacky)


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Das Problem mit solchen Kompensationsgeschichten ist die Schwingneigung. 
Sieht man zB bei den Noisecancellern in Kopfhoererform. Ja, 
niederfrequent geht der Noise weg, kommt dafuer hochfrequent wieder 
rein.

Erst mal sollte ein Frequenzband, auf welchem die Stoerungen reinkommen 
ermittelt werden. Ich wuerd mal annehmen unterhalb Netz. zB 
Temperaturschwankungen der Elektronik, der Lift bewegt sich, usw.
Die Kompensationsspule sollten natuerlich moeglichst nahe am Sample 
sein. Das erhoeht das Feld, und erniedrigt die Induktivitaet der Spule. 
Also auch ultrakalt.

Allenfalls wuerde sich ein Frequenzlock auf das Sample anbieten. Oder 2 
Sensoren auf jeder Achse weg vom Sample. Dann deren Werte mitteln.

von Louis R. (alulouis)


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Chrisi M. schrieb:
> Weil ich nicht nur stabiliseren sondern auch kompensieren möchte. In der
> Umgebung von der Kammer ist z.B. ein Zeeman Slower dessen Magnetfeld
> kompensiert werden muss und was gerade so oberhalb oder unterhalb von
> unserem Labor läuft weiß auch niemand.
> Hier geht es halt nicht nur um ein einfaches Magnetfeld für ein paar
> Experimente zu machen, sondern um ein stabiles Feld, mit dem man
> präzisions Physik betreiben kann.

Wenn es nur ums kompensieren externer Störgrössen geht und du das Feld 
durch eine reine Steuerung stabil bekommst, dann wäre schirmen 
vielleicht eine Option.

Es gibt fertige Messkammern aus der EMV-Messtechnik welche E und H-Feld 
breitbandig abschirmen. Wenn es um solch präzise Messungen geht hättest 
du so immer garantiert gleiche Messbedingungen. Ansonsten wird deine 
Regelung jedes Mal aufs Neue gefordert wenn ihr euer Labor umstellt.

Wie gross ist denn der ganze Aufbau? Grössenordnung von mm, cm oder m?

von Chrisi M. (monkey_queen)


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Louis R. schrieb:
> Wenn es nur ums kompensieren externer Störgrössen geht und du das Feld
> durch eine reine Steuerung stabil bekommst, dann wäre schirmen
> vielleicht eine Option.

Bei schirmen ist halt die Sache, das dort zu viele Löcher für die Laser 
und die Kamera rein müssten.

Louis R. schrieb:
> Wie gross ist denn der ganze Aufbau? Grössenordnung von mm, cm oder m?

Etwa 40 x 40 x 40 cm, kleiner oder größer geht wegen der Vakuumkammer 
und den Spiegeln drum herum nicht.

Jetzt ist G. schrieb:
> Ja,
> niederfrequent geht der Noise weg, kommt dafuer hochfrequent wieder
> rein.

Hmm das ist ein guter Ansatz.. ich glaube dann schaue ich mir auch noch 
genauer an, was die beim Noiscanceling machen...

Bisher gehen meine Betreuer auch davon aus, das uns Frequenzen über 3 
MHz wenig bei den nächsten geplanten Experimenten jucken.

von Louis R. (alulouis)


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Chrisi M. schrieb:
> Bei schirmen ist halt die Sache, das dort zu viele Löcher für die Laser
> und die Kamera rein müssten.

Das würd ich deswegen aber noch nicht ausschliessen. Dafür gibt es 
spezielle Arten der Kabelführung in die Kammer. Eine batteriebetriebene 
IP Kamera über Glasfaser braucht eine Öffnung von wenigen mm im 
Durchmesser. Bei den Lasern weis ich aber nicht was notwendig ist.

Gewisse Öffnungen sind durch Winkel-Anbauten an der Kammer aber auch 
wieder möglich.

von Rainer V. (a_zip)


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Chrisi M. schrieb:
> Etwa 40 x 40 x 40 cm, kleiner oder größer geht wegen der Vakuumkammer
> und den Spiegeln drum herum nicht.

Also bei dieser Größe würde ich erst mal über Schirmmöglichkeiten 
nachdenken. Wenn du jetzt schon die Störungen detektieren kannst, dann 
baue doch einfach mal einen "Blechkasten" drum und schau, was das 
bringt. Ich meine, dass die Schrankhersteller (z.B. Rittal) sogenannte 
Hf-dichte Schränke und Gehäuse im Programm haben. Denn, alles was du 
wegschirmen kannst, dass mußt du nicht wegregeln!
Gruß Rainer

von Mark S. (voltwide)


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Chrisi M. schrieb:
> Bisher gehen meine Betreuer auch davon aus, das uns Frequenzen über 3
> MHz wenig bei den nächsten geplanten Experimenten jucken.

Mit einem Messzyklus im millisekunden-Bereich kannst Du bestenfalls 
50Hz-Störungen halbwegs kompensieren. Dazu kommt die 
Bandbreitenbegrenzung die sich aus der Induktivität der Magnetspulen 
ergibt.
Höherfrequente Komponenten eliminiert man am ehesten durch Abschirmung.

: Bearbeitet durch User
von Jürgen W. (Firma: MED-EL GmbH) (wissenwasserj)


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Wenn Du hauptsächlich Störungen der Netzfrequenz (bzw. die Grundwelle 
von gleichgerichteten Störungen davon) eliminieren willst (also bis 
100Hz), dann solltest Du eine Regelung inkl. Stromsteuerung mit einer 
Grenzfrequenz von 1kHz oder höher ansetzen. Wenn Du via µC regeln 
willst, bedeutet das min. 10kHz Sampling-Rate für eine schöne Regelung.

Sofern Du direkt den Strom regelst, mußt Du auf die beschränkte 
Anstiegsgeschwindigkeit achten, also dB/dt ~ dI/dt < Usup/L.

Für Deine Sensoren solltest Du einen Puffer-OA (nur den Puffer)! für die 
beiden Ausgänge je Sensor vorsehen und diese Werte direkt digitalisieren 
- Differenzbildung und Regelung im Mikrocontroller (nicht PC, da sind 
die Latenzen von USB-Geräten usw. schon mal >10ms)

Ich bin ja eher beim MSP430 beheimatet, da kann man mit der 
MSP430F5-Serie mit dem 12-bit-ADC eine Gesamt-Samplingrate >200ksps 
erreichen, d.h. bei Dir 2x3 Kanäle, also bis zu 33ksps je Sensor-Ausgang 
- reicht völlig.

Digital realisierte Regelung als PI-Regler - bei der geringen 
Geschwindigkeit läßt sich schön in C schreiben.

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