Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Welches Lot hab ich da?


von Chris B. (smashit)


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Kurze Frage in die Runde:
Ich hock hier vor 2 Rollen Lötzinn (waren Beifang).
Auf einer steht SN96,5Ag3,5.
So weit so gut.
Auf der 2. fehlt das Etikett...
Es ist auf jedenfall auch bleifreies Lot.
Aber gibt es eine einfach möglichkeit herauszufinden ob es auch eine 
silberhaltige Legierung ist?

Und NEIN! Ich werde keinen Geschmackstest durchführen! :p

von Horst (Gast)


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Normal merkt man das beim Löten.

von Chris B. (smashit)


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Als Bastler der bis jetzt alles mit Blei lötet fehlt mir da leider die 
Erfahrung mit anderen bleifreien Loten.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Hallo,

das ist Silberlot. Stelle es in die Vitrine oder nimm es zur Reparatur 
hochwertiger Messgeräte, falls Du in diese Verlegenheit einmal kommen 
solltest.

MfG

von Hugo E. (Gast)


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Christian S. schrieb:
> das ist Silberlot.

Es geht nicht um die beschriftete, sondern um die Rolle ohne Etikett.
Die beschriftete hat er schon selbst herausgefunden, denke ich mal. :-)

von Chris B. (smashit)


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Hugo E. schrieb:
> Christian S. schrieb:
>> das ist Silberlot.
>
> Es geht nicht um die beschriftete, sondern um die Rolle ohne Etikett.
> Die beschriftete hat er schon selbst herausgefunden, denke ich mal. :-)

Ja, soweit hab ich mich im Periodensystem noch zurechtgefunden ;)

von Michael D. (sirs)


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Beitrag "Wie kann man feststellen, ob bleifrei gelötet wurde?"
-> Blei oder bleifrei?

Schmelztemperatur, Leitfähigkeit pro Meter und die Reaktion auf diverse 
Chemikalien wären Anhaltspunkte. FLussmittelgehalt des Seele kann man 
evtl durch Anschauen mit einem starken Mikroskop herausfinden.

von someone (Gast)


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Das ist nicht so einfach. Du könntest erstmal herausfinden, ob das Lot 
eutektisch ist oder einen eher weiten Schmelzbereich besitzt. Dafür 
musst du einfach eine gewisse Menge Lötzinn aufschmelzen und das 
Erstarrungsverhalten beobachten, gegebenenfalls auch unter Störungen. 
Man sieht eigentlich ganz gut, wie lange der Erstarrungsprozess dauert. 
Das kannst du dann mit "üblichen" Lotlegierungen abgleichen.
Tendenziell ist silberhaltiges Lot auch matter als nicht-silberhaltiges. 
Beim Aufschmelzen und wieder erstarrenlassen einer gewissen Menge kann 
man das dann ganz gut sehen, ob die Oberfläche eher matt und grob 
strukturiert (spricht für viel Silber) oder eher glänzend ist. Glatt 
sollte sie natürlich so oder so sein. Gegebenenfalls für diesen Test 
extra Flussmittel dazugeben, um sicherzustellen, dass es richtig 
aufschmilzt.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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someone schrieb:
> Tendenziell ist silberhaltiges Lot auch matter als nicht-silberhaltiges.

Kann ich nicht bestätigen.  BF32-3 sieht im Vergleich zu Sn100Ni+
(Beitrag "Vergleich Lötzinne: Felder EL Sn100Ni+ und Amasan BF32-3") recht gut glänzend aus
(ich habe beide zu Hause nebeneinander liegen).

Einigermaßen vernünftig lässt sich sowas mit einem Massenspektrometer
ermitteln.  Bliebe allerdings die Frage, wofür diese Aussage am Ende
wirklich relevant ist: das Lötverhalten hängt ganz eindeutig von vielen
weiteren Faktoren ab.  Das sieht man am deutlichsten, wenn man das
genannte BF32-3 mal gegen ein x-beliebiges anderes SAC-Lot vergleicht.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Hugo E. schrieb:
> Christian S. schrieb:
> das ist Silberlot.
>
> Es geht nicht um die beschriftete, sondern um die Rolle ohne Etikett.
> Die beschriftete hat er schon selbst herausgefunden, denke ich mal. :-)

Jetzt habe sogar ich das Thema verstanden! :-) Danke.

MfG

von Hugo E. (Gast)


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Christian S. schrieb:
> Hugo E. schrieb:
>> Christian S. schrieb:
>> das ist Silberlot.
>>
>> Es geht nicht um die beschriftete, sondern um die Rolle ohne Etikett.
>> Die beschriftete hat er schon selbst herausgefunden, denke ich mal. :-)
>
> Jetzt habe sogar ich das Thema verstanden! :-) Danke.
>
> MfG

Du bist eben ein Blitzmerker :-D Bitteschön, gerne! :-)

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Wenn die Quittung noch existiert... mit 3% Silber kostet es etwa das 
doppelte.

von Vamhus Silbernagel (Gast)


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Chris B. schrieb:


Wie wärs mit Foto? Manchmal gibt die Rolle einen Anhaltspunkt.

Ansonsten würde ich ein Schnipsel des unbekannten mit einem schnipsel 
eines bekannten Lots in einen Schmelztiegel geben und aufschmelzen. Da 
hätte man schon einen Anhaltspunkt ob der Schmelzpunkt gleich ist.

Dann gibt es noch diverse silbertests, frag mal den goldschmied um die 
Ecke, Stichwort Säuretest. Auch dabei sollte man den Vergleich mit 
referenzlot (silberhaltig und silberfrei machen.

von Andreas B. (bitverdreher)


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Chris B. schrieb:
> Aber gibt es eine einfach möglichkeit herauszufinden ob es auch eine
> silberhaltige Legierung ist?

1cm in conc. Salpetersäure auflösen, HCl dazu + stark verdünnen. Wenn es 
dann weiss flockig ausfällt und mit der Zeit unter Licht schwarz wird, 
ist Silber enthalten. Wenn es Nadeln sind, die sich im heißen Wasser 
lösen, dann ist das kein Silber, sondern Blei.
(Trennungsgang HCl Gruppe)

Du kannst Dir das Leben aber auch einfach machen: Wenn Du damit gut 
löten kannst, kann Dir die Zusammensetzung egal sein.

von Sebastian L. (sebastian_l72)


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Chris B. schrieb:
> Aber gibt es eine einfach möglichkeit herauszufinden ob es auch eine
> silberhaltige Legierung ist?
Hasst du 100 g oder 100 kg?

> Und NEIN! Ich werde keinen Geschmackstest durchführen! :p
Wieso so zimperlich?

Dann leg ein Stückchen von jedem der beiden Rollen auf ein hartgekochtes 
Eidotter. (Schwefeltest)
Dann der Test über NH3: Also in die Nähe von Ammoniakwasserdampf damit.

Na verfärben sie sich gleichartig: Dann ist die Wahrscheinlichkeit 
gross, das das dasselbe ist.

Ob du das Ei danach verspeist oder nicht sei dir überlassen. Das 
Ammoniakwasser zu trinken ist nicht ratsam, das sagt dir deine Nase aber 
sicher auch.

Ansonsten wie Andreas schrieb:
> Wenn Du damit gut
> löten kannst, kann Dir die Zusammensetzung egal sein.

von W.S. (Gast)


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Christian S. schrieb:
> Hallo,
>
> das ist Silberlot. Stelle es in die Vitrine..

Ja, ist ein guter Vorschlag.

Ansonsten: Das ist alles KEIN Silberlot, sondern schlichtes Zinn-Lot mit 
ein klitzeklein wenig Zuschlagstoffen, damit der Schmelzpunkt wenigstens 
etwas unterhalb von 232°C liegt. Viel hilft das aber nicht.

Mein Rat: Verschenken oder ganz tief in die Bastelkiste versenken, 
könnte ja sein, daß du in 20 Jahren kein SN63Pb37 mehr kriegst.

W.S.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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W.S. schrieb:
> Mein Rat: Verschenken oder ganz tief in die Bastelkiste versenken,
> könnte ja sein, daß du in 20 Jahren kein SN63Pb37 mehr kriegst.

Ach ja.  Sonst beklagst du dich doch auch über die Ewiggestrigen, warum
bist du denn hier selbst einer?

Die Welt hat sich weiter gedreht, seit 20 Jahren wird nun bleifrei
gelötet, und seit wenigstens 10 Jahren funktioniert das mit ordentlichem
Lot auch.  Den ollen Bleikrams kannst du gern mit ins Grab nehmen.

Aber: so no-name als Schüttgut wie hier bei Pollin würde ich es nicht
kaufen.  Das ist 'ne Katze im Sack, so wie früher deren „100 ICs“-Tüten.
Kann sein, es lässt sich brauchbar benutzen, kann sein, es ist einfach
nur Mist.  Die Zusammensetzung der Hauptbestandteile sagt dabei gar
nichts.  Siehe oben verlinkter Thread.  Theoretisch sind die SAC-Lote
(Sn, Ag, Cu) alle so fast gleich, praktisch ist es eben doch ein
himmelweiter Unterschied, ob du irgendeins davon in den Fingern hälst
oder eben doch lieber ein BF32-3 gekauft hast.

von Walter K. (walter_k488)


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Jörg W. schrieb:
> Die Welt hat sich weiter gedreht, seit 20 Jahren wird nun bleifrei
> gelötet, und seit wenigstens 10 Jahren funktioniert das mit ordentlichem
> Lot auch.  Den ollen Bleikrams kannst du gern mit ins Grab nehmen.

Diese Aussage ist für Luft- und Raumfahrt aber völliger Unfug!

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Walter K. schrieb:
> Diese Aussage ist für Luft- und Raumfahrt aber völliger Unfug!

Auch da dreht sich die Welt weiter, das Blei wird auch dort allmählich 
verschwinden.

Beispiel:

http://www.nce-rce.gc.ca/Research-Recherche/Stories-Articles/2016/Aerospace_Aerospatiale_eng.asp

Man muss ein bisschen suchen nach einigermaßen aktuellen Dokumenten. 
Viel Tamtam darum wurde vor mehr als 10 Jahren gemacht, da war die 
Skepsis noch groß.  Das größte Problem scheinen "Tin Whiskers" zu sein. 
Die treten aber an allen Reinzinnflächen auf, also auch an den Bauteilen 
selbst, insofern muss das Problem ohnehin gelöst werden.  In vielen 
Fällen liefern die Halbleiterhersteller ja nur noch bleifrei 
beschichtete Bauteile.

von Der Andere (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Den ollen Bleikrams kannst du gern mit ins Grab nehmen.

Blos nicht, dann werden deine sterblichen Überreste zum Sondermüll.
Und deine Angehörigen eventuell für die Entsorgung zur Kasse gebeten.

von Chris B. (smashit)


Angehängte Dateien:

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Danke für die Antworten.

Ich habe ein Foto der Rolle angehengt (mit 2 anderen als vergleich)

Und ich habe Schmelzversuche gemacht ;)
Sn96,5Ag3,5 und das Unbekannte lassen sich noch bei 215° schmelzen, bei 
210° nicht mehr
Sn60Pb38Cu2 schmilzt auch noch bei 200° (tiefer hab ich dann nicht mehr 
probiert)
Es handelt sich dabei um die nicht kalibrierte Anzeige auf meiner icon.

Und jetzt das richtig gemeine:
Auf der unbekannten Spindel ist HARNER 63/37-E eingeprägt.
Nur dass ich nichts zu dem Namen gefunden habe, und 63/37 auch den 
Wickeldurchmessern der Spindel entspricht...

Aber ich glaube 63/37 Lot können wir vom Schmelzpunkt her sicher 
ausschließen.

von C. A. Rotwang (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> In vielen
> Fällen liefern die Halbleiterhersteller ja nur noch bleifrei
> beschichtete Bauteile.

Consumer-bereich, im MIL-Bereich siehts anders aus, für den passenden 
Preis legen die auch gerne eine Kleinserie bleihaltige Gehäuse auf.

>Das größte Problem scheinen "Tin Whiskers" zu sein.
>Die treten aber an allen Reinzinnflächen auf, also auch an den Bauteilen
>selbst, insofern muss das Problem ohnehin gelöst werden.

Das wird auch gern mit Beschichtung/Lackierung angegangen und ist bei 
elektronik die in Bereichen mit wenig Isolierende Luft (Höhe uber NN, 
aber auch Marine) Standardprozedur. 
https://www.aciusa.org/assets/pdf/techtips/techtip3-2016.pdf

Aber bevor man bleifreie Lots Jahrzehtnelang evaluiert ob 
Langzeitschwächen auftreten, greift man halt auf altbekannte 
Materialen/Lote. Man will ja nicht wie die Russen enden, die aus 
fehlgeleiten Sparzwängen kaputte Satelliten zum Mars 
ballern:https://www.bernd-leitenberger.de/schlamperei.shtml Abschnitt 
Mars4-7

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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C. A. Rotwang schrieb:
> Aber bevor man bleifreie Lots Jahrzehtnelang evaluiert ob
> Langzeitschwächen auftreten, greift man halt auf altbekannte
> Materialen/Lote.

Man evaluiert sie dennoch jahrzehntelang, so wie man das mit allen
anderen Technologien auch macht.

Selbst in den ältesten Papers zum Thema (also bezüglich Avionik und 
Weltraumtechnik) kannst du schon lesen: "it is not a question if 
lead-free will come but only /when/".

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