Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik NF: Multilayer Kerko für Signalweg?


von Kermit (Gast)


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Hallo,

kann man einen Multilayer Keramik-Kondensator wie diesen hier auch für 
den Signalweg im NF-Bereich verwenden?

KEMET, C SMD MLCC, Vielschicht Keramikkondensator X7R, 1μF ±10% / 50Vdc, 
125°C, Gehäuse 1206 (3216M)
https://de.rs-online.com/web/p/keramik-multilayer-kondensatoren/6911195/


Früher hat man gesagt, im Signalweg lieber Folienkondensatoren verwenden 
und Kerkos meiden. Stimmt das so immer noch?

von soso... (Gast)


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Für sehr hohe Ansprüche : Eher nicht. sonst schon.

Das sind Klasse-2-Dielektrika (Ferroelektrika).
Erstens ist deren Kapazität von der angelegten Spannung abhängig 
(DC-Bias-Charakteristik). Das kann Verzerrungen bewirken.
Zweitens sind sie bekannt für Piezoelektrische Effekte (Mikrofonie). 
Schock und Vibration können Spannungen im Kerko erzeugen. Bei Audio kann 
das stören.


Klasse-1-Kerkos haben das DC-Bias-Problem schon mal nicht. Ob sie 
Mikrofonie haben, weiß ich nicht.
Man kennt sie z.B. als COG oder NP0 (was eigentlich eine 
Temperaturcharakteristik ist).

Ansonsten gibt es SMD-Folienkondensatoren, die haben diese Probleme 
nicht.

Aus der Praxis kann ich sagen:
Groß sind die Effekte nicht. Ich habe schon Klasse-II-Kerkos in 
Audioanwendungen verwenden (bitte nicht prügeln ;-)), und bei den 
Klirrfaktormessungen haben wir keine Probleme feststellen können 
(<0,5%).
Was aber für Sprechanlagen, also niedrige Ansprüche. Sonst hätte ich COG

von Dieter (Gast)


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Im Signalpfad nur um DC-Anteile fernzuhalten, sind die Teile unkritisch, 
bis auf die Mikrofonieeffekte.

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
gerade in Bereich NF-verstärker wird oft Kult betrieben. Das geht bis 
tief in die Esoterik ;-)
> Kermit schrieb:
> kann man einen Multilayer Keramik-Kondensator wie diesen hier auch für
> den Signalweg im NF-Bereich verwenden?
Was heißt das den "Signalweg".
Als Koppelkondensatoren zwischen Signalstufen mit üblicherweise eher 
geringen DC-Spannungspegeln sehe ich das eher unkritisch.

COG/NPO ist natürlich das bessere Material, aber der Nachteil sind 
vergleichsweise große Bauformen und höhere Werte geht gar nicht.

Auch X7R geht aber in solchen Fällen meist ohne Probleme, wenn man die 
Randbedingungen beachtet.
Filteranwendungen sind da sicher problematischer bezüglich Toleranz, 
Temperaturdrift und Spannungabhängigkeit als einfache Koppelkond.

Sofern die Nennspannung vergleichsweise hoch zur Einsatzspannung ist, 
wird die DC-Spannungsabhängigkeit auch eher gering sein.

> KEMET, C SMD MLCC, Vielschicht Keramikkondensator X7R, 1μF ±10% / 50Vdc,
> 125°C, Gehäuse 1206 (3216M)
> https://de.rs-online.com/web/p/keramik-multilayer-kondensatoren/6911195/

Der oben gewählte 50V-Typ wird also bei DC-Pegeln von wenigen Volt kaum 
Problem machen. Hier gibt es ein paar allg. Infos dazu:
https://www.maximintegrated.com/en/app-notes/index.mvp/id/5527
1u in BF 1206 mit X7R gibt es übrigens auch noch mit Nennspannung 100V.
https://www.digikey.de/products/de/capacitors/ceramic-capacitors/60?k=1uF&k=&pkeyword=1uF&pv3=3&pv3=2&sf=1&FV=38000e%2C380002%2C380026%2C4401d2%2C440005%2Cmu1%C2%B5F%7C2049%2Cffe0003c%2C400007&quantity=&ColumnSort=0&page=1&pageSize=25

Das Thema Mikrofonie muß man auch nicht überbewerten. Einen 
NF-Verstärker sollte im normalen Einsatz eh nicht starken Vibrationen 
und Stoßbelastungen im normalen Betrieb ausgesetzt sein. Da gäbe es dann 
noch andere Probleme, unter anderem auch Mikrofonie durch andere 
Bauteile.
Gruß Öletronika

von Lurchi (Gast)


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Als Koppelkondensator sieht der Kondensator die AC-Spannung vom 
Audiosignal gar nicht. Der Kondensator  bringt eine untere Grenze weit 
unterhalb des Nutzbereichs (z.B. < 10 Hz). In solchen Anwendungen ist 
auch ein Klasse 2 MLCC OK.

Für Filteranwendungen im Nutzbereich sind die Kondensatoren kleiner und 
sehen die AC Spannung. Hier sind die Klasse 2 Materiealien wie X7R sehr 
schlecht geeignet. Mittlerweile gibt es den Bereich bis etwa 100 nF auch 
als NP0/C0G MLCC. Von den Eigenschaften ist NP0 den Folienkondensatoren 
etwa gleichwertig, ggf. etwas weniger Temperaturabhängig.

SMD Folienkondensatoren sind etwas empfindlich beim löten, vor allem 
bleifrei.

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