Forum: Offtopic Stromschlag am Netzteil, was ist falsch?


von Mathias B. (dedi)


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Hallo Leute,

ich hoffe Ihr könnt mir etwas weiterhelfen. Gestern hat ein Kumpel etwas 
an einer LED-Beleuchtung gebaut und hat mich zur Hilfe geholt, weil er 
angeblich einen Stromschlag bekommen hat. Verbaut ist ein 230V => 12V 
Meanwell Netzteil.

Das Netzteil wird über einen einpoligen Schalter geschalten. Der GND 
Anschluss war nicht belegt.

Ich habe dann erst einmal mit einem Multimeter gegen Schutzleiter 
gemessen und dann keine nennenswerte Spannung festgestellt (bei 
ausgeschaltetem Schalter). Dann habe ich vorsichtig das Gehäuse berührt. 
Und es passierte nichts. Dann etwas mutiger angepackt bis ich meinen 
Finger ganz draufgelegt habe. Und dann (nach ca. einer halben Sekunde) 
hats geprickelt in meinem Bauchnabel.

Ich habe keine Ahnung, wie sich ein Stromschlag anfühlt, es tat nicht 
wirklich weh, aber es war doch relativ unangenehm). Mit dem Multimeter 
konnte ich aber nichts messen. Es gab auch keine Verbindung von L oder N 
zum Gehäuse.

Dann habe ich das Netzteil mal in Betrieb genommen. Mein Duspol zeigte 
eine Spannung von 120V am Gehäuse an, die sofort verschwanden, als ich 
die Last dazu geschaltet habe. Der FI flog auch nicht raus, nicht bei 
der Last und auch nicht, als ich einen gewischt bekommen habe.

Ende der Geschichte ist, dass jetzt der Schutzleiter angeschlossen ist 
und das Phänomen weg ist. Dennoch würde es mich interessieren, wo der 
Stromschlag her kam.

Ich könnte es verstehen, dass sich das Gehäuse irgendwie aufgeladen hat. 
Aber dann hätte ich bei einer kleinen Berührung gewischt, wie man es bei 
statischen Entladungen kennt. Aber nein, erst als ich den Finger 
draufgelegt habe, habe ich nach einer Weile den Schlag bekommen.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Google doch mal nach Ableitstrom, X und Y Kondensatoren...

von Claus M. (energy)


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Mathias B. schrieb:
> . Aber nein, erst als ich den Finger draufgelegt habe, habe ich nach
> einer Weile den Schlag bekommen.

Das war was anderes oder eingebildet.

von Walta S. (walta)


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Mathias B. schrieb:
>  Dann etwas mutiger angepackt bis ich meinen
> Finger ganz draufgelegt habe. Und dann (nach ca. einer halben Sekunde)
> hats geprickelt in meinem Bauchnabel.
>

https://m.youtube.com/watch?v=pyJIcZDPbfs

;-)
Walta

von Uwe M. (uwe_mettmann)


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Mathias B. schrieb:
> Dann habe ich das Netzteil mal in Betrieb genommen. Mein Duspol zeigte
> eine Spannung von 120V am Gehäuse an, die sofort verschwanden, als ich
> die Last dazu geschaltet habe. Der FI flog auch nicht raus, nicht bei
> der Last und auch nicht, als ich einen gewischt bekommen habe.[/quote]

Das kann normal sein. Durch die Y-Kondensatoren, die zur Entstörung 
eingebaut sind, ergibt sich ein kapazitiver Spannungsteiler und damit 
die halbe Netzspannung auf dem Gehäuse. Im Normalfall ist der Strom aber 
auf <0,5 mA (Schutzklasse II Geräte) gegrenzt und dadurch ist das 
Anfassen ungefährlich.

Also messe den Strom mal nach. Du schaltest das Messgerät zwischen 
Gehäuse und dem Schutzleiterkontakt der Steckdose. Der Strom darf 0,5 mA 
nicht überschreiten. Du musst die Messung bei umgedreht eingesteckten 
Netzstecker des Netzteils wiederholen.

Wenn das Netzteil Schutzklasse I darf der Strom höher sein und darf 3,5 
mA nicht überschreiten. Bei Schutzklasse I Geräte muss aber immer der 
Schutzleiter angeschlossen sein.

Nur wenn das Symbol mit den zwei Rechtecken auf dem Netzteil aufgedruckt 
ist, kann auf den Anschluss des Schutzleiters verzichtet werden.


Gruß

Uwe

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ich habe ein Computernetzteil, wo die Verbindung zum Erdleiter 
unzuverlässig war. Irgendwie wollten wohl Kaltgeräte-Buchse und das 
Kabel nicht miteinander. Wenn man da an den PC gefasst hat, war das auch 
ziemlich unangenehm. Also nicht doll, nicht gefährlich, aber man hat 
deutlich gemerkt Moment mal, hier stimmt was nicht. Anderes Kabel 
genommen und Problem war weg.

von Diodenes D. (diodenes)


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Mathias B. schrieb:
> Und dann (nach ca. einer halben Sekunde)
> hats geprickelt in meinem Bauchnabel.

Nach dem Duschen immer gut abtrocknen :-)

Ernsthaft: ich tippe auch auf die Enstörkondensatoren. Das kann sich 
tatsächlich schon recht unangenehm anfühlen, obwohl die Strömchen ja 
noch vergleichsweise mickrig sind.

Wenn allerdings ernste Zweifel bestehen, dann sollte sich Dein Kumpel 
von der Konstruktion trennen - schon um Deinetwillen, weil Du ja schnell 
"mit drinhängst", wenn da wirklich etwas im Argen liegt. Mach ihm das 
klar, wenn Ihr wirklich Freunde seid.

Mathias B. schrieb:
> Ich habe keine Ahnung, wie sich ein Stromschlag anfühlt,

230V fühlen sich SEHR unangenehm an, irgendwie paralysierend. Und zwar 
nicht nach einer halben Sekunde, sondern sofort. Dafür hält die Wirkung 
dann u.U. über Stunden an!

Zwei Mal erlebt (ca. 1986/87 und 2000), einen dritten Versuch lehne ich 
dankendst ab, denn den würd' ich wohl nimmer packen - den zweiten fand 
bereits deutlich schlimmer als den ersten, als "nur" über einige Stunden 
der Arm taub und schlecht beweglich war...

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Soso... was hast Du denn angestellt?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Eigentlich ist es ja recht einfach. Wenn das Netzteil einen Anschluss 
für PE hat, muss man den auch benutzen. Wenn es den nicht hat, sollte es 
SK II sein und höchstens 250µA Berührstrom produzieren:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schutzklasse_%28Elektrotechnik%29

Uwe M. schrieb:
> Der Strom darf 0,5 mA
> nicht überschreiten.

Es sind 0,25mA.

von Diodenes D. (diodenes)


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Ben B. schrieb:
> Soso... was hast Du denn angestellt?

Den Strom ;-)
Und dann nicht aufgepasst...

Das erste war ein Selbstbau-HiFi-Verstärker mit 2x90W, bei dem ich in 
der Phase, als das Ganze noch im Erprobungsstadium ohne Gehäuse war, bei 
irgendwelchen Oszilloskop-Messungen mit der berühmten linken Hand (die 
ja eigentlich immer hinter dem Rücken sein sollte) entschlossen an die 
Primärseite...

Das zweite war ein sehr aufwendiger Prüfstand, dessen Elektronik ich an 
der Uni mitentwickelt und zusammengebaut habe, und der dann für einen 
sechsstelligen Betrag an eines der größten deutschen Chemieunternehmen 
gegangen ist. Da das Geld zum großen Teil an der Uni verbleiben würde, 
habe ich wohl versucht, mich am Strom schadlos zu halten ;-) Dummerweise 
war ich während des Unfalls auch völlig allein, das hätte also ganz böse 
ausgehen können. Wieder richtig fit habe ich mich erst am übernächsten 
Morgen gefühlt.

Also Mathias B., immer gut aufpassen!

: Bearbeitet durch User
von Mathias B. (dedi)


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Diodenes D. schrieb:
> Ernsthaft: ich tippe auch auf die Enstörkondensatoren. Das kann sich
> tatsächlich schon recht unangenehm anfühlen, obwohl die Strömchen ja
> noch vergleichsweise mickrig sind.

Das hätte ich jetzt auch gesagt, aber dann hätte ich sofort einen 
gewischt bekommen müssen, als ich das Netzteil das erste mal berührt 
habe. Aber nein, ich habe das Netzteil vorher ca. 5 Mal angetippt und es 
ist nichts passiert. Erst als ich meinen Finger darauf habe liegen 
lassen, tats weh.

Diodenes D. schrieb:
> 230V fühlen sich SEHR unangenehm an, irgendwie paralysierend. Und zwar
> nicht nach einer halben Sekunde, sondern sofort. Dafür hält die Wirkung
> dann u.U. über Stunden an!

Es hat sich etwa so angefühlt wie bei diesem Partyspiel "Lightning 
Reaction", bei dem man einen Knopf drücken muss und der der als letzter 
den Knopf drückt, bekommt einen Elektroschock. Nur hat es die ganze 
rechte Körperseite durchzogen.

Diodenes D. schrieb:
> Also Mathias B., immer gut aufpassen!

Naja, ich habe vorher mit einem Multimeter gegen Erde gemessen und war 
mir sicher, dass da nichts ist. Sonnst hätte ich das Netzteil auch nicht 
angefasst.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Vielleicht hast Du Dich mit einem anderen Körperteil gerade irgendwo 
besser geerdet oder so, wenn Du nicht direkt am Anfang eine geflackt 
bekommen hast. Egal, Du lebst noch und woran das jetzt lag bekommst Du 
sowieso nie raus.

von Diodenes D. (diodenes)


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Mathias B. schrieb:
> Es hat sich etwa so angefühlt wie bei diesem Partyspiel "Lightning
> Reaction",

Das kenne ich zwar leider nicht...

Mathias B. schrieb:
> Nur hat es die ganze
> rechte Körperseite durchzogen.

Aber das, was Du da schilderst, wäre mit den zulässigen Strömchen 
eigentlich nicht mehr wirklich unter einen Hut zu bekommen. Seid 
vorsichtig, die Sache finde ich sehr seltsam!

von Uwe M. (uwe_mettmann)


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Matthias S. schrieb:
> Uwe M. schrieb:
>> Der Strom darf 0,5 mA
>> nicht überschreiten.
>
> Es sind 0,25mA.

Das ist je nach Norm unterschiedlich. Da es sich hier um eine 
LED-Leuchte handelt, muss die EN 60598-1 oder einen anderen Teil dieser 
Normenreihe herangezogen werden und der maximale Spitzenwert des 
Berührungsstroms beträgt 0,7 mA, was einen Effektivwert von 0,5 mA 
entspricht.


Mathias B. schrieb:
> Das hätte ich jetzt auch gesagt, aber dann hätte ich sofort einen
> gewischt bekommen müssen, als ich das Netzteil das erste mal berührt
> habe. Aber nein, ich habe das Netzteil vorher ca. 5 Mal angetippt und es
> ist nichts passiert. Erst als ich meinen Finger darauf habe liegen
> lassen, tats weh

Statt zu rätseln, warum misst du nicht wie bereits vorgeschlagen einfach 
den Strom zwischen Gehäuse und dem Schutzleiterkontakt einer Steckdose? 
Das kannst du ja auch längere Zeit machen, dabei am Gerät wackeln usw.


Gruß

Uwe

: Bearbeitet durch User
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