Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Induktive Last am Relais


von Peter H. (peter_hilleb)


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Hallo,

ich bin etwas verunsichert.

Macht es einen Unterschied ob ich mittels eines Relais eine Ohmsche oder 
eine Induktive Last schalte?

Wenn ich nun mittels eines Arduinos und eines Releais einen 230V 40W 
Ventilator schalte (reltiv langsame Schaltvorgänge, also kein PWM oder 
so, nur ein/aus) macht das einen Unterschied als ob ich z.B. eine 
Glühbirne schalte?

Könnte das Schalten den Arduino stören?

PS der Arduino hängt wird über USB Netzteil an der selben Phase 
gespeist.

Danke wenn mir jemand einen Tipp geben kann.

von Chris K. (Gast)


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Ja macht es. Beim Abschalten der induktiven Last wird die im Magnetfeld 
gespeichert Energie wieder frei gesetzt. Dabei kehrt sich die Polarität 
um. Daher braucht es für ein Relais eine Freilaufdiode die diesen 
entgegengerichteten Strom kurzschließen kann. Sonst wird er sich einen 
Weg suchen und der muss nicht immer gut für die Bauteile ausgehen. Hinzu 
kommmt das Problem vom Funkenflug an den sich öffnenden Kontakten. 
Dagegen hilft dann ein Snubber und das Relais freut sich über seine 
lange Lebensdauer.

von Karl B. (gustav)


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Peter H. schrieb:
> Könnte das Schalten den Arduino stören?

Hi,
kommt auf den Aufbau an. Und der Motor des Ventilators wird beim 
Schalten (und Kontaktprellen) eine Induktionsspannungsspitze erzeugen, 
die, wenn sie nicht "abgeblockt" wird, zu unkontrolliertem Verhalten 
beisteuert.

Also:
Snubber parallel zu den Relaiskontakten.
Unverbindliche Empfehlung:   33nF X2/275V~ in Reihe mit 150 Ohm 1Watt
Wieso 1 Watt-Type?:
"...Achtung: Die Spannungsfestigkeit der 1/4W oder 1/2W Typen ist 
normalerweise nicht für Netzspannung geeignet...."

https://www.mikrocontroller.net/articles/Snubber

Und noch etwas zu "Freilaufdiode":

https://www.mikrocontroller.net/articles/Relais_mit_Logik_ansteuern#Freilaufdiode

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Peter H. (peter_hilleb)


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Danke für die schnellen Antworten.

Damit ich mir ganz sicher bin:

Deine Freilauf- Diode brauch ich parallel zur Spule des Relais im 
Gleichstromkreis welcher das Relais schließt. Richtig?

Der Snubber hilft dabei die induzierte Spannung des Motors des 
Ventilators auf 230V Seite abzubauen. Damit kein Lichtbogen und das 
Relais lebt länger. Hat aber keinen direkten Einfluss auf die Schaltung 
hinter dem Relais?

Ich frage deshalb, weil es mir den Controller nach ein paar 
Schaltvorgängen "aufhängt" wenn ich den Ventilator schalte. Schalte ich 
hingegen eine Lampe mit dem selben Aufbau läuft es 100 Male problemlos. 
Daher denke ich dass ich keinen Fehler in der Software habe, kann es 
aber zum Zeitpunkt auch nicht zu 100% ausschließen...

von Chris K. (Gast)


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Was deinen Controller bei der induktiven Last außer Tritt bringt, ist 
die EMV Störung von dem Funken. Aus EMV Sicht gibt es kaum was 
schlimmeres als Funkenflug. Hohe Energie und alle Frequenzen vertreten.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Peter H. schrieb:
> Hat aber keinen direkten Einfluss auf die Schaltung hinter dem Relais?
Definiere "vorne" und "hinten"...

> Ich frage deshalb, weil es mir den Controller nach ein paar
> Schaltvorgängen "aufhängt" wenn ich den Ventilator schalte. Schalte ich
> hingegen eine Lampe mit dem selben Aufbau läuft es 100 Male problemlos.
Stichwort: EMV-Verträglichkeit. Diese Funken im Relais machen das, was 
Marconi schon mit seinem Funkensender geschafft hat: sie koppeln Energie 
aus, die auf umliegende Leitungen und Schaltungen wirkt.

> Ich frage deshalb, weil es mir den Controller nach ein paar
> Schaltvorgängen "aufhängt" wenn ich den Ventilator schalte. Schalte ich
> hingegen eine Lampe mit dem selben Aufbau läuft es 100 Male problemlos.
> Daher denke ich dass ich keinen Fehler in der Software habe, kann es
> aber zum Zeitpunkt auch nicht zu 100% ausschließen...
Doch, du hast vermutlich schon einen Fehler in der Software. Und zwar 
den, dass du nicht mit Störsignalen an den Controllereingängen rechnest 
und dich dort auf stabile, ungestörte Pegel verlässt.

von Karl B. (gustav)


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Lothar M. schrieb:
> Doch, du hast vermutlich schon einen Fehler in der Software. Und zwar
> den, dass du nicht mit Störsignalen an den Controllereingängen rechnest
> und dich dort auf stabile, ungestörte Pegel verlässt.

Peter H. schrieb:
> Wenn ich nun mittels eines Arduinos und eines Releais einen 230V 40W
> Ventilator schalte (reltiv langsame Schaltvorgänge, also kein PWM oder
> so, nur ein/aus) macht das einen Unterschied als ob ich z.B. eine
> Glühbirne schalte?
>
> Könnte das Schalten den Arduino stören?
>
> PS der Arduino hängt wird über USB Netzteil an der selben Phase
> gespeist.

Hi,
es wäre jedoch wichtig, zu sehen, wie der Aufbau aussieht.
Störungen koppelt man evtl. auch durch die Leiterbahnen rein, die wie 
eine Induktionsschleife wirken könnten.
Dass generell gestörte Eingangssignale an den µP-Ports die Funktion 
einer Schaltung stören, ist unbestreitbar, aber dass das auch immer mit 
Software gelöst werden kann, würde ich hier noch einmal mit einem 
Fragezeichen versehen. Beispiel DCF77-Empfänger. Bei vermachtem 
Eingangssignal spinnt die Schaltung so oder so. Das Einzige, was man da 
machen kann, man hat eine "Reserve"-Schaltung, auf die dann umgeswitched 
wird.
(OK. Im strengeren Sinne ist das dann auch eine Software-Lösung.)

Wollte auf "passive" Entstörmassnahmen an den Porteingängen abheben.
Aus der Mode gekommene Ferritperlen oder Durchführungskondensatoren bzw. 
diverses Entstörmaterial haben auch geholfen.
Das nur als Tip am Rande.

Beitrag "Re: Invertriender OPV Schwingt zufällig"

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Peter H. (peter_hilleb)


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Mit vor dem Relais habe ich das 230V Netz gemeint, mit dahinter den MCU 
;-)

Nun wird mir das Problem schon klarer, will heißen dass also die 
ausgesendeten Störungen welche im Relais entstehen wenn ich es 
ausschaltet uU bis in den Controller kommen und den dann stören.

Würde es sich da anbieten auf den Leitungen zum FET/Relais ein RC Glied 
einzubauen? Zusätzlich zu einem Snubber.

von Philipp G. (geiserp)


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Ich glaube ihr lest nicht richtig, die einzige induktive Last hier ist 
das Relais selber, denn dieses schaltet einen 230V Ventilator durch. 
Also Freilaufdiode und gut ist.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Philipp G. schrieb:
> Ich glaube ihr lest nicht richtig, die einzige induktive Last hier ist
> das Relais selber, denn dieses schaltet einen 230V Ventilator durch.
Der Ventilator ist dank seines Motors noch wesentlich induktiver als das 
kleine Relais.

> Also Freilaufdiode und gut ist.
An der Relaisspule. Immer. Das hat aber nichts mit EMV zu tun, sondern 
einfach mit dem Spulenstrom, der sich nach Abschalten seinen Weg sucht. 
Und den gibt man ihm mit der Freilaufdiode.

Und am Relaiskontakt kommt dann bei induktiven Lasten (wie z.B. einem 
Motor)  zusätzlich der Snubber. Das wars.

: Bearbeitet durch Moderator
von Peter H. (peter_hilleb)


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Es ist so wie es Lothar M sagt:

Das Problem ist nicht die Spule des Relais, es ist der Motor des 
Ventilators.

Ich werde versuchen einen Snubber zu machen, dazu muss ich aber noch 
entsprechende Kondensatoren und Widerstände bestellen, ich hab nichts 
mit ausreichender Spannungsfestigkeit hier rumliegen.

von Karl B. (gustav)


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Peter H. schrieb:
> Ich werde versuchen einen Snubber zu machen, dazu muss ich aber noch
> entsprechende Kondensatoren und Widerstände bestellen,

Hi,
so einer wäre einfach zu montieren, die Fummelei mit dem Widerstand 
fiele dann weg. Müsste nur noch X2 sein und nicht so viel an Kapazität 
33 nF reichten auch.

http://shop.griederbauteile.ch/product_info.php?products_id=1261

Finde partout nicht den richtigen Suchbegriff für die anderen 
Versandhäuser.
Habe leider meinen letzten Kond. dieser Art verbaut, sonst könnte ich 
einspringen.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Peter (Gast)


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Danke Gustav.

Ich kann auch in der Schweiz bestellen, habe einen Bekannten der mir sie 
bringen kann.

Darf ich noch fragen was X1 und X2 heißt?

von Karl B. (gustav)


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Peter schrieb:
> Danke Gustav.
>
> Ich kann auch in der Schweiz bestellen, habe einen Bekannten der mir sie
> bringen kann.
>
> Darf ich noch fragen was X1 und X2 heißt?

Ja,
gerne
Wiki sagt:

Einteilung von Funk-Entstörkondensatoren der Klasse X
Unterklasse   Anwendung   Impulsspitzenspannung
im Betrieb   geforderte
Impulsfestigkeit
X1   Einsatz bei hohen Spitzenspannungen   2,5 kV – 4 kV   4 kV für C ≤ 
1 µF
X2   Allgemeine Anforderungen   ≤ 2,5 kV   2,5 kV für C ≤ 1 µF
X3   Allgemeine Anforderungen   ≤ 1,2 kV   –

Für normale Anwendungen reicht X2.

Der Hintergrund:
Die Kondensatoren sind anders aufgebaut.
Die Flammfestigkeit ist der Hauptunterschied.
Sonst passiert unter Umständen das, was im Bild gezeigt wird:
Und die ganzen Metallschnippel fliegen im Gerät herum und es hört sich 
wie ein Lagerfeuer an.

ciao
gustav

von Independence Day (Gast)


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Peter schrieb:
> Darf ich noch fragen was X1 und X2 heißt?

Google sagt:

https://www.google.de/search?hl=de&site=&q=Kondensator+X1+X2

von Karl B. (gustav)


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Hi,
die Kapazität sollte nicht zu groß gewählt werden.
Habe spaßeshalber einmal 3   0,47µF Kondensatoren parallelgeschaltet,
hatte also eine Gesamtkapazität von ca. 1,5 µF als Snubber ohne 
Widerstand.
Da lief der kleine Ventilatormotor plötzlich schneller.
Das ist dann der "Resonanzfall" von L und C bei 50 Hz.
Die Wicklung brennt dann durch.

Also, 33 nF halte ich für anwendbar in Deinem Falle.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Ich möchte so kurz vor dem "Ziel" nochmal auf meine Anmerkung zum Thema 
"störfeste Software" hindeuten. Und in diesem Zusammenhang darauf, dass 
alle externen Signale von Sensoren und Tastern und Schaltern entprellt 
werden sollten.

: Bearbeitet durch Moderator
von Karl B. (gustav)


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Lothar M. schrieb:
> Ich möchte so kurz vor dem "Ziel" nochmal auf meine Anmerkung zum Thema
> "störfeste Software" hindeuten. Und in diesem Zusammenhang darauf, dass
> alle externen Signale von Sensoren und Tastern und Schaltern entprellt
> werden sollten.

Und der Link dazu:

https://www.mikrocontroller.net/articles/Entprellung

ciao
gustav

von Peter H. (peter_hilleb)


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Hallo Lothar,

natürlich ist es zu überlegen ob man nicht Software- seitig noch was 
unternimmt.

Ich muss mich auch da noch mal dransetzten, da ich prinzipiell nach dem 
Schalten des Relais eigentlich nichts mehr mache bis der nächste Befehl 
zum Schalten ankommt.

Was ich auch noch machen werde ist das Relaismodul noch mal an das 
Labornetzteil anzuklemmen, da dies über einen Netzfilter verfügt. Mal 
sehn ob das auch Verbesserung bringt.

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