Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Massenträgheitsverhältnis Servoantrieb


von A. B. (sfalbuer)


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Hallo!

Ich suche gerade nach einem geeigneten Servomotor für meine CNC-Fräse.
Nun stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der Rotorträgheit des 
Motors und den zu bewegenden Komponenten.

In einem Buch über Servoantriebe wird ein Verhältnis kleiner 2 
empfohlen. Die zu bewegende Masse sollte also maximal eine doppelt so 
hohe Trägheit wie der Motor haben.

In Datenblättern von Servomotoren steht allerdings oft was von Faktor 15 
zb. hier auf seine 7:

http://dl.mitsubishielectric.com/dl/fa/document/catalog/servo/l03007/l03007d.pdf

Hat jemand Erfahrungen mit dem Thema?
Ich habe ein Motor gefunden der von der Leistung/Drehmoment passt, aber 
ein geringes Massenträgheitsmoment hat, so dass sich ein Verhältnis von 
ca. 4 ergibt. Natürlich würde das trotzdem funktionieren, aber 
irgendwann leidet die Reglerperfromance des Servosystems.. nehme ich an?

Grus

A.B

von Purzel H. (hacky)


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Das kann man so nicht sehen. Meist ist da ja noch ein Getriebe 
dazwischen. Welche Beschleunigungen sollen's denn werden?

Die Dreh-Beschleunigung ist Drehmoment durch Massentraegheit.

Bei vielen Projekten schleppt sich ein Schrittmotor Schritt fuer Schritt 
voran. Dass man die maximale Schrittgeschwindigkeit mit einer Rampe 
ueberschreiten kann ist dann vielleicht schon das Hoechste der Gefuehle.

: Bearbeitet durch User
von A. B. (sfalbuer)


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Äh naja danke für die Antwort.

Ja, ein Getriebe ist dazwischen aber das spielt erst mal keine Rolle 
welche Masse,Beschleunigung usw. erreicht werden soll. Das 
Massenträgheitsverhältnis ist nicht unwichtig für die vernünftige 
Regelbarkeit der SERVOMOTOREN. Sonst wackelt der Hund mit dem Schwanz, 
sozusagen.

Schrittmotoren nutze ich nicht, daher egal.

Gruss

A.B

von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> Ja, ein Getriebe ist dazwischen aber das spielt
> erst mal keine Rolle welche Masse,Beschleunigung
> usw. erreicht werden soll.

Klar -- ein Transformator spielt ja auch keine Rolle
für die Frage, welche Spannungen und Ströme erreicht
werden sollen. Klasse.

von A. B. (sfalbuer)


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Wie im Betreff erwähnt geht es mir um ein ein Verhältnis von zwei 
Dingen. Dafür ist es unerheblich ob meine Fräse 80kg oder 80t wiegt. Wie 
ich Parameter wie Drehmoment,Drehzahl und Leistung bestimmte ist mir 
grundsätzlich klar. Es geht mir daher auch nicht um eine komplette 
Motorauslegung sondern nur um die Gestellte frage.

Vielen Dank und Gruß,

A.B

von Elektrofan (Gast)


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> Ja, ein Getriebe ist dazwischen aber das spielt
> erst mal keine Rolle ...

So weit wie ich mich entsinne, multipliziert ein zwischengeschaltetes
Getriebe das Trägheitsmoment der Last quadratisch ...

von A. B. (sfalbuer)


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Ja genau, es verringert sich allerdings mit dem Quadrat der 
Untersetzung.

: Bearbeitet durch User
von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> Wie im Betreff erwähnt geht es mir um ein ein
> Verhältnis von zwei Dingen. Dafür ist es unerheblich
> ob meine Fräse 80kg oder 80t wiegt. Wie ich Parameter
> wie Drehmoment,Drehzahl und Leistung bestimmte ist mir
> grundsätzlich klar. Es geht mir daher auch nicht um
> eine komplette Motorauslegung sondern nur um die
> Gestellte frage.

Naja, wenn Du nicht verstehst, dass eine so spezifische
Frage ohne weiteren Kontext nicht sinnvoll beantwortet
werden kann, ist Dir halt nicht zu helfen.

Da, wie schon mehrfach geschrieben, Momente durch Getriebe
beliebig transformiert werden können, haben die von Dir
zitierten "Empfehlungen" für sich genommen überhaupt keinen
Sinn.
Es wäre also noch zusätzlicher Kontext notwendig, beispiels-
weise über die Hintergründe dieser "Empfehlungen". Da Du
dazu aber nichts sagen willst, ist hier Endstation.

von Daniel B. (daniel_3d)


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A. B. schrieb:
> In Datenblättern von Servomotoren steht allerdings oft was von Faktor 15

Bei modernen Systemen ist 15:1 in Ordnung. Vor ein paar Jahren lag man 
eher bei 10:1.





A. B. schrieb:
> Ja, ein Getriebe ist dazwischen aber das spielt erst mal keine Rolle

Das spielt sogar eine sehr große Rolle. In etwa so groß wie die 
Getriebeübersetzung :-)


Gruß Daniel

von Beitrag wurde gelöscht (Gast)


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A. B. schrieb:
> Dafür ist es unerheblich ob meine Fräse 80kg oder 80t wiegt.

Stimmt. Es ist schlicht egal wie viel die Maschine wiegt. Schließlich 
haben kleine und große Maschinen eine Kugelrollspindel dazwischen. Für 
das Regelverhalten ist die Masse nicht der wichtigste Faktor. Wichtig 
wird die Masse erst bei Beschleunigung. Da zeigt sich wie groß der 
Schleppabstand wird. Bei gut gelagerten Maschinen kann man einen 80t 
Achse auch mit einem billigen Akkuschrauber verfahren.

Wie groß soll den die CNC Käsefräse werden?

von Der Andere (Gast)


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A. B. schrieb:
> In einem Buch über Servoantriebe wird ein Verhältnis kleiner 2
> empfohlen.

Was für ein Buch? Titel, Ausgabe, Alter?
Natürlich hat das Trägheitsmoment eine entscheidende Auswirkung auf die 
Regelung.

Wenn der Hersteller des Servomotors sagt es funktioniert bis Faktor 15, 
dann würde ich dem eher vertrauen, als einem allgemeinen Buch mit einer 
Daumenregel.
Eventuell kann man der Regelung das Trägheitsmoment einstellen, oder die 
Regelung ist adaptiv (selbstlernend) und stellt sich automatisch auf das 
Trägheitsmoment ein.

von Mach (Gast)


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Der Regler verhaelt sich nur fuer ein einziges Traegheitsmoment ideal, 
welches das ist, wissen wir nicht. Es sind aber zwei Grenzen bekannt, in 
denen die Regelung noch ordentlich funktioniert. Die eine Grenze (obere) 
ist das angegebene Traegheitsverhaeltnis von 15, die andere Grenze 
(untere) ist das Traegheitsmoment des Motors selbst. Der ideale Punkt 
liegt irgendwo dazwischen. Es kann also durchaus sein, dass die Regelung 
bei deinem Verhaeltnis von 4 sich sogar gutmuetiger verhaelt, wie bei 
einem Verhaeltnis von 2.

von Egon D. (Gast)


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Mach schrieb:

> Der Regler verhaelt sich nur fuer ein einziges
> Traegheitsmoment ideal, [...]


Wieso eigentlich?
Heutzutage lässt sich doch jeder Temperaturregler
für den Keramikofen parametrieren -- wieso dann
nicht auch ein Servoregler?

von A. B. (sfalbuer)


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Jetzt sind ja doch noch einige brauchbare Kommentare zusammen gekommen! 
Danke schonmal.

Das Buch ist folgendes:

Uwe Probst - Servoantriebe in der Automatisierungstechnik S 186:

"Das auf die Motorseite umgerechnete Lastträgheitsmoment JL soll so 
klein wie möglich sein und den Wert des zweifachen 
Motorträgheitsmomentes JM nicht überschreiten. JL < 2 JM"

Natürlich könnte man jetzt die Untersetzung so wählen dass diese 
Bedingung mit nahezu jedem Motor erfüllt ist. Praktisch macht das aber 
oft wenig Sinn da z.B bei großen Riemenscheiben die Trägheit lastseitig 
wieder zu nimmt und man außerdem eine gewisse Mindestgeschwindigkeit im 
Eilgang haben möchte.

Mit dem idealen Arbeitspunkt heißt vermutlich: Hier lässt sich das 
System am besten Regeln, woanders eben entsprechend schlechter, für die 
Anwendung aber noch ausreichend.


Gruss

A.B

von Purzel H. (hacky)


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Ein Keramikofen ist auch nur ein Tiefpass, der eine beliebige 
Verzoegerung hat. Ohne pulldown, da ohne externe Kuehlung.

von Egon D. (Gast)


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Jetzt ist G. schrieb:

> Ein Keramikofen ist auch nur ein Tiefpass, der
> eine beliebige Verzoegerung hat. Ohne pulldown,
> da ohne externe Kuehlung.

Das ist erstens ein Irrtum und zweitens keine Antwort
auf meine Frage.

Wenn schon jeder popelige Temperaturregler, bei dem
es (Deiner Meinung nach) gar nicht notwendig wäre,
parametrierbar ist -- wieso dann nicht auch die Servo-
regler?
Umrichter für DSAM sind es jedenfalls.

von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> "Das auf die Motorseite umgerechnete Lastträgheitsmoment
> JL soll so klein wie möglich sein und den Wert des
> zweifachen Motorträgheitsmomentes JM nicht überschreiten.
> JL < 2 JM"

Naja, irgend eine Form von Begründung wird ja wohl
dabeistehen? Unter Technikern sind Dogmen weniger
beliebt...

von A. B. (sfalbuer)


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Ne steht nix. Leider. Scheint eher eine Faustformel zu sein.

von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> Ne steht nix. Leider.

Hmm. Das ist natürlich Mist.


> Scheint eher eine Faustformel zu sein.

Scheint so. Idiotisch, dass es keinen Hinweis
gibt, worauf diese Faustregel zielt.

An Probleme mit dem Regler selbst mag ich nicht
recht glauben; elektronische Regler lassen sich
an fast alle exotischen Verhältnisse anpassen,
solange die Randbedingungen KONSTANT und die
Kennlinien halbwegs linear sind.

Ich vermute eher einen Zusammenhang zum Wirkungs-
grad. Wenn die Trägheitskräfte im Verhältnis zu
den Zerspanungskräften zu groß sind, ist der
Motor vorwiegend mit Beschleunigen und Bremsen
beschäftigt; wenn er relativ hohe Kräfte bei
niedrigen Drehzahlen aufbringen muss, gibt das
verhältnismäßig wenig Wirkleistung und große
Verluste.

Man müsste das aber mal genau durchrechnen.

von Praktiker (Gast)


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Verhältnis 2 ist ja schon für hoch-dynamische Systeme. Für "normale" 
Sachen muss das nicht so extrem sein. Faustformel aus der Praxis: Bis 10 
geht immer. Z.B. garantieren einige Servohersteller bis zu diesem 
Verhältnis eine Funktion mit den Standard-Parametern. Auch das 
Auto-Tuning des Reglers arbeitet bis zu diesem Verhältnis zuverlässig.

Erfahrung aus der Praxis: Bei 15:1 ist es schon nicht mehr trivial für 
verschiedene Arbeitspunkte einen vernünftigen Parametersatz zu finden. 
Ein Ingenieur des Herstellers musste anrücken und hat einen Tag lang 
rumgespielt, bis das Ding stabil lief.

von A. B. (sfalbuer)


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Was ist denn 1 hochdynamisches System? Wenn meine Recherche mich nicht 
völlig aufs Glatteis geführt hat dann sind bei CNC Machinen 
Beschleunigungen von ca. 1G üblich.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo "A. B.",

A. B. schrieb:
> Ne steht nix. Leider. Scheint eher eine Faustformel zu sein.

Das ist auch so. Ich habe das vor Jahren mal mit Experten von Beckhoff 
diskutiert, selbst die konnten mir keine schlüssige Begründung geben. Es 
gibt aber einen Erklärungsansatz. Konkrete Zahlen bekommst du damit aber 
auch nicht.

Zwischen Motor und Last befinden sich ja in der Regel noch weitere 
mechanische Komponten, z.B. Getriebe, Zahnriemenstufe, Kugelrollspindel. 
Alle diese Teile sind nicht ideal Steif, sondern weisen eine dynamische 
Nachgiebigkeit auf, die man durch ein Feder-Dämpfer Element annähern 
kann. Selbst für die Kupplung zwischen Motor und Kugelrollspindel gilt 
das, auch wenn deren Eigenfrequenz sehr hoch ist. Um so größer die 
Massenträgheit der Last im Verhältnis zum Motor ist, um so mehr Energie 
wird in die Verformung dieser Feder-Dämpfer Elemente gesteckt. Im 
Extremfall dreht der Motor hinten wie will hin und her, und am anderen 
Ende tut sich nichts mehr, weil die Massenträgheit der Bewegung 
entgegensteht.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von A. B. (sfalbuer)


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Ja genau, so in etwa habe ich das auch verstanden.
Aber wieso spielt dann die Massenträgheit des Motors eher eine Rolle als 
sein Drehmoment? Meinem intuitiven Verständnis nach könnte der Motor 
durch ein hohes Drehmoment die Massenträgheiten ausgleichen?

Danke schon mal für die Hilfreichen Antworten!

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