Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Trafo-Charakteristik bestimmen


von Sören (Gast)


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Hallo,

aus einer alten Stereo-Anlage habe ich einen Trafo ausgebaut. Der Trafo 
hat drei Ausgänge.

Wie kann ich jetzt die Charakteristik bestimmen?

Auf der Platine hat man nach dem Gleichrichter
1. Ausgang +/- 12V
2. + 3. Ausgang +/- 60V

Der 2. und 3. Ausgang wird auf der Platine mit AC_BL bzw. AC_BH 
bezeichnet und wird mit einem Relais umgeschaltet, d.h. entweder geht 
AC_BL oder AC_BH auf den Gleichrichter. Was könnte der Unterschied 
zwischen den beiden Ausgängen sein?

Außerdem hat jeder Ausgang noch einen dritten Anschluss, der ist auf der 
Platine mit "E" bezeichnet. Ich vermute mal, dass das der für einen 
Ausgang gemeinsame GND ist, oder?

Wie bekomme ich die Leistung jedes Ausgangs raus? Auf dem Tyüenschild 
der Stereo-Anlage steht 150W. Das muss sich ja irgendwie auf die 
einzelnen Ausgänge verteilen. So einen großen Widerstand habe ich auch 
gar nicht, um das zu testen. Wie bekomme ich also die Leistungen raus?

Danke und Gruß
Sören

von Peter R. (Gast)


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Zunächst mit dem Ohmmeter herauskriegen, welche Anschlüsse zueinander 
passen.

Wenn da drei Anschlüsse zusammengehören gehören:

 Das ist dann eine mittelangezapfte Wicklung, das E ist der 
Mittelanschluss. Wofür: siehe Zweiweg-Gleichrichter.

Die Wicklung für 230V dürfte den hüchsten Widerstand aufweisen, da 
höchsste Spannung. kann aber komplizierter aufgebaut sein: Teilwicklung 
für 220V und Teilwicklung für zusätzlich 20V -> 240V.
Oder Gar für weitere Netzspannungen z.B. auch noch für 110V oder 115V.

Wenn man die Drahtdicke der Teilwicklungen messen kann, weiß man mit 
3A/mm²in etwa die Strombelastbarkeit. Allerdings, bei folgenden 
Gleichrichtterschaltungen wirds sehr ungenau.

Die 60V sind im Allgemeinen für die Endstufe, haben also die höchste 
Belastbarkeit. wohl nahezu 150W

die 12V sind nur für Vorverstärker usw. haben also eher weniger als 1A 
Belastbarkeit

von arno_h (Gast)


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Wenn du schon das Typenschild angeschaut hast, warum zum Teufel hast du 
es nicht fotografiert und hier eingestellt?
Das würde das Rätselraten auf eine Stunde verkürzen statt der üblichen 4 
Tage Salamitaktik.
Die Endstufe könnte auch mit 2+- Spannungen betrieben werden L(ow) und 
H(igh).

Arno

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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"Auf dem Tyüenschild der Stereo-Anlage steht 150W."

Das kann die kurzzeitige maximale Leistungsaufnahme sein.
130 Watt haben früher den SW-Fernseher schon gut aufgeheizt.

MfG

von Peter D. (peda)


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Sören schrieb:
> Was könnte der Unterschied
> zwischen den beiden Ausgängen sein?

Könnte die Umschaltung zwischen 4Ω und 8Ω Lautsprecher sein.
Die kleinere Spannung ist für 4Ω, damit die Endtransistoren nicht 
abrauchen.

von Hubi (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Wenn da drei Anschlüsse zusammengehören gehören:
>
>  Das ist dann eine mittelangezapfte Wicklung, das E ist der
> Mittelanschluss. Wofür: siehe Zweiweg-Gleichrichter.

Nicht ganz. Sondern "siehe Mittelpunktgleichrichter".

(Zweiweg- (bzw. Vollwellen-) Gleichrichter sind sowohl der Mittelpunkt-
Gleichrichter als auch die Graetz-Brücke aka Brückengleichrichter.)

Bei Verstärkern kommt meist der sog. Doppelte_Mittelpunktgleichrichter

http://www.joretronik.de/Web_NT_Buch/Kap2/Kapitel2.html#2.3

(rechtes Bild, Erklärung siehe Text dazu) zum Einsatz.
Es handelt sich um zwei gleiche Sekundärwicklungen.

(Sind diese fest verbunden, nennt man das Mittenanzapfung - manche
gebrauchen den Namen auch, wenn man sie mit einfachem oder doppelten 
Mittelpunkt-GR beschaltet. Also "als ob fest verbunden, behandelt".)

Die Schaltung im rechten Bild ist in den meisten Verstärkern mit
Trafonetzteil.

von Michael B. (laberkopp)


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Sören schrieb:
> Außerdem hat jeder Ausgang noch einen dritten Anschluss

Aha, also wohl 3 Wicklungen mit Mittelanzapfung
1
o--+
2
   | +--
3
   S:S
4
   S:+--E
5
   S:S
6
   S:+--
7
   S:
8
   S:+--
9
   S:S
10
   S:+--E
11
   S:S
12
   S:+--
13
   S:
14
   S:+--
15
   S:S
16
   S:+--E
17
   S:S
18
   | +--
19
o--+
Aber wenn ein Relais mit 2 x um die Spannung von B_L auf B_H umschaltet, 
dann glaube ich nicht daran, sondern daran:
1
o--+
2
   | +--o\
3
   S:S    \o-- +60V/+40V nach Gleichrichter
4
   S:+--o
5
   S:S
6
   S:+-------- E
7
   S:S
8
   S:+--o
9
   S:S    /o-- -60V/-40V nach Gleichrichter
10
   S:+--o/
11
   S:
12
   S:+-- +12V nach Gleichrichter
13
   S:S
14
   S:+--E
15
   S:S
16
   | +-- -12V nach Gleichrichter
17
o--+
Die wesentliche Leistung von 150VA wird der Trafo auf der 
umsgeschalteten Wicklung für 60V bringen. Die Leistung auf der +/12V 
Wicklung wird gering sein. Erwearte also nicht 150VA, nicht 15VA aus den 
12V, sondern vielleicht 5VA.

Wenn auf dem Trafo die Wechselnennspannung steht, kann man für exakte 
230V~ am Eingang sorgen, und dann die Ausgänge so weit belasten, bis die 
Spannung mit der Nennspannung übereinstimmt (oder wenn du keine 230V 
sondern vielelicht 240V am Eingang hast, entsprechend 
korrekturgerechnet).

Die Leerlaufspannung wird höher sein, vor allem auf der dünneren 
Wicklung, es nützt also nichts die zu messen und es nützt auch nichts zu 
messen wenn du die Nennwechselspannung nicht kennst.

Sören schrieb:
> So einen großen Widerstand habe ich auch gar nicht, um das zu testen.

Keine Arme keine Kekse.

: Bearbeitet durch User
von Dieter (Gast)


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Zur Abschaetzung der Gesamtleistung wird ein Trafo fotografiert, 
gewogen, Groesse gemessen in mm und das hier eingestellt.

Wenn der Typ und Modell des Geraetes bekannt waere, koennte es jemanden 
geben, der das auch hat. Dh Goldrandloesung und Glueckstreffer.

von Sören (Gast)


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Danke dafür!

Das mit der Mittelanzapfung ist wohl richtig, die Ausgänge AC_BL bzw. 
AC_BH  sind mir noch nicht klar.

Auf dem Trafo ist kein Typenschild oder irgendwelche Angaben. Die 
Stereo-Anlage war von Dual, Telefunken oder Grundig. Da müsste ich jetzt 
auf dem Wertstoffhof nachschauen...

Wahrscheinlich werde ich für den Trafo dann doch keine Verwendung haben. 
Sind Spannungen ab 60VAC nicht auch schon gefährlich für Leib und Leben?
Dann bringe ich ihn lieber weg zum Altmetall, auch wenn's schade drum 
ist.

von Arno H. (arno_h)


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Da du vermutlich die 60Volt ohne Last gemessen hast, könntest du ein 
Schaltreglernetzteil wie z.B DPS5005 nachschalten. Du kannst zwar im 
oberen Bereich den maximalen Strom nicht nutzen, aber bis 20Volt gehen 
die 5A wahrscheinlich. Begrenzung auf 55V nicht vergessen.
https://www.google.de/search?source=hp&ei=2nAVXNT1GYf4wQKdkJygBQ&q=dps5005&oq=DPS5005&gs_l=psy-ab.1.0.0l10.1848.1848..4852...0.0..0.66.66.1......0....1j2..gws-wiz.dzZ-t9ZuYQw

Arno

von Manfred (Gast)


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Arno H. schrieb:
> Da du vermutlich die 60Volt ohne Last gemessen hast

Sören hat garnichts gemessen, die 60V sind auf der Platine aufgedruckt - 
der Trafo dürfte also um 40V-AC liefern.

Sören schrieb:
> Dann bringe ich ihn lieber weg zum Altmetall, auch wenn's schade drum ist.

Es ist wirklich schade, aber Deinen Fragen nach wirst Du keine Anwendung 
für den Trafo haben. Wenn Du Dich ernsthaft mit Elektronik befasst und 
Platz hast, lagere ihn ein - vielleicht bist Du in ein paar Jahren so 
weit, ihn nutzen zu können.

Zur ursprünglichen Frage: Den Trafo mechanisch messen und nach Tabellen 
"Trafokern" suchen, die Leistung ist abhängig von der Kerngröße. Die 
Drahtdurchmesser der einzelnen Spannungen messen und den Querschnitt 
rechnen, daraus lässt sich abschätzen, wie sich die Leistung auf die 
verschiedenen Wicklungen verteilt.

von MaWin (Gast)


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Sören schrieb:
> Dann bringe ich ihn lieber weg zum Altmetall, auch wenn's schade drum
> ist.

Andere Leute bieten Dinge die sie nicht mehr brauchen können ab 1 EUR 
auf eBay an, dann findet sich einer der es brauchen kann und es bringt 
Geld.

Allerdings würde man auch da schneller Kunden finden wenn die 
technischen Daten bekannt sind.

von Hubi (Gast)


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Dieter schrieb:
> Zur Abschaetzung der Gesamtleistung wird ein Trafo fotografiert,
> gewogen, Groesse gemessen in mm und das hier eingestellt.

Sämtliche Abmessungen würden schon reichen - Foto und Gewicht wären
eher ergänzend.

Aus den Abmessungen läßt sich die Leistung erahnen. Die Verschaltung
(der Wicklungsaufbau) sollte allerdings genau festgestellt werden
(Minimum Durchgangsprüfung), und auf Zeichnung festgehalten werden.

Mißt man auch noch mit Metallschiebelehre die Drahtdurchmesser, kann
man aus den (mit etwas Sicherheitspuffer) abgeschätzten Strömen

(die sich auch nach Kerngröße unterscheiden - siehe (später) dann
Trafotabelle) auf die Wechselspannung schließen ...

Das alles ginge also sogar ohne die Spannung zu messen
(geschweige denn, die Leerlauf- und Nennlast-Nennspannung mit einem
variablen Lastwiderstand richtigen Stellbereiches zu bestimmen).

Also macht dem Mann nicht unnötig "Angst" - es fänden sich Mittel
und Wege. Wenn man denn mal damit anfinge, zu messen...

Manfred schrieb:
> Deinen Fragen nach wirst Du keine Anwendung für den Trafo haben.

Möglich, aber längst nicht sicher (DPS Modul wurde genannt, und dazu
einen Graetz-Gleichrichter + passenden Elko dran zu fummeln, sollte
mit Hilfe von hier auch der unerfahrenste schaffen).

Nur Mut! Fang einfach mit Meterstab an, leih Dir Schiebelehre... :)

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