Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Messen von Wechselspannung


von relle (Gast)


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Hallo zusammen.

einfaches Multimeter: 
https://www.pollin.de/p/digital-multimeter-mastech-ms8321c-830678

Misst so ein Multimeter den Effektivwert und Wechselgrößen? Und sobald 
es keine Wechselgröße mehr ist, den arithmetischen Mittelwert?

Was ist noch der Unterschied, zwischen einem RMS und einem TRMS Gerät?

Vielen Dank.

von Chris S. (Firma: hier&da) (keiningenieur)


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von Stefan F. (Gast)


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relle schrieb:
> so ein Multimeter

Meinst du jetzt genau dieses oder generell ähnliche? Zu diesem einen 
Gerät kann ich nichts sagen.

1) Die einfachste Konstruktion richtet die positiven Halbwellen durch 
eine simple Diode gleich, addiert 0,7V und dividiert dann durch 1,4142.

2) Die etwas besseren Geräte verwenden einen Präzisionsgleichrichter mit 
Op-Amp, an dem keine Spannung abfällt. Darunter gibt es nun zwei 
Varianten:

2a) Der Spitzenwert wird dann durch 1,4142 dividiert. Funktioniert nur 
bei Sinusförmigen Signalen korrekt.
2b) Der Effektivwert wird durch Mehrfachabtastung ermittelt. 
Funktioniert in gewissen Grenzen auch für andere Formen als Sinus.

Alle Multimeter erfassen Wechselspannung nur in einem bestimmten 
Frequenzbereich korrekt. Der ist leider oft sehr eingeschränkt (z.B. 
50-60Hz).

True RMS ist das doppelt gemoppelte Versprechen, dass das Gerät den 
Effektivwert (RMS) anzeigt. Wie genau das ist (insbesondere bei nicht 
Sinus-förmigen Signalen) hängt wieder sehr stark von der technischen 
Umsetzung ab. Da gibt es gravierende Unterschiede.

von Chris S. (Firma: hier&da) (keiningenieur)


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von Stefan F. (Gast)


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Geräte mit Methode 1 erkennst du, wenn du eine 9V Batterie im AC Modus 
misst: Die Anzeige ist dann je nach Polarität entweder 0V oder 6,3V an.

Dieses Gerät von Pollin ist VERMUTLICH so eins, da es keine AC Bereiche 
für geringe Spannungen hat.

von Harald W. (wilhelms)


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relle schrieb:

> einfaches Multimeter:
> https://www.pollin.de/p/digital-multimeter-mastech-ms8321c-830678
>
> Misst so ein Multimeter den Effektivwert und Wechselgrößen? Und sobald
> es keine Wechselgröße mehr ist, den arithmetischen Mittelwert?

Nein, das misst irgendetwas und rechnet dann so um, das die
Anzeige ein einigermaßen richtigen Wert anzeigt. Will man
wirklich regelmäßig Wechselspannungen (und Ströme) messen,
sollte maqn ein Multimeter kaufen, welches auch mindestens
einen Wechselspannungsbereich mit <10V hat. Solche Geräte
müssen auch garnicht teurer sein als das von Dir ausgsuchte.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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relle schrieb:
> Misst so ein Multimeter den Effektivwert und Wechselgrößen? Und sobald
> es keine Wechselgröße mehr ist, den arithmetischen Mittelwert?
>
> Was ist noch der Unterschied, zwischen einem RMS und einem TRMS Gerät?

Es gibt keine "RMS Geräte". Wenn das Gerät den Effektivwert messen kann, 
dann wird praktisch immer damit geworben als "true RMS". Wenn dieses 
Wort nicht in der Beschreibung steht, dann mißt es irgendwas.

Typisch wird gleichgerichtet und dann entweder der Spitzenwert oder der 
Mittelwert gemessen. Je nachdem wird dann der gemessene Wert für die 
Anzeige entweder mit 1/sqrt(2) (für den Spitzenwert) oder mit pi/sqrt(8) 
(Gleichrichtwert) multipliziert. Denn das sind die korrekten Faktoren 
für eine sinusförmige Wechselspannung.

Siehe:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichrichtwert#Vergleich_Effektivwert_mit_Gleichrichtwert

von Amateur (Gast)


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Hier gilt: Was darf’s denn sein?
Je nach Geldbeutel zeigt Dir das Messgerät auch die Uhrzeit an.

Die Billigheimer sind, bei etwas verbogenen Verhältnissen, nicht das 
Gelbe vom Ei.

Also: Je exotischer sich Strom und Spannung verhalten, desto höher der 
Preis.

von wendelsberg (Gast)


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Problem:
Das TrueRMS ist meistens auf Signale bis ~400Hz begrenzt.
Die sinushuellgekurvte PWM mit einigen KHz aus z.B. einem Halaogentrafo 
kann man damit nicht sinnvoll messen.

wendelsberg

von Egon D. (Gast)


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Axel S. schrieb:

> Wenn das Gerät den Effektivwert messen kann, dann
> wird praktisch immer damit geworben als "true RMS".

Leider bedeutet die Aufschrift "True RMS" nicht, dass
tatsächlich der WAHRE Effektivwert gemessen wird. Ich
hatte auch schon Gurken in der Hand, die den Effektiv-
wert DES WECHSELANTEILES gemessen und das als "true RMS"
bezeichnet haben, was natürlich gelogen ist...

von Martin H. (horo)


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Egon D. schrieb:
> Ich
> hatte auch schon Gurken in der Hand, die den Effektiv-
> wert DES WECHSELANTEILES gemessen und das als "true RMS"
> bezeichnet haben, was natürlich gelogen ist...

Das machen manche Fluke:
Input signals are ac-coupled in the ac functions. One of the major 
advantages of ac-coupling is that ripple measurements can be made on 
power supplies, phone lines, etc. Ripple measurements cannot be made 
with dc-coupling. Remember, however, that when the 8060A measures 
signals with the ac voltage function, the reading on the display does 
not include the dc component (if it exists). For example, consider the 
waveform in Figure 2-7. The ac voltage function will measure the ac rms 
component. The dc voltage function will measure the dc component. To 
obtain the total rms value for such a waveform, first measure the ac and 
dc values separately, then calculate the total rms value using the 
formula given in Figure 2-7. -> total rms = sqrt( ac² + dc² )

von Achim S. (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Ich
> hatte auch schon Gurken in der Hand, die den Effektiv-
> wert DES WECHSELANTEILES gemessen und das als "true RMS"
> bezeichnet haben, was natürlich gelogen ist.

Das ist der echte Effektivwert der AC-gekoppelten Spannung. Das 
Messgerät zeigt als Messbereich dann auch "AC" an  oder ein "~" oder so 
ähnlich. Und dieser Messbereich (nur AC-Anteil) findet sich bei so 
ziemlich jedem DMM - der Gleichanteil einer Mischspannung wird dabei 
unterdrückt.

Wenn man den echten Effektivwert der Mischspannung sehen will, braucht 
man einen Messbereich mit der Bezeichnung "AC+DC" oder "-+~" oder so 
ähnlich. Das macht tatsächlich nicht jedes Messgerät. Das Agilent 34410A 
vor mir kann z.B. nicht den "AC+DC" Messbereich. Ist trotzdem keine 
Gurke sondern ein hochwertiges DMM mit sechseinhalb Stellen.

Wie Martin geschrieben hat kann man damit zwei Messungen machen (im 
DC-Bereich und im AC-Bereich) und dann den Wert für AC+DC mit der 
quadratischen Addition berechnen.

von Martin H. (horo)


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wendelsberg schrieb:
> Das TrueRMS ist meistens auf Signale bis ~400Hz begrenzt.
> Die sinushuellgekurvte PWM mit einigen KHz aus z.B. einem Halaogentrafo
> kann man damit nicht sinnvoll messen.

Für Messungen in Versorgungsnetzen bietet sich z.B. was von Gossen an, 
mein MetraHit 29s hat diese Werte (laut Datenblatt):
1
In den AC-Bereichen 3 V, 30 V und 300 V
2
15 Hz ... 45 Hz     ->   2% vom Messwert + 10d 
3
45 Hz ... 65 Hz     ->   0.2% vom Messwert
4
65 Hz ... 1 kHz     ->   0.5% vom Messwert
5
1 kHz ... 20 kHz    ->   1.5% vom Messwert
6
20 kHz ... 100 kHz  ->   5% vom Messwert

von Stefan F. (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Ich hatte auch schon Gurken in der Hand, die den Effektiv-
> wert DES WECHSELANTEILES gemessen

Was ich total Sinnvoll finde.

Am wichtigsten ist, dass man seine Werkzeuge kennt. Nur dann kann man 
sie richtig benutzen. Auch bei Signalgeneratoren, Oszilloskope, Logic 
Analyzer, Labornetzteilen sollte man seine Geräte gut kennen, denn 
wirklich Ideal ist keins. Kann auch nicht, weil jeder darunter etwas 
anderes versteht.

von Egon D. (Gast)


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Achim S. schrieb:

> Egon D. schrieb:
>> Ich
>> hatte auch schon Gurken in der Hand, die den
>> Effektivwert DES WECHSELANTEILES gemessen und
>> das als "true RMS" bezeichnet haben, was
>> natürlich gelogen ist.
>
> Das ist der echte Effektivwert der AC-gekoppelten
> Spannung.

Ach hör' doch auf. Du musst mir weder den Maschensatz
erklären, noch, an welchem Ende der Lötkolben heiß
wird.

Es gibt eine -- EINE -- Definition für den Effektiv-
wert, und die Geräte messen NICHT das, was diese
Definition besagt. Also ist die Bezeichnung falsch.

Wenn AC- bzw. DC-Kopplung gemeint ist, dann sollen sie
einfach AC-Kopplung bzw. DC-Kopplung draufschreiben,
bei Oszis geht's ja auch.

von Achim S. (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Wenn AC- bzw. DC-Kopplung gemeint ist, dann sollen sie
> einfach AC-Kopplung bzw. DC-Kopplung draufschreiben,
> bei Oszis geht's ja auch.

Bei jedem Messgerät, das ich bisher gesehen habe, steht das auch drauf. 
Schau auf der von dir kritisierten "Gurke" einfach nochmal genau nach, 
vielleicht hast du es einfach übersehen.

Nur wird es bei DMMs eben nicht unbedingt als AC-Kopplung und 
DC-Kopplung bezeichnet (wie beim Oszi). Sondern als
- AC-Messbereich bzw. "~" (Effektivwert des Wechsleanteils)
- DC-Messbereich bzw. "-" (Gleichanteil)
- AC+DC-Messbereich bzw. "~+-"(Effektivwert des Wechselanteils)

Stefanus F. schrieb:
> Am wichtigsten ist, dass man seine Werkzeuge kennt. Nur dann kann man
> sie richtig benutzen.

so ist es.

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Martin,

Martin H. schrieb:
> In den AC-Bereichen 3 V, 30 V und 300 V
> 15 Hz ... 45 Hz     ->   2% vom Messwert + 10d
> 45 Hz ... 65 Hz     ->   0.2% vom Messwert
> 65 Hz ... 1 kHz     ->   0.5% vom Messwert
> 1 kHz ... 20 kHz    ->   1.5% vom Messwert
> 20 kHz ... 100 kHz  ->   5% vom Messwert

solche Genauigkeitsangaben hängen immer auch vom Scheitelfaktor ab, den 
man auch erwähnen sollte.

von Achim S. (Gast)


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Achim S. schrieb:
> - AC-Messbereich bzw. "~" (Effektivwert des Wechsleanteils)
> - DC-Messbereich bzw. "-" (Gleichanteil)
> - AC+DC-Messbereich bzw. "~+-"(Effektivwert des Wechselanteils)

Ach Mist, falsch geschrieben. Richtig wäre in der letzten Zeile 
natürlich gewesen:

> - AC+DC-Messbereich bzw. "~+-"(Effektivwert der Mischspannung)

von Martin H. (horo)


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Peter M. schrieb:
> solche Genauigkeitsangaben hängen immer auch vom Scheitelfaktor ab, den
> man auch erwähnen sollte.

RMS Value with Distorted Waveshape The utilized measuring method allows 
for waveshape independent RMS measurement (TRMS AC and AC+DC) up to 100 
kHz, and up to crest factor 5.

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