Forum: HF, Funk und Felder Lawinensuchgeräte Verständnis


von Fabian Z. (fabi_z)


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Hallo alle zusammen,

ich habe mir mal angeschaut wie ein LVS funktioniert und bin da auf ein 
paar Fragen gestoßen die ich mir nicht erklären kann.

In Wikipedia steht:

Im Sendebetrieb sendet das Gerät periodisch in Abständen von mindestens 
200 ms ein schwaches Funksignal mit 70 ms Dauer auf einer Trägerfrequenz 
von 457 kHz, ältere Geräte arbeiten auch noch auf der ELF-Frequenz von 
2275 Hz.

Für mein Verständnis läuft die Suche so ab das man eine Feldlinien des 
Sendegerätes sucht und dann im Kreisförmigen Bogen dieser hinterher 
läuft. Erkennbar an der Empfangsamplitude des Signals.

Habe ich das so richtig verstanden?

Meine weiteren Fragen.

Jede Antenne bildet doch magnetische und elektrische Feldlinien aus. 
Welchen Feldlinien läuft man bei LVS hinterher? Stehen die zwei 
Feldlinien nicht senkrecht aufeinander? Also wenn das Gerät falsch liegt 
erkennt man die eine oder andere Feldlinie nicht?

Die Trägerfrequenz ist 457kHz aber das Signal ist nicht moduliert, oder? 
Also ist es einfach ein Signal mit keiner Information, oder?

Warum wird nicht eine Frequenz so wie man es kennt ausgestrahlt und 
sucht die mit 3 anderen Geräten. So wie beim GPS und den 3 Satelliten.

Warum so umständlich mit dem Feldlinien hinterherlaufen. Im schlimmsten 
Fall läuft man auf einem großen bogen hinter her und die Rettung dauert 
länger?

Warum bei 457kHz. Gibt es keine anderen Frequenzen die gut durch den 
Schnee kommen?


Vielen Dank für eure Hilfe

: Bearbeitet durch User
von Günter Lenz (Gast)


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Fabian Z. schrieb:
>Die Trägerfrequenz ist 457kHz aber das Signal ist nicht moduliert, oder?
>Also ist es einfach ein Signal mit keiner Information, oder?

Es wird doch getastet.

>Im Sendebetrieb sendet das Gerät periodisch in Abständen von mindestens
>200 ms ein schwaches Funksignal mit 70 ms Dauer auf einer Trägerfrequenz
>von 457 kHz,

Damit hat es doch eine Information. Um die HF hörbar zu machen,
kann man im Empfänger eine zweite HF dazumischen. Es entsteht
eine Schwebung (die Differenz zwischen den beiden Frequenzen)
ist dann hörbar.

Siehe hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Schwebungssummer

von B e r n d W. (smiley46)


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Die eingebaute Ferritantenne empfängt haupsächlich das magnetische Feld. 
Sie zeigt in der Querrichtung ein breites Maximum, welches kaum zur 
Richtungsbestimmung taugt. In Längsrichtung zeigt sie jedoch ein 
scharfes Minimum, das Suchgerät zeigt dann auf wenige Grad genau zum 
Sender. Wird zwei mal oder öfter aus unterschiedlichen Richtungen 
angepeilt, so erhält man eine Kreuzpeilung. Am Schnittpunkt befindet 
sich dann der Sender.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzpeilung

https://patents.google.com/patent/EP2065722A1

Grundvoraussetzung: Die Frequenz für Lawinensender muss international 
für diesen Zweck freigegeben sein und es sollen sich auf dieser Frequenz 
keine starken Störquellen tummeln. So kam man vermutlich auf 457 kHz. 
Die Antennen sind auf dieser Frequenz deutlich effektiver als auf 2,275 
kHz. Bei 457 kHz haben die Geräte einen geringeren Stromverbrauch, mehr 
Reichweite und eine gute Richtschärfe.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Fabian Z. schrieb:

> Für mein Verständnis läuft die Suche so ab das man eine Feldlinien des
> Sendegerätes sucht und dann im Kreisförmigen Bogen dieser hinterher
> läuft. Erkennbar an der Empfangsamplitude des Signals.
>
> Habe ich das so richtig verstanden?

Ja.

> Meine weiteren Fragen.
>
> Jede Antenne bildet doch magnetische und elektrische Feldlinien aus.

Nein.

Ein EM-Feld mit festem Zusammenhang zwischen beiden Komponenten hast du 
erst unter Fernfeldbedingungen. Bei den hier genutzten Frequenzen wäre 
das Fernfeld bereits deutlich außerhalb des möglichen Suchradiusses (der 
ist kleiner als 100 m). Es lässt sich nur die magnetische Komponente 
nutzen, eine relevante EM-Welle löst sich nicht ab.

> Warum wird nicht eine Frequenz so wie man es kennt ausgestrahlt und
> sucht die mit 3 anderen Geräten. So wie beim GPS und den 3 Satelliten.

Weil du dafür eine Frequenz benutzen müsstest, bei der es tatsächlich zu 
einer Abstrahlung einer EM-Welle kommt. Diese müsste deutlich höher 
sein, damit man eine wirksame Antenne überhaupt hinbekommt. Da hast du 
dann nur das Problem, dass für solche Frequenzen der Lawinenschnee 
wiederum ein viel größeres Hindernis darstellt, als er es für das 
derzeit benutzte magnetische Feld im Mittelwellenbereich ist. Ich 
vermute mal, dass insbesondere dies seinerzeit für die Wahl der 
entsprechenden Frequenz (die m.W. international standardisiert ist) 
Ausschlag gebend war.

> Warum so umständlich mit dem Feldlinien hinterherlaufen. Im schlimmsten
> Fall läuft man auf einem großen bogen hinter her und die Rettung dauert
> länger?

Weil es eben der praktikable Kompromiss war/ist.

von Wolfgang (Gast)


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Fabian Z. schrieb:
> Warum so umständlich mit dem Feldlinien hinterherlaufen. Im schlimmsten
> Fall läuft man auf einem großen bogen hinter her und die Rettung dauert
> länger?

Bei Minimumpeilung zeigt die Antenne auf den Sender. Da läuft niemand 
einen Bogen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Die peilen nicht nach Minimum. Die sind froh, wenn sie in ein paar 
Metern überhaupt noch genügend Signal haben, was sie hören können, und 
laufen dann halt wirklich den Feldlinien entlang (hat mir zumindest mal 
jemand so geschildert, der sich mit diesen Geräten auskennt).

von Michael M. (do7tla)


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Günter Lenz schrieb:
>>Im Sendebetrieb sendet das Gerät periodisch in Abständen von mindestens
>>200 ms ein schwaches Funksignal mit 70 ms Dauer auf einer Trägerfrequenz
>>von 457 kHz,
>
> Damit hat es doch eine Information. Um die HF hörbar zu machen,
> kann man im Empfänger eine zweite HF dazumischen. Es entsteht
> eine Schwebung (die Differenz zwischen den beiden Frequenzen)
> ist dann hörbar.

Das müßte rein theoretisch auch mit einen kleinen tragbaren 
Weltempfänger der Komplett von 100KHz bis 30MHz Durchstimmbar ist 
Empfangbar sein.
Natürlich wenn der SSB BFO zugeschaltet ist.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Michael M. schrieb:
> Das müßte rein theoretisch auch mit einen kleinen tragbaren
> Weltempfänger der Komplett von 100KHz bis 30MHz Durchstimmbar ist
> Empfangbar sein.

Ist es, konnte es problemlos im TH-F7 empfangen mit der eingebauten 
Ferritantenne.

von Flaschen Zähler (Gast)


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Auch wenn man das signal mit einem nomalen MW Empfaenger empfangen 
koennte, sind die Lawinensuchgeraete eben spezialisiert. Die senden, 
wenn eingeschaltet auf dieser Frequenz. Wenn man den Kollegen sucht, 
muss man haendisch in den Suchmodus schalten. Alles bei minimalem 
Stromverbrauch. Die verwendete elektronik ist sehr fortgeschritten.

Die jetzt ueblichen digitalen Geraete muessen nicht mehr dem Kreisbogen 
nach, sondern koennen die Abkuerzung rechnen/zeigen. Und koennen auch 
mehrere Personen finden. Analoge konnten nur jeweils einen 
Verschuetteten.

von Lurchi (Gast)


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Die 457 kHz dürften es auch einfach machen keramische Filter zu finden.

Ein aktives MW Radio in der Nähe könnte aber eine Störquelle sein, wenn 
auch zunehmend seltener.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Lurchi schrieb:
> Ein aktives MW Radio in der Nähe könnte aber eine Störquelle sein, wenn
> auch zunehmend seltener.

Ein Radio? Nö. Die 455 kHz sind ja nur die ZF, das ist reiner 
Signalpegel, kein Oszillator.  Oszillator läuft üblicherweise oberhalb 
der Eingangsfrequenz, also selbst bei Langwelle 120 kHz + 455 kHz ZF auf 
575 kHz, um die 25 % oberhalb der 457 kHz.

von Bernhard S. (gmb)


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B e r n d W. schrieb:
> Die eingebaute Ferritantenne empfängt haupsächlich das magnetische Feld.
> Sie zeigt in der Querrichtung ein breites Maximum, welches kaum zur
> Richtungsbestimmung taugt. In Längsrichtung zeigt sie jedoch ein
> scharfes Minimum, das Suchgerät zeigt dann auf wenige Grad genau zum
> Sender. Wird zwei mal oder öfter aus unterschiedlichen Richtungen
> angepeilt, so erhält man eine Kreuzpeilung. Am Schnittpunkt befindet
> sich dann der Sender.

Das stimmt für elektromagnetische Wellen wie im 80m Band, aber nicht für 
magnetische Induktion. Bei 2.2kHz und 457kHz hat man mit Ferritantennen 
aber keine nennenswerte Wellenausbreitung. Eine Peilung in dem Sinn ist 
daher so nicht möglich.

Wie Jörg richtig schreibt, wird nicht nach Minimum gepeilt.

Bei magnetischer Induktion steigt die in der Empfangsspule induzierte 
Spannung nicht mit 6dB pro Entfernungshalbierung wie bei EM-Wellen, 
sondern mit 18dB! Halbiert man die Entfernung, dann hat man die 8-fache 
Signalspannung.

Aufgrund dieser hohen Abhängigkeit des Signalpegels von der Entfernung 
lässt sich mit der Amplitude intuitiv sehr leicht die Position finden.

Wenn man sich die Feldlinien einer Spule anschaut dann läuft man 
tatsächlich entlang dieser Feldlinien, wenn man in Richtung stärker 
werdendes Signal läuft.

von Marek N. (Gast)


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Eben. 455 kHz sind übliche ZF-Frequenz von AM-Radios und wurden schon 
aus diesem Grunde von den übrigen Funkdiensten frei gehalten.

Eigentlich müsste man doch, wenn man einen beliebigen AM-Sender im Radio 
einstellt, das LVS-Signal als 2 kHz Schwebung hören, oder?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Marek N. schrieb:
> Eigentlich müsste man doch, wenn man einen beliebigen AM-Sender im Radio
> einstellt, das LVS-Signal als 2 kHz Schwebung hören, oder?

Nur, wenn deine ZF-Filter schlecht geschirmt sind.

Die gesamte Reichweite dieser Systeme liegt bei einigen 10 Metern, und 
das mit einer ordentlichen Ferritantenne am Empfängereingang – da kannst 
du dir vorstellen, wie viel weniger ein einigermaßen gut geschirmtes 
Bandfilter weiter hinten im Empfänger von den Signalen aufnehmen kann.

Direkt neben der Kiste könnte das noch klappen.

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