Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Zukünftiger, beruflicher Werdegang


von Alexander G (Gast)


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Hallo ihr Experten =),
Ich lese schon seit Jahren in diesem Forum und habe den Realismus (oder 
doch eher Pessimismus?) lieben gelernt.
Ich bin 28 Jahre und habe mein Studium vor kurzem  mit dem B. Eng. 
Elektrotechnik erfolgreich beendet.
Nun habe ich zwei Jobangenote, die sehr unterschiedlich ausfallen:
Beides IGM Betriebe, Bezahlung, Urlaub, etc. ist in etwa gleich.

Angebot 1:
-Software Firma, seit 2 Jahren dort im Praktikum, ich kenne und mag die 
Kollegen
-sichere Übernahme, also ich würde die Probezeit zu 100% bestehen
-nur inhaltlich sagt mir das nicht sooo sehr zu, weil ich ja eig 
Elektrotechnik studiert habe und das auch machen will
-vllt ein wenig zu langweilig und eintönig?!

Angebot 2:
-ein Stahlwerk, leitende Position
-inhaltlich voll mein Ding, jedoch nicht die direkte Vertiefungsrichtung 
dafür gewählt

-Angst den Anforderungen nicht
gewachsen zu sein und dann innerhalb der Probezeit rausfliegen, wodurch 
Angebot 1 Weg ist
-stressig.. Aber dafür fordernd

-uuund hat jemand von euch schon mal in einem Stahlwerk gearbeitet?, wie 
ist das Arbeitsklima? Ist die Luft dort sehr schmutzig und 
gesundheitsschädigend? ( wäre ko Kriterium, im Internet finde ich nicht 
wirklich Infos darüber, nur Skandale..)

Ich weiß, es handelt sich hier um ein microcontroller forum aber 
trotzdem :)

Den sicheren und warmen Hort aufgeben und dafür einen stressigen und 
verantwortungsvollen, aber tollen Job nehmen? Ich muss das eh nochmal 
mit mir selbst aushandeln, aber ein paar Inspirationen euerseids wären 
nicht schlecht.

Grüße

Alexander

von Marius (Gast)


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Ich versuche die beiden Alternativen mal ein wenig aus meiner Sicht zu 
beleuchten:

Software Firma, Alternative 1:
- Software ist ein Deutschland ein totes Pferd. Wenn es kein IGM Betrieb 
wäre würde ich vermuten, dass die Gehälter vermutlich unterirdisch sind. 
Softwareentwickler sind oft Luschen ohne Eier die kein vernünftiges 
Gehalt durchsetzen können, sowas strahlt natürlich auf dich selbst ab.
- Jeden den ich kennen, der in Deutschland Software entwickelt oder 
entwickelt hat, hat ab ca. 30 - 35 gemerkt, dass er das nicht sein Leben 
lang machen will. Hohe Komplexität zu beherrschen bei geringer 
Wertschätzung und nur am Rechner sitzen geht an die Substanz. Eine 
Karriere als Entwickler gibt es in Deutschland eh kaum. Überleg dir also 
gut was du mit 40 / 50 machen möchtest

Stahlwerk, Alternative 2:
- Hier kommt es natürlich auch auf das Unternehmen und die Größe an. Bei 
Thyssenkrupp zum Beispiel wird Unfähigkeit in einem solchem Ausmass 
zelebriert, dass es eigentlich unmöglich ist dort bei der Probezeit 
rauszufliegen. Generell haben "Metall Betriebe" meist eine soziale 
Einstellung und sind optimiert für Minderleister. Mach dir also nicht 
zuviel sorgen während der Probezeit rauszufliegen, ich glaube du schätzt 
die Wahrscheinlichkeit hierzu zu hoch ein!


Ich persönlich würde in Deutschland immer dazu tendieren, das Angebot 
was möglichst wenig mit IT und Software zu tun hat.

von IchGlaubeEsNicht (Gast)


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Alexander G schrieb:
> -ein Stahlwerk, leitende Position

Als Anfänger, ja ne, is' klar.

von Marius (Gast)


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Bedeutet ja nicht gleich, dass er Senior Manager wird, sondern 
vermutlich eher, dass er seine 3-5 Arbeitskakerlaken auf Linie bringen 
muss.

von Jürgen W. (Firma: MED-EL GmbH) (wissenwasserj)


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Einfach nachdenken:

* Wieviele Softwareschmieden gibt es?
* Wieviele Stahlwerke gibt es?

Nimm das Stahlwerk. Wenn es Dich fachlich interessiert, dann tu' das.
Die Chance kriegst Du wohl nicht so schnell wieder.

Unbedacht dessen: Wenn Option 1 für Dich klar gewesen wäre, dann hättest 
Du diesen Thread nicht eröffnet - Du warst in Gedanken schon beim 
Stahlwerk.

von Frank B. (misophonie)


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Mach lieber den Master, dann kannst du dir noch bessere Jobs 
aussuchen....eventuell sogar promovieren und an der Hochschule 
bleiben...

von Alexander G (Gast)


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Vielen Dank für eure Impressionen =)


Ihr habt Recht, ich tendiere eher zum Stahlwerk und würde dann auch dort 
eher anfangen.
So eine Chance bekommt wirklich nicht alle Tage.
Zum kritischen Post, dass es unrealistisch ist, sofort eine leitende 
Positionen zu übernehmen: ja also ich werde natürlich eine gewisse Zeit 
eingearbeitet und muss in die Rolle hineinwachsen und dann sollte das 
aber auch anschließend klappen.
Muss dazu aber auch sagen, dass ich bereits eine Lehre habe und ein 
wenig  BE besitze.


Grüße
Alexander

von mahner (Gast)


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Marius schrieb:
> Software Firma, Alternative 1:
> - Software ist ein Deutschland ein totes Pferd. Wenn es kein IGM Betrieb
> wäre würde ich vermuten, dass die Gehälter vermutlich unterirdisch sind.
> Softwareentwickler sind oft Luschen ohne Eier die kein vernünftiges
> Gehalt durchsetzen können, sowas strahlt natürlich auf dich selbst ab.
> - Jeden den ich kennen, der in Deutschland Software entwickelt oder
> entwickelt hat, hat ab ca. 30 - 35 gemerkt, dass er das nicht sein Leben
> lang machen will. Hohe Komplexität zu beherrschen bei geringer
> Wertschätzung und nur am Rechner sitzen geht an die Substanz. Eine
> Karriere als Entwickler gibt es in Deutschland eh kaum. Überleg dir also
> gut was du mit 40 / 50 machen möchtest

Das gilt allerdings nicht für Embedded-Software-Entwickler.
Aber ok, um so eine Firma wird es sich vermutlich nicht handeln, sonst 
hätte der TO nicht geschrieben dass er dort als E-Techniker fachfremd 
sei.

von Realist (Gast)


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Du denkst du könntest überfordert sein? Ja das wirst du wie jeder am 
Anfang in seinem ersten Job nach dem Abschluss des Studiums. Aber don't 
care, das ist normal.
Mach das was du möchtest... wenn du es willst packst du es...

von Dow (Gast)


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mahner schrieb:
> Das gilt allerdings nicht für Embedded-Software-Entwickler.
> Aber ok, um so eine Firma wird es sich vermutlich nicht handeln, sonst
> hätte der TO nicht geschrieben dass er dort als E-Techniker fachfremd
> sei.

Embedded Software Entwickler?
Gerade die bekommen mittlerweile aus Fernost, Indien massiven Druck zu 
spüren.
Vielleicht hat's noch nicht ganz durchgeschlagen, wird aber noch die 
nächsten Jahre.

Mein Eindruck war lange der, die Software-Entwickler haben die 
Hardware-Entwickler geritten.
Ohne Hardware-Leute gibt's fast keine Innovation bei den 
Software-Entwicklern, irgendwo ecken die nämlich immer bei der HW an.

Und wie sieht's mit der Hardware-Branche aus in Deutschland, äußerst 
gefährlich da die Chinesen wirklich aggressiv versuchen alles an sich zu 
reissen - und das mit Erfolg. Deutschland fehlt einfach die 
Infrastruktur dazu. Was es gibt, gibt's nur teuer und nicht 
konkurrenzfähig mit anderen Ländern.
Die Sprachbarrieren werden auch weiterhin abnehmen sodass Outsourcing 
noch einfacher wird. Amazon & Co laden die Chinesen ja ohnehin 
regelmäßig ein.

Hinzu kommt der deutsche Staat fickt die Leute in dem Bereich...

von Claus M. (energy)


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Dow schrieb:
> Embedded Software Entwickler?
> Gerade die bekommen mittlerweile aus Fernost, Indien massiven Druck zu
> spüren.

Schwachsinn. Nahezu alles was in Deutschland noch entwickelt wird hat 
auch embedded Software im Bauch.  Das nach Indien auszulagern ist 
vielleicht ein feuchter Traum der BWLer, wird aber niemals klappen, da 
ein so exaktes pichtenheft genau so viel Arbeit wäre wie die software 
gleich selbst zu entwickeln.

Bzgl. Stahlwerken hingegen ist meine Prognose, dass es in spätestens 20 
Jahren keines mehr in Europa gibt. Da kann man dem TE ja gleich raten in 
den kohleabbau oder ins Kernkraftwerk zu gehen.

von Claus M. (energy)


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Dow schrieb:
> Ohne Hardware-Leute gibt's fast keine Innovation bei den
> Software-Entwicklern, irgendwo ecken die nämlich immer bei der HW an.

Eher umgekehrt. Die Funktionalität kommt durch die Software, nicht die 
Hardware.

von Alexander G (Gast)


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Claus M. schrieb:
> Bzgl. Stahlwerken hingegen ist meine Prognose, dass es in spätestens 20
> Jahren keines mehr in Europa gibt. Da kann man dem TE ja gleich raten in
> den kohleabbau oder ins Kernkraftwerk zu gehen.


Wie kommst du darauf? Kann gut sein...

von hda (Gast)


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Das könnte dich im Stahlwerk erwarten:

https://www.youtube.com/watch?v=jAXPanA8oaY

scnr

von Dow (Gast)


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Das mit den Stahlwerken würde ich nicht unterschreiben, da setzt der 
Staat einfach Zölle drauf und fertig.

Software ist dem Staat zu komplex da hält er sich raus.

Ich arbeite selber seit 15 Jahren mit Software und seit 8 Jahren mache 
ich auch Hardware-Entwicklung. Was ich oben geschrieben habe sind halt 
meine Prognosen, ich bin auch in vielen englischen / chinesischen Foren 
unterwegs und sehe dort halt dementsprechende Entwicklungen. Dem 
entsprechend richte ich auch mein Leben aus (um hoffentlich in ein paar 
Jahren finanziell endgültig ausgesorgt zu haben, aktuell hab ich nen 
finanziellen Puffer von 10 Jahren, sofern ich sparsam lebe).

Die Software-Buden für die ich am Anfang meiner Karriere gearbeitet 
habe, haben entweder alle neue Produkte (welche mit dem Ursprungsprodukt 
nichts zu tun haben) oder sind mittlerweile vom Markt verschwunden.

von Trojaner zu Pflugscharen (Gast)


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Claus M. schrieb:
> Das nach Indien auszulagern ist
> vielleicht ein feuchter Traum der BWLer, wird aber niemals klappen, da
> ein so exaktes pichtenheft genau so viel Arbeit wäre wie die software
> gleich selbst zu entwickeln.

Zitat Schröder aus dem aktuellen Spiegel:
"Um ein ökonomisches System zukunftsfähig zu halten, braucht es bestens 
ausgebildete Menschen, die in der Lage sein müssen, sich von einen Tag 
auf den anderen umzustellen. Diese Leute, die hochgebildeten, Flexiblen, 
werden mehr, und man kann sie auf Dauer nicht politisch unmündig 
halten."

Mischt euch ein Leute. "Die BWLer", also die Manifestation des 
Neoliberalismus, verstehen unsere Lage nicht. Sie können nicht über den 
Tellerrand ihres gesellschaftlichen Subsystems hinausblicken. Ihnen ist 
nicht bewusst, dass auch MINT-ler normale Bürger wie du und ich sind. 
Jammern bringt nichts. Popo hoch und aktiv werden. Die digitale Zukunft 
Europas geht nur mit uns.

von Joachim B. (jar)


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Ein Professor meinte mal man soll in das Fremde gehen, unter den Blinden 
ist der Einäugige König, also Stahlwerk.

Wobei mir meine Arbeit 12 Jahre in einem tollen Team von E.-Ing mit 
ähnlichen Interessen auch viel Spass gemacht hatte, man konnte sich 
austauschen, jetzt schon 20 Jahre in der "Fremde" ist es manchmal sehr 
einsam.

Den Rat für dich kann keiner geben.
Höre auf deinen Bauch.

: Bearbeitet durch User
von Alexander G (Gast)


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Kann noch jemand etwas über die gesundheitlichen Aspekte beitragen?...
Von Mitarbeitern habe ich gehört, dass nach schnauben der Nase das 
Taschentuch schwarz ist.
Ich möchte auch nicht zu pingelig/kleinlich wirken, jedoch ist das auch 
ein Aspekt, welcher mir am Herzen liegt.

Grüße

von Marcus (Gast)


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Claus M. schrieb:
> Dow schrieb:
> Embedded Software Entwickler?
> Gerade die bekommen mittlerweile aus Fernost, Indien massiven Druck zu
> spüren.
>
> Schwachsinn. Nahezu alles was in Deutschland noch entwickelt wird hat
> auch embedded Software im Bauch.  Das nach Indien auszulagern ist
> vielleicht ein feuchter Traum der BWLer, wird aber niemals klappen, da
> ein so exaktes pichtenheft genau so viel Arbeit wäre wie die software
> gleich selbst zu entwickeln.
>
> Bzgl. Stahlwerken hingegen ist meine Prognose, dass es in spätestens 20
> Jahren keines mehr in Europa gibt. Da kann man dem TE ja gleich raten in
> den kohleabbau oder ins Kernkraftwerk zu gehen.

Es interessiert niemanden ob es klappt, sondern nur ob sich der Business 
case auf dem Papier rechnet. Wenn man merkt was das für ein Mist war ist 
dein Job schon lange weg....

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