Forum: Platinen FR4 Spannungs-impulsfestigkeit


von der_tom (Gast)


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Abend!

In einem anderen Thread habe ich von leichten Probleme bei einem 
Netztei-Projekt in unserer Firma geschrieben.

Beitrag "Filter-C/Trafowicklung für 50Arms"


Die LP ist 8-lagig ausgeführt mit 35µm-Kupfer auf allen Lagen, 
Prepreg/Kern sind 200µm dick, die LP hat eine Gesamtstärke von 1,6mm.


Aufgrund von Temperaturproblemen möchte der Projetleiter jetzt gerne auf 
70µm Kupfer umstellen, aber das wird schwer umzusetzen.

-Die LP darf nicht dicker werden, da da Gehäuse inkl. aller 
Befestigungen und Öffnung für Stecker LEDs und Co bereits vorhanden ist.

-Umstellung auf 6 Lagen wird wegen der Komplexität der Schaltung eher 
fraglich (ausgangsseitig 50A, vile Anstuer- und Messsignale inkl. LVDS 
etc.). Der Layouter von der anderen Abteilung meinte am Projekt-Anfang 
"Dafür brauchen wir 10 Lagen".

-Das Prepreg darf auch nicht beliebig dünn werden, da es ansonsten beim 
Verpressen eng werden kann.




FR4 hat ja eine Spannungsgfestigkeit von >30kV/mm (bei Stärken grösser 
0,5mm).



Wir verwenden SIC-MOSFETs, geschalten werden bis zu 900Vdc bei einer 
Flanke von unter 10nsec, das ganze läuft mit 100kHz.

Ich würde die Kerne dann in 150µm ausführen mit beidseitiger 70µm 
Kupferauflage (wird von den Herstellern unter Toleranzangeabe der IPC ja 
sowieso auf unter 60µm realsierit :( ).


Was ich mich jetzt noch frage, welche Spannungsflanke hält FR4 auf Dauer 
aus?

Primärseitig haben wir noch etwas Luft beim Layout, zur Not könnten wir 
zwischen den kritischen Potentialne jeweils 1 Kern und 1 Prepreg 
setzten.



mfG Thomas

von Purzel H. (hacky)


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> 900V in 10ns, mit 100kHz.

Ja. Hut ab. das ist heftig. Ich wuerd's mal laufen lassen. Die 
Spezifikationen sollten's koennen.

EMV Probleme habt ihr keine mehr ?

von der_tom (Gast)


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Abend!

Name H. schrieb:
> EMV Probleme habt ihr keine mehr ?

Bei den ersten Messungen der Abstrahlung bzw. Funkstörspannung 
(netzgebunden) sind wir mit einem halbwegs blauen Auge davon gekommen- 
der Projektleiter hatte viel schlimmeres befürchtet.

Hier und da ein kleiner Snubber-Kondensator noch draufgelötet und die 
Grenzwerte wurden eingehalten.

Vom Vorteil ist einerseits das Metallgehäuse und andererseits, dass das 
Netzteil als Bestandteil eines Frequenzumrichters eingestuft ist und 
somit relativ hohe Grenzwerte (aus der EN 61800-3) zur Anwendung kommen.


PS:

Es sind "nur" 800V in 33nsec.


mfG Thomas

von Jörg Hinz (Gast)


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der_tom schrieb:
> IPC

könnte ja IPC Class 3 machen dann bekommt ihr auch die 70µ.

Das Problem mit FR4 ist das dort auch gerne mal Fehlstellen gibt, keine 
Platine ist perfekt. Wenn man mit hohem Ausschuss und Burnin leben kann, 
kann man schon stark an die Grenze gehen, was das Material so leistet.
Gerade Lunker oder auch thermische Belastung helfen nicht gerade dabei.
Normalerweise würde man sagen mit derating 10V/µm das ist aber auch 
recht sportlich und dann auch noch bei AC spannend.
Man kann schon so was sehr optimistisch betreiben dann muss man sich 
aber gut auf die Platinen verlassen können.

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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>Primärseitig haben wir noch etwas Luft beim Layout, zur Not könnten wir
>zwischen den kritischen Potentialne jeweils 1 Kern und 1 Prepreg
>setzten.

Parallel gefragt:
Gegen welche Norm entwickelt Ihr und was sind die geforderten Luft- und 
Kriechstrecken bzw. Anforderungen an die Isolation?

von der_tom (Gast)


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Abend!

Jörg Hinz schrieb:
> könnte ja IPC Class 3 machen dann bekommt ihr auch die 70µ.

Müsste mal mit dem Einkauf reden, ob das von unserer Seite überhaupt 
gemacht wird und was die Nachteile wären (Preis, Lieferzeiten, Auswahl 
des Herstellers..).

Wobei die 55µm einer 70µm Kupferkaschierung wesentlich besser wären wie 
die aktuellen 27µm (bei Erstmuster vom Hersteller gemessen) der 35µm 
Kaschierung.



Marcus H. schrieb:
> Parallel gefragt:
> Gegen welche Norm entwickelt Ihr und was sind die geforderten Luft- und
> Kriechstrecken bzw. Anforderungen an die Isolation?

Wir machen die Entwicklung nach der EN 61800-5, gefordert sind hier 8mm 
Luft/Kriechstrecken zwischen Zwischenkreis und 24V Kreisen.

Wobei die Abstände nur Platzprobleme bereiten.
Die Frage ist halt nur, wie dünn man die Kerne bzw. Prepreg machen kann, 
um bei Spannungen von 1000V in Kombination von schnellschaltenden 
SiC-Schaltern keine Probleme zu erhalten.

Die Frage ist halt, ob ein 150µ-Kern die Anforderungen erfüllen kann.


Bei Prepregs-Schichten fordern wir mindestens 2 Einzellagen, um den 
Auswirkungen von Fehlstellen entgegen zuwirken.


mfG Thomas

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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der_tom schrieb:
...
> Marcus H. schrieb:
>> Parallel gefragt:
>> Gegen welche Norm entwickelt Ihr und was sind die geforderten Luft- und
>> Kriechstrecken bzw. Anforderungen an die Isolation?
>
> Wir machen die Entwicklung nach der EN 61800-5, gefordert sind hier 8mm
> Luft/Kriechstrecken zwischen Zwischenkreis und 24V Kreisen.
>
> Wobei die Abstände nur Platzprobleme bereiten.
> Die Frage ist halt nur, wie dünn man die Kerne bzw. Prepreg machen kann,
> um bei Spannungen von 1000V in Kombination von schnellschaltenden
> SiC-Schaltern keine Probleme zu erhalten.
>
> Die Frage ist halt, ob ein 150µ-Kern die Anforderungen erfüllen kann.

Ist das wirklich schon ein Kern oder noch ein Prepreg?

> Bei Prepregs-Schichten fordern wir mindestens 2 Einzellagen, um den
> Auswirkungen von Fehlstellen entgegen zuwirken.

Meiner Erfahrung nach gibt es bei Leiterbahnen die durch einen Kern 
getrennt sind keine Diskussion mit der Zulassungsstelle.

Wenn Ihr und Euer Einkauf Euch dauerhaft auf einen PCB-Lieferanten und 
bei diesem auf ein bestimmtes Produkt festlegen könnt, dann wäre das 
Datenblatt dieses Produkts die Messlatte.
Falls Ihr aber flexibel bleiben wollt/müsst, würde ich vom Design her 
davon ausgehen, dass alles was keinen Kern darstellt, nur über die 
Luft-und Kriechstrecke isoliert.

Euer Teil scheint ja schon recht spannend zu sein. Ich selber habe grade 
das Layout einer Spannungsversorgung neu machen müssen, weil die 
Einsatzhöhe und ein paar Bauteilegrößen angepasst wurden. Schlagartig 
kollabiert das ganze Isolationskonzept und man fängt von vorne an.
Bei einem automotive Projekt habe ich vor vielen Jahren im Rahmen der 
Zulassung auch erlebt, dass eine LP von 6 Lagen nach 12 Lagen aufgebohrt 
wurde, nur um die Anforderungen einzuhalten. Will sagen - Willkommen im 
Club...

von Jörg Hinz (Gast)


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der_tom schrieb: > Die Frage ist halt, ob ein 
150µ-Kern die Anforderungen erfüllen kann. > > Bei 
Prepregs-Schichten fordern wir mindestens 2 Einzellagen, um den > 
Auswirkungen von Fehlstellen entgegen zuwirken.

Solche Dinge wie viel Perpergs man dann wirklich braucht kommt auf das 
Layout an da kann es sein das der Hersteller mehr oder weniger nehmen 
muss, die Prepergs gibt es auch mit unterschiedlichen Harz Anteilen 
diese Wählt der Hersteller dann je nach Layout und Kaschierung aus. Am 
besten einfach mal beim Hersteller Anrufen und besprechen was Sie vom 
Prozess garnieren könnten.

Ich kann Marcus H. nur bestätigen ein nicht kleiner Anteil von Zeit 
benötigt man für Lagenaufbau und Definition von Netzklassen für das 
Layout.

Sol das Netzteil eine Einzelanfertigung sein oder in Massen produziert 
werden. Wenn Ihr 5V/µm macht, solltet Ihr auf der sicheren Seite sein, 
z. B. die ESA schreibt 1V/µm max in Z-Achse vor. Aber rechnet auch mal 
an den Stellen mit AC potential die Verluste im Dielektrikum aus.

der_tom schrieb: > Die Frage ist halt, ob ein 
150µ-Kern die Anforderungen erfüllen kann.

Das ist eben schwer zu sagen je nach dem, welche Spezifikationen Ihr 
einhalten müsst und wie die Zuverlässigkeit sein muss. Wenn z.B. die 
Umgeungsfeute schwankt ist das auch negativ da sich das Harz Wasser 
zeiht und die Isolation verringert. Eventuell auch mal in die UL 
Standart schauen ich erinnere mich an so was wie 0,4mm für Netzspannung 
bei singel Isolation, die gehen aber davon aus das es Lunker haben kann.

von ABX (Gast)


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Wir legen auch nach IEC 61800-5-1 aus und nehmen normalerweise die 
Norm-Stoßspannung als Maß für Isolierung. Bei Betriebsisolierung wäre 
das vermutlich 4 kV, bei verstärkter Isolierung 6 oder 8 kV. Rechnen 
allerdings nicht mit 30 kV/mm, sondern vorsichtig mit 20 kV/mm. Das 
wären dann bei 4kV 200µm. Und auf jeden Fall auch die TE-Festigkeit 
prüfen.

von Christian B. (luckyfu)


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IPC Klasse 3 ist schon das richtige Stichwort. Dabei wird die Platine 
mit höheren Anforderungen, was Fehlstellen und Kupferauflage heißt, 
gefertigt. Natürlich kostet das mehr als die Standardplatine. 
Normalerweise nutzt man das bei Lebenserhaltenden Systemen und dem 
Militär (eben Platinen, die nicht ausfallen dürfen). Damit gehen aber 
noch andere Dinge einher: Leiterzugreparatur auf Innenlagen z.B. ist 
nicht Erlaubt in Klasse 3. Normal bekommst du in Europa nach Klasse 2 
gefertigte Platinen, wenn du nichts anderes Spezifizierst, Klasse 1 wird 
keiner machen (Wenn du es verlangst wird man Klasse 2 einfach 
herunterstufen, preisneutral -> sinnlos)

zu den Kupferkaschierungen: die 70µm werden so als Laminat oder Folie 
bei einem LP-Basismaterialhersteller (ISola, z.B.) geordert. Aufgrund 
des hohen Preises von Kupfer wird dieses Material natürlich, im 
Interesse der BM Herstellers, immer an der unteren Toleranzgrenze von 
+/- 10% ausgeliefert, d.h. es kommt mit 63-64µm beim LP Lieferanten an. 
Durch notwendige Reinigsungsschritte während der Fertigung werden hier 
nochmals auf Innenlagen ca. 5µm entfernt. Das führt dann zu 58-60µm 
Kupferauflage beim Verpressen.

Auf Außenlagen geht das Spiel anders: zwar haben wir hier mit 18µm 
nominal nur 16µm tatsächlich zu Beginn der Fertigung, welche durch 
Reinigung auch hier auf ca. 12µm abfallen aber durch die 
Durchkontaktierung, welche in der Lochwandung 20µm mindestens sein muss 
(IPC Klasse 2) haben wir hier auf Außenlagen einen Tatsächlichen Auftrag 
von mindestens 30µm wobei die Toleranz +100% beträgt, das bedeutet, 
normalerweise bekommt man, wenn man 35µm auf Außenlagen bestellt eher 
50-60µm geliefert.

: Bearbeitet durch User
von Alex G. (dragongamer)


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Christian B. schrieb:
> das bedeutet,
> normalerweise bekommt man, wenn man 35µm auf Außenlagen bestellt eher
> 50-60µm geliefert.
Interessant; kennst du zufällig eine Möglichkeit das nachzumessen? Würde 
ich z.B. bei meinen JLPCB Platinen prüfen wollen.
Oder macht einem der Lötstopplack einen Strich durch die Rechnung wenn 
man versucht die Höhe der kupferlose Stellen, mit den Leiterbahnen zu 
vergleichen?

von Christian B. (luckyfu)


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Alex G. schrieb:
> Interessant; kennst du zufällig eine Möglichkeit das nachzumessen? Würde
> ich z.B. bei meinen JLPCB Platinen prüfen wollen.
> Oder macht einem der Lötstopplack einen Strich durch die Rechnung wenn
> man versucht die Höhe der kupferlose Stellen, mit den Leiterbahnen zu
> vergleichen?

Das geht nur über einen definiert angefertigten Schliff der Platine und 
Optisch. Ich kenne zumindest nur diese Möglichkeit. Vielleicht geht es 
auch mit einer Mikrometerschraube, aber, wie du schon schriebst, hängt 
da der Lötstopplack und Bestückungsdruck noch drauf welcher recht 
undefiniert ist (er liegt im Bereich von 5 .. 25µm so circa pro Druck, 
wobei Bestückungsdruck meißt Siebdruck ist und damit eher Dicker).

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Christian B. schrieb:
> Alex G. schrieb:
>> Interessant; kennst du zufällig eine Möglichkeit das nachzumessen?
...
> Das geht nur über einen definiert angefertigten Schliff der Platine und
> Optisch. Ich kenne zumindest nur diese Möglichkeit.
...

Das Stichwort lautet "Schliffbild". Das wird bevorzugt dann angefertigt 
und unter dem Mikroskop begutachtet, wenn der LP-Lieferant unerklärliche 
Fehler produziert.

von Jörg Hinz (Gast)


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Marcus H. schrieb:
> Christian B. schrieb:
>> Alex G. schrieb:
>>> Interessant; kennst du zufällig eine Möglichkeit das nachzumessen?
> ...
>> Das geht nur über einen definiert angefertigten Schliff der Platine und
>> Optisch. Ich kenne zumindest nur diese Möglichkeit.
> ...
>
> Das Stichwort lautet "Schliffbild". Das wird bevorzugt dann angefertigt
> und unter dem Mikroskop begutachtet, wenn der LP-Lieferant unerklärliche
> Fehler produziert.

Je nach Anwendung wird das auch bei jeder Platine gemacht, teilweise 
macht das sogar der Hersteller und schickt die Schliffbilder mit, aber 
das macht, dann meist das Unternehmen selbst nochmal um zu Prüfen das 
alles stimmt, da traut man dem Hersteller ja nur selten ;). Gerade auch 
bei HF Platinen sehr üblich Schliffbilder zu machen.

der_tom schrieb:
> Wobei die 55µm einer 70µm Kupferkaschierung wesentlich besser wären wie
> die aktuellen 27µm (bei Erstmuster vom Hersteller gemessen) der 35µm
> Kaschierung.

Ja 35µm scheinen mir auch ein wenig gering für die Anforderung.
Und nicht vergessen eure Schaltung arbeitet jetzt nicht bei 1Mhz hat 
aber steile Flanken. Bei solchen Frequenzen spielt die Eindringtiefe des 
Stromes eine immer wichtigere Rolle, bei 1Mhz bringt der Sprung von 70µ 
auf 105µ nicht mehr so viel. Bei solchen Schaltungen macht man mit gutem 
Layout viel mehr, Optimierung von Streuinduktivitäten, Stromdichten und 
vieles mehr.
Wenn es möglich ist kannst du ja mal einen Stackup Posten und 
einzeichnen was die Potentiale sind zu den einzelnen Lagen AC und DC 
dann kann man etwas besser nachvolziehen.

von der_tom (Gast)


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Jörg Hinz schrieb:
> Wenn es möglich ist kannst du ja mal einen Stackup Posten und
> einzeichnen was die Potentiale sind zu den einzelnen Lagen AC und DC
> dann kann man etwas besser nachvolziehen.

Den Lagenaufbau habe ich mal angehängt. Ist allerdings ohne die 
Potentiale, das muss ich mir morgen noch notieren.


Zur Kupferstärke der Aussenlage hätte ich mir in der Firma folgendes 
erfragt:

Unsere Angabe in den eCAD Unterlagen "final 35u"
-> es wird mit 9 bzw. 12µm Basiskupfer begonnen und auf (knapp unter) 
35µm aufgekupfert.

Unsere Angabe in den eCAD Unterlagen "final >= 35u", alternativ "final 
43u"
-> es wird mit 18µm Basiskupfer begonnen und auf ca. 45µm aufgekupfert.

Unsere Angabe in den eCAD Unterlagen "final >= 50u", alternativ "final 
55u"
-> es wird mit 35µm Basiskupfer begonnen und auf ca. 45µm aufgekupfert.


Wegen der Isolationsfestigkeit vielleicht nochmals zur Festlegung:

Es geht hier nicht um die Trennung von Zwischenkreis zu 24V, sondern nur 
innerhalb von Zwischenkreis-Potenialen, von daher wird für normative 
Tests keine Prüf-Stossspannung von 4 (oder was auch immer) kV angelegt 
(höchstens zur Qualifizierung/Beurteilung der Isolations).


Marcus H. schrieb:
>> Die Frage ist halt, ob ein 150µ-Kern die Anforderungen erfüllen kann.
>
> Ist das wirklich schon ein Kern oder noch ein Prepreg?

Ja, wenn wirklich nur eine Trennschicht die Isolierung übernehmen 
müsste, würde ich das mit einem Kern machen.


mfG Thomas

von Christian B. (luckyfu)


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der_tom schrieb:
> Unsere Angabe in den eCAD Unterlagen "final 35u"
> -> es wird mit 9 bzw. 12µm Basiskupfer begonnen und auf (knapp unter)
> 35µm aufgekupfert.

Wird schwierig. (Ebenso die anderen Paare)
wenn man mit 9 beginnt, bedeutet das, daß vor der Galvanik noch 
mindestens 5µm Grund Kupfer vorhanden sind. Wenn man das vollflächig 
aufkupfert und nicht sequentiell, kommt man auf +30µm mindestens, das 
könnte hinhauen, bei 12µm Folie wird man aber eher bei ca. 40µm landen.

der_tom schrieb:
> Unsere Angabe in den eCAD Unterlagen "final >= 35u", alternativ "final
> 43u"
> -> es wird mit 18µm Basiskupfer begonnen und auf ca. 45µm aufgekupfert.

das kommt, bei vollflächiger Aufkupferung, hin.

der_tom schrieb:
> Unsere Angabe in den eCAD Unterlagen "final >= 50u", alternativ "final
> 55u"
> -> es wird mit 35µm Basiskupfer begonnen und auf ca. 45µm aufgekupfert

Das wird nicht funktionieren. das würde im Umkehrschluss heißen, man 
bringt nur ca. 18µm Kupfer auf. Das wird nicht für 20µm in der Hülse 
reichen.

Zu beachten ist dabei folgendes:

Es gibt grundsätzlich 2 Verfahren der Verkupferung:
1.: man nimmt den verpressten, gebohrten (Multilayer-) Rohling und 
bringt dann galvanisch mind. 30µm (auf Außenlagen) auf. anschließend 
wird das Leiterbild dann als Resist aufgebracht und der Rest weggeätzt.
2.: man nimmt den verpressten, gebohrten (Multilayer-) Rohling und 
bringt dann zuerst das negativ des Leiterbildes als Fotolack auf. Dann 
wird sequentiell verkupfert, anschließend kommt ein Zinnresist drauf, 
der Lack wird entfernt und das überall vorhandene Basiskupfer wird 
weggeätzt, anschließend das Zinn entfernt und es geht weiter in der 
Fertigung.

bei 1. habe ich den Vorteil, daß ich weniger Arbeitsschritte habe und 
die Lage gleichmäßig in der Kupferverteilung ist. Den Vorteil erkaufe 
ich mir aber dadurch, daß ich in der Galvanik viel mehr Kupfer benötige 
welches ich dann auch wieder entfernen muss und man hat dickere 
Kupferschichten zum Ätzen, was sich negativ auf das fertigbare 
Line-Space auswirkt.

beim 2. Verfahren habe ich zwar 2 Arbeitsschritte mehr (galvanisch zinn 
aufbringen und chemisch wieder entfernen) und ich habe eine 
ungleichmäßige Kupferverteilung auf den Außenlagen (große Flächen 
bekommen mehr Kupfer als schmale Leiterzüge, Dickentoleranzen von bis zu 
100% sind möglich! (Das ist auch der Grund, weshalb man 
impedanzkontrollierte Leitungen auf Außenlagen möglichst vermeiden 
sollte)) Außerdem bin ich in der maximal möglichen Schichtdicke in der 
Galvanik begrenzt (weil ab einer gewissen Menge das Kupfer über den 
Resist wächst und dieser dann nicht mehr vollständig entfernt werden 
kann) aber ich habe bei weitem weniger Kupfer im Umlauf und ich kann ein 
besseres Line-Space anbieten, da hierbei nur das Grundkupfer geätzt 
werden muss. (es geht also schneller -> ist günstiger)

Beide Verfahren haben also ihre Berechtigung: das erstere dauert länger 
und hat Begrenzungen in der möglichen Auflösung, während das zweite an 
der unterschiedlichen Schichtdicke krankt. (Das ist allerdings 
tatsächlich nur ein Problem, wenn man schmale Leiterzüge direkt neben / 
in größeren Kupferflächen entlang führt)

Womit der Hersteller arbeitet kann man erkennen, indem man sich die 
Line/Space Vorgaben ansieht. Sind die für 35µm in den Innenlagen gleich 
den Außenlagen kann man von ersterem Verfahren ausgehen, sind sie auf 
den Außenlagen feiner ist das zweite Verfahren in Anwendung.
Allerdings können die Hersteller des 2. Verfahrens das erste dennoch auf 
Anfrage fertigen, andersherum geht das nicht, da die Zinngalvanik dann 
fehlt.

: Bearbeitet durch User
von Max G. (l0wside) Benutzerseite


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Christian B. schrieb:
> 2.: man nimmt den verpressten, gebohrten (Multilayer-) Rohling und
> bringt dann zuerst das negativ des Leiterbildes als Fotolack auf. Dann
> wird sequentiell verkupfert, anschließend kommt ein Zinnresist drauf,
> der Lack wird entfernt und das überall vorhandene Basiskupfer wird
> weggeätzt, anschließend das Zinn entfernt und es geht weiter in der
> Fertigung.

Auch nach dem dritten Lesen ist mir die Vorgehensweise nur teilweise 
klar. Ich verstehe den Prozess so, dass nur dort verkupfert wird, wo 
kein Fotolack ist. Woher kommt dann das "überall vorhandene 
Basiskupfer"?

Ansonsten vielen Dank für die Ausführungen! Man lernt in diesem Fach 
doch nie aus.

von Christian B. (luckyfu)


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nun, das ist relativ einfach: Die Platine wird so gefertigt, daß außen 
beidseitig je eine vollflächige Kupferfolie ist mit z.B. 18µm Dicke. 
Diese Platine wird dann durchbohrt und chemisch so behandelt, daß das 
Epoxydharz Leitfähig wird. Anschließend wird Fotolack auflaminiert und 
Strukturiert, das ganze so, daß nur dort noch Lack ist, wo später kein 
Kupfer sein soll. Danach geht es in die Galvanik, wo sich nur in den 
blanken Kupferstellen weiteres Kupfer anlagern kann. Am Ende des 
Prozesses wird eine dünne Schicht Zinn galvanisch auf das bereits 
abgeschiedene Kupfer aufgebracht. Schließlich wird der Fotoresist 
entfernt und das Kupfer, was darunter liegt und vor der Galvanik 
geschützt war (und somit immer noch nur den Startwert in der Dicke hat) 
weggeätzt. Dabei wirkt das Galvanisch aufgebrachte Zinn als Ätzresist 
fürs galvanisch abgeschiedene Kupfer.
Als letztes muss das Zinn noch entfernt (gestrippt) werden, da es als 
Leiterplattenoberfläche nichts taugt, es ist nur sehr schlecht zu Löten. 
Danach kommt dann die Lötstoppmaske auf die Platine, ggf. Bestückungs- 
und andere Sonderdrucke und danach geht's ins 2. NC, wo die 
Platinennutzen vereinzelt (geritzt, gefräst) werden sowie ndk Löcher, 
die zur Kontur passen müssen bzw zu Groß fürs 1. nc vor der Galvanik 
sind ebenfalls gefräst / gebohrt.


Ich hoffe, ich habe alle Unklarheiten beseitigt

Achso, etwas hab ich vergessen: Um galvanisch Kupfer abscheiden zu 
können muss Strom durch die Platine und das Galvanikbad fließen können. 
Deshalb kann man das Leiterbild nicht vor der Galvanik strukturieren, da 
man sonst alle Leiterzüge einzeln mit dem Nutzenrand verbinden müsste 
(wo die Platine dann an den Strom angeschlossen wird). So ist alles 
durch das Grund-Kupfer miteinander verbunden.

: Bearbeitet durch User
von Max G. (l0wside) Benutzerseite


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Ah, jetzt wird es klar. Danke!

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Beta Layout hat so einen niedlichen Service, bei dem man während der 
Fertigung Scans der Leiterplatte zugesandt bekommt.

Zusammen mit den Gerber Files ist das eine sehr praktische Sache, falls 
es mal zu Problemen mit den Baugruppen kommt.

Im Anhang ein paar Bilder, passend zu Christians Beschreibung.

Auftragsdaten:

Watch"ur"PCB

Artikelnummer: PCBPOOL02
Beschreibung: PCB-POOL doppelseitig inklusive E-Test

Einzelleiterplatte ohne Nutzen
Gesamtanzahl Leiterplatten: 6
Einzelleiterplatte Länge: 25 mm
Einzelleiterplatte Breite: 20 mm

Dateiname: xxx_prod.brd
Dateiformat: EAGLE
Lieferzeit: 6 Arbeitstage (AT)

Verarbeitung: Einzelne Leiterplatten fräsen

Basismaterial: FR4, 35 µm Cu, 1,6 mm
Stopplack: ja
Bestückungsdruck: nein
Oberfläche: chem. Nickel/Gold (ENIG)
Min. Leiterbahnstärke / -abstand: >= 0.150 mm (6 mil)
Min. Bohrenddurchmesser: >= 0.3 mm (12 mil)
Kantenmetallisierung: Nein

E-Test: inklusive
Free Stencil: ja, SMD TOP-Seite

: Bearbeitet durch User
von georg (Gast)


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Max G. schrieb:
> Ah, jetzt wird es klar

Noch ein Hinweis: wenn es auf die genaue Kupferdicke ankommt, muss man 
Innenlagen nehmen, auf den beiden Aussenlagen kann die kaum eingehalten 
werden oder es wird ein speziell überwachter Prozess verwendet, was 
teuer werden kann. Die Dicke der Innenlagen ist dagegen genauer, 
allerdings haben die auch Toleranzen, die im Datenblatt des 
Core-Herstellers und in Normen stehen. Nötigenfalls gibt es auch 
Basismaterial mit eingeschränkten Toleranzen, oder der Hersteller misst 
nach - die Dicke wird ja durch die Fertigung nicht verändert (naja, 
vielleicht geringfügig durch Bürsten).

Georg

von der_tom (Gast)


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Hallo!

Christian B. schrieb:
>> -> es wird mit 35µm Basiskupfer begonnen und auf ca. 45µm aufgekupfert
>
> Das wird nicht funktionieren. das würde im Umkehrschluss heißen, man
> bringt nur ca. 18µm Kupfer auf. Das wird nicht für 20µm in der Hülse
> reichen.

Blöder Copy&Paste Fehler, sollte natürlich heissen "auf ca. 55um 
aufgekupfert"."


Ich habe mir in der Firma mal zwei Schliffbildergebnisse notiert:

LP 1 mit Anforderung "final >55u"
-> Basiskupfer ist 31µm, Endkupfer ist 62µm, Kupfer in Hülse ist 31µm.

LP 2 mit Anforderung "final >35u"
-> Basiskupfer ist 14µm, Endkupfer ist 46µm, Kupfer in Hülse ist 29µm.


mfG Thomas

von Christian B. (luckyfu)


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der_tom schrieb:
> LP 1 mit Anforderung "final >55u"
> -> Basiskupfer ist 31µm, Endkupfer ist 62µm, Kupfer in Hülse ist 31µm.
>
> LP 2 mit Anforderung "final >35u"
> -> Basiskupfer ist 14µm, Endkupfer ist 46µm, Kupfer in Hülse ist 29µm.

Das ist interessant, normalerweise geht man davon aus, daß auf der 
Platinenoberfläche das Kupfer schneller wächst als in den Löchern.
Auch sind die Schichtdicken von 30µm nicht unbedingt Standard. Kannst du 
näheres zu den Platinen schreiben? Sind das Standardplatinen oder wurde 
hier eine besondere Fertigung vereinbart?

georg schrieb:
> Noch ein Hinweis: wenn es auf die genaue Kupferdicke ankommt, muss man
> Innenlagen nehmen, auf den beiden Aussenlagen kann die kaum eingehalten
> werden oder es wird ein speziell überwachter Prozess verwendet, was
> teuer werden kann.

Wie ich oben schon ausführte, kann man die Platine auch komplett 
aufkupfern, was eine sehr gleichmäßige und gut berechenbare Schichtdicke 
ergibt. Anschließend muss das komplette Kupfer weggeätzt werden, mit den 
o.g. Vor- und Nachteilen.

georg schrieb:
> Die Dicke der Innenlagen ist dagegen genauer,
> allerdings haben die auch Toleranzen, die im Datenblatt des
> Core-Herstellers und in Normen stehen.

Auch hier hat der LP Fertiger natürlich die Möglichkeit, nicht 
ausreichendes Basiskupfer vor der Innenlagen Strukturierung nochmals 
galvanisch zu verstärken um auf einen Zielwert zu kommen. Das kann auch 
sehr genau (ich würde schon sagen, auf den µm genau) passieren, ist 
allerdings zusätzlicher Aufwand, welcher vereinbart und bezahlt werden 
muss.

Sehr schnelle Signale wiederum will man auch nicht unbedingt in den 
Innenlagen haben, denn: Damit das Prepreg zu einem stabilen Multilayer 
verschmelzen kann, muss es sich natürlich mechanisch festhalten können. 
Das geht am blanken Kupfer jedoch nicht, weshalb die Oberfläche des 
Leiterbildes der Innenlagen nach dem Strukturieren mikroskopisch 
angeraut wird. Das geschieht chemisch durch den sogenannten 
Braunoxidadionsprozess. An derartig aufgerautem Kupfer kann sich das 
Epoxydharz mechanisch "festkrallen" wodurch ein Stabiles Konstrukt 
entsteht. Bei sehr schnellen Signalen jedoch kommt immer mehr der 
Skineffekt zum tragen, wobei der Strom nur noch an der Oberfläche 
entlangfließt und immer weniger in den Leiter eindringt. die sehr raue 
Oberfläche stellt hierbei einen höheren Widerstand dar als z.B. das 
Kupfer auf den Außenlagen ihn bietet (Aufgrund des Skineffektes ist hier 
die Leiterzugdicke auch relativ egal). Wenn ich sehr schnelle Signale 
meine, so reden wir hier von Signalen im oberen zweistelligen GHz 
Bereich und darüber hinaus. Für normales Differential pair routing von 
Bildsignalen oder Speicheranbindungen ist das jedoch nicht relevant. Ich 
schreibe das nur, damit man sieht, daß ein Vorteil in einem anderen 
Anwendungsfall ein Nachteil sein kann.

: Bearbeitet durch User
von der_tom (Gast)


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Abend!

Ein kurzes Update:

Das ganze ist wie am Anfang geschrieben Teil eines Netzteil-Projekts, 
welches später in der Industrie eingesetzt wird (also ca. 0-60°C 
Umgebungstemperatur bei bis zu 85% Luftfeuchte).

Von den Stückzahlen kann ich nichts genaues sagen, aber eine Handvoll 
Tausend im Jahr solles es schon sein (dauert natürlich noch ein paar 
Jahre für den Hochlauf).


Ich bin zwischenzeitlich noch bei einer Testleiterplatte fündig 
geworden, die ziemlich genau unseren Anforderungen entspricht:
8-Lager mit 70µm Kupfer innen, Kerndicke 200µm und Prepregstärke 120µm 
(die Muster wurden hier vom selben Hersteller geliefert wie unser 
Prototyp). Fraglich ist noch , ob wir bei diesem Aufbau die 
LVDS-Leitungen hinbekommen (100 Ohm differentiell, notwendige 
Leiterbahnbreite/abstand muss ich mir von den Layout-Kolelgen noch 
berechnen lassen).


Christian B. schrieb:
>> LP 1 mit Anforderung "final >55u"
>> -> Basiskupfer ist 31µm, Endkupfer ist 62µm, Kupfer in Hülse ist 31µm.
>>
>> LP 2 mit Anforderung "final >35u"
>> -> Basiskupfer ist 14µm, Endkupfer ist 46µm, Kupfer in Hülse ist 29µm.
>
> Das ist interessant, normalerweise geht man davon aus, daß auf der
> Platinenoberfläche das Kupfer schneller wächst als in den Löchern.
> Auch sind die Schichtdicken von 30µm nicht unbedingt Standard. Kannst du
> näheres zu den Platinen schreiben? Sind das Standardplatinen oder wurde
> hier eine besondere Fertigung vereinbart?

Sollte in Standardfertigung abgelaufen sein, wir haben nichts spezielles 
gefordert. Kann aber auch sein, dass der Hersteller einfach an einer 
besonders gut gelungenen Stelle gemessen hat (den Schliffbild-Ort sucht 
er sich selbst aus).

Ich habe auch eine Anfrage beim Hersteller gemacht wegen Vorschlägen zur 
Kernstäreke wegen der Spannungsanforderunge. Der hat einfach mit den 
40kV/mm gerechnet und für die 1000V eine Dicke von 20µm ermittelt. Diese 
Empfehlung werde ich nicht umsetzen.


mfG Thomas

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