Forum: Offtopic Freiton Pause


von Martin S. (sirnails)


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Hallo miteinander,

ich bin gerade über eine interessante Frage gestolpert, als ich am 
Telefon saß, und an früher dachte.

Wenn man zu Festnetztelefonzeiten jemanden angerufen hat, so kam der 
normale Freiton.

Was allerdings nicht findbar dokumentiert ist, ist die Pause zwischem 
erstem und zweitem Freiton. Die ist unterschiedlich lang.

Mir ist früher als Kind mal aufgefallen, dass wenn jemand erst kürzlich 
telefoniert hat, der zweite Freiton deutlich schneller auf den ersten 
folgte, als wenn jemand lange nicht telefoniert hatte.

Ich habe dazu jetzt gesucht, aber nichts gefunden. Wenn, dann ist das 
von der Telekom nicht wirklich dokumentiert.

Oder war das damals einfach nur Zufall?

Ne Idee?

von Joachim B. (jar)


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das mit dem Freiton, welcher der Anrufer hört und was beim Angerufenen 
klingelt hat keinen zeitlichen Zusammenhang mehr.
Das wurde geändert als Findige sich verabredeten zu morsen:
"Ich lasse kurz 2x Klingeln" um Gebühren zu sparen, seit dem gibt es 
keinen Zusammenhang mehr ob der Anrufer was hört und ob es klingelt.
Heute kennt das jeder, als Anrufer hört man nichts und trotzdem hat es 
beim Angerufenen geklingelt und wenn der schnell abhebt wundert man sich 
als Anrufer weil das feedback fehlt.

von Matthias S. (dachs)


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Martin S. schrieb:
> Oder war das damals einfach nur Zufall?

Ja.
Im Leitungswaehler wurde das erste Rufsignal sofort nach erfolgreicher 
Wahl erzeugt. Die danach folgenden kamen von der Ruf- und Signalmaschine 
in einem festen 10- oder spaeter 5-Sekundentakt. Der Abstand zwischen 
dem ersten und dem zweiten war also zufaellig. Genauso verhielt es sich 
beim Klingeln beim angerufenen Apparat.

Matthias

von Matthias L. (limbachnet)


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Genau. Und die Ruf- und Signalmaschine für die Erzeugung der Töne und 
Klingelspannungen hat die Abstände zwischen den Tönen über eine 
Nockenwalze und davon mechanisch betätigte Kontakte erzeugt. Und da die 
Abstände zwischen den Nocken nun mal unveränderbar waren, waren auch die 
Abstände zwischen den Tönen fest.

Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Ruf-_und_Signalmaschine

: Bearbeitet durch User
von Marek N. (Gast)


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Hm,

die Ruf- und Signalmaschine war eins ein analoges Monstrum: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Ruf-_und_Signalmaschine

Dort steht unter Anderem:
>Der sofortige erste Ruf, auch Vorruf oder Erstruf genannt, wurde zur Vermeidung 
einer im ungünstigsten Fall bis zu 4 s (bei älteren Systemen bis zu 9 s) dauernden 
Pause sofort nach Wahlende und Aufprüfen auf den freien gerufenen Anschluss 
angeschaltet – allerdings nicht von der RSM, sondern vom Leitungswähler. Dieser 
sogenannte „Erstruf“ wurde in der öffentlichen Vermittlungstechnik durch einen 
meist aus 5 Relais bestehenden Langsamunterbrecher (LU) erzeugt. Beim System 55 
wurde der Sofortruf durch einen Heißleiter gesteuert. Der Weiterruf nach dem 
sofortigen ersten Ruf erfolgte durch die RSM im vorgegebenen Takt. Die Kontakte 
sind auf der RSM mehrfach vorhanden und schalten nacheinander. Der 10 Sek. 
Rufstrom wird dadurch auf die verschiedenen Leitungswähler verteilt. Die RSM wird 
dadurch
entlastet, weil nicht alle Telefone gleichzeitig klingeln.

Vielleicht weiß ein Bundespostler mehr?

von Matthias S. (dachs)


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Joachim B. schrieb:
> um Gebühren zu sparen, seit dem gibt es
> keinen Zusammenhang mehr ob der Anrufer was hört und ob es klingelt.

Naja, das hat eher etwas damit zu tun, dass heute vieles nur Schein ist.
Erstes prominentes Beispiel war der Fortschrittsbalken von Windows, der 
mit dem Fortschritt der dahinter ablaufenden Operation rein gar nichts 
zu tun hatte. Heute werden eben die Toene eingespielt, die der 
Programmierer glaubt, den Anrufenden vorspielen zu muessen. Das endet 
dann so, dass beim neuen Cisco-Telefon-Gebastel in der Fa. ein oder zwei 
Freitoene zu hoeren sind, bis dann das Besetztzeichen oder eine absolut 
nervige Frauenstimme kommt, die einem erklaert dass man die Rufnummer 
pruefen solle. (die aber seit vielen Jahren die gleiche ist)

Matthias L. schrieb:
> Und da die
> Abstände zwischen den Nocken nun mal unveränderbar waren, waren auch die
> Abstände zwischen den Tönen fest.

Aber eben nicht zwischen dem ersten und dem zweiten, s.o.

Matthias

von Matthias L. (limbachnet)


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Ich hatte dir nicht widersprochen, das erste Wort meines Postings hast 
du überlesen?

von Jens M. (schuchkleisser)


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Joachim B. schrieb:
> Das wurde geändert als Findige sich verabredeten zu morsen:
> "Ich lasse kurz 2x Klingeln" um Gebühren zu sparen, seit dem gibt es
> keinen Zusammenhang mehr ob der Anrufer was hört und ob es klingelt.

Das hat damit nichts zu tun.
Früher hat die RSM gleichzeitig den Ton zum Anrufer und die Rufspannung 
auf den Wecker gegeben.
Heute wird der Ton digital an deinem Ende und die Rufspannung digital an 
meinem Ende erzeugt, dank VoIP teilweise sogar erst im Endgerät.
Um Daten zu sparen sagt das Ende der Verbindung dem Anfang einfach nur 
"is frei, ich lass ma Krach machen", und dann wird dort der 
dazugehörende Ton erzeugt.
Da die sich wie früher anhören sollen, kommen die eben asynchron zum 
Klingeln beim anderen Teilnehmer.

Das es bei VoIP teilweise zu "ruft....ruft....besetzt" kommt, hat u.a. 
mit den möglichen Portierungen zu tun. Da wird die Zeit bis zum Kontakt 
zum Zielgerät teilweise lang, zumal das ja auch mehrere sein können.
Damit der Anrufer sich nicht wundert, das nix passiert, wird ihm eben 
schon ein Freizeichen vorgegaukelt. Das ist was psychologisches, genau 
wie das Fakerauschen. Hört sich sonst einfach "hä?" an.

von Matthias S. (dachs)


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Jens M. schrieb:
> Damit der Anrufer sich nicht wundert, das nix passiert, wird ihm eben
> schon ein Freizeichen vorgegaukelt.

Leuten wie mir, die den Grundsatz pflegen "lieber keine Information als 
unzuverlässige" geht solch Unfug einfach nur auf die Nerven. 
Wahrscheinlich bin ich inzwischen sogar zum Telefonieren zu alt.

Matthias L. schrieb:
> das erste Wort meines Postings hast
> du überlesen?

Ja.

Matthias

von Jens M. (schuchkleisser)


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Matthias S. schrieb:
> Leuten wie mir, die den Grundsatz pflegen "lieber keine Information als
> unzuverlässige" geht solch Unfug einfach nur auf die Nerven.
> Wahrscheinlich bin ich inzwischen sogar zum Telefonieren zu alt.

Tja, es gewinnt die Menge, und die ist nicht immer schlau.
Siehe Soundgenerator für E-Autos, oder Smombieampeln.

Die Bundespost hat damals bei der beginnenden Digitalisierung das noch 
nicht sehr leistungsfähige Digitalnetz sparen wollen und gleichzeitig 
für den Kunden das look-and-feel beibehalten.
Daher die lokale Erzeugung der Töne.

von Bernd G. (Gast)


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> Joachim B. schrieb:
> Das wurde geändert als Findige sich verabredeten zu morsen:
> "Ich lasse kurz 2x Klingeln" um Gebühren zu sparen, seit dem gibt es
> keinen Zusammenhang mehr ob der Anrufer was hört und ob es klingelt.

> Das hat damit nichts zu tun.

Doch, die Synchronität zwischen Ruf und Ton wurde schon genau aus diesem 
Grunde im System S26 der Dt. Reichspost unterbunden.

> Früher hat die RSM gleichzeitig den Ton zum Anrufer und die Rufspannung
> auf den Wecker gegeben.

Nein, der A-Tln hörte den Rufton seines eigenen Amtes und der B-Tln 
bekam die Rufspannung aus seinem Amt. Grund: beim Tln- oder 
Gassenbesetzt sollten die Verbindungsleitungen nicht ewig belegt und 
damit blockiert werden bleiben.

von Matthias S. (dachs)


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Bernd G. schrieb:

> Doch, die Synchronität zwischen Ruf und Ton wurde schon genau aus diesem
> Grunde im System S26 der Dt. Reichspost unterbunden.
>
Hmm, im LW27 war das definitiv synchron und das Rufzeichen wurde vom LW 
zum A-Tln. übertragen.

Matthias

von Jens M. (schuchkleisser)


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Bernd G. schrieb:
> beim Tln- oder
> Gassenbesetzt sollten die Verbindungsleitungen nicht ewig belegt und
> damit blockiert werden bleiben.

Wenn ich mich recht entsinne wurden durch reine Signale besetzte 
Leitungen irgendwann abgeworfen.

von Bernd G. (Gast)


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> Hmm, im LW27 war das definitiv synchron

Erstton ja, Folgetöne von der RSM über die Hörtonwicklung des A-Relais.

Diese Signalübertragung mittels Rufton und Klingeln wurde in den 
dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts tatsächlich breit genutzt. 
Mein Großvater hat das auf seinem Weg zur Arbeit von der Schönhauser 
Allee nach Niederschönhausen beutzt, um meiner Großmutter mitzuteilen, 
wo er sich gerade befand: 1. Telefonzelle - Pankow Vinetastraße, 1x 
Klingeln, 2.Zelle (exakt: Fernsprechhäuschen) - Pankow Rathaus 2x 
klingeln, 3. Zelle - Niederschönhausen, Bismarckstr, fast am Ziel - 3x 
klingeln.
Irgendwann hatte die Reichspost die missbräuchliche 
Nachrichtenübermittlung durch Modifikation in der RSM unterbunden. Bei 
nachfolgenden Entwicklungen war die Asynchronität der Zeichengabe fester 
Bestandteil der Lastenhefte.

Haben wir den Führer* nicht gelesen?

*) Rudolf Führer: "Wählvermittlungstechnik"

Ergänzung: auch der erste Ton kommt selbstverständlich über die Wicklung 
des A-Relais.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Das wäre mir neu.
Soweit ich das beobachtet habe, waren die Signale zumindest bis zur 
Wende & im Westen immer synchron.
Ich mein, ist fast 30 Jahre her, aber ich hab Wähler geputzt bis zum 
erbrechen. Das innere einer OVSt mit HDW und EMD ist mir gut bekannt.
Auch RSM-Wartung machen und die lustige Zeitansage-Magnetplatte putzen 
durfte ich.
Und die Batterien und den Bunker nachsehen. Gruselig.

Ich bin mir nicht sicher, ob wirklich der Ton übertragen wurde oder nur 
ein Signal und der Ton kam aus der eigenen VSt, aber das die synchron 
waren würde ich momentan drauf wetten.
Ich hab doch selber immer noch genau diese "Morsung" genutzt Anfang der 
90er.

: Bearbeitet durch User
von Bernd G. (Gast)


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Da war die Bundespost aber verdammt leichtsinnig!
Oder der Projektant hat es verpennt.

In der DDR hat das nicht geklappt. Da hat die Deutsche Post der 
untergegangenen DDR streng darauf geachtet. Seit System 50 war Schluss 
mit lustig!

von Joachim B. (jar)


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Jens M. schrieb:
> Joachim B. schrieb:
>> Das wurde geändert als Findige sich verabredeten zu morsen:
>> "Ich lasse kurz 2x Klingeln" um Gebühren zu sparen, seit dem gibt es
>> keinen Zusammenhang mehr ob der Anrufer was hört und ob es klingelt.
>
> Das hat damit nichts zu tun.

Doch mindestens seit EWSD eingeführt, habe schliesslich 13 Jahre im 
Prüfmittelbau gearbeitet.

Eine RSM hat es in meinem Wirkungskreis schon lange nicht mehr gegeben!

Auch vor der IP Telefonie lief unter EWSD alles digital

Bernd G. schrieb:
>> Joachim B. schrieb:
>> Das wurde geändert als Findige sich verabredeten zu morsen:
>> "Ich lasse kurz 2x Klingeln" um Gebühren zu sparen, seit dem gibt es
>> keinen Zusammenhang mehr ob der Anrufer was hört und ob es klingelt.
>
>> Das hat damit nichts zu tun.
>
> Doch, die Synchronität zwischen Ruf und Ton wurde schon genau aus diesem
> Grunde im System S26 der Dt. Reichspost unterbunden.

danke, das es auch früher so war wusste ich nicht

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (dachs)


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Bernd G. schrieb:
> Haben wir den Führer* nicht gelesen?
Bei uns hiess das "Vermittlungstechnik" von "Autorenkollektiv unter der 
Leitung von Rat Hans Mayer" :-)

Bernd G. schrieb:
> Da war die Bundespost aber verdammt leichtsinnig!
> Oder der Projektant hat es verpennt.
>
> In der DDR hat das nicht geklappt. Da hat die Deutsche Post der
> untergegangenen DDR streng darauf geachtet. Seit System 50 war Schluss
> mit lustig!

Mit der kleinen Einschraenkung, dass auch bis 1992 noch viele Ämter mit 
System 22 und 27 liefen. Hat jemand belastbare Zahlen, wieviele das 
jeweils waren?

Matthias

von Bernd G. (Gast)


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> Mit der kleinen Einschraenkung, dass auch bis 1992 noch viele Ämter mit
> System 22 und 27 liefen.

Viele können es nicht mehr gewesen sein. Mir sind in meinem früheren 
Ingenieursdasein im VEB Funk- und Fernmeldeanlagenbau jedenfalls 
persönlich keine mehr begegnet.
Auch in diesen Systemen können die Töne zu den Rufspannungsgruppen 
transponiert verschaltet werden. Man muss es nur wollen.

von Matthias S. (dachs)


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Bernd G. schrieb:
> Viele können es nicht mehr gewesen sein. Mir sind in meinem früheren
> Ingenieursdasein im VEB Funk- und Fernmeldeanlagenbau jedenfalls
> persönlich keine mehr begegnet.
Wobei Ihr natürlich eher für Neuerrichtungen zuständig wart, die wurden 
dann ganz klar nicht mehr mit S27 gemacht. Hier ein Beispiel (1996 
ausser Betrieb gegangen): 
http://www.fernmeldemuseum-bottmersdorf.de/System27.htm

> Auch in diesen Systemen können die Töne zu den Rufspannungsgruppen
> transponiert verschaltet werden. Man muss es nur wollen.

Im LW27 schaltet ein Relais Rufspannung und Rufton.

Matthias

von Bernd G. (Gast)


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S26, S27 ist nicht so mein Ding. Was eigentlich auch egal ist, da der 
Plunder ohnehin komplett verschrottet ist, einschließlich meiner 
geliebten ATZ65/S65.
Oppa erzählt vom Krieg :-)

von Cyblord -. (cyblord)


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Bernd G. schrieb:

> Oppa erzählt vom Krieg :-)

Schön wärs. Der brabbelt aber immer nur von der SBZ.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Matthias S. schrieb:
> Wobei Ihr natürlich eher für Neuerrichtungen zuständig wart, die wurden
> dann ganz klar nicht mehr mit S27 gemacht. Hier ein Beispiel (1996
> ausser Betrieb gegangen):

OMFG!
An genau sowas hab ich in München gebastelt, so 89/90 muss das gewesen 
sein.
Was ein Krach. Aber simple reparierbare Technik.
Als die Duschen aufgestellt wurden, kam immer ein Digitalkollege
- anrufen
- warten bis die Lichter ausgehen
- Tür auf
- Karte ziehen
- in den Koffer
- neue aus dem Koffer nehmen
- Karte stecken
- Tür zu
- anrufen
- warten bis die Lichter angehen
- ....
- "jau, Kollege, grün blinkt, scheint zu tun."
dann war er wieder weg.
Wir haben noch gelötet, geputzt, geölt, und ab und an mal ne 
Fangschaltung nachverfolgt.

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