Forum: Platinen Ferrit-Perlen in Versorgungsspannung


von Mampf F. (mampf) Benutzerseite


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Guten Nachmittag,

ich erstelle gerade einen Schaltplan für einen ATMSAMA5 und das 
Referenz-Design /-Schaltplan enthält ein haufen Ferrit-Perlen für 
verschiedene Spannungspins.

Im Anhang, wie das z.B. für Analog +3,3V und für drei Ports (A, B, C) 
aussieht.

Das setzt sich noch fort für Core-Spannung, Spannung USB, SDHC, ... usw

Bei Analog 3,3V und den Versorgungsspannungen für z.B. PLL kann ich das 
ja noch einsehen, aber benötigt man die Ferrit-Perlen in den anderen 
Fällen wirklich?

Es wäre wesentlich einfach zu routen, wenn man die weglassen und dafür 
die Versorgungen direkt neben den BGA-Pads in den Multilayer "nageln" 
könnte.

Oder warum macht der Hersteller das?

Falls jemand Literatur hat, in der das erklärt wird, wieso z.B. die 
Versorgungsspannung von Port A von der von Port B oder C auf diese Art 
und weise entkoppelt wird, würde ich mich über Links sehr freuen.

Viele Grüße,
Mampf

PS: Oder ist das nur, um EM-Emissionen zu reduzieren? D.h. einfach 
weglassen würde die Funktion nicht beeinträchtigen?

: Bearbeitet durch User
von Stromberg B. (Gast)


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Mampf F. schrieb:
> aber benötigt man die Ferrit-Perlen in den anderen
> Fällen wirklich?

Mit 90 prozentiger Wahrscheinlichkeit funktioniert die Schaltung auch 
ohne Ferritkerne.

Mampf F. schrieb:
> Oder ist das nur, um EM-Emissionen zu reduzieren? D.h. einfach
> weglassen würde die Funktion nicht beeinträchtigen?

Die Kerne dienen nur zur Sicherheit, falls sich mal jemand mit seinem 
2,5 GHz Smartphone direkt neben der Spannungsversorgung aufhält und 
telefoniert oder Watts-äppt.

von Mampf F. (mampf) Benutzerseite


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Noch gefunden:
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When not to use them:
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The above ferrite traits are very handy for those circuit sections that draw power evenly and consistently, but the same traits make them unsuitable for digital power sections. Digital processors need high peak current, because most internal transistors that switch are switching on each clock edge, all the demand occurs at once. Ferrite beads (by definition) will not allow power to flow through them with the high ramp rates required by digital processor logic. This is what makes them perfect for noise filtering on analog (like PLL) supplies.
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Since all the power demand in digital system is instant (high frequency), instead of being a slow and steady demand, ferrite beads will block the digital supply during the peaks. Theoretically, the bypass capacitors on the processor side of the bead would supply the peak current, filling in the gaps caused by the ferrites until they were charged after the peak was over, but in reality, the impedance of even the best capacitors is too high above about 200 MHz to supply enough peak power for the processor. In systems without ferrites, the planar capacitance can help to fill in this gap, but if a ferrite is used, it's inserted between the planes and the power pin, so the benefits of planar capacitance are lost. This will cause a big instantaneous voltage drop during the period the processor needs it most, causing logic errors and strange behavior if not immediate crashing. This can be avoided by proper design if required for your system (for EMI reduction, for example), however this is beyond the scope of this note.


Sowas hatte ich mir schon gedacht ... Ich lass die meisten weg. Analog 
und PLL bräuchten vmtl auch keine, weil die über einen eigenen 3,3V LDO 
gespeist werden. Da stören sie aber vermutlich nicht.

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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Mampf F. schrieb:
> Noch gefunden:When not to use them:
>
> The above ferrite traits are very handy for those circuit sections that
> draw power evenly and consistently, but the same traits make them
> unsuitable for digital power sections.

Das ist so allgemein schlicht falsch.

> Digital processors need high peak
> current, because most internal transistors that switch are switching on
> each clock edge, all the demand occurs at once.

Genau das wäre ja ein gleichmäßiger Stromfluß, welcher durch den 
LC-Filter aus Ferritperle und Kondensator geglättet wird.

> Ferrite beads (by
> definition) will not allow power to flow through them with the high ramp
> rates required by digital processor logic.

Auch das ist so allgemein falsch. Denn Ferritperlen haben eher kleine 
bis sehr kleine Induktivitäten, so um 1uH. Außerdem gehen sie, je nach 
Größe und Bauform, bei einigen hundert mA in die Sättigung, dann wirken 
sie nur wie ein Stück Draht mit deutlich UNTER 1uH.

> This is what makes them
> perfect for noise filtering on analog (like PLL) supplies.

Nicht nur.

> Since all the power demand in digital system is instant (high
> frequency),

Das stimmt schon wieder so allgemein NICHT! Siehe

Stromversorgung für FPGAs

Dort sieht man, daß Digitallogik natürlich sehr spunghaft Strom ziehen 
kann, eben WEIL bestimmte Logikblöcke puls- bzw. burstartig schalten und 
eben NICHT dauerhaft!

> instead of being a slow and steady demand, ferrite beads
> will block the digital supply during the peaks.

Das ist der Sinn der Sache. Die Frage ist aber wie immer, bei welcher 
Zeitkonstante. Denn so eine Ferritperle + 100nF ist mal DEUTLICH 
schneller als ein fetter Ladeelko an einem 50 Hz Gleichrichter.

> Theoretically, the
> bypass capacitors on the processor side of the bead would supply the
> peak current, filling in the gaps caused by the ferrites until they were
> charged after the peak was over, but in reality, the impedance of even
> the best capacitors is too high above about 200 MHz to supply enough
> peak power for the processor.

Ja und? Denkt der Autor, daß die noch weiter entfernten Kondensatoren 
bei 200MHz++ besser sind? Vor allem bei der mutmaßlich eher induktiven 
Anbindung?

> In systems without ferrites, the planar
> capacitance can help to fill in this gap,

Wer sagt, daß die nicht auch MIT Ferriten wirksam sein kann? Alles eine 
Frage, WO sie angeschlosse ist.

> but if a ferrite is used, it's
> inserted between the planes and the power pin,

Stimmt so allgemein nicht.

> so the benefits of planar
> capacitance are lost.

Die wird auch gern überschätzt und als Heilsbringer betrachtet.

 This will cause a big instantaneous voltage drop
> during the period the processor needs it most, causing logic errors and
> strange behavior if not immediate crashing. This can be avoided by
> proper design if required for your system (for EMI reduction, for
> example), however this is beyond the scope of this note.

Jaja, und jetzt schön rausreden.

> Sowas hatte ich mir schon gedacht ... Ich lass die meisten weg.

Gedacht? Geglaubt! Der Text strotzt nur so vor Halbwahrheiten!

> Analog
> und PLL bräuchten vmtl auch keine, weil die über einen eigenen 3,3V LDO
> gespeist werden.

Und du GLAUBST, daß ein LDO bei mehren Dutzend MHz eine nennenswerte 
Filterwirkung hat? Dream on! Du "denkst" gleichstromartig. Dir sind die 
Größenordnungen der Frequenzen gar nicht klar!

Ein LC-Filter mit Ferritperle kann in beide Richtungen wirken, wenn man 
ihn gescheit dimensioniert. Er kann Störungen vom IC fern halten, welche 
vom Versorgungsnetz kommen aber auch umgekehrt! Jeder IC kann und ist 
Störquelle UND Senke! Der eine mehr, der andere weniger. Der eine ist 
empfindlicher, der andere weniger.

Ferritperlen sind KEIN normalen Induktivitäten, sie sind stark 
verlustbehaftete Induktivitäten, um Störungen im oberen MHz-Bereich zu 
dämpfen. Also 10MHz++. Darunter ist meist die Induktivität zu klein, um 
nennenswerte Wirkungen zu erzielen.

von Mampf F. (mampf) Benutzerseite


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Noch die Quelle vergessen:

http://www.ti.com/lit/an/sprabv2/sprabv2.pdf

Abschnitt 5.3

Ich wundere mich, dass Texas Instruments so schlechte Tips dann gibt.

von Falk B. (falk)


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Mampf F. schrieb:
> Ich wundere mich, dass Texas Instruments so schlechte Tips dann gibt.

Naja, TI ist ein großer Laden und dort arbeiten auch nur Sterbliche ;-)
Das Problem einiger dieser Tips ist, daß einige zu allgemein gehalten 
sind und damit falsch.

"Ferrite beads are not recommended for digital power connections."

Das ist Quark, denn auch von TI gibt es Dutzende Datenblätter und 
Evalbaord wo genau das gemacht wird ;-)

"Use one 15 μF or larger bulk cap for every 10 or so power balls, placed 
as closely as practical to the chip."

Auch das ist so allgmein falsch. Denn das kommt immer auf den IC und 
dessen Strombedarf an!

Dokumente wie diese haben sicher eine gute Absicht. Sie wollen Anfängern 
und Fortgeschrittenen ein paar handfeste, direkte Regeln und Zahlen an 
die Hand geben, mit denen man praktisch was anfangen kann. Keine 
endlosen, akademischen, komplexen Abhandlungen was man denn vielleicht 
alles beachten und berechnen muss. So weit, so gut.

Das Problem beginnt aber dann, wenn die Leute das als die einzige 
Wahrheit und in Stein gemeißelt betrachten. Das ist falsch.

Diese Empfehlungen sind ein guter Start für die Praxis und für gefühlt 
80% der Anwendungen sicher gut bis OK. Sie ersetzen langfristig aber 
nicht, ein wenig mehr hinter die Kulissen zu schauen und die Dinge 
genauer zu betrachten und zu verstehen. Aber dort wird es 
zugegebenermaßen ganz schnell recht unübersichtlich und man kommt oft 
zum "kommt drauf an". Ferritperlen sind da keine Ausnahme, eher ein 
Klassiker. Die können viel Gutes bewirken, aber auch einiges versauen. 
Im Idealfall sollte man immer verschiedene Versionen möglich gut messen.

: Bearbeitet durch User
von georg (Gast)


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Mampf F. schrieb:
> The above ferrite traits are very handy for those circuit sections that
> draw power evenly and consistently, but the same traits make them
> unsuitable for digital power sections

Das ist barer Unsinn - die Idee ist ja gerade, Schaltvorgänge im IC von 
der Versorgung fernzuhalten, um Nebenwirkungen auf andere 
Schaltungsteile von vornherein zu verhindern. Voraussetzung ist 
natürlich, dass die Kondensatoren  hinter der Induktivität während des 
Schaltvorgangs das IC mit Strom versorgen können (dafür sind sie ja da, 
auch ohne Spulen).

Georg

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