Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik LTspice: welche Messgrößen, um reale Induktivität zu simulieren (bzw. EMI-Filter)


von Nik A. (nik_a)


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Hallo alle!

Ich versuche gerade, ein EMI-Filter zu simulieren, möglichst mit realen 
Ergebnissen. Als Spule dient eine selbstgewickelte CM-Induktivität. Das 
ganze soll am Ende möglichst breitbandig dämpfen.

Nach viel Googlen konnte ich aber grundsätzliche Fragen noch nicht 
klären:

Die Werte für die Modelle der Spule bzw der Kondensatoren messe ich mit 
einem LCR Messgerät. Dort kann ich die Mess-Frequenz einstellen.
Aber bei welcher Frequenz muss ich die Werte denn messen? 1kHz oder 
100kHz?
Ich bin bisher von 100kHz ausgegangen.

Beim Modell der Spule will LTspice den Serienwiderstand wissen. Ist dies 
einfach der DC-Widerstand (frequenzunabhängig) oder der bei z.B. 100kHz?
(Beim Kondensator-Modell wird an dieser Stelle nach dem ESR gefragt und 
somit frequenzabhängig.)

Genau bei diesem Punkt gibt es dann natürlich große Unterschiede in der 
Simulation, ob ich 0.05 Ohm oder 100 Ohm eintrage.

Kann mir jemand mit einem kurzen Tipp weiterhelfen?

Danke schon mal und beste Grüße!
Nik

von Helmut S. (helmuts)


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Nimm der Einfacheit halber den DC-Widerstand.
Außerdem solltest du die Streuinduktivität und die 
Common-Mode-Serienresonanzfrequenz messen und damit aus der 
Resonanzfrequenz die Parallel-Kapazität und aus der maximalen Dämpfung 
den Parallelwiderstand berechnen.

: Bearbeitet durch User
von Sebastian S. (amateur)


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Bei halbwegs vernünftigen Herstellern und qualitativ hochwertigen 
Spulen, geben die Hersteller recht detaillierte Datenblätter raus. 
Zugegeben alle mit der Butterseite nach oben, aber normalerweise keine 
Fahrkarten.
Hier eine Faustformel anzugeben wäre nicht richtig.
In der Praxis wirst Du ja auch die Spule genau nach dem Anwendungsfall 
aussuchen und nicht ausknobeln.

von Mark S. (voltwide)


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Sebastian S. schrieb:
> Bei halbwegs vernünftigen Herstellern und qualitativ hochwertigen
> Spulen, geben die Hersteller recht detaillierte Datenblätter raus.
> Zugegeben alle mit der Butterseite nach oben, aber normalerweise keine
> Fahrkarten.
> Hier eine Faustformel anzugeben wäre nicht richtig.
> In der Praxis wirst Du ja auch die Spule genau nach dem Anwendungsfall
> aussuchen und nicht ausknobeln.

Die Induktivität einer CM-Drossel nimmt üblicherweise mit der Frequenz 
ab. Von daher kommt eine Messfrequenz von 100kHz der Praxis näher als 
die Messung mit 1kHz. Aussagekräftiger als die Induktivität bei 
irgendeiner Feswtfrequenz ist die die Angabe des Impedanzverlaufes über 
der Frequenz,  oder auch die Einfügungsdämpfung.

von Nik A. (nik_a)


Angehängte Dateien:

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ich danke Euch :)

@Mark S.: ist das nicht genau das, was ich mit LTspice simuliere, die 
Dämpfung über einen Frequenzbereich?

@Helmut S.: die Werte werden meiner Meinung nach schon vom LCR-Meter 
angezeigt. Zumindest kann ich Lp, Ls, Rs, Rp usw für die Messung 
einstellen.

Im Anhang mal 2 Beispiel-Simulationen.

EMI1: DC-R der Induktivität 0.05 Ohm
EMI2: "DC-R" / ESR der Induktivität 98 Ohm (bei 100kHz)

Mit dem DC-R bekommt man also eher die schlechtere Dämpfung, was auch 
Helmut's Empfehlung entspricht.

von Klaus R. (klara)


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Sebastian S. schrieb:
> Bei halbwegs vernünftigen Herstellern und qualitativ hochwertigen
> Spulen, geben die Hersteller recht detaillierte Datenblätter raus.

Nicht nur Datenblätter. Würth stellt auch Modelle für LTspice zur 
Verfügung.
mfg Klaus

von GEKU (Gast)


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Nik A. schrieb:
> EMI1: DC-R der Induktivität 0.05 Ohm
> EMI2: "DC-R" / ESR der Induktivität 98 Ohm (bei 100kHz)

Wie groß ist die Induktivität?

Vielleicht sind die gemessenen Werte die Impedanz (realer + imaginärer 
Wert)

das wären bei 100kHz ca. 0,156mH

von Helmut S. (helmuts)


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> EMI2: "DC-R" / ESR der Induktivität 98 Ohm (bei 100kHz)

Es ist natürlich Unsinn die ganzen Verluste dem Rs zuzuschlagen. So groß 
ist der Skineffekt niemals.
Mach aus den 98Ohm einen äquivalenten Rpar und lass den ESR bei dem 
DC-Widerstand 0,05Ohm für die Simualation.

von Mark S. (voltwide)


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Nik A. schrieb:
> @Mark S.: ist das nicht genau das, was ich mit LTspice simuliere, die
> Dämpfung über einen Frequenzbereich?

Theoretisch ja, praktisch setzt das voraus, dass das frequenzabhänge 
Verhalten des kernmaterials mit modelliert wird. Das dürfte aber eher in 
Ausnahmefällen der Fall sein.

von GEKU (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> Mach aus den 98Ohm einen äquivalenten Rpar

Ist der Parallelwiderstand nicht sehr niederohmig?

von Helmut S. (helmuts)


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GEKU schrieb:
> Helmut S. schrieb:
>> Mach aus den 98Ohm einen äquivalenten Rpar
>
> Ist der Parallelwiderstand nicht sehr niederohmig?

w=2*pi*fmess

Rp = Rs + w^2*Ls^2/Rs

Lp = Ls + Rs^2/(w^2*Ls)

von Christian W. (orikson)


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Was ich kürzlich feststellen musste: Die Simulation stimmt eh nicht, 
selbst mit den genaueren Modellen von Würth, Murata etc.

Allein im Layout der Platine kann man so viel der Filterwirkung wieder 
zu nichte machen, da lohnt sich die Simulation nur, wenns wirklich sein 
muss. Ein falsch gesetzter und angeschlossener Kondensator kann die 
Filterwirkung einer kompletten Spule unwirksam machen

von GEKU (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> GEKU schrieb:
> Helmut S. schrieb:
> Mach aus den 98Ohm einen äquivalenten Rpar
>
> Ist der Parallelwiderstand nicht sehr niederohmig?
>
> w=2*pi*fmess
>
> Rp = Rs + w^2*Ls^2/Rs
>
> Lp = Ls + Rs^2/(w^2*Ls)

War mir schon klar, dass man für eine bestimmt Frequenz zwischen 
Parallel und Serienschaltung umrechnen kann, aber ohne die Induktivität 
zu kennen, bringt's nichts.

von GEKU (Gast)


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Christian W. schrieb:
> Allein im Layout der Platine kann man so viel der Filterwirkung wieder
> zu nichte machen

Welches Frequenzen sind da im Spiel?
Layoutfehler?

Eine Simulation kann nur so gut wie die verwendeten  Modelle sein und 
man muss wissen was wichtig ist und was vernachlässigt werden kann.
Ich habe immer gute Erfahrungen mit LSPICE Simulationen gemacht.
Vor allem erkennt man sofort grobe Fehler.

Bei Filter kann man gut erkennen welchen Einfluss Toleranzen der 
Bauelemente auf die Funktion haben.

Und es besser und billiger Fehler in der Simulation als auf der 
Leiterplatte zu erkennen.

von Jürgen W. (Firma: MED-EL GmbH) (wissenwasserj)


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Deine gesamte Fragestellung läuft darauf hinaus, daß Du keinen blassen 
Dunst vom Frequenzverhalten realer Bauteile hast.

Lerne Grundlagen, beübe Dich und erst wenn das nicht ausreicht, stelle 
Fragen in einem Forum.

von ff (Gast)


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Das hört sich recht hart an, aber ich dachte dasselbe.


CMCs wickelt man auch normalerweise nicht selbst, man
verwendet fertige BE. Oft sogar fertige Komplett-Filter.

Man kann so ein Filter selbst zusammenstellen, und
das kann auch sinnvoll sein (je nach Anwendung, die
Du nicht nanntest - geschweige denn genau beschriebst).

Aber nicht ohne Wissen (Bauteile grundlegend, EMV-
Filter im besonderen, und Kenntnis der Stör-Parameter
und auch Ursachen, also wirklich einiges an Stoff).


Mit Simulationen ist es auch wie mit der Praxis:

Man muß das Ziel einer Simulation kennen, und auch
wissen, wie man es erreichen kann. Anders geht nichts.


Nichts davon scheint grundlegend vorhanden. Daher bin
ich Jürgens Meinung, daß Du Dich erst dazu bilden mußt.
Heißt erst mal viel lesen ("lernen" wie in der Schule).

von Nik A. (nik_a)


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Schon. Jürgen war natürlich von allen hier der Hilfreichste. Not.
Hätte ich eine Professur zum Thema, würde ich allerdings nicht so von 
ganz oben herab.

Danke nochmal an alle!

Es ging grundsätzlich erst mal darum, welcher Wert LTspice da genau 
wissen wollte, denn ohne Grund hat man nicht die Möglichkeit, dort Werte 
einzutragen. Allerdings hat das wohl eher alles Einfluss auf die Phase, 
bis auf den angesprochenen DC-R, welcher wohl den Tiefpass beeinflusst.

Hauptsächlich geht es bei meiner Sim darum, eine DC-Leitung eines 
Gerätes zu entstören, die HF-Anteile hat. EMV-Labor meinte, ein 100n C 
direkt dort, wo die Leitung in's Gerät geht und Masse-Leitung gleich 
auf's Gehäuse reicht im allgemeinen, um alles rauszufiltern.

Meinen Experimenten nach (z.B. mit LISN, Stabantenne, Spectrum Analyzer 
und alles nicht auf EMV-Labor-Niveau) brachte das aber nicht sehr viel. 
Auch fertige EMI-Filter / Netzfilter etc. brachten nicht den gewünschten 
Erfolg. Mein selbstgewickelter "Freiluftaufbau" brachte da sehr viel 
bessere Ergebnisse.
Nun bin ich dran, das ganze 2-stufig zu versuchen und bin dort auf das 
Problem mit dem DC-R gestoßen, deshalb die Nachfrage :)

Soweit mir bekannt ist, filtert man so eigentlich bis 30 MHz, aber es 
klappt messbar auch mit deutlich höheren Frequenzanteilen.
Da das am Ende etwas preislich in der gleichen Region liegt, wäre das 
zumindest die gefühlt bessere Lösung und wird auch noch im EMV-Labor 
getestet.

Die Induktivitäten haben etwa 810µH @100kHz (hier: 36mm-T38-Ringkern mit 
8 Windungen mit 2.5-Quadrat-Leitung H0 7 V-K oder sowas)

von GEKU (Gast)


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Nik A. schrieb:
> Im Anhang mal 2 Beispiel-Simulationen

Ist das Kernmaterial überhaupt bis 1GHz geeignet?
Ist das Filter mit Gleichstrom beaufschlagt?

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